Protocol of the Session on February 18, 2016

Ich will aber nicht verhehlen, dass wir uns auch jetzt in diesen Zeiten als Senat schon darauf vorbereiten wollen, dass es auch wieder andere Zugangszahlen geben kann. Wir reden im Moment über viele Themen in einer Situation, in der um die 170 Menschen pro Tag zusätzlich in unsere Stadt kommen. Das sind über den Monat gesehen im Übrigen auch schon 5 000. Es können aber auch wieder andere Zeiten mit 600 oder 700 Flüchtlingen pro Tag kommen. Ich möchte gern – das wird von den Senatskollegen unterstützt –, dass wir uns genau auf diese Situation vorbereiten. Deswegen ist es uns so wichtig – was der Finanzsenator gerade vorgestellt hat –, dass wir gemeinsam mit dem Rat der Bürgermeister, mit dem Parlament, schnelle Entscheidungen zur weiteren Einrichtung von Containerbauten oder modularen Unterkunftsmöglichkeiten treffen können.

Herr Kollege Wolf für eine Nachfrage, bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Wenn ich es richtig verstanden habe, hat der Finanzsenator die Liste zur Flüchtlingsunterbringung mit den demokratisch legitimierten Bezirksvertretern besprochen. In der Zeitung lese ich, dass heute am Rand des Plenums noch einmal mit CDUAbgeordneten die Liste diskutiert werden soll. Ist jetzt damit zu rechnen, dass die Liste aufgrund von CDUWahlkreisinteressen geändert wird?

[Heiko Melzer (CDU): So ein Schwachsinn!]

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Wolf! Diese Liste wird weder aufgrund von einzelnen individuellen Wahlkreisinteressen verändert noch auf besonderen Wunsch oder individueller Problemlagen, die es vielleicht auch in einigen Bezirken gibt. Es ist aber völlig legitim und richtig, dass gewählte politische Vertreter – egal, ob Bezirksbürgermeister oder Stadträte, Senatsmitglieder oder Abgeordnete –

[Uwe Doering (LINKE): Alle Abgeordneten?]

schauen, ob die Umsetzung der vorgeschlagenen Standorte – mit allem, was dazu gehört: einer entsprechenden Infrastruktur, einer Sozialverträglichkeit, einer Belastungsaufnahmefähigkeit – in den einzelnen Quartieren gegeben ist oder nicht. Dazu gibt es einen Austausch.

[Uwe Doering (LINKE): Hinter den Kulissen!]

(Senator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen)

Es ist nicht nur legitim, sondern auch dringend erforderlich, sich genau anzusehen, an welchem Standort was möglich ist.

Eines will ich in aller Klarheit aber auch sagen: Die Kommunikation einzelner Senatsmitglieder, mit Bezirksvertretern und auch Abgeordneten

[Uwe Doering (LINKE): Mit welchen?]

findet seit Wochen und Monaten statt. Es gibt nur mitunter, wie ich finde, ein Missverständnis, dass einige der Meinung sind, Kommunikation hat immer nur dann stattgefunden, wenn ihren Ansprüchen Genüge getan worden ist. Das ist falsch. Es muss mitunter ein Kompromiss gefunden werden. Man kann vielleicht auch auf den einen oder anderen Standort verzichten, weil sich in der Diskussion herausgestellt hat, dass es wirklich nicht gut ist, dort etwas umzusetzen. Das mag sein. Es muss auch erlaubt sein – das Thema hatten wir schon an anderen Stellen, Herr Abgeordneter Wolf –, dass aus einem gesamtstädtischen Interesse heraus, aus einer gesamtstädtischen Schau auf dieses Problem auch der Senat eine letztinstanzliche Entscheidung trifft und sagt, dass an diesen oder jenen Stellen gebaut werden muss, damit wir Menschen gut unterbringen können und sie nicht in Zelten oder anderswo unterbringen müssen. Das ist die Verantwortung des Senats. Dieser stellen wir uns auch.

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Dann geht die zweite Nachfrage an Frau Kollegin Pop!

Ich möchte genauer nachfragen. Wenn Sie sich der Verantwortung bewusst sind, die Sie als Regierung gemeinsam tragen: Worüber wird denn heute und in den nächsten Tagen konkret gestritten, über welche Wahlkreise und Standorte? Teilen Sie meine Ansicht – ich meine, das bei Ihnen auch herausgehört zu haben –, dass es gerade in dieser Frage immanent wichtig ist, dass eine Regierung gemeinsam handlungsfähig ist, um eben nicht denjenigen in die Hände zu spielen, die dieses Thema auf der rechtspopulistischen Seite skandalisieren?

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Pop! Ich kann Ihnen sagen, wie wir es im Senat diskutiert haben. Wir haben

uns diese Liste angesehen. Auch dabei gab es Nachfragen. Das ist völlig legitim und richtig. Es gab ein – wie ich finde – nachvollziehbares Votum und Einverständnis zu der Vorlage des Senats, der Senatoren zu den Containerstandorten, zu einzelnen Standorten für modulare Unterbringungsmöglichkeiten. All das ist im Senat sehr konstruktiv und einvernehmlich diskutiert worden.

Es gibt noch weiteren Abstimmungsbedarf auch mit der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales. Es hat gestern dazu eine Diskussion im Hauptausschuss gegeben. Es ist kein Streit, wenn Abgeordnete in den Fraktionen nachfragen, wie sich die Situation um den möglichen Standort herum darstellt, welche Infrastrukturleistung mitgebracht wird, ob das alles schnell oder langsam umzusetzen ist, und dann um Beantwortung der Fragen bitten. Genau in der Situation befinden wir uns. Der Senat bzw. die zuständigen Senatsmitglieder beantworten diese Fragen, ob es Herr Kollatz-Ahnen, Herr Geisel ist oder wer sonst an der Stelle gefordert ist. Ich kann Ihnen nicht in jedem Einzelfall, zu jedem Detail den Diskussionsstand mitteilen. Im Senat haben wir am Dienstag festgehalten, dass wir am kommenden Dienstag in der nächsten Senatssitzung dazu eine abschließende Beratung führen und einen Beschluss herbeiführen wollen. Ich gehe davon aus, dass es die jetzt stattfindenden Gespräche ermöglichen werden, dass die Koalitionsfraktionen, hoffentlich das Parlament insgesamt, diesen Weg unterstützen.

Vielen Dank! – Jetzt kommen wir zu der Piratenfraktion. – Herr Kollege Lauer!

Ich frage den Senat vor dem Hintergrund, dass der Verfassungsgerichtshof Berlin letzte Woche festgestellt hat, dass mich der Innensenat zwei Jahre lang verfassungswidrig meiner parlamentarischen Rechte beraubt hat, wie der Innensenator gedenkt, es wieder gutzumachen, dass er zwei Jahre lange meine Akteneinsichtsrechte verwehrt hat.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN – Lachen bei der SPD und der CDU]

Es ist an den gesamten Senat gerichtet. Ich höre, Herr Senator Henkel möchte antworten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lauer! Ich glaube, Sie interpretieren das Urteil falsch. Um Ihnen aber auf den Punkt zu antworten: Der Senat

(Regierender Bürgermeister Michael Müller)

begrüßt natürlich die Klarstellung des Regelungsgehalts des Artikels 45 der Verfassung von Berlin durch den Gerichtshof.

Wünschen Sie eine Nachfrage zu stellen, Herr Kollege Lauer? – Bitte schön!

Wenn ich das Urteil falsch interpretiere, haben Sie es nicht gelesen.

Aber zu der Frage! Vor dem Hintergrund, dass das Gericht jetzt festgestellt hat, dass Sie meine parlamentarischen Rechte zwei Jahre lang verfassungswidrig verletzt haben: Wie kommt es dazu, dass Ihre Verwaltung es noch immer nicht kapiert, dass ich ein Akteneinsichtsrecht auch mit Mitarbeitern habe, und mich noch immer darin behindert, dieses Akteneinsichtsrecht, das ich nach Artikel 45 Abs. 2 habe, wahrzunehmen?

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Heidi Kosche (GRÜNE) und Stefan Gelbhaar (GRÜNE)]

Herr Senator Henkel!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lauer! Ich weise das wirklich zurück und komme noch mal auf den Kerntatbestand.

[Zurufe von den PIRATEN]

Sie werden nicht behindert, entschuldigen Sie bitte, das ist völliger Unsinn! Sie müssen sich einfach mal daran gewöhnen, und das hätten Sie tun können in den vier Jahren: Wenn Sie sich in Ihrer politischen Arbeit nicht ausschließlich auf die Person des Innensenators konzentriert, sondern mit Inhalten auseinandergesetzt hätten, hätten Sie lernen können, dass es in der Berliner Verwaltung geordnete Abläufe gibt.

[Martin Delius (PIRATEN): Machen Sie sich nicht lächerlich! Das steht Ihnen nicht!]

Herr Delius! Ich glaube, Sie wissen gar nicht, wovon Sie reden! – Zu den geordneten Abläufen gehört, dass es notwendig ist, dass Sie einen Antrag stellen.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Wo steht das? – Das steht unter anderem in der GGO des Landes Berlin. – Sie stellen einen Antrag. Dieser Antrag wird geprüft. Die Senatskanzlei wird dann informiert. [Christopher Lauer (PIRATEN): Ich würde gern auf Ihre Antwort verzichten!]

Herr Kollege Lauer! Das macht keinen Sinn! Lassen Sie doch den Senator erst mal ausreden!

Dann wird über Ihren Antrag entschieden. Diesem Antrag kann stattgegeben werden, und ihm kann in Teilen stattgegeben werden.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Das ist Quatsch!]

Dem Bescheid dazu können Sie auch widersprechen.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Sie lügen! Sie lügen gegen das Urteil!]

Herr Kollege Lauer! Der Begriff der Lüge ist unparlamentarisch. Ich rüge das jetzt.

[Zurufe von der SPD und der CDU – Steffen Zillich (LINKE): Der Kollege Lauer meint, dass der Senat die Unwahrheit sagt. – Uwe Doering (LINKE): Steht ja im Protokoll!]

Herr Zillich, ich glaube nicht, dass sie Nachhilfeunterricht brauchen.

Die zweite Nachfrage hat jetzt der Kollege Olalowo von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Trifft es denn zu, dass der Senat gegenüber dem Bund zur Einsicht in die TTIPAkten ein ähnliches Unterstützungsrecht, wie es von Herrn Lauer begehrt wird, für sich selbst beantragt?

[Beifall bei den PIRATEN]