Protocol of the Session on February 18, 2016

Zuhören ist aber besser!

Jedenfalls finde ich es misslich, dass wir in einer Zeit, wo der Wahlkampf schon begonnen hat, jetzt solche Gesetzespakete bekommen.

Ich halte es im Grundsatz nicht für sinnvoll, zur Einbringung einer solch umfangreichen, immerhin 280-seitigen Vorlage, die wir zudem erst vor wenigen Tagen erhalten haben und die hier in den Ausschüssen ausführlich beraten wird, heute hier im Plenum ins Detail zu gehen, deshalb nur wenige Stichworte.

Die Einführung der Rauchwarnmelder ist schon ein Thema gewesen und längst überfällig. Die Übergangsfrist bis Ende 2020 für Bestandswohnungen ist großzügig und aus unserer Sicht auch angemessen. Schlecht ist, dass die Kosten komplett auf die Mieterinnen und Mieter abgewälzt werden – und das dauerhaft – über die Modernisierungsumlage. Nach wenigen Jahren wird sich die überschaubare Investition für die Eigentümer amortisiert haben, die höhere Miete muss jedoch für immer weitergezahlt werden. Auch das macht deutlich, dass das Bundesrecht zur Modernisierungsumlage dringend überholungsbedürftig ist. Ähnliches gilt dann im Übrigen für die Pflicht zu Kaltwasserzählern.

Die neue Abstandsflächenregelung sehen wir hingegen kritischer als die Grünen. Mit der Novelle sind geringere Abstandsflächen zu Nachbargebäuden möglich, obwohl bereits nach den geltenden gesetzlichen Regelungen Grundstücke in Berlin sehr dicht bebaut werden können. Diese Art der Nachverdichtung wird zu Recht nicht nur von Anwohnerinnen und Anwohnern kritisiert, weil sie Licht, Luft und Grün und damit Lebensqualität verringert. Das Thema Nachverdichtung generell, das für Berlin an Bedeutung gewinnt, muss unserer Meinung nach auf anderer Weise angegangen werden. Berlin hat zum einen noch immer genügend versiegelte Flächen für den Wohnungsneubau, denken wir nur an untergenutzte Grundstü

cke von Discountern, an Stellplatzanlagen oder Gewerbebrachen – auch das ist Nachverdichtung. Und wir müssen über höhere Dichten in den Siedlungsgebieten nachdenken, die wir über Änderungen von Flächennutzungsplan und B-Plänen herbeiführen können, aber nicht über die Abstandsflächenregelung in der Bauordnung.

[Beifall bei der LINKEN]

Ob mit der neuen Bauordnung die Barrierefreiheit tatsächlich verbessert wird, muss nach vertiefter Prüfung beurteilt werden. Es sollen mehr barrierefreie Wohnungen entstehen, das ist gut. Eine Verschlechterung erkennen wir allerdings bei öffentlich zugänglichen Bauten: Diese müssen nur noch dort barrierefrei sein, wo allgemeiner Besucher- und Benutzerverkehr stattfindet. Dadurch könnten nicht nur Beschäftigte mit Behinderung benachteiligt werden – flexible Nutzungen, die auch in öffentlichen Einrichtungen üblich sind und vermutlich häufiger werden, werden dabei schlicht ignoriert. Nach wie vor ist für bestehende bauliche Anlagen ein barrierefreier Umbau nicht vorgeschrieben. Hier besteht Handlungs- und Förderbedarf auch im Neubau, sonst sind wir von Inklusion und Erfüllung der UN-Konvention weiter meilenweit entfernt.

[Beifall bei der LINKEN und von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Wir begrüßen es – das Thema hat hier heute noch gar keiner angesprochen –, dass es künftig Toiletten in Verkaufsstätten ab 300 Quadratmetern geben soll.

[Daniel Buchholz (SPD): Genau! Dafür haben wir gesorgt! – Iris Spranger (SPD): Das habe ich gesagt!]

Angesichts fehlender öffentlicher Toiletten ist das außerordentlich erfreulich.

[Daniel Buchholz (SPD): Danke!]

Allerdings kann sich die öffentliche Hand nicht überall dieser Aufgabe entledigen – Stichwort hochfrequentierte Grünanlagen und Stadtplätze. Aber dafür brauchen wir die Bauordnung nicht zu ändern.

Nicht thematisiert wird, weil sich eben nichts ändert, die Genehmigungsfreiheit fast aller Bauprojekte, siehe § 62. Diese Deregulierung führt faktisch zum Verlust der Kontrolle über Bauvorhaben. Es darf ohne Genehmigung und Öffentlichkeitsbeteiligung mehrgeschossig und z. T. großflächig neugebaut werden in dieser Stadt. Hier gibt es ein echtes Defizit an Planungskultur und Planungsdemokratie.

[Beifall bei der LINKEN und von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Und es gibt auch in der Bauordnung eine Genehmigungsfiktion, siehe § 60, Sätze 1 und 3.

[Matthias Brauner (CDU): Das hat sich bewährt in Berlin! – Lachen von Torsten Schneider (SPD)]

Die Behörde hat nur einen Monat Zeit zu entscheiden. Das birgt angesichts der Personalknappheit in den Ämtern die Gefahr, dass die wenigen Verfahren, die hier überhaupt noch durchgeführt werden, durch Zeitablauf auch noch hinfällig werden.

[Matthias Brauner (CDU): Das ist doch alles nicht neu!]

Ihren Ruf, dass wir mehr Personal für die Baubehörden bekommen sollen, teile ich, und ich bin sehr gespannt, wie viel Sie davon umsetzen.

Wir regen abschließend für heute an, dass die Errichtung von Kinderspielplätzen bei der Errichtung von Gebäuden neu geregelt wird. Ein auf dem Privatgrundstück errichteter Spielplatz ist zum einen schwer zugänglich, zum anderen ist er häufig auch sehr lieblos und wird schlecht gepflegt. Wir halten es daher für besser, auf eine Errichtungspflicht zu verzichten zugunsten einer Pflichtabgabe für die Errichtung und Erweiterung öffentlicher Kinderspielplätze, wie bereits in § 8 Abs. 3 Satz 3 vorgesehen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

[Steffen Zillich (LINKE): Könnt ihr jetzt mal aufpassen!]

Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit! – Im Ältestenrat bestand Einvernehmen, die Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr zu überweisen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch – dann würden wir diesbezüglich so verfahren.

Jetzt hat sich Kollege Lux zur Geschäftsordnung gemeldet. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Fraktion beantragt die zusätzliche Überweisung der Vorlage an den Ausschuss für Gesundheit und Soziales.

[Oliver Friederici (CDU): Wir sind dagegen!]

In der Debatte ist deutlich geworden, dass hier das Thema Barrierefreiheit adressiert wird in der Landesbauordnung, und der Ausschuss für Gesundheit und Soziales kümmert sich um die Belange älterer Menschen, Pflegebedürftiger oder auch Menschen mit Behinderung. Das wird ein Megathema werden für die Stadt. Alle haben gesagt, das soll intensiv beraten werden. Und der Ausschuss bzw. Beteiligte im Ausschuss haben sich auch schon auf eine Anhörung von Vertretern von Menschen mit Behinderung eingelassen, vorbereitet. Das würde Sinn machen, diejenigen, die sich aktiv an dieser Debatte beteiligen, Menschen mit Behinderung, älter werdende Menschen,

die sich heute schon darum kümmern, wie zukünftig Gebäude aussehen werden, dass man die auch anhört und dass hier im Ausschuss für Gesundheit und Soziales der richtige Ort ist, um diese Menschen, die sich einbringen wollen, auch zu hören. Wir sollten als Abgeordnetenhaus diesem Anliegen nachkommen. Das ist ein Zeichen der Wertschätzung, des Respekts von Engagement von Menschen, die sonst sehr wenig Lobby haben.

Ich habe gehört, dass Sie als Koalition dieses Anliegen ablehnen wollen und den Ausschuss für Gesundheit und Soziales nicht in einer eigenen Sitzung damit befassen wollen. Ich kann Ihnen sagen, das ganze Projekt wird dadurch nicht verzögert. Wir haben auch schon angedeutet, dass wir die Auswertung einer Anhörung, wie sie ja üblich ist bei uns, nicht an einem Folgetermin machen würden, sondern sie gleich auch an den federführenden Ausschuss mit überweisen würden, sodass hier keinerlei zeitliche Verzögerungen eintreten werden. – Sie wollen es trotzdem ablehnen. Schade, schade! Da muss man Sie wohl fragen, was Sie gegen die Beteiligung von Menschen mit Behinderung haben. Das ist erklärungsbedürftig, und das würde ich hier gerne von Ihnen hören. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Wird dem GO-Antrag widersprochen? – Es wird widersprochen, dann lasse ich abstimmen. Wer diesem Überweisungsantrag zusätzlich an den Ausschuss für Gesundheit und Soziales folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen, die Linke und die Piraten.

[Hakan Taş (LINKE): Das ist deutlich die Mehrheit!]

Gegenstimmen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Zweiteres war die Mehrheit. Damit ist dieser Überweisungsantrag abgelehnt.

[Steffen Zillich (LINKE): Wieso lehnt ihr das ab?]

Tagesordnungspunkt 14 war die Priorität der Fraktion der SPD unter der Nummer 4.3 und der Fraktion der CDU unter der Nummer 4.4. Tagesordnungspunkt 15 war Priorität der Fraktion Die Linke unter Nummer 4.1. Die Tagesordnungspunkte 16 bis 18 stehen auf der Konsensliste.

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 18 A:

Entwurf des Bebauungsplans 1-40a für das Gelände zwischen Bernauer Straße, Brunnenstraße, Rheinsberger Straße, der nördlichen Grenze des Grundstücks Strelitzer Straße 54 sowie der Flurstücke 310 und 303, der nördlichen und der nordwestlichen Grenze des Flurstücks 441, der nordwestlichen Grenze des

(Katrin Lompscher)

Friedhofs der St.-Elisabeth-Kirchengemeinde (Grundstück Ackerstraße 37), Ackerstraße, der nordwestlichen und südwestlichen Grenze des Friedhofs der Sophiengemeinde (Flurstücke 440 und 439), der entwidmeten Bergstraße (nordwestliche und südwestliche Grenze der Flurstücke 551 und 555), der nordwestlichen und südwestlichen Grenze des Flurstücks 326, den nordwestlichen Grenzen der Grundstücke Gartenstraße 25 und 27 und Gartenstraße im Bezirk Mitte, Ortsteile Mitte und Gesundbrunnen (Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße)

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 10. Februar 2016 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 17. Februar 2016 Drucksache 17/2728

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/2608

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Zu der Vorlage auf Drucksache 17/2608 empfehlen die Ausschüsse einstimmig – mit allen Fraktionen – die Annahme. Wer der Vorlage zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen und der fraktionslose Kollege. Ich frage vorsichtshalber nach: Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann haben auch wir das hier einstimmig beschlossen.

Die Tagesordnungspunkte 19 bis 21 stehen auf der Konsensliste.

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 22:

Offensive für saubere Luft in Berlin – mit kluger Verkehrspolitik für eine lebenswerte und gesunde Großstadt

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2702 Neu