Dass wir über den Morbiditätsstrukturausgleich reden müssen, dass wir über die Gelder für die niedergelassenen Ärzte reden können, steht alles außer Frage. Aber in unserem Antrag geht es darum, Sie an das zu erinnern, was Sie selbst verabschiedet haben, aber offensichtlich gar nicht wissen; denn ansonsten würden Sie nicht so argumentieren, wie Sie hier argumentieren. Niemand will Zusatzbeiträge festschreiben, niemand will, dass Krankenkassen pleitegehen. Wir wollen, dass den Krankenhäusern die von Ihrer Regierung zugesagten Gelder unter Berücksichtigung aller notwendigen Einsparmaßnahmen nach dem jetzt geltenden Recht auch entsprechend ausgezahlt werden. Und da können Sie hier einen rhetorischen Eiertanz aufführen, bis Ihnen die Zähne klappern! Aus dieser Verantwortung kommen Sie einfach nicht raus. Und dann sagen Sie bitte dazu was, und dann sagen Sie dazu was, warum der Deutsche Städtetag an die Bundesregierung appelliert hat, sich so zu verhalten. Ist der Deutsche Städtetag repräsentatives Organ der Linken? Das ist mir bis jetzt nicht bekannt. Da sitzen Ihre Bürgermeister und Oberbürgermeister drin, die wissen, dass Sie mit der Zukunft der Krankenhäuser ein ganz gefährliches Spiel spielen, wenn Sie so weitermachen wie bisher. Dann treiben Sie sie nämlich in die Privatisierung. Aber offensichtlich ist es das, was Sie letztlich politisch wollen.
Herr Dr. Albers! Wenn Sie mich noch mal belehren wollen, über was ich eigentlich reden soll, sollten Sie vielleicht erst mal darüber nachdenken: Sie reden immer nur davon, dass Vorhaben eingelöst werden sollen. Reden Sie eigentlich auch einmal darüber, wie die dann am Ende finanziert werden müssen? Ich gebe ja zu, man kann am Ende schlauer werden. Aber Sie wenn Sie sagen, es gibt keine Zusatzbeiträge, Herr Dr. Albers, dann kennen Sie die Realität der Finanzierung anscheinend doch nicht. Am Ende müssen die 600 Millionen, die Sie für die deutschen Krankenhäuser fordern, irgendwo herkommen. Ich weiß nicht, ob Die Linke sie irgendwo in einem Handschuhfach versteckt oder irgendwo liegengelassen hat.
Aber am Ende werden diese 600 Millionen durch die Kassen finanziert werden müssen. Wenn Sie die nur von Überschüssen – –
Herr Dr. Albers! Ich erkläre es Ihnen noch mal. Es ist richtig, es gibt Überschüsse bei Krankenkassen, aber nicht bei allen. Schauen Sie sich, wie schon gesagt, beispielsweise die AOK Nordost an. Wenn Sie das Geld aus dem Fonds herausnehmen, sind Sie letztlich politisch dafür verantwortlich, dass die Versicherten Zusatzbeiträge zahlen, und aus dieser Verantwortung lassen wir Sie auch nicht raus, Herr Dr. Albers, und wenn Sie mit den Zähnen klappern. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Es ist so ein kurzer Antrag, Herr Albers, und trotzdem so viel Diskussion, und die ist auch relativ schwer nachvollziehbar für alle die, die die letzten 20 Jahre nicht hier waren. Ich war vor 20 Jahren zehn Jahre alt. Ich bitte darum, mir das zu verzeihen.
Die Frage ist – wenn ich das mal auf etwas Übersichtliches runterbreche –: Haben wir einen Investitionsstau bei den Krankenhäusern, oder können wir es uns leisten, unkommentiert die Investitionsmittel zusammenstreichen zu lassen?
Berlin ist heute Schlusslicht bei der Krankenhauskrankenhausinvestitionsförderung. Ich habe vor zwei Tagen in der Zeitung gelesen, dass die Charité schwarze Zahlen schreibt, wobei die Charité kein reines Krankenhaus ist, sondern eher eine Universität mit angeschlossenem Bettenhaus. Demnach ist dort die Finanzierungssituation eine völlig andere. Deswegen gibt es in der Charité eine gewisse Prioritätsverschiebung. Es gibt einen schönen Laborneubau, zu dessen Grundsteinlegung wir am Montag eingeladen sind. Dafür wurde aber vom Gesundheitsamt die Küche geschlossen, Dauerstreik wegen der geringen Löhne beim Facility-Management. Ich denke, das sind die Sachen, die die Patienten tatsächlich betreffen.
In 20 Jahren – die habe ich gerade angesprochen – ist die Investitionsförderung von 320 Millionen auf 90 Millionen Euro gesunken. Das ist eine Senkung um 71 Prozent. Das klingt nach relativ viel. In Berlin ist ein Drittel dieser Summe nicht für neue Investitionen gedacht, sondern was als Investitionsförderung verkauft wird, ist in Wirklichkeit die Tilgung der Investitionskosten aus den Neunzigern. Letztlich bleiben damit
60 Millionen Euro Förderung für Investitionen in Krankenhäusern. Die Frage ist: Reicht das? – Laut dieser Studie, die schon angesprochen wurde, der Berliner Krankenhausgesellschaft mit der Senatsverwaltung von Frau Lompscher damals reicht das eben nicht. Demnach brauchten die Krankenhäuser 200 Millionen bis 250 Millionen Euro. 60 Millionen gegenüber 200 Millionen bis 250 Millionen Euro klingt nach einem gewissen Unterschied.
Herr Czaja! Sie sagen, es sei eine Wahlkampftaktik gewesen, dass der tatsächliche Investitionsbedarf darunter läge. Ich weiß nicht. Sie sagen, die Krankenhäuser würden sich mit weniger Investitionsbedarf bei Ihnen melden. Haben Sie die angerufen? Haben die Ihnen gesagt, Sie wollen, dass ihnen die Förderungen zusammengestrichen werden? Das können Sie vielleicht im Ausschuss mal sagen. Wissen die Städte nicht, wie es ihren Krankenhäusern geht? Sonst könnte man sich diesen Appell des Städtetages schwer erklären.
Noch gar nicht ins Gespräch gekommen – das ist, glaube ich, eine Forderung der Grünen, Herr Thomas – sind die revolvierenden Fonds. Ich habe extra nachgelesen, was das ist, denn ich bin kein Betriebswirt. Ich halte das eigentlich für eine gute Idee, denn durch solche Fonds kommen nachhaltige Investitionen durch Ersparnisse wiederum dem Budget zugute. Das heißt, man kann in Zukunft ein Investitionsbudget haben, ohne zusätzliche Förderung auszuzahlen. Das Ganze hat nur ein Problem – dass man diese Investition überhaupt erst mal ermöglichen muss. Ich frage mich, ob das mit 60 Millionen Euro jährlich möglich ist, erst mal einen Grundstein zu legen, Investitionen durchzuführen, die sich dann auf lange Sicht lohnen.
Kurzer Hinweis noch: Wir haben im Liquid Feedback auch über diesen Antrag abgestimmt, und die Mehrheit unserer Parteibasis ist dafür, ihn anzunehmen. – Danke schön!
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Zu dem Antrag wird die Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit und Soziales empfohlen. Gibt es dazu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Piratenfraktion. Herr Abgeordneter Lauer hat das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Worum geht es hier? – Um einen Antrag der Piratenfraktion. Kleine Zwischenstandsmeldung vorab: Durch die Medien haben wir erfahren, dass mittlerweile in Berlin durch die nichtindividualisierte Funkzellenabfrage 12 000 Verbindungsdaten gesammelt worden sind. Das heißt, sie wurde nicht nur bei Autobrandstiftungen, sondern auch bei anderen Delikten eingesetzt. Wo genau, werden wir noch erfahren, weil wir durch die Haushaltsberatungen im Moment leider nicht die Möglichkeit hatten, das im Innenausschuss zu tun.
Worum geht es in diesem Antrag? – Die Strafprozessordnung, die die nichtindividualisierte Funkzellenabfrage regelt, ist ein Bundesgesetz. Das heißt, darauf haben wir relativ wenig Einfluss, es sei denn, wir schließen uns der Bundesratsinitiative von Sachsen an. Es gibt, wie gesagt, hierzu im Deutschen Bundestag zwei Anträge, von den Grünen und von der Linken. Wir haben uns ein bisschen an dem orientiert, was die Grünen dort vorschlagen,
und wir haben uns vor allen Dingen auch daran orientiert, was z. B. Ulf Buermeyer – er ist Richter in Berlin – vorgeschlagen hat, denn es geht um eine Abwägung, wie verhältnismäßig die nichtindividualisierte Funkzellenabfrage bei der Verfolgung dieser Straftaten ist, die damit verfolgt werden sollen.
Was in unserem Antrag steht, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Wir haben aber gemerkt – das ist z. B. durch diesen geliebten Antrag an die Staatsanwaltschaft zu der Autobrandstiftung 2009 in Friedrichshain-Kreuzberg klar geworden –, dass beim Bean
tragen dieses Grundrechtseingriffs überhaupt nicht dargelegt wird, warum so ein Eingriff gerechtfertigt ist. Wir bitten an der Stelle – da bedanke ich mich noch mal insbesondere bei der CDU für diese tolle Rhetorik, die kann man hier nämlich auch anwenden – insbesondere den Justizsenator darum, dem Abgeordnetenhaus halbjährlich darüber Bericht zu erstatten, wie oft die Funkzellenabfrage eingesetzt wurde und wie die Erfolgsquote ist. Auch vonseiten der SPD wurde gesagt, dass es sich hierbei durchaus um eine geeignete Ermittlungsmethode handelt. Da gilt auch: Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten. – Legen Sie uns das mal bitte offen, und überzeugen Sie uns davon, dass die nichtindividualisierte Funkzellenabfrage eine geeignete Maßnahme ist, um Strafverfolgung zu betreiben! Überzeugen Sie uns bitte davon, dass das in Bezug auf unser Grundgesetz verhältnismäßig ist!
Wir fordern weiterhin – das ist auch nicht geschehen –, dass die Betroffenen einer solchen nichtindividualisierten Funkzellenabfrage, wie es die Strafprozessordnung vorsieht, informiert werden. An der einen Stelle geht es darum, dass die Menschen, deren Bestandsdaten abgefragt worden sind, also deren Adressen explizit ermittelt worden sind, darüber schriftlich informiert werden. Die Personen, deren Telefonnummern lediglich ermittelt worden sind, müssen per SMS informiert werden, damit sie wissen, dass sie in eine solche Ermittlung geraten sind.
Was gibt es noch zu sagen? – Herr Dregger hat vorhin auch etwas Schönes gesagt, und zwar sinngemäß: Geben Sie Ihren ideologischen Widerstand auf, und schließen Sie sich dem an, was wir hier fordern! – Das kann ich an der Stelle nur wiederholen, denn – das wurde heute an anderer Stelle auch schon mehrmals gesagt – Deutschland ist nicht irgendeine Diktatur. Wir sind nicht China. Bei uns gilt das Grundgesetz, und wir sollten uns von daher an die Anforderungen, die das Grundgesetz an die Justiz stellt – auch die Justiz darf kein rechtsfreier Raum sein –, halten.
Wem es noch nicht aufgefallen ist: Herr Heilmann hat es hier im Grunde genommen am einfachsten. Er muss eigentlich nur über den Generalstaatsanwalt an die Staatsanwaltschaft eine solche Direktive rausgeben. Das müssen wir gar nicht beschließen. Ich bin jetzt natürlich innerhalb der Debatte noch mal gespannt, warum wir nicht recht haben. Das würde mich ja dann doch verblüffen, wenn Sie dem, was der Herr Dregger hier vorhin gesagt hat und was ich zitiert habe, vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen, wenn das irgendwas bei Ihnen bewirkt haben sollte. Aber Wunder gibt es immer wieder. Ich freue mich auf die Debatte. – Vielen lieben Dank!
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Piratenpartei! Heute ist ja nicht Berlinale. Da können Sie ja bis zum Ende bleiben. Dann erleben wir den Feierabend auch gemeinsam.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nicht mit meinem Handy überwacht werden. Und ich will auch nicht, dass mein Auto abgefackelt wird. Da werden mir wohl die meisten Berlinerinnen und Berliner zustimmen, die meisten vermutlich auch in diesem Hause. Und zwischen diesen beiden Polen besteht ein Spannungsverhältnis, das es zu lösen gibt. Es ist unsere Aufgabe als Politik, genau dieses Spannungsverhältnis zu lösen. Da, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, hilft es wenig, auf die Regierungsbank zu zeigen und lauthals zu schreien: Haltet den Datendieb!
Lassen Sie uns zurückerinnern an die Ereignisse im letzten Jahr, die uns auch hier im Parlament des Öfteren beschäftigt haben! Es verging keine Plenarsitzung, in der wir nicht das Problem von brennenden Autos diskutiert haben. Es gab Anfragen. Es gab Aktuelle Stunden.
Es gab Anträge und Anforderungen an den Senat, den damaligen Innensenator, sich der Sache „endlich ernsthaft anzunehmen“. Schnelle Aufklärung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wurde hier gefordert, lieber Kollege Lux, auch von Ihnen! Und da hat die Polizei das gemacht, was sie macht, wenn Maßnahmen gefordert werden. Sie hat in das Gesetz geschaut und musste in der Strafprozessordnung gar nicht lange suchen. Den § 100g StPO findet man relativ weit vorne, denn dort ist die Funkzellenabfrage als ermittlungsmögliches Mittel geregelt. Solange es bundesgesetzlich möglich ist, es einzusetzen, werden Ermittlungsbehörden selbstverständlich davon Gebrauch machen, gerade auch bei einer solchen Brandserie. Da muss sich doch hier im Haus keiner wundern, dass die Polizei genau das macht, was letztendlich im Gesetz steht.
Aber wir müssen hier auch darüber reden, ob das zur Verfügung stehende Mittel den Zweck rechtfertigt und verhältnismäßig ist. Die Abfrage von Tausenden von Handys unbescholtener Bürger und die Erhebung von Millionen Verkehrsdaten rechtfertigt die Nachfrage, ob das wirklich sein muss, zumal diese Maßnahme, wie wir hier gehört haben, nicht zum Erfolg geführt hat, dass ein Täter dadurch gefasst wurde.
Wie vielschichtig das Thema ist, hat die Anhörung am 8. Februar im Bundestag gezeigt. Insgesamt neun Sachverständige diskutierten zum künftigen Verfahren bei der Funkzellenabfrage und haben die ganze Bandbreite der Diskussion deutlich gemacht, von den Hardlinermeinungen bis zur Position, die Funkzellenabfrage nicht mehr anzuwenden. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Beiden Extremmeinungen kann ich mich nicht anschließen. Einen generellen Verzicht auf die Ermittlungsmethode Funkzellenabfrage, wie auch im Rahmen der Anhörung diskutiert, halte ich nicht für der Weisheit letzten Schluss.