Wir wollen Klarheit im Vergabeverfahren, bei allem Verständnis dafür, dass es im Herbst an der einen oder anderen Stelle, als die Flüchtlinge vor dem LAGeSo standen, ein bisschen schneller gehen musste. Der Umstand, über den wir jetzt reden, hat aber wenig damit zu tun, außer dass McKinsey sich da schon mal an die öffentliche Verwaltung rangewanzt hat.
Ich will das jetzt gar nicht zu einem Zwiegespräch ausarten lassen, aber ich habe es auch gar nicht verstanden. Wenn Sie mir etwas einflüstern wollen, müssen Sie vielleicht etwas näher rankommen.
Wie gesagt, gestern bei Herrn Böhning saß derjenige unmittelbar daneben. Wir wollen aber zum ernsten Kern zurückkommen.
Wir wollen, dass im Land Berlin Vergabeverfahren über Beratungsdienstleistungen ordentlich ablaufen und dass alle Bewerber auf dem Markt fair behandelt werden und alle die gleichen Startchancen haben. Darum geht es. Wir wollen ausschließen, dass sich jemand sozusagen über die Überholspur schon mal einen Startvorteil verschafft und darüber dann der öffentlichen Hand erzählt, was für tolle Leistungen er anbietet, und dann die öffentliche Hand das Absehen vom normalen förmlichen Vergabeverfahren damit begründet, dass derjenige der Einzige sei, der das könne, weil er ihm das vorher eingeflüstert hat. Darum der Antrag und darum in Zukunft Fairness bei den Vergabeverfahren im Lande Berlin, und das wollen wir erreichen. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Herr Behrendt! Ihr Antrag ist nicht nur vollkommen untauglich, er ist sogar ausgesprochen schädlich.
Sie unterschreiten hier Ihre eigenen Qualitätsmaßstäbe so eklatant, dass ich mich wundere, wie es der Antrag überhaupt bis hierher geschafft hat.
Wenn Sie den Einfluss von Anwaltskanzleien oder Unternehmensberatern beschränken wollen, ist Ihr Antrag vollkommen ungeeignet, denn die haben sowieso das Recht auf kostenlose Erstberatung. Das ist alles richterlich entschieden und in der Rechtsprechung anerkannt. Die treffen Sie mit Ihrem Antrag überhaupt nicht, abgesehen davon, dass Sie ihn auch noch mit widerlegten Behauptungen begründen, was Kinsey und Erwartungen usw. betrifft. Das ist alles neben der Sache.
Dafür aber treffen Sie ins Mark des ehrenamtlichen Engagements und des freiwilligen Engagements in Berlin.
Denn das lebt davon, dass Pro-bono-Leistungen, also unentgeltliche Hilfen und Unterstützung im öffentlichen Interesse, erbracht werden. Wenn Sie engagierte Helfer erst mal grundsätzlich von einer künftigen Auftragsvergabe ausschließen wollen, schaffen Sie Nachteile für diese Gruppe, mindestens aber eine Rechtsunsicherheit, ob sie nicht berufliche Nachteile erleiden müssen. Ein solches Hemmnis für ehrenamtliches Engagement werden wir auf gar keinen Fall zulassen.
Nehmen Sie z. B. Sprachlehrer, die umsonst in Flüchtlingseinrichtungen helfen! Sie erwerben Kompetenzen, und sie hoffen natürlich auch darauf, später eine Anstellung zu bekommen. Wenn nun tatsächlich bezahlte Kurse eingerichtet werden, wollen Sie genau diese Leute, die am besten geeignet sind, für diese Kurse ausschließen. Das ist ein absurdes Ergebnis.
Wer sich aufgrund freiwilliger Leistungen Fähigkeiten und Kompetenzen aneignet, soll sie auch nutzen können. Es liegt übrigens auch im Allgemeininteresse, auf solche Qualifikationen zurückgreifen zu können, und genau das wollen wir gewährleisten. Sie bauen dafür Hindernisse auf, und deswegen ist es wirklich voll daneben.
Sie werden großes Verständnis dafür haben, dass wir dieses ehrenamtliche Engagement nicht behindern, sondern befördern wollen. Ihr Antrag ist dazu völlig kontraproduktiv und, um es mit der „taz“ von heute zu sagen, voll daneben. Das hat mein Kollege Schneider schon gesagt. Dann nehme ich den Begriff „sinnentleert“. Das ist auch ein sehr schönes Attribut, das zutrifft.
Wir sollten diesen Minuteneinfall der Grünen mit der heutigen Sitzung beenden und sofort abstimmen, damit er in weiteren Beratungen nicht etwa noch mehr Schaden anrichtet. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schade, dass sich die Grünen und die Koalition auf eine Sofortabstimmung geeinigt haben. Das scheint sich aus meiner Perspektive für beide zu lohnen: Die Grünen können sich auf die Schultern klopfen, dass sie die Frage von Pro-bono-Leistungen – im Kontext mit McKinsey und Diwell war das ja eine Weile ein öffentliches Thema – hier mal auf die Tagesordnung gesetzt haben. Und die Koalition lehnt das heute ab und meint, dass sich dann niemand mehr groß damit auseinandersetzen muss und dass sie damit das Thema erledigt hat.
Dabei lohnte es sich durchaus, dieses Thema mal für eine intensivere Debatte hier in das Haus zu holen, denn es handelt sich bei der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben durch private, kommerziell organisierte und orientierte Unternehmen nicht um irgendeine Kleinigkeit, sondern das ist eine spannende Geschichte. Wenn eine international tätige Unternehmensberatungsgesellschaft anbietet, für lau zu arbeiten, dann gehört das natürlich erst mal nicht zur Leistungsbeschreibung, und so oder so wird sie ihren Anteilseignern oder Aktionären erklären müssen, warum sie das tut.
Wenn sie die Maßstäbe, die sie anlegt, wenn sie andere berät, ernst nimmt und auch für sich zugrunde legt, dann geht sie die Bilanzen durch und guckt, was sie bekommen und ausgegeben hat, und dann ist sie ihren Eigentümern rechenschaftspflichtig, weshalb die Beratungsleistung A oder das Gutachten B oder der Masterplan C oder die Betriebsprüfung D in den Büchern mit Ausgaben, Personal und was immer, aber nicht mit Einnahmen verzeichnet sind. Wenn mir jemand erzählen will, das täten die als Mäzene, wegen der Reputation oder weil ihnen die Stadt so sehr am Herzen liegt oder weil sie sich mit der Heilsarmee verwechseln, dann kann ich nur sagen: Träum weiter!
Da stellt sich also die Grundfrage: Wollen wir das überhaupt, und wann wollen wir, dass private Unternehmensberatungen, Dienstleister oder andere für lau etwas an Dienstleistungen für die Stadt erbringen? Ist das richtig und gut, solche Pro-bono-Leistungen einfach so in Anspruch zu nehmen? – Ich habe da meine Zweifel und war erstaunt, als ich davon gehört habe, dass private Un
ternehmensberatungen beim Land Pro-bono-Leistungen erbringen. Da gibt es noch Folgefragen. Wie ist es mit dem Einblick, dem Wissen, den Kenntnissen, die sie in dieser Sphäre, der öffentlichen Sphäre, erwerben, wo es auch um öffentliches Wissen und öffentliches Know-how geht? Wie ist es – und darauf rekurriert der Antrag der Grünen – mit der Monopolisierung von Kompetenzen, die im Wettbewerb dann möglicherweise später ungerechtfertigte Vorteile gegenüber anderen Bietern bringen?
Lieber Kollege Behrendt! Hinsichtlich dieses Masterplans habe ich irgendwie eine Differenz zu Ihnen. Ich habe mir das Ding angesehen und kann beim besten Willen nicht verstehen, warum diesen Kram, der da aufgeschrieben worden ist, nur und ausschließlich McKinsey alleine machen kann. Ich glaube, das kann jeder, und selbst meine Fraktion hat einen besseren Plan auf den Tisch gelegt, den wir gemeinsam mit dem ehemaligen Integrationsbeauftragten vor einem Jahr erarbeitet haben. Wenn das Ganze dann auch noch 200 000 Euro kostet, stellt sich schon die Frage, ob da etwas bezahlt wird, was vorher als Pro-bono-Leistung erbracht wurde. Dadurch entstehen ja erst die offenen Fragen.
Dann kommt noch hinzu: Wie ist das mit Gewährleistungsansprüchen für Schlecht- oder Nichtleistungsfälle? – Es kann ja sein, dass man irgendetwas in Verträge hineinschreibt, auch wenn es kein Geld zurück gibt. Aber ich bin mir immer noch bewusst und habe eine Erinnerung an das Zivilrecht, dass bei Schenkungen andere Regelungen gelten, als wenn ich entgeltliche Dienstleistungen entgegennehme. Wie verhält es sich damit? – Das muss man mal geklärt haben.
Und dann noch: Wie schließen wir aus, dass es sich dabei um so etwas wie Zuckerfallen handelt, die schleichend zum Kompetenzverlust in der öffentlichen Hand führen, weil man das immer weiter hinaus verlagert, immer mehr andere machen lässt und deswegen das eigene Personal Stück für Stück verschwinden lässt bzw. die öffentlichen Kompetenzen abbaut?
Man sollte schon mal irgendwie Rechenschaft über die Interessenlagen, die hier existieren, ablegen. Welche Interessen verfolgen solche Akteure, wenn sie kommen und sagen: Wir lieben unsere Stadt, und deswegen wollen wir kostenlos für sie arbeiten? – Es ist das Minimum, dass man sich über diese Interessen Rechenschaft ablegt. Das gibt es in größerem Maßstab auf der Bundesebene auch. Es gibt dieses Leihmanagement in Ministerien, wo Leute dann für lau für eine Weile in einem Bundesministerium arbeiten. Dazu stelle ich mir immer die Frage, ob das wirklich dem Kompetenzerwerb in den Ministerien
dient oder ob solche Akteure nicht andere Interessen verfolgen, indem sie, wenn sie die Gesetzentwürfe schreiben, die ihre Branche betreffen, noch gleich mit dafür sorgen, dass quasi die von allen legitimierten Gesetze am Ende nur ihren Interessen dienen. Das sind Fragen, und die Debatten hatten wir hier im Parlament auch schon. Gerade in Krisen stellen sich diese Fragen, und da sind dann Transparenzfragen, Lobbyismusfragen und die Fragen von Interessenverquickungen berührt.
Die Antwort darauf kann nicht einfach ein Karenzzeitbeschluss sein, zumal wenn er mit vagen Formulierungen und Worten beschrieben ist. Warum sechs Monate? Was heißt „enger Zusammenhang“? – Darüber streiten wir uns in der Diwell-Frage ja gerade, ob es diesen Zusammenhang überhaupt gibt oder nicht gibt. Da sagen die einen das, die anderen das. Da scheint mir die Bindungswirkung nicht besonders groß zu sein. Es ist mehr oder weniger ein Schnellschuss. Sie haben das Problem angetippt, aber sie haben es nur angetippt. Ich meine, man sollte die Sensibilität dafür befördern, dass es da ein Problem gibt, und weiter nach Wegen suchen, um zu verhindern, dass sich private Interessen in der öffentlichen Sphäre Bahn brechen, ohne dass es darüber eine Kontrolle und Transparenz gibt. Das ist die Herausforderung, und insofern hätte es sich gelohnt, diesen Antrag im Ausschuss etwas intensiver zu behandeln und sich dort mit dem Thema insgesamt etwas intensiver auseinanderzusetzen. Wir können uns heute bei der Abstimmung über diesen Antrag nur enthalten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Zimmermann hat schon die richtigen Worte gefunden, die diesen Antrag charakterisieren, und deswegen kann ich mich relativ kurzfassen. Ich finde – und das hat auch der Kollege von Linksfraktion noch mal deutlich gemacht –, dass dieser Antrag eher in die Kategorie: „Wir machen mal etwas für die Publizistik statt für die Sache!“ einzuordnen ist, wobei das offensichtlich in der Medienberichterstattung noch nicht mal so richtig gezündet hat.
Wenn man sich mit diesem durchaus nicht einfachen Thema befassen will, kann man das nicht so pauschal machen, wie es die Grünen gemacht haben.
Das ist durchaus diffizil. Ich will gar nicht sagen, dass man hier eine Patentlösung aus dem Hut zaubern kann. Das ist aber noch lange kein Argument dafür, einen schlechten Antrag zu beschließen. In diesem Sinne
glauben wir nicht, dass das ein Beitrag ist, der uns weiterführt, zumal wir gestern im Hauptausschuss relativ ausführlich und sachlich die einzelnen Aspekte, die im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe an McKinsey standen, diskutiert haben. In der mehrstündigen Debatte ist noch mal deutlich geworden, dass man diesen Fall wahrscheinlich mit so einem Antrag gar nicht wirksam abstellen könnte. Umgekehrt sehen wir auch die Gefahr, dass man hier viel Schaden bei denjenigen anrichtet, die ehrenamtlich zum Wohle der Stadt arbeiten. Deswegen brauchen wir so einen Antrag auch nicht im Ausschuss zu beraten, sondern können ihn hier gleich ablehnen. – Vielen Dank!