Bis heute gibt es in Deutschland kaum einen Schutz für Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber im Arbeitsverhältnis. … Diese Unwägbarkeiten behindern das Geben von Hinweisen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen rechtssicheren Schutz. Wir können es nicht dulden, dass Zivilcourage blockiert wird.
Soweit die Regierungsfraktionsmitglieder im Deutschen Bundestag. – Diese Worte richten sich auch an uns. Es ist heute an Ihnen, den Hinweisgeberschutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Verwaltung zu verbessern. Darauf zielt unser Antrag. Wir wollen mit ihm die Spielräume, die es auch auf Landesebene gibt, um Hinweisgeberschutz in der Berliner Landesverwaltung zu implementierten, nutzen. Deswegen appelliere ich an Sie: Wenn Sie tatsächlich besseren Schutz für Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber wollen, und das sollten Sie, denn das dient der Optimierung der öffentlichen Verwaltung: Nicht die Geheimniskrämerei führt uns weiter, sondern Offenheit und Transparenz, und der Schutz derjenigen, die auf eklatante Missstände hinweisen, führt im Ergebnis zu einem besseren Verwaltungsoutput. So hat uns das Professor Ludwig im Innenausschuss ins Stammbuch geschrieben. Wenn Sie das alles wollen, dann stimmen Sie heute unseren beiden Anträgen bitte zu.
Im Verfassungsschutzausschuss ist das leider nicht ernsthaft beraten worden. Ich habe zwar länglich ausgeführt, was wir wollen, aber kein Mitglied einer Regierungsfraktion hat es auch nur für nötig erachtet, das Wort zu ergreifen und auch nur ein einziges Wort zu unseren Anträgen zu sagen. – Meine liebe Regierungskoalition! Aus diesem Verhalten spricht eine gewisse Arroganz der Macht. Ich finde das nicht den richtigen Weg, wie man mit Oppositionsvorschlägen umgehen sollte. Man sollte sie nicht einfach kommentarlos wegstimmen. Deswegen bin ich froh, dass Sie heute hier wenigstens die Gelegenheit bekommen, zu unseren Gesetzesanträgen etwas zu sagen. Im Innenausschuss gab es eine Debatte. Kollege Zimmermann wird schon ganz unruhig. Im Innenausschuss würde so etwas nie passieren, aber im Verfassungsschutzausschuss war es nicht so, wie ich mir parlamentarische Beratung wünsche und wie sie dem Land Berlin guttun würde. Es tut Not, sich inhaltlich mit den Anträgen der Opposition auseinanderzusetzen, denn das Land Berlin schwächelt.
Wenn wir uns den Bereich der Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention angucken – das ist ein Teilelement dessen –, dann haben wir in dieser Legislaturperiode leider den Anschluss verloren. Diese Koalition hat leider Innovationen, die in der letzten Legislaturperiode noch möglich waren, nicht fortgeführt. Ich nenne nur den Vertrauensanwalt zur Korruptionsbekämpfung. Dazu gab es immerhin einen einstimmen Beschluss dieses Parlaments. Es hat fünf Jahre gedauert, bis er geschaffen wurde, aber es gibt ihn nicht mehr. Herr Heilmann ist gerade dabei, diese Institution abzuwickeln. Da sollten wir als Parlament mal wieder ein Signal aussenden: Leute, es geht in die falsche Richtung. Wir wollen weiter Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung. Deswegen brauchen wir einen verbesserten Schutz unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unserer Beamtinnen und Beamten im öffentlichen Dienst. – Stimmen Sie bitte unseren Anträgen zu! – Danke schön!
Ich bedanke mich auch! – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt wieder der Kollege Zimmermann. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Es geht in der Tat vor allen Dingen um Korruptionsbekämpfung, und da will ich gleich anschließen an Ihre Rede, Herr Behrendt. Wir haben über die Jahre eine Reihe von Instrumenten im Land Berlin installiert, die sehr wohl wirksam Korruption bekämpfen helfen. Ich erinnere an das sogenannte Business Keeper Monitoring System, in dem Leute Hinweise geben können, die dann verarbeitet werden. Wir haben den Vertrauensanwalt, den Ombudsmenschen als Institution. Es muss nur eine Besetzung stattfinden. Aber die Bedingungen sind gegeben. Wir haben schließlich auch noch das Parlament als Ansprechpartner. Es ist immer ein Quellenschutz da, wenn Abgeordnete über Fehlentwicklungen informiert werden. Es kann dort geklärt werden, ob etwas zu unternehmen ist. Es gibt also Korruptionsbekämpfungsinstrumente, die man sicherlich hier und da auch noch schärfen kann. Daran werden wir immer weiter arbeiten. Das können wir Ihnen versprechen.
Hier geht es Ihnen darum, ein Anzeigerecht der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst zu kreieren, womit der Schutz vor Verfahren erhöht wird, nämlich vor Verfahren wegen der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, von Loyalitätspflichten usw. Hier ist interessant, dass wir auch eine Entwicklung in der Rechtsprechung haben. Wir haben in den letzten Jahren eine Stärkung der Position von Whistleblowern erfahren.
Ich will ein wesentliches Urteil herausgreifen. Es stammt vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof – da guckt nicht jeder dauernd hin, aber es sind teilweise wichtige Entscheidungen – aus dem Jahr 2011. Eine Altenpflegerin hatte sich an das Gericht wegen ihrer Kündigung durch einen Klinikkonzern gewandt. Sie hatte ihren Arbeitgeber beklagt, da zu wenige Pfleger für die Patienten im Pflegeheim da waren, wodurch unhaltbare Zustände entstanden sind. Die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren eingestellt, und daraufhin kündigte der Arbeitgeber der Altenpflegerin. Diese bekam am Ende vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof recht. Es war der Ansicht, dass die Arbeitnehmerin bei ihrer Meinungsäußerung und gegebenen Hinweisen geschützt sein muss. Ich will festhalten, dass durch diese Rechtsauffassung – bestätigt durch höchstrichterliche Entscheidung – weitreichende Folgen für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung aufgrund einer behaupteten Verletzung von Loyalitätspflichten oder Verschwiegenheitspflichten entstehen. Damit wird die Position von Whistleblowern deutlich gestärkt. Das sind die Anknüpfungspunkte, die wir brauchen, um weiter den Schutz der Rechtsordnung, wie Sie sagen, für zu Recht gegebene Hinweise durch Hinweisgeber zu erhöhen.
Dieser Antrag ist dazu nicht erforderlich, und es ist auch die Frage, ob wir mit einem Anzeigerecht wirklich weiterkommen. Daran hatten wir unsere Zweifel. Im Innenausschuss hätten wir das natürlich beraten. Wir beraten es aber jetzt im Plenum. Die Argumente sprechen dafür, dass wir diese Anträge jetzt nicht weiterverfolgen, aber der Schutz von Whistleblowern ist weiter ein wichtiges Anliegen. – Danke schön!
Danke schön! – Den nächsten Redebeitrag leistet der Kollege Taş für die Linksfraktion. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Behrendt hat mit der gerade gemachten Aussage recht. Es ist durch die Arroganz der Macht, wie wir gerade gehört und erlebt haben, schlecht bestellt um den Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern in Deutschland. Nicht erst seit Edward Snowden wissen wir, Herr Zimmermann: Hinweise aus Behörden, Unternehmen und anderen korruptionsanfälligen Institutionen können für den Schutz unserer demokratischen Grundwerte extrem wertvoll sein. Die Mehrheit aus Union und SPD im Bundestag hat bislang alles getan, um einen besseren Schutz von Hinweisgebern zu verhindern. Noch immer müssen Menschen, die Missstände, Korruption oder Ähnliches öffentlich machen, mit strafrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Sanktionen rechnen.
Damit verpasst Deutschland nicht nur die Chance, wirksamer gegen Korruption vorzugehen, sondern verstößt auch gegen internationale Vorgaben. Deutschland hat die Antikorruption der vereinten Nationen ratifiziert. Deutschland ist Mitglied im Europarat. Auch der verlangt ein Hinweisgeberschutzgesetz. Aber an die Umsetzung dieser Abkommen denkt Deutschland nicht. Das kann nicht sein, meine lieben Damen und Herren!
Die Fraktion Die Linke im Bundestag – Herr Behrendt ist bereits darauf eingegangen – und auch die Grünen haben dazu Anträge eingereicht und konkrete Vorschläge hierzu gemacht. Das alles wurde abgelehnt, und solange Union und SPD im Bund alles blockieren, will ich hier keine wohlfeilen Reden aus der Koalition hören. Wir wissen alle: Auf Landesebene können wir wenig machen. Was in den vorliegenden Anträgen gefordert wird, ist eine Krücke, aber wir sollten das tun, was wir tun können.
Über Regelungen im Beamtenrecht und über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst soll ein besserer Schutz für Hinweisgeber, die verbeamtet oder angestellt sind, auch hier in Berlin erreicht werden. Disziplinarrechtlich hätten sie dann einen besseren Schutz, strafrechtlich bliebe allerdings immer noch ein Risiko. Darüber hinaus soll der Verfassungsschutzausschuss als Anlaufstelle für Hinweisgeber dienen. Das ist außergewöhnlich, aber der Verfassungsschutz ist auch eine außergewöhnliche und kaum kontrollierbare Behörde, wie wir in den letzten Jahren leidvoll immer wieder erfahren haben. Also, unterm Strich werden mit den Anträgen sehr kleine Schritte getan, aber wir sollten diese Schritte gehen und ihnen heute auch zustimmen. – Herzlichen Dank!
Danke schön! – Die CDU-Fraktion hat den Kollegen Dr. Juhnke als Redner benannt, und ich erteile ihm das Wort. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte erst einmal vorausschicken: Wir diskutieren heute nicht über die Frage „Whistleblowing ja oder nein“ oder wer die Korruption weniger ernst nimmt, sondern wir diskutieren über diesen Antrag. Und dieser Antrag hat in der Sache relativ wenig Substanz in Bezug darauf, wie man an dem Punkt wirklich weiterkommen kann.
Wir haben schon einiges gehört, welche Stellen es in Berlin gibt, die Korruption und Misswirtschaft bzw. irgendwelche Missstände aufdecken. Dass es volkswirtschaftlich wichtig ist, darüber brauchen wir uns sicher gar
nicht zu entzweien, und deswegen gibt es auch sehr viele Institutionen, die sich mit dieser Sache beschäftigen. Einige wurden schon genannt, ich erwähne noch zusätzlich die Spezialabteilung bei der Staatsanwaltschaft, die Antikorruptionsgemeinschaft der Berliner Verwaltung, das Korruptionsregister usw. Es gibt also einige Institutionen. Und wir haben in der Anhörung gehört, dass insbesondere auch die Rolle der Presse an dieser Stelle nicht zu unterschätzen ist, das heißt also, die Presse eines Landes, bei dem ich gerade vorhin auf einer Landkarte gesehen habe, dass Deutschland eines der freiesten Länder ist, was Presserecht anlangt. Die Rolle dieser Institution, die auch kontrollierend dort tätig ist, ist durchaus auch ernst zu nehmen.
Deswegen müssen wir uns anschauen, was der Antrag sagt, und da ist nicht viel drin, dem man zustimmen müsste. Der Artikel I ist beamtenrechtlich problematisch. Artikel II ist der Verfassungsschutz – da war mit Ihnen ein bisschen die Ideologie durchgegangen. Schon heute kann sich jeder an den Ausschuss wenden, wenn er möchte. Artikel III und IV sind weder relevant noch notwendig. In dem Zusammenhang verweise ich auf die umfangreiche Stellungnahme des Senats. Das kann jeder noch einmal durchlesen. Wir haben in jedem Fall Ihre Initiative hier im Plenum einmal behandelt. Wir haben sie im Verfassungsschutzausschuss behandelt, in welcher Form, kann ich jetzt nicht sagen, da ich nicht dabei war. Wenn Sie das als Arroganz der Macht geißeln... Insbesondere bei Ihnen, Herr Taş, möchte ich sehen – nein, ich möchte es eigentlich nicht sehen, weil es für unsere Stadt schädlich wäre,
wenn Sie in Regierungsverantwortung wären –, wie Sie herumstolzieren würden, dann sage ich, Herr Taş: Bei dem Begriff Arroganz sollten Sie lieber schweigen.
Wie gesagt: Wir haben es im Innenausschuss ausführlich mit einer großen Anhörung behandelt. Wir besprechen es heute noch einmal. Ich glaube, dann sollte es auch genug sein. Diese Ablehnung, die wir jetzt aussprechen werden, berechtigt Sie in keiner Weise zu sagen, Sie kümmerten sich um das Thema mehr als wir. Denn was Sie hier vorgelegt haben, ist dünn! – Vielen Dank!
Danke schön, Kollege Dr. Juhnke! – Dr. Weiß, sie haben jetzt das Wort für die Piraten. – Bitte schön!
Vielen Dank! – Meine Damen und Herren! Probleme, damit sie adressierbar sein können, müssen erst einmal benannt werden – so weit zum Grundsatz. Und wer sich an die Öffentlichkeit, in welcher Form auch immer, wen
det, wenn alle anderen Optionen nicht mehr fruchtbringend erscheinen, um Missstände im persönlichen oder beruflichen Umfeld aufzudecken, braucht dafür auf jeden Fall einiges an Mut und handelt an der Stelle dann auch in der Tat im öffentlichen Interesse und aus Zivilcourage. Insoweit ist es eigentlich klar, dass man solchen Menschen nicht noch mehr Steine in den Weg legen sollte. Genau das passiert aber eben doch zu oft, und der vorliegende Antrag zum Whistleblower-Schutz der Grünen deckt in der Tat das ab, was wir auf Landesebene an der Stelle machen können. Das ist in der Tat nicht besonders viel, weil es sich im Wesentlichen auf den öffentlichen Dienst selbst und dann auf die Privatwirtschaft, soweit sie sich im Einflussbereich des Landes befindet, bezieht. Aber es ist doch auf jeden Fall alles richtig.
Da die Rederunde relativ kurzfristig angesetzt worden ist, hatte ich gehofft, ich könnte meine Redezeit vor allem dazu benutzen, auf die Argumente der Koalitionsfraktionen einzugehen. Leider habe ich wenig Argumente gehört, die gegen die Annahme dieses Antrags sprächen,
außer, dass nicht so viel drinstehen würde und dass es jetzt nicht zwingend notwendig wäre, ihn anzunehmen. – Nun gut!
Mit Verlaub: Das, was den Kollegen Behrendt berechtigt zu sagen, er hätte in dieser Legislaturperiode mehr zu dem Thema getan als Sie, ist allein schon die Tatsache, dass er etwas getan hat. Man könnte jetzt auf die einzelnen Punkte eingehen, aber, wie gesagt, nichts davon ist etwas, dem man nicht guten Gewissens zustimmen kann. Wir werden das tun. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Kollege Dr. Weiß! – Zu dem Gesetzesantrag Drucksache 17/2082 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen die Opposition – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Linke, Grüne und Piraten. Wer lehnt ab? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Jetzt kommen wir zum Antrag Drucksache 17/2083. Da empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – wieder gegen die Oppositionsfraktionen – auch mit dem geänderten Berichtsdatum, nämlich dem 30. Juni 2016, die Ablehnung. Wer diesem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Linke, Grüne und Teile der Piraten.
Alle? Die Hände kann man ja vielleicht noch hochheben. Das schaffen wir selbst heute noch! – Kollege Delius! Bei Ihnen habe ich es gesehen. – Wer lehnt ab? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.
Ich eröffne die zweite Lesung der Gesetzesvorlage und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel 1 und 2 der Drucksache 17/2575. Eine Beratung ist heute nicht vorgesehen.
Zu dieser Gesetzesvorlage 17/2575 empfiehlt der Fachausschuss einstimmig mit allen Fraktionen die Annahme. Wer also der Gesetzesvorlage zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Auch jetzt müsste Einstimmigkeit vorhanden sein.