Wollen wir sportlich sein und den anderen gewähren lassen! – Wie wenig Leute E-Sport für Sport halten, bekommt man mit, wenn man – das wusste ich vorher auch noch nicht – bedenkt, wie viele Leute Fußball und andere Spiele schauen. Da gab es die League of Legends Weltmeisterschaft. Dabei haben 36 Millionen Leute zugeschaut. Das ist weniger als beim Superbowl und weniger als bei der Fußballweltmeisterschaft, aber mehr als bei allen anderen Sportevents weltweit. E-Sport ist auf Rang 3 international, was die Übertragung von Sport betrifft.
Wie wichtig das Thema ist und wie wichtig es ist, was wir hier machen, bekommen die meisten nicht mit. Diese Vorgänge haben eine unglaubliche Aufmerksamkeit in der Szene nach sich gezogen. Das betrifft beide Anträge. Wir hatten den Sportgerätehersteller-Antrag. Über den haben wir hier abgestimmt und ihn in guter Zusammenarbeit mit der Koalition angenommen. Da gab es heute schon in den Branchenmagazinen einen Artikel darüber, dass Berlin die Games-Industrie fördert. Das ist sofort in die Branche durchgeschlagen. Hier geht es jetzt nicht um die Sportgerätehersteller, sondern um die Sportler. Die Szene nimmt uns wahr. Ich glaube tatsächlich, dass diese Rederunde diejenige ist, die die größte Reichweite hat. Es hat internationale Aufmerksamkeit auch mithilfe der Linken unter dem Titel „Why Germans hate E-Sports“ bekommen. Die ganze Szene ist wach, bekommt es mit, liest das Gutachten und stellt fest: Ja, tatsächlich, wir können uns darauf zurücklehnen, etwas anders zu sein, aber wir können Sport sein. Es funktioniert. Vereine werden gegründet, und zwar einige. Ich habe das letzte Mal gesagt, dass einige Vereine in Gründung sind. Es ist tatsächlich so, dass schon Verbandsstrukturen in diversen Bundesländern geschaffen wurden. Die Strukturen, die gefordert werden, entstehen. Das hat noch nicht einmal etwas damit zu tun, dass Schalke 04, die nun nichts mit Sport zu tun haben, inzwischen ihr eigenes Team of Legends haben.
Sie haben es auch so in ihrer Satzung stehen. Sie machen jetzt bestimmt noch einen Nebenbetrieb auf.
Sie erreichen damit Menschen, die sich noch nie für Politik interessiert haben, nämlich Gamer, die plötzlich vom Abgeordnetenhaus in Berlin gehört haben, und dass diese etwas mit E-Sport machen. Inzwischen macht auch NRW nach unserem Vorbild, sehr schön übrigens, ähnliches. Diese Menschen haben sich nicht für Politik interessiert. Plötzlich interessiert sich die Politik für sie, und sie merken: Hey, wir existieren tatsächlich auch für die Politik, und fangen an zuzuhören. Sonst hört hier eigentlich selten jemand zu, außer dem, was in den Abendnachrichten verbreitet wird.
Ich finde es sehr schön, auch aus dem Ausschuss. Die Grünen sagen, dass die Position der Piraten zu wenig kritisch ist. Bei den überkritischen Grünen, die an allem etwas herumzumäkeln haben, ist das ein Ritterschlag. Die CDU sagt, kann sein, kann aber auch nicht sein, lass uns mal abwarten. Ich finde das für eine konservative Partei völlig in Ordnung. Dafür sind sie die Konservativen.
Die SPD sagt: Im Prinzip schon, formal gefällt es uns aber nicht so sehr. – Dazu sage ich später noch etwas. Da müssen Sie jetzt erst einmal liefern. – Die Linksfraktion ist großartig: Fehlentwicklung! Abartig ist das. Man müsste ein Ausstrahlungsverbot für E-Sport Events veranlassen. Es ist so etwas von: Lieber, junger Wähler, wählt uns bitte nicht. Jetzt ist noch einmal klar, warum die Piraten eine eigene Partei gegründet haben und nicht zu den Linken gegangen sind. Das ist ganz klar.
[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Das erklär einmal auf der Fraktionssitzung!]
Wenn wir jetzt nach dem Stand der Debatte abstimmen würden – bei dem Antrag geht es darum, dass sich das Land einsetzt, formal kann es noch etwas klären –, würden jetzt Piraten, Grüne mit der SPD dafür stimmen, die CDU würde sich bei Ablehnung durch Die Linke enthalten, und wir könnten das annehmen. Daraus wird nichts.
Es macht aber nichts, weil wir mit der Debatte unglaublich viel erreicht haben. Das, was wir erreicht haben und was sich jetzt bewegt, ist ganz klar ein Auftrag für die nächste Legislaturperiode. Vielleicht bekommen wir eine grüne Sportsenatorin.
Was auch immer Sie jetzt machen und sagen, man hört Ihnen auf dem ganzen Planeten zu. Es ist eine Audience, die ihnen noch nie zugehört hat. Liebe SPD! Sie sagen, dass es formal noch nicht so ist, wie Sie es wollen. Dann sagen Sie den E-Sportlern in Deutschland, wie Sie es gern hätten. Sie hören ihnen zu. Sie bauen Strukturen und machen das dann. Es ist nicht so, dass sie das alles nicht hören. Wenn Sie jetzt eine klare Ansage machen, dann wird sie gehört und auch umgesetzt, weil es hier nicht darum geht, gegen die Politik zu sein, sondern darum, mit der Politik etwas Neues zu erreichen.
Damit möchte ich schließen und freue mich auf eine hoffentlich, bis auf bei den Linken, konstruktive Debatte. – Danke!
Vielen Dank, Herr Morlang. – Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Buchner. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich vor fünf Jahren in dieses Haus kam, sind die Piraten auch in dieses Haus gekommen.
Sie waren damals eine Anti-Establishment-Partei gegen die gewesen, die sich von Lobbyisten ihre Reden und Gesetzentwürfe schreiben lassen.
Das, was der Kollege Morlang hier gerade abgeliefert hat, ist mindestens zur Hälfte aus den Papieren abgeschrieben, die wir alle bekommen haben, von der Gaming-Industrie.
Die, Herr Kollege, haben Sie offenbar sehr viel intensiver gelesen als das Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes. Da war das entscheidende Argument aufgeführt, die klare Ansage, die ich Ihnen hier gerne mache. Es gibt in Deutschland keinen politischen Sport. Was Sport im Sinne von Sporttreiben ist, entscheiden die Sportverbände, die demokratische Strukturen haben. Das ist übrigens auch gut so, gerade in einem Land, in dem es zweimal Systeme gegeben hat, wo es so was wie Staatssport und verordneten Sport gegeben hat.
Ich möchte auch in Zukunft, dass der Sport selbst entscheidet, was Sporttreiben und was in dem Sinne sportlich förderungswürdig ist.
Ich war beim letzten Mal durchaus ein bisschen netter, weil ich gar nichts gegen Gamer habe und auch gar nichts dagegen, dass sich junge und auch ältere Menschen in großen Räumen zusammenfinden und gegeneinander Computerspiele spielen und meinetwegen auch vernetzt auf der ganzen Welt miteinander Spiele spielen. Dass ich das persönlich – ich habe es auch gesagt – für keine körperliche Sportart halte, dass das für mich persönlich kein Sport ist, ist dabei gar kein so großes Problem.
In der Anhörung ist, glaube ich, deutlich geworden, was das eigentliche Begehr ist, nämlich Vereine gründen zu können und auch so etwas wie Gemeinnützigkeit zu bekommen. Man kann eine Gemeinnützigkeit erreichen, das kann auch ein Karnickelzüchterverein bekommen,
das können Nachbarschaftsvereine bekommen, und das sollen nach meinem Gusto gern auch Vereine bekommen, die sich treffen, um Computergames zu spielen. Sportliche Förderungswürdigkeit ist allerdings noch mal etwas anderes. Da geht es nämlich in der Tat um die Töpfe, die der organisierte Sport in Deutschland für den Leistungs- und für den Breitensport ausgeben kann. Sie haben es gerade gesagt: Das sind in der Tat leider begrenzte Töpfe und begrenzte Kapazitäten. Deswegen ist und bleibt es richtig, dass der Sport selbst darüber entscheiden muss, was er im Rahmen sportlicher Förderungswürdigkeit fördern will. Das ist eben genau Autonomie des Sports, für die die Parteien – größtenteils auch im Berliner Abgeordnetenhaus, glaube ich – stehen. Ich war ein bisschen überrascht, dass die Grünen – wir werden sie gleich noch hören – sich im Ausschuss für diesen Antrag und damit für einen erheblichen Eingriff in die Autonomie des Sports ausgesprochen haben. Ich bin gespannt auf die Argumentation der Kolleginnen und Kollegen. Für meine Partei kann ich ganz klar sagen: Die Autonomie des Sports bleibt ein hohes Gut, und daran werden wir festhalten. – Vielen Dank!
[Beifall bei der CDU und der SPD – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (LINKE) und Carsten Schatz (LINKE)]
Danke schön, Kollege Buchner! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt die Kollegin Schillhaneck – und erhält das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Buchner! Wir haben uns deswegen positiv zu diesem Antrag verhalten, weil er eben kein Eingriff in die Autonomie des Sports ist.
Es geht an dieser Stelle um die Änderung des Anwendungserlasses. Ich weiß nicht, ob es Ihnen gegenwärtig ist: Seit der Veränderung der Struktur auf Bundesebene, seit der Gründung des DOSB, hat es keine Verfahren zur Anerkennung von Sport mehr gegeben. Das heißt, wir sind hier in einem Bereich, wo in diesem Antrag die Chance liegt, mal wieder ein Verfahren zu etablieren. Es ist so eine Art Testcase, um die Verständigung darüber herbeizuführen, wie und nach welchen Kriterien etwas eigentlich Sport wird – übrigens auch aus der Perspektive des Sports. Es gibt viele Sportarten, bei denen sich sicherlich – der Kollege Eggert hat das in der Anhörung sehr deutlich ausgeführt – die Frage nach der Sinnhaftigkeit stellen lässt. Das ist von einer Fraktion und dann auch im Bericht aus der letzten Abgeordnetenhaussitzung, aus der Aktuellen Stunde, mit „Daddeln ist kein Sport“ verhöhnt worden. Es gibt auch andere Sportarten, wo sich ernsthaft die Frage nach der Sinnhaftigkeit stellen lässt.
Wir haben zum Beispiel aus grüner Perspektive durchaus an der einen oder anderen Stelle ein dezentes Problem mit der Form, wie Schießsport zum Teil betrieben wird. Da gibt es Disziplinen, die muss man definitiv ganz kritisch hinterfragen, ob sie eigentlich förderungswürdig sind. Aber es ist anerkannt, weil es historisch schon immer anerkannt ist.
Ähnlich ist es mit der Begründung, warum Schach eigentlich Sport ist: Schach ist deswegen Sport, weil Schach schon immer Sport war. Willkommen im Tautologieclub!