Protocol of the Session on May 26, 2016

[Elke Breitenbach (LINKE): Schade!]

Insofern verhandeln die Bundesländer mit der Bundesregierung zusätzlich über weitere finanzielle Ausstattungen, die wir für dringend notwendig erachten.

Der Masterplan Integration und Sicherheit liegt nun dem Abgeordnetenhaus vor. Die Staatssekretärskonferenz wird dann gemeinsam mit dem Rat der Bürgermeister die Umsetzung regelmäßig kontrollieren, und der Senat wird dem Abgeordnetenhaus jährlich berichten, das erste Mal zum 31. März 2017. Ich denke, wir haben hier ein gutes Gesamtpaket schnüren können, mit dem wir mutig behaupten können, dass dieses für das Land Berlin die wichtigsten Herausforderungen und Eckpfeiler der Integration der kommenden Jahre benennt. Der Masterplan hält zahlreiche Maßnahmen und konkrete Ideen vor. Er ist eine gelungene Richtschnur der Berliner Integrationspolitik, mit der wir in den kommenden Jahren gut arbeiten können. Vielen Dank also allen, die daran mitgewirkt haben und die sich für die weitere Umsetzung hier einbringen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Kollegin Pop das Wort. – Bitte schön!

[Torsten Schneider (SPD): Das ist ja auch alles Chefsache!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lehmann! Sie haben ungefähr allen gedankt, aber Sie haben vergessen, McKinsey und Herrn Diwell zu danken für den Entstehungsprozess – den transparenten, wie Sie ihn genannt haben – des Masterplans.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Oh! von der SPD]

Der Bund, das Kabinett, hat gestern ein Integrationsgesetz vorgelegt. Immerhin, trotz aller Kritik daran ist es das erste Gesetz dieser Art in Deutschland. In diesem Sinne ist es zumindest von der Überschrift her ein Meilenstein, weil es all diejenigen Lügen straft, die Deutschland nicht als Einwanderungsland sehen.

(Rainer-Michael Lehmann)

[Torsten Schneider (SPD): Den Einstieg hätte ich nicht gemacht!]

Aber an einer Stelle möchte ich dann doch Kritik an diesem Integrationsgesetz äußern, weil es auch Berlin betrifft – und zwar zurzeit ganz massiv. Ich spreche von der Stelle, an der es um Sanktionen für die Nichtinanspruchnahme von Integrations- oder Sprachkursen von Geflüchteten geht. Ich frage mich, ob ich die Einzige hier im Haus bin, die per Mail oder Facebook Hilferufe erhält, wann denn endlich ein Platz frei werde für einen Integrations- oder Sprachkurs. In aktuellen Zahlen ausgedrückt: In Berlin hängen Tausende Fälle beim BAMF in der Warteschleife und warten auf Berechtigungsscheine für ihren Kurs. Das ist die Realität, und der sollten Sie sich als Regierung hier auch stellen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wir sprechen heute über den Masterplan, wir sprechen aber auch – Sie versuchen, das nicht zu tun – über das neu entstehende Flüchtlingsamt, Herr Czaja. Nach den monatelangen beschämenden Zuständen am LAGeSo hat sich die Situation nun entspannt – zumindest was die Neuankömmlinge angeht, lieber Herr Czaja. Schon hat man den Eindruck, dass Sie sich zurücklehnen und das Tempo aus der Auseinandersetzung und dem HinkriegenWollen verschwindet. Was das Landesamt angeht: Der 1. August ist nun angepeilt. Ich bezweifle stark, dass das Amt am 1. August auch tatsächlich in der Darwinstraße seine Arbeit aufnehmen wird. Zumindest lässt die notdürftige Herrichtung des ICC als Übergangslösung bei mir die Alarmglocken schrillen. Wir kennen Berlin, und nichts ist dauerhafter in Berlin als das Provisorium.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Fabio Reinhardt (PIRATEN)]

In der Frage der Unterbringung stellen wir fest: noch jede Menge Notunterkünfte, die eigentlich freigeräumt sein sollten, skandalträchtige Vertragskonstruktionen – siehe Rohrdamm – und teure Pauschalverträge, die bereits seit Monaten bekannt sind, die Namen sind vom Kollegen Reinhardt genannt worden. Weil es mit den MUFs auch nicht gut vorangeht – auch da gibt es Verzögerungen, Herr Geisel –, verschleudert das Land Berlin Mittel in dreistelliger Millionenhöhe für unkontrolliert und zum Teil skandalös vergebene Unterbringungsverträge, zu denen wir mit den MUFs doch endlich eine Alternative schaffen wollten. So sind Mittel gebunden, ich würde drastisch sagen verschwendet, die wir dringend für die Integration in der Stadt bräuchten.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Was hat Ihnen McKinsey denn sonst in diesen Masterplan geschrieben? Ich finde es sehr bedauerlich, dass trotz einer groß angelegten Dialogveranstaltung so gut wie nichts aus dem Wissen und der Kompetenz der Vereine, Verbände und Flüchtlingsinitiativen dieser Stadt in ihn

eingeflossen ist. Ihr Papier ist ein McKinsey-Papier, das sich der Senat zu Eigen gemacht hat, und Sie haben es wirklich versäumt, das auf eine breite gesellschaftliche Basis zu stellen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Es ist schon angeklungen: Man kann nicht wirklich etwas dagegen haben. Es ist eine Status-quo-Beschreibung, eine reine Darstellung der aktuellen Situation, was aber noch kein Plan ist. Man hat so ein bisschen den Eindruck, da telefoniert einer in den Verwaltungen herum, fragt: Kannst du mal einen Textbaustein liefern? Was macht ihr denn eigentlich so in dem Thema? –, dann hat man das zusammengeheftet, ein paar Überschriften produziert.

[Senator Mario Czaja: So stellt sich Frau Pop Verwaltung vor!]

Man hat in diesem Masterplan – das finde ich fast am skurrilsten – das Zweckentfremdungsverbot auch zu einer Maßnahme der Integration erklärt. Herzlichen Glückwunsch, Herr Geisel! So wird man zum Integrationssenator.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Was hier tatsächlich fehlt, ist der rote Faden, von Visionen will ich gar nicht sprechen.

[Zuruf von Senator Czaja]

Ich glaube, von der Senatsbank darf man nicht dazwischenrufen, Herr Czaja.

[Regierender Bürgermeister Michael Müller: Es fällt einem aber manchmal schwer!]

Viel bitterer: Über den Charakter von unverbindlichen Willensbekundungen à la „wir werden“, „wir wollen“, „ist demnächst sicherzustellen“ kommen Sie bei diesem Masterplan nicht so richtig hinaus.

Ich möchte auf ein paar Punkte eingehen, weil die wirklich wichtig sind und uns vor allem in den nächsten Monaten stark beschäftigen werden. Die größte Herausforderung für die kommenden Monate wird sein, den Wechsel der Geflüchteten in die Zuständigkeit der Jobcenter hinzubekommen. Da ist besonders der Bezirk Mitte, das Jobcenter Mitte, im Fokus, wegen der Zuständigkeiten, die in Berlin nach Geburtsdatum sortiert sind. Dieser Wechsel, heißt es bei Ihnen auch wieder unverbindlich, soll möglichst ohne Brüche passieren. Das finde ich gut. Aber wie organisieren wir das eigentlich? Wenn Sie es bis dahin nicht schaffen, die Menschen aus den Not- und Gemeinschaftsunterkünften herauszubekommen, die Jobcenter aber umgekehrt nur auf der Grundlage eines Mietvertrags die Leistung auszahlen, dann sehe ich ein Loch, in das ziemlich viele Menschen fallen könnten. Da kommt ein Riesenproblem auf uns zu, und eine Lösung ist bei Ihnen nicht in Sicht.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Ich sage das besonders deutlich an dieser Stelle, damit es nicht hinterher heißt, da hätte ein Stadtrat in Mitte, der zufällig nicht von Ihrer Partei kommt, ein Problem an der Backe; das Problem haben Sie dann verursacht, wenn er es an der Backe hat.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Der zweite große Block ist das Thema Bildung. Nun hören wir überall, dass wir nicht ausreichend Kita- und Schulplätze für die Kinder von Geflüchteten haben. Wir haben aber auch ein besonderes Problem, wozu Ihnen nicht viel eingefallen ist. In Berlin endet die Schulpflicht mit 16 Jahren. Nun haben wir aber – das wissen wir alle – jugendliche Geflüchtete, 16 Jahre und aufwärts, die vermutlich keinen Schulabschluss haben und diesen ziemlich dringend bräuchten, sowie Berufsvorbereitung und Sprachförderung, damit sie etwas Vernünftiges lernen und schnell hier in der Stadt Fuß fassen. Das ist ja unser aller Wunsch und Wille. Und da muss man ja tatsächlich – das sage ich jetzt einfach neidlos als Grüne – nach Bayern schauen. Sie kennen das ja schon von der Debatte um die Erstaufnahme in Bayern: Seehofer redet in den „Tagesthemen“ rechts und macht auf vielen Baustellen aber eine Politik, die sehr pragmatisch ist – auch in diesem Fall. Die Notwendigkeit einer erfolgreichen Beschulung ist da nämlich erkannt worden, und Bayern hat auf zwei Jahre angelegte Berufsintegrationsklassen aufgelegt für immerhin 8 000 Flüchtlinge, 8 000 junge Geflüchtete. Zwei Jahre Vollzeit-Berufsintegrationsklassen, mit Sprachförderung und Berufsvorbereitung, damit der Einstieg in den Arbeitsmarkt schnell klappt – wir wissen, dass das die beste Integrationsmaßnahme ist. Was haben Sie hier? Da sind Sie blank, und das ist wirklich sehr bedauerlich.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Sie werden sicherlich die Stellungnahme der Wohlfahrtsverbände bekommen haben. Der Dialog mit ihnen war ja leider nicht ganz ernst gemeint mit der einen Veranstaltung. Eine Stelle hat mich wirklich nachdenklich gemacht. Ich teile die Ansicht der Wohlfahrtsverbände, dass das Thema und die Frage der Vermittlung von Werten nicht allein im Sicherheitsteil Ihres Masterplans behandelt werden sollte.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Gemeinsame Werte und Normen, die Grundpfeiler unseres Zusammenlebens, der Rechtsstaat, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen – das sind doch allumfassende Themen, die nicht allein unter dem Sicherheitsaspekt betrachtet werden dürfen.

Jetzt komme ich zu einem Punkt, der gestern richtig aufgefallen ist, als ich mir angeschaut habe, was in der Se

natspressekonferenz verkündet worden ist – einige von den Pressevertretern werden da gewesen sein –, als von einem großen Finanzpaket die Rede war, von 390 Millionen, davon 150 Millionen Euro, die vom Bund kommen sollen. Nun schaut man sich um und stellt fest, das Integrationsgesetz, das gestern beschlossen worden ist – darüber kommt kein Geld vom Bund. Die Ministerpräsidentenkonferenz, die zu dem Thema tagt, ist vor ein paar Wochen ergebnislos auseinandergegangen. Der nächste Termin ist für den 16. Juni avisiert. Nun frage ich mich, woher die 150 Millionen Euro Bundesmittel kommen, die hier für die nächsten beiden Jahre fest eingeplant sind, die schon öffentlich abgefeiert worden sind von der Koalition. Das ist Geld, das es noch gar nicht gibt, und das ist unredlich! Das muss man hier auch so deutlich sagen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Wir wissen alle, was für eine Herausforderung in den nächsten Jahren vor uns liegt. Wir stehen vor einem Jahrzehnt der Integration. Und wir wurden in den letzten Monaten auch alle gemeinsam nicht müde zu beteuern, dass wir nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen dürfen, dass wir mit der Integration früh beginnen wollen und dass Integration eben nichts sei, was eben so nebenher passiert. Wie soll das eigentlich gehen mit dieser Regierung, in der nicht nur jeder in eine andere Richtung schaut, sondern auch zieht? – Man muss sich das heutige Papier nur anschauen. Es ist die übliche GroßeKoalitions-Logik, schon in der Überschrift: Integration und Sicherheit. Liebe CDU! Es ist im Wahlkampf vernünftig, seine Kernthemen nach vorne zu positionieren. Aber haben Sie sonst nichts anderes, und erwarten uns dann demnächst Überschriften à la Smart City und Sicherheit, Lebensmittelretter, Verbraucherschutz und Sicherheit, Altenpflege 80 plus und Sicherheit? Ich kann Ihnen nur sagen, als Single-Issue-Partei hat es noch keiner richtig weit gebracht. Das zeigt auch den ganzen Koalitionsjammer, in dem Sie stecken.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Da gibt es keine gemeinsame Idee. Jeder macht bei Ihnen seins, und zum Schluss kostet es uns alle viel Geld.

Es wird viel Zeit brauchen und auch Anstrengung. Ja, die Integration wird uns allen einiges abfordern, und wir – Alteingesessene und Neuankömmlinge – werden die Fähigkeit, die Bereitschaft und auch die Geduld haben müssen, Gemeinsames zu schaffen. Man muss sich aber trauen. Integration in Berlin ist eine Zukunftsaufgabe, der diese Koalition nicht mehr gewachsen ist. Integration in Berlin braucht einen Politikwechsel, und dieser wird ziemlich sicher kommen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Dregger das Wort.

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Pop! Mir ist eigentlich nicht deutlich geworden, was Sie an dem Masterplan kritisieren wollen. Deswegen möchte ich einfach mal unsere Überlegungen auf die wesentlichen Kernpunkte zusammenfassen. Es geht, wie auch vorhin angeklungen ist, nicht nur um das, was wir hier in Berlin tun, sondern auch um das, was Deutschland und die Europäische Union tun, weil nämlich die Fragen der Flüchtlingsmigration Fragen sind, die nicht Berlin allein zu bewältigen hat, sondern die Bundesregierung und die Europäische Union sind gleichfalls Akteure. Bundesregierung und Berliner Senat werden ihrer Verantwortung gerecht, um den Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Zustrom von 1,1 Millionen Menschen nach Deutschland im vergangenen Jahr, darunter 79 000 Erstankömmlinge in Berlin, wirksam zu begegnen. Wir stellen den Schutz und die Integration der wirklich Schutzbedürftigen unter den Asylantragstellern sicher, und wir reduzieren gleichzeitig den Zustrom der nicht Schutzbedürftigen und sorgen für ihre konsequente Rückführung. Das ist verantwortungsvoll und richtig, und unser Innensenator Frank Henkel hat hierbei unsere volle Unterstützung.

[Beifall bei der CDU]

Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, stellen sich all unseren Maßnahmen zur Begrenzung des Zustroms Nichtschutzbedürftiger entgegen. Sie wollen ihre Rückführung in ihre Herkunftsländer behindern. Sie beklagen eine angebliche Abschaffung des Asylrechts. Und Sie wollen mit diesem Vorwand die notwendigen Problemlösungen erschweren, um anschließend ein Bild von Chaos und Überforderung zu zeichnen. Das ist widersprüchlich, unzutreffend, einer Opposition unwürdig und letztlich verantwortungslos.

[Beifall bei der CDU]