bei der regierenden Koalition auf Granit gebissen, u. a. auch bei solchen Punkten wie einer familiengerechten Vollzugsgestaltung. Mir ist völlig schleierhaft, warum die Berliner CDU, die sonst Artikel 6 GG – bekanntlich: Die Ehe und Familie stehen unter besonderem Schutz des Staates. – gegen alle Gleichstellungsbemühungen homosexueller Partnerschaften ins Feld führt, an dieser Stelle nicht für eine familiengerechte Vollzugsgestaltung offen ist. Wir wollten ins Gesetz schreiben: Der Erhalt familiärer Bindungen der Gefangenen soll gefördert werden. Was spricht eigentlich dagegen? Es steht nicht im Grundgesetz, dass die Ehe und Familie von Strafgefangenen nicht zu schützen wären. Sie sind genauso zu schützen wie alle anderen Ehen und Familien auch. Das müssen Sie mir mal erklären, warum Sie an dieser Stelle plötzlich diese Leitlinie – übrigens auch ein Vorschlag von der von der SPD benannten sachverständigen Professorin Drenkhahn, die genau das eingefordert hat – verlassen und sich verweigern und warum Ihnen hier plötzlich Ehe und Familie nicht so wichtig sind. Das ist schon eine gewisse Scheinheiligkeit.
Kurz die anderen Punkte, die uns wichtig wären: Wir begrüßen die Ausweitung der Besuchszeiten, fänden aber Besuchszeiten von vier Stunden im Monat, wie sie Brandenburg anbietet, richtig, unter anderem, um die familiären Bindungen zu erhalten. Wir finden es richtig, dass die Gefangenen einen Anspruch haben, zu angemessenen Kosten zu telefonieren – auch dies unter anderem eine Regelung zum Erhalt familiärer Bindungen. Wir finden es auch richtig, dass wir an der progressiven Ausrichtung des Strafvollzugsgesetzes 1976 – aus diesem Jahr stammt das alte Gesetz, das heute ersetzt werden soll – festhalten und den offenen Vollzug weiterhin zum Regelvollzug erklären.
Welche Probleme löst dieses Gesetz unserer Meinung nach nicht? – Wir haben es unzählige Male diskutiert: Berlin ist Schlusslicht bei der gesetzlich vorgesehenen Entlassung nach zwei Dritteln der Haftzeit. Durch dieses Gesetz, das Sie heute zur Verabschiedung stellen, wird sich daran leider nichts ändern.
Wir haben im Berliner Vollzugsbereich erhebliche Defizite beim sogenannten Übergangsmanagement. Für diejenigen, die da nicht so nahe dran sind: Was ist das? – Es geht darum, die Gefangenen schon in der Haftzeit auf die Zeit draußen vorzubereiten, ihnen Hilfestellungen bei der Wohnungssuche, bei der Arbeitssuche zu leisten und ihnen auch Personen anzubieten, die sie bei dem nicht immer ganz einfachen Wiedererlangen der Freiheit, gerade nach einer mittleren oder langen Haftzeit, begleiten. Da haben wir ein Miniprogramm für 150 Strafgefangene,
wir entlassen allerdings im Jahr 10 000. Das ist dringend auszuweiten, denn es ist genau die kritische Phase, wenn sie die Freiheit wieder erlangen. Dazu schweigt ihr Gesetz vollkommen.
Und was mussten wir uns vom Staatssekretär anhören? – Der Senator hat an den Gesetzesberatungen im Ausschuss leider nicht teilgenommen. – Dass unsere Änderungsanträge ein Beschimpfen der Mitarbeiter im Justizvollzug seien!
Das ist ja ein dickes Ding! Wenn Ihnen nichts mehr einfällt, kommen Sie immer mit dieser alten Platte. Wir haben in unserem Gesetzentwurf – Sie können das nachlesen, das ist Ziffer 21 der 60 Änderungsanträge – erstmalig in einem Strafvollzugsgesetz die verschiedenen Berufsgruppen definiert, haben ihnen konkrete Aufgaben zugewiesen und damit auch ein Gefühl gegeben, dass sie vom Gesetzgeber anerkannt werden. Auch diesen Antrag hat die Koalition leider abgelehnt. Es ist aber noch nicht zu spät. Sie können immer noch Einkehr üben, und deswegen werbe ich weiterhin um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank, Herr Dr. Behrendt! – Für die SPD-Fraktion hat nunmehr das Wort der Herr Abgeordnete Kohlmeier. – Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir beschließen heute das Gesetz zur Weiterentwicklung des Berliner Justizvollzugs. Mit diesem Gesetzesvorhaben legt die Justizverwaltung nicht nur ein Berliner Strafvollzugsgesetz vor – die Ausführungen haben Sie gerade von dem Kollegen Behrendt vernehmen können –, sondern die Justizverwaltung legt auch die Neufassung des Gesetzes über den Vollzug der Jugendstrafe, Änderungen zum Berliner Untersuchungshaftvollzugsgesetz sowie Änderungen des Berliner Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes vor.
Mit dem neu gefassten Strafvollzugsgesetz soll ein zeitgemäßer Strafvollzug sichergestellt werden, der auch die Belange von Verletzen von Straftaten angemessen berücksichtigt. Es gibt eine opferbezogene Vollzugsgestaltung mit der Auseinandersetzung mit den Tatfolgen. Es gibt klare Regelungen zur Resozialisierung. Es gibt im Gesetz eine Regelung zur Arbeitspflicht. In einigen Bundesländern wird auf die Arbeitspflicht verzichtet. Wir sind jedoch der Auffassung, dass ein geregelter und strukturierter Tagesablauf wichtig ist, denn nur so kann die Resozialisierung gelingen. Und wir erhöhen die Besuchszeiten gegenüber der geltenden Rechtslage von einer auf
zwei Stunden pro Monat. Es gibt eine zusätzliche Stunde Besuchszeit für minderjährige Kinder, denn auch hier sind wir der Auffassung, dass ein Besuch insbesondere von Familienmitgliedern der Resozialisierung dient.
An dieser Stelle eine Replik auf den Kollegen Behrendt bezüglich der Familienreglung, die die von uns benannte Anzuhörende eingebracht hat: Nur weil es die von uns benannte Anzuhörende war, muss es nicht unbedingt ins Gesetz fließen. Anhörungen sind dazu da, dass alle Fraktionen einen Wissensvorteil erlangen.
In diesem Fall war es aber so, dass die Justizverwaltung und auch Sie uns in der Ausschussberatung überhaupt nicht sagen konnten, warum es eigentlich in das Gesetz soll, außer dass Sie die Regelung schön fanden. Da wurde weder ein Defizit noch ein Problem festgestellt. Insofern gab es gar keine Notwendigkeit, eine Änderung durch uns vorzunehmen.
Zur Gewährleistung von einheitlichen Standards und identischen Begrifflichkeiten gab es dann weitere redaktionelle Anpassungen in den Gesetzen zum Berliner Jugendstraf- und Untersuchungshaftvollzug und Sicherungsverwahrungsvollzug. Ich bin der Auffassung, dass wir damit heute ein gutes Gesetzespaket verabschieden. Natürlich wird die Opposition das Gesetz kritisieren – Sie haben es von dem Kollegen Behrendt soeben vernommen. So ist die Rollenverteilung. Und abgesehen von den Piraten haben die Grünen und die Linke die Chance, in der nächsten Legislaturperiode das, was Sie heute ankündigen, auch umzusetzen.
Zusätzlich zu dem, was wir heute als Gesetzespaket verabschieden, werden wir ein Pilotpaket Resozialisierung durch Digitalisierung im Berliner Strafvollzug auf den Weg bringen. Es ist kein Geheimnis, dass es schwierige Verhandlungen mit der CDU waren, gleichwohl immer konstruktiv. Ich bin dankbar dafür, dass die Koalitionsfraktionen vor dem Hintergrund des Amtsleitungsgrundsatzes übereinstimmend der Auffassung waren, die Digitalisierung im Strafvollzug einzuführen. Es ist schwer erklärlich, dass sie eine analoge Zeitung lesen können, aber nicht auf digitale Inhalte, z. B. eine digitale Zeitung zurückgreifen können. Und wir werden natürlich – das ist wichtig – die Sicherheitsaspekte im Strafvollzug besonders gewährleisten. Ich sage ganz deutlich, der Opposition ist das zu wenig, aber Knast ist kein Hotelaufenthalt
Im Ergebnis werbe ich für die Zustimmung zu unserem Gesetzesvorhaben mit dem Antrag. Es ist ein gutes und fortschrittliches Gesetz für einen zeitgemäßen und mo
dernen Strafvollzug. Ich danke an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die an der Erarbeitung dieses Gesetzes beteiligt waren. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Kohlmeier! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Lederer. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind schon mal ganz froh, dass das befürchtete Niederkonkurrieren der Standards nach der Föderalismusreform hier nicht eingetreten ist, sondern dass dieses Gesetz den Status quo abbildet, den Status quo, der weitgehend dem anderer Bundesländer entspricht, der auch weitgehend dem entspricht, was vorher hier in Berlin Standard war. Immerhin!
Ansonsten, muss man sagen, enthält dieses Gesetz nicht viel Originelles, schon gar nicht viel Neues. Also, es ist viel Justizvollzug, aber von Weiterentwicklung ist nicht allzu viel zu spüren. Da hätten wir mehr erwartet und haben auch entsprechende Vorschläge gemacht. Bei dem Kollegen Behrendt klang es, wenn er von „uns“ redet, jetzt wieder so, als ob die Grünen das alles ganz allein gemacht hätten.
Das ist natürlich mitnichten der Fall, sondern es waren die Oppositionsfraktionen gemeinsam. Bedauerlicherweise hat die Koalition diese Vorschläge nahezu komplett abgelehnt, mit einer einzigen Ausnahme: Es soll die Wahrnehmung der Aufgaben des Vollzugs auch zukünftig Beamtinnen und Beamten vorbehalten bleiben. Das stand im Gesetzentwurf ursprünglich nicht so drin, blieb etwas diffus. Aber offensichtlich hat der Antrag der Oppositionsfraktionen und der Protest der Bediensteten dazu geführt, dass das nun per Änderungsantrag geregelt werden soll – immerhin!
Eine Reihe anderer Vorschläge sind unter den Tisch gefallen. Es ist uns immer noch unklar, warum der offene Vollzug nicht als Regelvollzug erhalten bleibt. Offener Vollzug, wo er denn möglich ist, sichert am ehesten die Aufrechterhaltung von Arbeit und sozialen Bindungen und dient damit der Resozialisierung. Nun wird uns immer gesagt, die Neuformulierung soll gar nichts anderes heißen als das, was bisher galt. Da frage ich mich: Warum schreiben Sie es dann nicht so rein, wie es bisher galt? Warum die neue Formulierung? Das ist doch erklärungsbedürftig. Als Jurist fragt man sich natürlich zuallererst: Wie ist das auszulegen? – und kommt zu dem
Zweitens, die Verlängerung der Besuchszeiten auf vier Stunden, wie in Brandenburg: Auch hier geht es um soziale Kontakte, die nach allgemeiner Meinung eine wesentliche Funktion bei der Resozialisierung besitzen. Und Gleiches gilt für die Langzeitbesuche, wo die Koalition unsere Vorschläge, es verbindlicher zu regeln, abgelehnt hat.
Zum Thema „Arbeitspflicht in der totalen Institution Gefängnis“: Wir finden es falsch, dass den Inhaftierten die Arbeit zur Pflicht gemacht werden soll, was nicht bedeutet, dass es keinen strukturierten Arbeitsalltag oder keinen strukturierten Alltag geben soll. Wir sind nur anders herangegangen. Wir haben gesagt, dass die Qualität und die Qualifizierung innerhalb der Arbeit verbessert werden müssen, und die Arbeit sollte auch besser als bisher bezahlt werden. Entsprechende Vorschläge haben wir auf den Tisch gelegt. Die Koalition hat sie abgelehnt.
Ausweitung und Verbesserung der Kommunikationsmöglichkeiten: Bislang gibt es lediglich die völlig überteuerten Telefonangebote. Das muss sich ändern. Auch im Hinblick auf die Internetangebote wird es Zeit, dass – was durchaus geht – Sicherheit einerseits und Angleichung des Lebens im Knast an die Verhältnisse außerhalb der Mauern andererseits zusammengebracht werden.
Kollege Kohlmeier! Sie haben jetzt viel darüber geredet, aber das war vor allem ein Dicke-Backen-Machen. Das Pfeifen bleibt aus. Das ist bemerkenswert dünn, was Sie heute vorgelegt haben. Der Antrag, den Sie auf den Tisch gepackt haben, kann schwerlich darüber hinwegtäuschen, dass die Union damit gar nichts zu schaffen haben will. Es scheint mir doch eher ein Symbol zu sein, dass die SPD jetzt hier auch noch ein bisschen was anmerken durfte, weshalb dann noch dieser Antrag ins Plenum hineingeschoben wurde, der gänzlich ohne Folgen bleiben wird. Davon bin ich ziemlich überzeugt.
Auch der Empfang von Paketen sollte keine Gefälligkeit sein, sondern Bestandteil der sozialen Kontakte mit der Außenwelt, auf die ein geregelter und nachvollziehbarer Rechtsanspruch bestehen sollte.
Schließlich ist es auch im Justizvollzug an der Zeit, alte Zöpfe abzuschneiden. Weshalb die Koalition unserem Vorschlag nicht gefolgt ist, den einer längst überwunden geglaubten Zuchthaustradition entspringenden Arrest als Disziplinarmaßnahme endlich abzuschaffen, ist mir nicht begreiflich. Überhaupt Zuchthaus: In den vergangenen Jahren war ein deutliches Bestreben der Koalition zu spüren, Haftfragen vornehmlich als Sicherheitsangelegenheiten zu diskutieren. Wenn Herr Kollege Kohlmeier die alte Mär aufwärmt, bei der Inhaftierung in Berliner
Bei Ihnen ging es um Drogenspürhunde, um Mobilfunkblocker, um dichtere Fenstergitter, um Schießstände und Waffeneinsatz durch Vollzugsbedienstete und um Investitionen in Beton und Technik. Worum es weniger bzw. überhaupt nicht ging, waren Fragen der Fortentwicklung des Resozialisierungsgedankens. Das zeigt sich an dem vorliegenden Gesetzentwurf, und deswegen werden wir den auch ablehnen.
Mein Dank gilt zum Schluss den Bediensteten im Justizvollzug und denjenigen, die bei den freien Trägern der Straffälligen- und Bewährungshilfe unter schwierigen Bedingungen und nicht selten von der Politik alleingelassen eine sehr ordentliche Arbeit mit großem persönlichen Einsatz leisten. Das soll zum Schluss noch mal gesagt werden, weil unsere Vorschläge nicht auf dem Rücken der Bediensteten, sondern letztlich unter Verbesserung der Bedingungen für die Bediensteten umgesetzt werden sollen. Darum muss es gehen, und daran werden wir weiterarbeiten. – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Rissmann das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Herr Senator! Ich darf Ihnen und der Koalition Glückwünsche aussprechen zu diesem Gesetzentwurf.
Wenn Kollege Behrendt von der einen Oppositionsfraktion nur kritisieren kann, dass ihn die Formalien stören und wir heute so schnell darüber abstimmen müssen, nachdem das Vorhaben schon etwas älter ist,