Ja! – Ich bin gestartet mit einer demografischen Rendite. Wir hatten in der letzten Legislaturperiode eine Enquete-Kommission „Demografischer Wandel“ hier im Parlament, weil wir davon ausgegangen sind, dass die Stadt schrumpft bzw. die Menschen hier älter werden. Und wir haben mit allen Senatsverwaltungen entsprechende Maßnahmen entwickelt. Aber die Entwicklungen haben sich absolut anders gestaltet, was ich sehr positiv finde. Es ist doch etwas Tolles, dass Familien nach Berlin ziehen.
Daraufhin haben die Hochschulen 2014 in Absprache mit uns ihre Kapazitäten im Grundschulbereich von 150 auf 300 verdoppelt. Es war immer so, dass wir auch Lehrkräfte aus anderen Bundesländern bekommen haben. Sie kennen die ganzen Maßnahmen, dass wir das Einstellungsverfahren absolut verändert und in den anderen Bundesländern geworben haben, weil diese über ihren Bedarf ausgebildet haben. In anderen Bundesländern war in den letzten Jahren die Situation, dass die Zahl der Kinder zurückgegangen ist und die ausgebildeten Lehrkräfte Berlin zur Verfügung standen. Das hat sich aber geändert, weil wir jetzt eben in allen Bundesländern Flüchtlingskinder haben, die beschult werden müssen. Der Markt hat sich in diesem Bereich eben verändert, sodass wir auch andere Wege gehen müssen.
Daraufhin habe ich im letzten Jahr in meiner Verwaltung eine übergreifende Arbeitsgruppe aus dem Schulbereich und dem Hochschulbereich eingerichtet, um Maßnahmen entwickeln zu lassen. Wir sind mit den Hochschulen im letzten Jahr ins Gespräch gekommen. Wir hatten ja schon gemeinsam die Kapazitäten im Grundschulbereich verdoppelt, weil wir der Auffassung waren, dass man diese Kapazitäten noch einmal verdoppeln muss. Dieses Gespräch wird auch mit den Präsidenten weitergeführt. Ich gehe stark davon aus, dass wir hier außerhalb der Hochschulverträge eine Regelung finden werden.
Ich möchte das noch einmal ansprechen, weil Frau Remlinger, wie ich gehört habe, in der „Abendschau“ gesagt hat, man hätte etwas in den Hochschulverträgen ändern müssen. Die Hochschulverträge sind ganz anders gestrickt. Sie stellen die Autonomie der Hochschulen in den Vordergrund. 1997 ist das Konzept verändert worden. Aus heutiger Perspektive und angesichts heutiger Bedarfe würde ich sagen, dass das Land Berlin an dieser Stelle, was die Lehrerausbildung angeht, stärker steuern muss und wir Schularten in den Hochschulverträgen festlegen müssen. Das war in den Jahren zuvor nie im Gespräch. Das hat auch keiner eingefordert, weil alle Fraktionen die Autonomie der Hochschulen sehr hochgehalten haben, was ich auch richtig finde. Wir legen keine Professorenstellen oder anderes in den Hochschulverträgen fest.
Es gibt also verschiedenste Maßnahmen: Wir stellen Studienräte ein. Wir führen Gespräche mit den Gewerkschaften, auf freiwilliger Basis auf Pensionäre zurückzugreifen. Wir qualifizieren Lehrkräfte, die ein Fach studiert haben; das machen wir schon länger für die unterschiedlichen Bereiche, damit sie in den Grundschulen tätig sind. Studienräte stellen wir für den Grundschulbereich ein. Das ist in anderen Bundesländern ziemlich normal, weil die Grundschulzeit da bis zur 4. Klasse geht. In Berlin unterrichten wir bis zur 6. Klasse im Grundschulbereich, die Studienräte unterrichten 4., 5. und 6. Klasse. Diese qualifizieren wir. Wir haben viele weitere Maßnahmen.
Noch einmal: Bei den nächsten Hochschulverträgen, bin ich der Auffassung, müssen wir diesen Bereich anders regeln, müssen wir an dieser Stelle die Autonomie der Hochschulen einschränken. Da werden wir mit den Hochschulen ins Gespräch gehen. Aber jetzt parallel, in dieser Situation führen wir Gespräche, um die Kapazitäten, die die Hochschulen 2014 verdoppelt haben, jetzt noch einmal zu verdoppeln.
Frau Senatorin! Da ich nach der fachlichen Qualifikation gefragt hatte, stelle ich hier die Frage: Wie hoch war denn
der Anteil der zum 1. Februar 2016 eingestellten Quereinsteiger am Gesamtmaß der in der Grundschule eingestellten? Die gleiche Frage gilt auch für die Studienratslaufbahn. Wie hoch ist also der Anteil von fachlich original ausgebildeten Grundschullehrern, von Studienräten und Quereinsteigern am 1. Februar dieses Jahres? Wie garantieren Sie deren fachliche Qualifizierung?
Sehr geehrter Herr Schlede! Vielen Dank für die Frage. Wir haben die Zahlen jetzt ausgewertet. Ich würde einfach die einzelnen Bereiche vortragen, damit Sie diese Information erhalten. Wir benötigten zum Halbjahr insgesamt 344 Kräfte für den Grundschulbereich. Wir haben insgesamt knapp 1 000 Lehrkräfte eingestellt, davon 344 Kräfte für den Grundschulbereich. Das teilt sich ein in Lehrer mit einem Wahlfach: 89 Lehrkräfte, Lehrer mit zwei Wahlfächern: 18 Lehrkräfte, Lehrer mit sonderpädagogischer Ausbildung – die benötigen wir in den Grundschulen auch, das Thema Inklusion ist Ihnen ja bekannt –: 13 Lehrkräfte, Lehramt an ISS bzw. Studienräte, die Sie gerade ansprachen: 143, die zum großen Teil den Fachunterricht in der 4., 5. und 6. Klasse gestalten, Quereinsteiger: 81 Kräfte. Das sind Menschen, die Fächer der Berliner Schule studiert haben, aber dann berufsbegleitend weiter studieren müssen, um ein zweites Fach nachzuholen. Diese sind in unseren schulpraktischen Seminaren, die wir ausgeweitet haben. Das wissen Sie, dass wir auch in diesem Bereich die Ausbildungskapazitäten extrem ausgeweitet haben, damit die Absolventen der Hochschulen eben auch ins Referendariat kommen bzw. dass wir auch Qualifizierungsplätze für die Quereinsteiger haben.
Vielen Dank für die Antwort! – Aber auf die erste Antwortrunde bezogen, Frau Scheeres: Auch wenn Sie hier mantramäßig wiederholen, wie viele Tausend Lehrkräfte Sie in den letzten Jahren eingestellt haben, muss ich sagen, dass fast alles der Ersatz für Lehrkräfte, die in Pension gegangen sind, war. Also insofern sind das keine zusätzlichen Lehrkräfte. Aber ich beschränke mich jetzt mal auf eine Frage: Wie bewerten Sie denn, dass nur etwa 40 Prozent aller Studierenden, die ein Lehramtsstudium aufnehmen, auch ein solches Studium abschließen und dann den Berliner Schulen zur Verfügung stehen, und was wollen Sie hier unternehmen?
Sehr geehrte Frau Kittler! Ich möchte doch gerne noch mal auf Ihren ersten Teil eingehen. Es stimmt einfach nicht, was Sie sagen, dass wir nur Lehrkräfte für den Bereich eingestellt haben, wo Menschen in Pension gehen. Das zeigen Ihnen auch die Zahlen. Sie kennen die Bevölkerungsprognosen und dass wir seit mehreren Jahren eine wachsende Stadt haben. Sie wissen auch ganz genau, dass wir die Altersermäßigung für Lehrkräfte eingeführt haben, was mehrere Hundert Lehrerstellen bedurfte. Ich finde es richtig, die älteren Lehrkräfte zu entlasten – das war immer wieder Thema – und dass sie die Möglichkeit haben, in Teilzeit zu gehen, damit wir sie länger im Schulsystem halten.
Es stimmt einfach nicht, dass wir nur Lehrkräfte für die Menschen eingestellt haben, die in Pension gehen. Wir haben ganz schnell auf die wachsende Stadt reagiert. In der letzten Legislaturperiode waren Sie nicht dabei. Ich kann mich noch an das Sommertheater jedes Jahr erinnern, dass die Lehrkräfte nicht in den Schulen waren, dass wir zu wenig Lehrkräfte gefunden hatten. In dieser Legislaturperiode haben wir in allen Jahren Lehrkräfte bekommen. Ich sehe es genauso wie Sie, dass wir einen bundesweiten Fachkräftebedarf bei den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern bzw. im sonderpädagogischen und Grundschulbereich haben. Das ist ein Problem. Darauf haben wir reagiert, und reagieren auch weiter mit unterschiedlichen Maßnahmen.
Zu Ihrem letzten Punkt: Wie viele Studierende kommen letztlich raus, auch wenn sie in den Master gehen? – Ja, hier sehe ich auch ein Thema, das wir mit den Hochschulen diskutieren werden. Ich finde es sehr schwierig – ich habe die Zahl jetzt nicht im Detail im Kopf –, wenn nur ein geringer Teil – –
Ja, genau, 40 Prozent! – Ich weiß nicht genau, ob die Zahl im Detail stimmt, aber es ist ja auch egal. Auch 40 Prozent, finde ich, sind zu wenig. Darüber müssen wir reden, woran dieses liegt. Wenn Studierende in den Master einsteigen, haben wir natürlich ein Interesse, dass viel mehr letztendlich in den Beruf einsteigen können. Das sind selbstverständlich Themen, die wir mit den Hochschulen beraten, neben dem Thema, dass wir die Kapazitäten nochmals verdoppeln wollen.
Zur nächsten Frage erteile ich der Kollegin Remlinger von Bündnis 90/Die Grünen das Wort. – Bitte sehr!
Ja, vielen Dank! – In der Tat bleiben wir bei dem Themenkomplex, weil Sie nach wie vor den Eindruck erwecken, das wäre nicht absehbar gewesen. Ich frage den Senat: Warum hat der Senat beim Abschluss der Hochschulverträge 2014 nicht reagiert, obwohl der Lehrkräftemangel insbesondere im Grundschulbereich laut Ihren eigenen Zahlen bereits absehbar war? Warum haben Sie trotzdem die Zahl von 1 000 angezielten Lehramtsabsolventinnen und -absolventen in den Hochschulverträgen fortgeschrieben, obwohl Ihre eigenen Prognosen sagten, wir brauchen mindestens 2 000 und allein für den Grundschulbereich ungefähr 800 bis 900 pro Jahr? – Ihre Zahlen stammen aus dem Jahr 2013, ohne Flüchtlinge, die Sie im Nachhinein immer als Entschuldigung gebrauchen!
Ja, die Frage ist meines Erachtens beantwortet, aber, Frau Senatorin, vielleicht liegt in der doppelten Kraft die Wirkung.
Sehr geehrte Frau Remlinger! Natürlich antworte ich gerne auf die Frage und werde dieses gerne noch mal erläutern. Zum einen zur Systematik der Hochschulverträge, dass die Hochschulen eine pauschale Zuweisung bekommen, dass wir im Rahmen der Hochschulverträge nicht für einzelne Schulbereiche sozusagen Quoten bzw. Fächer oder irgendwas festlegen,
dieses Thema ist auch nie von den Grünen eingefordert worden. Gerade auch die Grünen haben die Autonomie der Hochschule – ich kann mich da sehr gut an Frau Schillhaneck erinnern – sehr hochgehalten. Ich finde das richtig.
Ich habe gerade angesprochen: Wenn man sich die Entwicklung anschaut – – Und es stimmt nicht, dass wir nicht reagiert haben. Die Hochschulen haben die Kapazitäten – –
welche Maßnahmen der Senat auf den Weg gebracht hat. Wir haben außerhalb der Hochschulverträge – bzw. die Hochschulen waren das in Absprache mit uns – die Grundschulkapazitäten verdoppelt. Und wir sind weiter im Gespräch. Wir haben in den Hochschulverträgen festgeschrieben, dass pro Jahr 1 000 Absolventen rauskommen sollen, und haben dieses in die leistungsbasierte Finanzierung aufgenommen. Wir legen nicht fest, wie viele Professorenstellen in welchen Bereichen die einzelnen Hochschulen bringen müssen. Ich sehe hier auch einen Veränderungsbedarf. Frau Remlinger! Man muss ganz klar sagen, das kostet auch mehr Geld,
wenn wir dieses so tun. Darüber werden wir dann auch diskutieren müssen. Aber die Situation war in den letzten Jahren auch eine andere. Es ist im Hochschulbereich nicht so, dass man in den einzelnen Fächern nur für das einzelne Land ausbildet. Das müssten Sie oder Ihre wissenschaftspolitischen Abgeordneten eigentlich auch wissen, dass die Studierenden aus allen Bundesländern kommen. Wir sind z. B. im Medizinbereich ein Geberland, und andere Länder nehmen unsere Mediziner auf. In anderen Bundesländern ist es so, dass sie über Kapazität im Lehramt ausgebildet haben und wir in den letzten Jahren aufgrund ihrer sinkenden Schülerzahlen davon profitieren konnten. Wir haben das alles immer gegengerechnet. Die Entwicklungen und die Zahlen haben sich verändert. Deswegen sind die verschiedensten Maßnahmen notwendig.
Ich finde es ja auch in Ordnung, wenn Sie sagen, dass wir von der Autonomie der Hochschulen Abstand nehmen sollen. Ich sehe das so, dass wir das in diesem Teilbereich mit den Hochschulen diskutieren müssen, um die entsprechenden Absolventen wirklich zu bekommen. Die Hochschulen sind hier auch offen und diskutieren gerade mit uns darüber. Das haben wir nicht erst seit heute gemacht. Die Gespräche führen wir seit dem letzten Jahr, unabhängig davon, dass die Hochschulen die Kapazitäten in diesem Bereich verdoppelt haben.
Angesichts der Tatsache, dass Sie in den Hochschulverträgen sehr wohl Aussagen z. B. zur Ausbildung im MINT-Bereich oder zur Ausbildung von Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen gemacht haben, man also sehr wohl spezifizieren kann, frage ich Sie: Bleiben Sie bei Ihrer Aussage in der letzten Sitzung des Bildungsausschusses, dass Sie die Hochschulverträge an diesem Punkt nicht vor 2018 konkret neu verhandeln wollen?
Sehr geehrte Frau Remlinger! Ich bleibe dabei, die Hochschulen haben überhaupt gar kein Interesse, die Hochschulverträge aufzumachen, die ja noch laufen. Die Hochschulen sind mit uns im Gespräch. Wir werden Vereinbarungen mit den Hochschulen treffen, was die Verdoppelung der Kapazitäten angeht. Und wir werden uns auch, wie eben schon beschrieben, über den Bereich der Abschlüsse austauschen, welche Wege man hier gehen kann, dass mehr junge Menschen durch den Master kommen.
Ich würde gerne wissen wollen, wenn das so schwierig ist, mit den Universitäten und Hochschulen von Berlin zeitnah Verhandlungen zu führen, was Sie denn davon halten, wenn wir in Berlin über eine Pädagogische Hochschule diskutieren würden.
Sehr geehrte Frau Kittler! Ich glaube, Sie haben noch ziemlich gut in Erinnerung, dass wir gerade frisch das Lehrkräftebildungsgesetz hier beschlossen haben, und darauf sind wir sehr stolz, weil wir die Lehrerausbildung modernisiert und auf viele Dinge reagiert haben, Inklusion, Ganztag usw. In diesem Zusammenhang haben wir im Rahmen des Gesetzentwurfs auch beschlossen, dass jede Hochschule eine School of Education, also ein Zentrum für Lehrerbildung einrichten soll, um sich verstärkt um die Lehrerbildung zu kümmern.