Protocol of the Session on May 26, 2016

(Andreas Kugler)

[Allgemeiner Beifall]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort der Kollege Schaddach. Da steht er schon. – Bitte, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin seit 2006 im Petitionsausschuss, und der Vorsitzende hat es gerade schon gesagt: Was für diesen Ausschuss spricht, ist die extrem gute Zusammenarbeit. – Ich habe dafür auch ein aktuelles Beispiel. Eine Kollegin kam vorhin zu mir und sagte mir, dass sie heute auch zu diesem Tagesordnungspunkt rede, und wenn ich dies und das sagen würde, müsse sie es nicht mehr sagen. Das spricht letztendlich für den ganzen Stil, den wir da gemeinsam pflegen, und dafür möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die im Petitionsausschuss sitzen, bedanken. Denn wir versuchen gemeinsam über die vielen Jahre hinweg, Lösungen zu allen möglichen Fragen hinter verschlossenen Türen zu finden, was mitunter ganz sinnvoll ist. Wenn die Türen geschlossen sind und kein Dritter mithören kann, geht es mitunter miteinander unter den Parteien auch einfacher als dann, wenn die Türen offen sind und jeder zuhört.

Ich habe zwei Berichtsbereiche im weitesten Sinne, die ich im Ausschuss verantworte. Das ist auf der einen Seite der Bereich des Sports. Mir ist aufgefallen, als ich mich auf meine Rede vorbereitet habe, dass ich im Sportbereich lustigerweise so gut wie gar keine Petitionen habe. Es spricht meines Erachtens für die gute Arbeit im Sportbereich durch den Landessportbund, aber auch durch die Senatsverwaltung für Sport, den Senator und den zuständigen Staatssekretär Herrn Statzkowski insbesondere, dass es da so wenige Beschwerden gibt.

[Beifall bei der CDU]

Das größere Thema – der Vorsitzende hat es angesprochen – ist der Bereich der Ausländerangelegenheiten. Im Buch, das ja jedem vorliegt, sind zwei Petitionen zu ausländerrechtlichen Themen genannt. In der einen geht es um einen Menschen, der relativ lange hier gelebt hat, aber dann nach 28 Jahren keinen Aufenthaltsstatus mehr hatte. Da haben wir uns sehr stark gemacht. In der anderen geht es um einen Fall, der in der Sache noch mehr berührt. Eine Studentin aus Georgien kam hierher, um zu studieren, hatte in der Vorbereitungszeit eine Augenerkrankung, die in der Behandlung außerordentlich kompliziert war, und hinterher war ihr Aufenthaltsstatus weg. Da haben wir uns sehr stark gemacht, sodass sie ihr Studium letztendlich wieder aufnehmen konnte. Man sieht, dass man in diesem Bereich relativ nah an den Menschen und Problemen dran ist. Das sind eben nicht Fälle wie eine Straßenlaterne, die nicht brennt, sondern menschliche Probleme, die sehr nahegehen.

Mir ist auch aufgefallen, dass wir insgesamt eine hervorragende Arbeit auch dank des Büros haben. Was oft nicht so funktioniert, ist nach meiner Erfahrung, dass in dem Bereich Petitionen, die eingereicht werden, oft sehr spät kommen. Wenn es um Abschiebungen und ähnliche Fragen geht, ist es schon sehr sinnvoll, dass rechtzeitig eine Petition eingereicht wird und dass Rechtsanwaltskanzleien die Petition einreichen, die ja an sich gut wissen müssten, wie man das macht und wie man es nicht macht. Leider entsprechen diese Petitionen in einigen Fällen nicht dem Niveau, das man von Rechtsanwaltskanzleien erwarten sollte. Das führt mitunter zu sehr viel Nachbesserungsbedarf und bedeutet sehr viel Nacharbeit für Frau Kreft, die das bei uns im Büro dankenswerterweise seit über 16 Jahren hervorragend betreut.

Insgesamt hatten wir in den Ausländerangelegenheiten im letzten Berichtsjahr 93 negative Entscheidungen, 14 teilweise positive und 28 positive. Wir dachten erst, es wären noch weniger positive, aber es ist schon ein kleiner Erfolg, dass wir in diesem Zeitraum so viele Fälle insgesamt positiv bescheiden konnten.

Eine Petition, die mit diesem Thema gar nichts zu tun, aber an der man sehen kann, wie so etwas helfen kann, betrifft die Ruderfähre Rahnsdorf – also Köpenick. Dieses Thema lief über mehrere Jahre, viele waren damit befasst, und letztendlich hat die Arbeit des Petitionsausschusses mitgeholfen, dass es diese Fähre weiterhin gibt. In der Gesamtbetrachtung haben da viele mitgespielt, aber dass sie weiter fährt, ist auch dem Petitionsausschuss zu verdanken. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte dann auch ein Einsehen und hat das notwendige Geld dafür zur Verfügung gestellt.

Ich hatte es schon am Anfang gesagt: Ich möchte mich ganz herzlich bei den Abgeordneten für die Zusammenarbeit im Ausschuss und auch ganz besonders herzlich beim Ausschussbüro bedanken, von dem ich leider hier gar keinen sehen konnte. Der Vorsitzende hat vorhin auch schon herumgeschaut.

[Andreas Kugler (SPD): Doch! Hinten links! – Weitere Zurufe]

Ach so, da muss ich nach hinten schauen! – Ja, doch, da ist eine Kollegin. Herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit! Aber das werden Sie vermutlich gleich noch ein paar Mal hören. – In diesem Sinne herzlichen Dank!

[Allgemeiner Beifall]

Vielen Dank, Kollege Schaddach! – Bündnis 90/Die Grünen haben den Kollegen Moritz als Sprecher benannt. Sie haben das Wort. – Bitte schön!

(Vizepräsident Andreas Gram)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beginnen möchte ich mit einem herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Petitionsbüros. Ohne sie wäre unsere Arbeit so nicht möglich.

[Allgemeiner Beifall]

Der nächste Dank geht natürlich an die Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss für die besonders kollegiale Zusammenarbeit. In anderen Ausschüssen funktioniert das ja leider nicht so lösungsorientiert wie im Petitionsausschuss. Allerdings mussten wir vor Kurzem auch die Grenzen kennenlernen. Als wir über eine Petition gesprochen haben, war sich der Petitionsausschuss eigentlich einig, dass eine ehemalige Bushaltestelle vor einer Behinderteneinrichtung wieder von der BVG bedient werden sollte. Allerdings konnten vor allem die Vertreter der Koalitionsfraktionen nicht in ihren Fraktionen durchsetzen, dass diese tatsächlich wieder bedient wird, weil das eben auch Geld kostet.

Nicht zuletzt gilt mein Dank auch den zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern, die uns mit ihren Petitionen auf Probleme und Missstände mit und in den Berliner Behörden aufmerksam machen und die uns ihr Vertrauen bei der Behebung oder Beseitigung der Missstände schenken. Die Bürgerinnen waren 2015 sehr fleißig. Der Vorsitzende hat die Zahlen genannt. Allein auf die Arbeitsbereiche, die ich betreue – Verkehr und Justiz –, entfielen mehr als 230 Petitionen. Viele waren spannend, und etliche habe ich noch in Erinnerung.

Eine Petition aus dem Bereich Justiz, die erfreulich ausgegangen ist, möchte ich hier vorstellen. Wir haben sie über zwei Jahre begleitet. Es geht dabei um zwei Männer, die in Südafrika ein Kind adoptiert haben. Ihre Eignung ist mehrfach behördlich geprüft und bestätigt worden. Auch Gerichte haben den Adoptiveltern recht gegeben. Allerdings verweigerte das Standesamt TreptowKöpenick die Eintragung der Geburt in das Geburtenregister. Das hatte zur Folge, dass dem adoptierten Kind nicht die deutsche Staatsangehörigkeit zuerkannt wurde. 2015 wies der Bundesgerichtshof die Rechtsbeschwerde des Rechtsamts Treptow-Köpenick und der Senatsinnenverwaltung zurück und folgte damit der Auffassung der Vorinstanzen. Dabei wurde auch die Argumentation des Petitionsausschusses berücksichtigt. Es kam also zu einem positiven Ende bei einer so grundsätzlichen Petition.

Weitere Petitionen befassten sich unter anderem mit langen Verfahrensdauern beim Sozialgericht oder im Verkehrsrecht. Es gab auch kuriose Petitionen. Bei einer Petition beschwerte sich beispielsweise einer darüber, dass Gerichtsakten mit dem Pizzaservice transportiert wurden. Die Lösung ist eigentlich ganz einfach. Der von der Verwaltung verpflichtete Postdienstleister hat noch ein anderes Unternehmen, für welches er auf den Fahr

zeugen geworben hat. Die Akten wurden natürlich auch nicht in einem Pizzakarton transportiert.

Im Bereich Verkehr gibt es auch viele Petitionen, die hier näher beleuchtet werden könnten. Ich möchte hier nur beispielhaft viele Beschwerden über lange Wartezeiten bei der Kfz-Zulassungsbehörde und zum Thema Tempo 30 erwähnen. Sehr viel Ausdauer müssen Petenten haben, wenn sie sich für Fußgängerüberwege einsetzen. Das dauert immer mehrere Jahre.

Erwähnen möchte ich auch die öffentliche Sitzung des Petitionsausschusses am Tag der offenen Tür. Wir haben mehrere Petitionen zum Onlinedialog „Mehr Sicherheit für Radfahrende“ besprochen. Es war eine sehr interessante Runde. Es gab tatsächlich auch an diesem Tag Berichte darüber, dass einige Konfliktpunkte behoben worden sind. Petitionen bewirken also etwas. Deshalb hoffe ich, dass uns die Bürger weiterhin mit ihren Petitionen helfen, das Land in Berlin ein Stück weit besser und die Verwaltung ein Stück weit effektiver und gerechter zu machen. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank, Kollege Moritz! – Frau Kollegin Thamm! Sie haben jetzt das Wort für die CDU-Fraktion. Bitte schön!

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestern wurde der Jahresbericht 2015 des Petitionsausschusses der Presse vorgestellt. In dieser handlichen und ansprechenden Gestaltung erscheint er seit 2010. Ich lege Ihnen die Lektüre sehr ans Herz. Sie ist wirklich lesenswert. Ich will hier jetzt nicht über Zahlen und Vorgänge reden; das haben meine Vorredner bereits getan. Sie können das auch selbst nachlesen.

Folgendes lässt sich aber beim Lesen der Themenrangfolge erkennen. In diesem Ausschuss erscheinen schon lange, bevor viele Probleme der Stadt in den Fachausschüssen debattiert werden, diese als Petitionen, sei es die allgemeine Flüchtlingsproblematik, die Besetzung der Turnhallen zur Flüchtlingsunterbringung, die Probleme bei der Wohnungssuche, die Beschränkung bei den Besuchszeiten in den Schwimmbädern und deren Allgemeinzustand, die Personalsituation in den Bürgerämtern.

Petitionen sind das Spiegelbild der Haltungen und Meinungen von Bürgerinnen und Bürgern über Zustände in unserer Stadt. Meines Erachtens sollten die Abgeordneten den Petitionsausschuss nicht nur als Ventil für den Ärger, die Sorgen unserer Mitmenschen sehen sowie als einen Ausschuss, der für die Hilfe und Lösung bei Einzelfällen

zuständig ist. Er sollte vielmehr in das Bewusstsein der Abgeordneten als ein Seismograph für gesellschaftliche Zustände eindringen, dessen sich die Abgeordneten zur frühzeitigen Erkennung und damit auch zur frühzeitigen Behandlung von Problemen bedienen sollten, bevor diese zu Lawinen werden, die dann die Alltagspolitik bestimmen und damit weniger Raum zu sorgfältiger, ausgewogener und natürlich auch zeitaufwändiger Behandlung bieten.

[Allgemeiner Beifall]

Deshalb kann es in der Tat von Vorteil sein, dass einige Ausschusssitzungen öffentlich werden, nicht alle, denn die Privatsphäre der Petenten muss gewahrt bleiben.

Ich schließe meine Rede mit dem Dank an die wertvolle, unterstützende Arbeit des Petitionsbüros und an alle meine Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen in diesem Ausschuss für ihre kollegiale Zusammenarbeit. – Ich danke Ihnen!

[Allgemeiner Beifall]

Vielen Dank, Frau Kollegin Thamm! – Für die Fraktion Die Linke erteile ich jetzt das Wort der Kollegin Kittler. – Bitte sehr!

Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Anzahl von Petitionen in Berlin ist immer noch die höchste im Bundesgebiet. Ein nicht unbedeutender Anteil setzt sich nicht nur für persönliche Belange ein, sondern für die Verbesserung von Lebensbedingungen anderer Menschen. Wenn wir Parlamentarier Probleme oder Vorschläge, gerade wenn viele sie zur Sprache bringen und unterstützen, aufnehmen und handeln, wäre das genau das, was die Berlinerinnen und Berliner von uns erwarten. Das ist uns nicht in allen Fällen gelungen. Dazu muss ich heute etwas sagen, ohne zu verkennen, wie großartig es ist, dass wir in mehr als der Hälfte der Petitionen helfen konnten.

Es sind aber auch Petitionen dabei – das ist eben auch knapp die Hälfte –, bei denen wir nicht helfen konnten. Es gibt welche, bei denen wir trotz Einigkeit und hohem Einsatz von Abgeordneten und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausschussbüros – bei denen ich mich natürlich auch herzlich bedanken möchte – zum Teil über Jahre hinweg keine Lösung erreichen konnten. Das hat verschiedene Ursachen. Einige liegen hier bei uns. Zum einen messen dem Petitionsausschuss meines Erachtens hier im Haus viele nicht die Bedeutung zu, die er hat. Zum anderen verhinderte wohl die Allmacht der beiden Haushaltspäpste der Regierungsfraktionen und des Finanzsenators offensichtlich einiges.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Ich bin sicher nicht die einzige, die im März im RBB die Reportage über „Die zehn größten Aufreger Berlins“ gesehen hat. Alle Aufreger spielten bei Petitionen eine Rolle. – Ob heruntergekommene Schulen, stinkende, marode Schulklos, also der Sanierungsstau, Lehrkräftemangel und hoher Unterrichtsausfall in Schulen,

ob Ausfälle und Verspätungen im ÖPNV und Probleme mit der S-Bahn,

ob Sicherheit für Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer, die wir natürlich nicht klären konnten. Deshalb gibt es jetzt einen Volksentscheid; zumindest wird ein solcher dazu angestrebt.

Ob der Kampf gegen Luxussanierungen und gegen Verdrängung,

ob die Wartezeiten auf den Bürgerämtern, – ob die Zustände für Flüchtlinge, nicht nur am LAGeSo, die oft weder gesund noch sozial sind, besonders in den Turnhallen, oder dass Flüchtlingskinder monatelang auf einen Schulplatz warten mussten und müssen,

all diese Aufreger spiegelten sich in Petitionen. Wenn Sie die Themen hören, wissen Sie, dass sich hier die Probleme über die ganze Legislaturperiode aufgebaut und verschärft haben. Die jetzige Regierung hat es nicht geschafft, den Berlinerinnen und Berlinern grundlegende Lösungen vorzulegen.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Wenn Frau Senatorin Kolat heute davon sprach, dass verloren gegangenes Vertrauen zurückgewonnen werden muss, kann ich dem nur zustimmen. So wie bisher wird das wohl nichts werden. Es wird Zeit, dass sich in der Stadt etwas ändert.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Dazu könnte auch beitragen, dass wir das Petitionsgesetz ändern und die Veröffentlichung von Petitionen, ihre öffentliche Mitzeichnung und öffentliche Diskussionsforen möglich machen.

[Beifall bei der LINKEN]

Der Antrag der Linksfraktion liegt dazu sei September 2014 vor. Der Petitionsausschuss – Herr Kugler hat es schon erwähnt – hat sich mit ihm, verbunden mit einer Anhörung, intensiv beschäftigt. Wir haben die Erkenntnisse der Anhörung eingearbeitet. Obwohl es im Petitionsausschuss über alle Fraktion im Prinzip Zustimmung gab, sind SPD und CDU zur Zustimmung nicht bereit. Warum, erschließt sich nicht. Wir hätten unseren Antrag, wie bereits mehrfach angeboten, auch gern zugunsten eines gemeinsamen Antrags aller Fraktionen zurückgezogen. Dieses Angebot steht auch heute noch.