Vielen Dank, Herr Dr. Garmer! – Ohnehin gibt es nach der Geschäftsordnung pro Redebeitrag nur zwei Zwischenfragen. – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Magalski. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Garmer! Ich finde es sehr schade, wie Sie unterschwellig die weiteren Laufzeiten, die wir in Deutschland noch haben, relativieren. Das strebt dem Konsens entgegen, den wir hier eigentlich fraktionsübergreifend anstreben und den ich auch sehe.
Ich begreife diesen Antrag als eine Chance der Erneuerung unseres Bekenntnisses von 2011, unser Gedenken an die Opfer der atomaren Katastrophe sowohl vor fünf Jahren in Fukushima als auch vor 30 Jahren in Tschernobyl zum Ausdruck zu bringen und mit den sich daraus ergebenden Handlungsoptionen zu verbinden. Aber auch in Anerkennung der vielen Helferinnen und Helfer, die bei den größten anzunehmenden Unfällen oft beides waren, erst Helfer, dann Opfer, sollten wir uns zu diesem gemeinsamen Handeln entschließen. Diese Opfer bleiben ein mahnendes Zeichen, wenn sie auch nicht mehr so erkennbar sind, wie die Geisterstadt Prypjat in der Ukraine als deutliches Mahnmal dasteht, jene Stadt, die von der Atomkraft lebte, die ihr schließlich den Tod gebracht hat. Die Jahre ziehen ins Land, und andere Ereignisse bestimmen die Weltpresse, bis es zum nächsten Super-GAU kommt. Dass er kommen wird, ist so lange sicher, wie weltweit mehr neue Kernkraftwerke gebaut als alte stillgelegt werden – so ein Wahnsinn!
Mit diesem Antrag soll aber auch zum Ausdruck gebracht werden, dass wir als Abgeordnetenhaus, aber auch als Gesellschaft aus diesen Ereignissen gelernt haben, weiter lernen und weiterhin das umsetzen müssen, was die Konsequenz aus diesen Ereignissen ist, nämlich der
Unsere Nachbarn in Polen, aber auch in Ungarn und Weißrussland setzen erschreckenderweise wieder und weiterhin auf Kernenergie. Die Planungen für neue Atommeiler laufen ungeachtet der Einsprüche aus Europa und auch aus Berlin weiter. Die technisch veralteten Kraftwerke in Tschechien, in der Slowakei, in Ungarn und Slowenien liegen bei einem GAU im Berliner Einzugsbereich. Von den Sicherheitsmängeln in Deutschland hat der Kollege Buchholz gerade schon gesprochen. Anstatt auf Energieeinsparung, Energieeffizienzsteigerung und erneuerbare Energie zu setzen, lenken in manchen der vorgenannten Staaten reaktionäre Kräfte die Regierungsgeschäfte und bedrohen die europäische Freiheit, und das nicht nur mit energiepolitischen Fehlleistungen, wie wir wissen.
[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]
Das geschieht leider nicht nur dort. Auch in Großbritannien gibt es eine partielle Renaissance der Atomenergie, und das, obwohl auch dort die Ärztekammer warnt, dass die gesundheitlichen, ökologischen und sozioökonomischen Folgen, sollte sich eine Katastrophe dieser Art im Einzugsgebiet einer Millionenmetropole ereignen, unabschätzbar wären.
Auch wenn es in Einzelheiten zur Abstimmung bei der besseren Ausstattung, beim Katastrophenschutz und den zeitlichen wie finanziellen Rahmen möglicherweise noch unterschiedliche Prioritäten gibt – es sollte uns gelingen, hier zu einem gemeinsamen Beschluss zu kommen, gerade wenn wir ausnahmsweise als Landesparlament, wie es im Antrag heißt, schnellstmöglich weltweite Auswirkungen verhindern wollen. Das ist aufgrund des Themas auch nicht zu großspurig gedacht. Das ist keine Kritik am Antrag, denn atomare Strahlung macht an keiner Landesgrenze halt und geht uns Berlinerinnen und Berliner wie alle anderen an.
Insofern ist es nur konsequent, dass wir uns heute zum Gedenken und zu Ehren der Verstorbenen erneut zum Ausstieg bekennen und diesem so viel Rückhalt geben, dass er Fahrt aufnimmt und alte und neue Zweifler in eine Zukunft ohne Atomenergie mitnehmen kann. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Magalski! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag hat die antragstellende Fraktion die sofortige Abstimmung beantragt. Die Koalitionsfraktionen beantragen dagegen die Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt.
Hierüber lasse ich zuerst abstimmen. Wer der Überweisung des Antrags sowie des nun vorliegenden Änderungsantrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU sowie der fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion, die Piratenfraktion.
In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Behrendt. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt noch zwei Stunden Zeit für ein durchaus wichtiges Thema.
Das mache ich, Herr Kollege! – Die Realität hält immer wieder Überraschungen bereit, aber so wird es zumindest im politischen Geschäft nicht langweilig.
Wir wollen mit unserem heutigen Antrag dem Missbrauch vorbeugen, dass eine Pro-bono-Tätigkeit für das Land unlauter zur Anbahnung geschäftlicher Kontakte ausgenutzt wird.
Folgende Konstellation: Man kennt sich bereits aus der Pro-bono-Tätigkeit, und der spätere Auftragnehmer hat es im besten Fall geschafft, den späteren Auftraggeber – das Land Berlin – von seiner herausragenden Kompetenz zu überzeugen, und der spätere Auftraggeber, also das Land Berlin, stützt dann das Absehen von einem förmlichen
Vergabeverfahren genau auf diese herausragende Kompetenz. Wer den Vergabevermerk in Sachen McKinsey und Masterplan Integration einmal gelesen hat, wird dieses Muster darin unschwer wiedererkennen.
Wir wollen nun mit unserem heutigen Antrag Pro-bonoTätigkeiten für das Land Berlin keineswegs verteufeln, sondern wir begrüßen durchaus diese Form des bürgerschaftlichen Engagements, solange es auf dieser Ebene bleibt und gerade nicht zur unlauteren Geschäftsanbahnung genutzt wird. Es geht uns also darum, im Verfahren Fairness für alle Anbieterinnen und Anbieter zu gewährleisten. Genau diese Fairness ist eben nicht gegeben, wenn die Pro-bono-Tätigkeit zum Teil solche Ausmaße hat, dass die Mitarbeiter ein Büro in der Verwaltung bekommen, dann natürlich auch Verwaltungsabläufe dort kennenlernen, auch die Mitarbeiter der Verwaltung kennenlernen, für die sie womöglich später geschäftlich arbeiten wollen, und dann auch schon mal wissen, wer eigentlich der Richtige ist, den man ansprechen muss.
Dadurch erlangen diejenigen, die das machen, einen Wissensvorsprung gegenüber all jenen Anbietern von solchen Dienstleistungen, die diese ganzen Vorkenntnisse nicht haben. Die laufen eben nicht durch die Verwaltung und wissen schon, wen man gezielt anzusprechen hat. Und die machen dann auch nicht so passgenau Angebote – wenn man die Verwaltungsabläufe kennt, kann man eben passgenaue Angebote entwickeln – wie die anderen. Genau um dem vorzubeugen, um diese Schieflage im Vergabeverfahren auszuschließen, wollen wir mit unserem Antrag zukünftig freihändige Vergaben nach vorheriger Pro-bono-Tätigkeit ausschließen.
Vielleicht auch noch mal zur Klarstellung, was das alles mit McKinsey und Diwell zu tun hat – das geht ja munter durcheinander: Herr Schneider hat gestern im Hauptausschuss behauptet, Herr Diwell habe zunächst pro bono für das Land Berlin gearbeitet.
Das ist mir bisher nicht so bekannt gewesen. – Herr Schneider! Ich verstehe auch, dass man da mal durcheinander kommen kann, welcher Sozialdemokrat oder Ex-Sozialdemokrat für wen, in welcher Verwaltung, mit Vertrag oder Pro-bono-Vertrag oder für Geld arbeitet. Dafür habe ich großes Verständnis. Vielleicht machen Sie es so wie Herr Böhning gestern im Hauptausschuss. Herr Böhning hatte gestern im Hauptausschuss einen Einflüsterer neben sich sitzen. Und bei jeder kritischen Frage, die gestellt wurde, hat der Einflüsterer ihm irgendetwas eingeflüstert. Der wusste offenbar, wie es war. Und dann hat Herr Böhning das repetiert.
Auch ein interessanter Umgang, wenn die politisch Verantwortlichen im Ausschuss Stellung nehmen sollen, dass sie sich solcher Einflüsterer bedienen, und Sie, Herr Schneider, alles mit allem durcheinanderbringen und alles mit allem vermengen.
Zur Klarstellung: Herr Diwell hat nach unserer Kenntnis, nach dem, was wir bisher wissen, niemals pro bono gearbeitet. Er hat immer Geld für seine Tätigkeit bekommen. Allerdings hat McKinsey zunächst pro bono gearbeitet, mit Büro in der Verwaltung – Stichwort: Wie machen wir das LAGeSo arbeitsfähig? –, und hat dann im Januar – der schriftliche Vertrag ist im März geschlossen worden – einen relativ voluminösen Vertrag, knapp unterhalb des EU-Schwellenwertes für Ausschreibungen, abgeschlossen und hat in Erfüllung dieses Vertrages dann Herrn Diwell eingesetzt. Also Herr Diwell hat keine Pro-bonoTätigkeit gemacht und hat auch nichts missbraucht oder Ähnliches.
Nein, er wollte eine Frage stellen. Etwas anderes wäre nicht zulässig! – Bitte schön, Kollege Schneider!
Die Einflüsterung hat uns inspiriert, und da hat mir Kollege Zimmermann eingeflüstert: Ich will Sie mal fragen, ob die „taz“ das pro bono geschrieben hat: „Voll daneben statt volles Programm“. – Haben Sie das heute schon gelesen, Herr Kollege, was die von Ihrem Antrag halten?
Das habe ich selbstverständlich mit großem Interesse gelesen und habe mich auch darüber gefreut, dass die „taz“ zur Kenntnis nimmt, was wir in diesem Haus so machen.
Ich würde mir wünschen, dass andere Zeitungen dies auch in dieser Ausführlichkeit würdigen. Aber, Kollege Schneider, das flüstere ich Ihnen jetzt ein, bevor Sie glauben, was da angedeutet ist: Wir wollen mit unserem Antrag der Caritas – das hat die „taz“ in dem Kommentar suggeriert – nicht verbieten, dass sie wie bisher freiwillige Flüchtlingshelfer einstellt. Wir können als Landespar
lament der Caritas das auch überhaupt nicht verbieten. Das ist auch gut so. Deswegen geht es hier um eine völlig andere Konstellation als das, was Herr Alberti zum Anlass genommen hat, um es zu kritisieren. Das wäre kritikwürdig, was er da unterstellt hat, nämlich, wir würden der Caritas das verwehren.
Wir wollen Klarheit im Vergabeverfahren, bei allem Verständnis dafür, dass es im Herbst an der einen oder anderen Stelle, als die Flüchtlinge vor dem LAGeSo standen, ein bisschen schneller gehen musste. Der Umstand, über den wir jetzt reden, hat aber wenig damit zu tun, außer dass McKinsey sich da schon mal an die öffentliche Verwaltung rangewanzt hat.