Protocol of the Session on May 26, 2016

Vielen Dank, Herr Wolf! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Stroedter. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion unterstützt ausdrücklich diesen Antrag. Wir haben das in der Fraktion einstimmig beschlossen. Was sich im Augenblick bei Vattenfall abspielt – und nicht nur im Augenblick, sondern schon einige Zeit –, halten wir für skandalös. Vattenfall hat weitere Umstrukturierungen und Ausgliederungen angekündigt. Die Belegschaft ist darüber informiert worden. Aber ansonsten hüllt man sich da, wie das gerne in Schweden so üblich ist, in Schweigen. Ich habe selbst mit den Betriebsräten gesprochen und musste zur Kenntnis nehmen, dass bereits jetzt versucht wird, hier eine Zerschlagung am Platz vorzunehmen. Ich sage auch im Namen meiner Fraktion: Das werden wir nicht zulassen. Das lehnen wir eindeutig ab.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vattenfall hat als einer der größten Arbeitgeber Berlins eine besondere gesellschaftliche Verantwortung. Es handelt sich übrigens hierbei nicht – das denken ja manche – um ein Privatunternehmen, sondern um ein schwedisches Staatsunternehmen. Weder die Stromversorgung noch der Kundenservice dürfen hier unter Druck geraten; Vattenfall ist Grundversorger für Strom und steht auch in besonderer sozialer Verantwortung für die Stadt und die

Berlinerinnen und Berliner. Nicht nur in diesem Punkt gebe ich ausdrücklich dem Kollegen Harald Wolf recht.

[Martin Delius (PIRATEN): Hui!]

Würden die Sorgen der Belegschaft Vattenfalls Wirklichkeit werden, ginge mit der Auslagerung von Geschäftsbereichen dem Unternehmen und der Stadt Arbeits- und Ausbildungsplätze, aber was noch schwerer wiegt, Expertenwissen oder wie man heute sagt, Know-how verloren. Ja, es ist richtig, Kollege Wolf, wir haben anderthalb Jahre gemeinsam konstruktiv in der Enquete-Kommission gearbeitet und haben dort weitgehende Beschlüsse zur Energiewende im Einvernehmen getroffen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können jetzt auch erwarten, dass wir Wort halten, dass wir uns an das, was wir da beschlossen haben, halten. Ich appelliere hiermit ausdrücklich an Vattenfall, auf dieses spezielle Expertenwissen hier nicht zu verzichten und den eingeschlagenen Kurs zu korrigieren. Insofern ist Ihr Antrag eine gute Grundlage. Wir werden ihn in den Ausschüssen beraten. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte man den heute schon beschließen können.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD) und Iris Spranger (SPD)]

Leider höre ich vom Koalitionspartner, dass noch Beratungsbedarf besteht. Aber auch die Grünen – der Kollege Schäfer wird sich ja nachher äußern – waren noch nicht sofort dazu bereit. Ja, es ist richtig, die Arbeitsplätze bei Vattenfall sind nicht weniger wert, sondern genau so viel wert wie die Arbeitsplätze bei Siemens. Deshalb werden wir das jetzt in den Ausschüssen vernünftig beraten müssen.

Wir haben in der Enquete-Kommission unter anderem auch den Braunkohleausstieg für Berlin beschlossen. Daher möchte ich auch hier betonen: Die von Vattenfall geplante Veräußerung der Braunkohlesparte in der Lausitz sehe ich kritisch.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD) und Iris Spranger (SPD)]

Im schwedischen Parlament musste Anfang der Woche sogar die Debatte über den Verkauf nach lautstarken Protesten unterbrochen werden, da auch in Schweden mittlerweile der Widerstand gegen den Abbau fossiler Brennstoffe in der Bevölkerung wächst. Also: Wenn wir die Energiewende ernst nehmen, wenn wir den Klimaschutz ernst nehmen, wenn wir uns an unsere eigenen Beschlüsse halten wollen, dann gibt es keine Alternative zum Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Und die neuen Diskussionen über die Atomenergie zeigen uns, dass wir nicht nachlassen sollten zu erklären, was wir unter Energiewende verstehen. Deshalb müssen wir uns über Parteigrenzen hinweg ausdrücklich für das

(Harald Wolf)

Gelingen der Energiewende einsetzen, sonst droht ein energiewirtschaftlicher Rückfall in längst überwunden geglaubte Zeiten. Ich will hier auch deutlich sagen – auch in Richtung des Finanzsenators –: Die SPD-Fraktion möchte eine vollständige Rekommunalisierung im Bereich Gas und Strom.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Wir sind sehr skeptisch gegenüber Einzelverhandlungen und Kooperationsabkommen mit einem Versorger wie E.ON, weil unsere Auffassung ist – das will ich auch so deutlich sagen –, dass das Ziel der Berlinerinnen und Berliner, wie es im Volksentscheid zu sehen war, eingehalten werden muss. Das Verhalten von Vattenfall zeigt deutlich, dass man mit Partnern wie Vattenfall und E.ON seine Probleme hat. Deshalb lassen Sie uns gemeinsam fortschreiten auf dem Weg einer vollständigen Rekommunalisierung von Gas und Strom! – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Stroedter! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Schäfer. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stroedter! Sie haben sich gerade hier am Ende der Legislaturperiode ans Redepult gestellt, haben gegen den Koalitionspartner ausgeteilt, haben Ihrem eigenen Finanzsenator noch mal die Leviten gelesen. Es geht hier SPD gegen CDU, Koalition gegen Koalition, SPD gegen SPD. Wir haben seit Jahren ein energiepolitisches Chaos in Berlin. Das ist das Grundproblem.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

Das ist nicht nur Ursache dafür, dass die CO2-Emissionen Berlins derzeit steigen – seit 2007 gegen den Bundestrend, wo sie sinken –, sondern auch dafür, dass Beschäftigte in Berlin – bei Vattenfall Europe und auch bei der GASAG – verunsichert sind. Ihre Politik, keine Lösungen zu finden, sondern immer wieder Extrempositionen zu vertreten, ist Grundlage des Problems und nicht der Lösung, Herr Kollege Stroedter.

Die Beschäftigten bei Vattenfall und bei der GASAG sind verunsichert. Vattenfall baut 320 Arbeitsplätze im Kundenservice ab. Kollege Wolf hat vor einem Jahr hier im Parlament danach gefragt. Da hat Frau Yzer gesagt, sie habe sich bisher nicht darum gekümmert, werde sie

aber machen. – Es wäre schön, wenn sie es uns erklären würde, was dabei rausgekommen ist.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wo ist sie überhaupt? – Steffen Zillich (LINKE): Ist vielleicht nicht mehr da! Ist schon vorbei!]

Aber auch die SPD hat sich hier nicht mit Ruhm bekleckert. Die Betriebsräte aller Vattenfallgesellschaften haben sich mit ihren Sorgen an den Regierenden Bürgermeister gewandt, vor einem Jahr ungefähr, im August 2015. Glauben Sie, sie haben bis heute eine Antwort bekommen? Glauben Sie, er hat sich überhaupt bei ihnen gemeldet? – Das ist nicht passiert.

[Daniel Buchholz (SPD): Natürlich!]

Da müssen Sie sich auch fragen lassen, wenn Sie hier solche Reden schwingen, warum da keine Antworten kommen.

Auch bei der GASAG haben Sie ein Konzessionsverfahren in den Sand gesetzt. Statt dass Sie das eingestehen, führen Sie einen langen Rechtsstreit, der die Beschäftigten bei der GASAG ganz massiv verunsichert, obwohl Sie wissen, dass Sie keine Aussicht auf Erfolg mit dieser Klage haben. Da muss ich ganz klar sagen, da fordern wir von Ihnen: Nach dem ausstehenden Kammergerichtsurteil muss einmal Schluss sein mit diesem Rechtsstreit, damit wieder ein bisschen Planungssicherheit hier in Berlin da ist.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Dieser Antrag ist überschrieben mit „Arbeitsplätze und Know-how von Vattenfall für Berlin erhalten“. Da möchte ich schon sagen, um mich auch ein bisschen ehrlich zu machen, das Know-how, das wir für die Energiewende brauchen, sehe ich bei Vattenfall noch nicht im vollen Umfang.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Wir sagen als Grüne auch ganz klar: Die Arbeitsplätze, die wir hier im Braunkohlekraftwerk Klingenberg haben, können nicht da erhalten bleiben, sondern für diese Menschen müssen neue Jobs gefunden werden. Diese Ehrlichkeit sollten wir auch gegenüber den Beschäftigten haben. Die Energiewende wird auch erfordern, dass sich neues Know-how, Energiewende-Know-how, in der Berliner Energiewirtschaft angeeignet wird.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Auf jeden Fall ist es richtig, dass wir für die Energiewende, für diesen Weg, für diesen herausfordernden Weg mit vielen Chancen, der aber auch für die Beschäftigten mit Herausforderungen verbunden sein wird, die Beschäftigten bei Vattenfall, bei der GASAG, bei anderen Unternehmen hier in Berlin, bei Start-ups, mitnehmen müssen. Deshalb finde ich das Grundanliegen des Antrags, dass der Senat den Dialog mit diesen Beschäftigten sucht, absolut richtig.

(Jörg Stroedter)

Herr Kollege Stroedter! An uns wird eine Sofortabstimmung heute hier nicht scheitern. Das können wir sehr gerne machen.

[Daniel Buchholz (SPD): Wie würdet ihr abstimmen?]

Stellen Sie den Antrag! Da sind wir gern dabei. Aber wir sind gespannt darauf, ob Sie das tatsächlich machen und ob sie es ernst meinen oder ob dieser Antrag nach Ihrer schönen Rede wie üblich im Ausschuss versenkt wird.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Sehr gern, von wem denn?

Bitte, Herr Kollege Buchholz!

Lieber Kollege Schäfer! Dann erklären Sie uns doch bitte eindeutig: Wenn wir heute eine Sofortabstimmung machen würden, wie würde die Grüne-Fraktion stimmen – für diesen Antrag der Linken auf Erhalt der Arbeitsplätzesicherung: Ja oder Nein? Es reicht Ja oder Nein!

Herr Buchholz! Diese Spannung möchte ich Ihnen gar nicht nehmen. Stellen Sie den Antrag, dann werden Sie es feststellen!

[Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN]

Das ist ein zusätzlicher Anreiz von uns, dass Sie sich trauen, hier die Sofortabstimmung zu machen. Sie werden nicht enttäuscht sein.

[Daniel Buchholz (SPD): Ein echter Grünen-Politiker, vielen Dank!]

Vielen Dank, Herr Schäfer!

[Daniel Buchholz (SPD): Der Hund hat laut gebellt, aber das war nichts! – Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Für die CDU hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Garmer. – Bitte!