Protocol of the Session on February 18, 2016

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN und von Martin Delius (PIRATEN): Immerhin!]

Diese Meinung basiert übrigens nicht, und schon gar nicht ausschließlich, auf dem Bericht des Brandenburger Landesrechnungshofs, in dem wir im Übrigen bestimmte Sachverhalte überhaupt nicht berücksichtigt sehen.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und von Martin Delius (PIRATEN): So ist es doch!]

Das betrifft insbesondere den Fakt, dass die Koordination der Akteure für die Wahrnehmung der Eigentümerfunktion bei der Senatskanzlei bzw. bei der Staatskanzlei lag, eben weil die Flughafengesellschaft keine normale Beteiligung ist, und da gab und da gibt es vielfältige Abstimmungen bei jedem einzelnen Gesellschafter wie auch zwischen den Gesellschaftern, in der Regel auf der Ebene des Regierenden Bürgermeisters und seines Brandenburger Kollegen, des Ministerpräsidenten. Die sind nicht alle dokumentiert, die sind nicht alle protokolliert. Es bleibt aber – und das ist auch die Kritik des Rechnungshofs –, dass die formelle Gesellschafterversammlung zu einem Appendix des Aufsichtsrats geworden ist, zumindest dem Anschein nach, zumindest nach der Dauer der Sitzungen.

Das heißt nicht, dass es vorher keine Absprachen gegeben hat – die hat es gegeben. Aber diese Kritik ist eine fundamentale Kritik, und darüber sollte sich jede Gebietskörperschaft Gedanken machen: Wie werden Gesellschafterversammlungen ausgestattet, vollzogen, und gibt man – und das ist ja der Vorwurf des Brandenburger Rechnungshofs – die eigenständige Kontrollfunktion als Gesellschafter auf, indem man die Gesellschafterversammlung zu einer formalen Abstimmungsangelegenheit macht? – Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein. Das ist aber nicht der Grund, weswegen wir für die erneute Haftungsprüfung sind.

Unsere heutige Zustimmung zur nochmaligen Haftungsprüfung ist vielmehr auch eine vorweggenommene Empfehlung aus der langwierigen und kurz vor dem Ab

schluss stehenden Arbeit im Untersuchungsausschuss des Berliner Parlaments, Herr Kreins. Diese Haftungsprüfung hat unabhängig und vorbehaltlos zu erfolgen. Sie kann nicht, wie die vorherige, auf dem Bericht der alten Geschäftsführung oder auf von ihr, der alten Geschäftsführung, selbst zusammengestellten Unterlagen beruhen, wie es eben der Fall war. Herr Schwarz hat die Unterlagen selber zusammengestellt, auf deren Grundlage ein Rechtsgutachten erstellt wurde, ob es denn zu entsprechenden Verfehlungen kam. Das ist doch absurd! Eine unabhängige Haftungsprüfung muss unabhängig erfolgen; da muss der Haftungsprüfer auch alle Rechte und Möglichkeiten haben, nach eigenen Erkenntnissen Unterlagen zu suchen, Sachverhalte zu beleuchten, und nicht nach dem, was ihm die Geschäftsführung vorgelegt hat.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und von Martin Delius (Piraten)]

Insofern konnte die alte Haftungsprüfung nicht unabhängig und vorbehaltlos erfolgen. Das sagen ja die Rechtsanwälte selbst, und dass sie den Makel ihrer eigenen Untersuchung so benennen, finde ich dann schon einen sehr souveränen Umgang mit ihrer Arbeit.

Die Rechtsprechung in den vergangenen Jahren zu Haftungsverpflichtungen von Aufsichtsräten führte zu klareren und anspruchsvolleren Anforderungen an Mitglieder von Aufsichtsräten. Diese beziehen sich explizit auf die Art und Weise, wie der Aufsichtsrat seine Kontrollpflichten auszuüben hat, gerade auch dann, wenn die zu kontrollierende Gesellschaft in Turbulenzen gerät – und das ist ja wohl hier der Fall. Ein Aufsichtsrat, der nicht bemerkt, dass die Geschäftsführung ihn belügt oder belogen hat, hat vermutlich nicht sorgfältig genug und möglicherweise fahrlässig knapp kontrolliert. Die Grundlage für eine Haftungsprüfung ist die Verfehlung der Geschäftsführung – das noch mal ganz klar hingestellt –, und die ist in diesem Fall auch eindeutig belegt, mindestens durch die Zahlung aus der D&O-Versicherung.

Warum der Aufsichtsrat trotz dieser Verfehlung der Geschäftsführung nicht in der Lage war, dem verbliebenen Geschäftsführer Schwarz so zu kündigen, dass er nicht noch mit Millionen nach Hause geht, sollte man auch prüfen. Das gehört eben auch zur Überprüfung der Tätigkeit des Aufsichtsrats.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und man muss natürlich überprüfen, ob der Aufsichtsrat seine Entscheidungen zu den verflossenen Eröffnungsterminen oder auch zum chaotischen Rausschmiss der pg bbi auf der Grundlage eigener Erwägungen und Erkenntnisse, die einer Sachprüfung standhalten, getroffen hat oder ob er, wie zuvor, dies auf der Grundlage einer bloßen Empfehlung einer unfähigen Geschäftsführung getan hat. – Das ist der Sinn einer nochmaligen Haftungsprüfung, und deswegen stimmen wir ihr zu.

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Matuschek! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Evers. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man liest ja selten etwas, was so wenig Neuigkeitswert hat wie dieser Bericht des Landesrechnungshofs in Brandenburg.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Ich kann mir nur ein Dokument vorstellen, das noch überholter sein wird, wenn es denn irgendwann veröffentlicht wird, und das ist der Abschlussbericht unseres Untersuchungsausschusses. Und das nicht deswegen, weil wir nicht in der Lage wären, konsequent und konzentriert zu arbeiten, sondern weil Sie das über Monate und Monate in einer Weise hinauszögern, die ich mir nie hätte vorstellen können. – Das zu der Ernsthaftigkeit, mit der Sie dieses Thema betreiben

[Zurufe von den PIRATEN – Beifall von Ole Kreins (SPD)]

Ansonsten können Sie die Aktualität dieses heutigen Antrags auch dem Umfang des versammelten Publikums und der anwesenden Weltpresse entnehmen – es interessiert außer uns anscheinend dort draußen keinen Menschen, und das hat seine guten Gründe.

[Zurufe von den GRÜNEN und den PIRATEN]

Reden wir doch mal über Ihren Antrag, Herr Otto! Es ist erschreckend, wie schlecht Ihre Anträge immer noch sind. Ich meine, wenn die Arbeit im Untersuchungsausschuss über all diese Jahre doch einen Mehrwert hätte haben sollen, dann den, dass wir alle miteinander inzwischen eigentlich in der Lage sein müssten, eigenhändig einen Flughafen zu bauen. Stattdessen stellen wir an Ihrem Antrag fest, dass Sie die einfachsten Grundprinzipien dessen, was wir dort beobachten und untersuchen, immer noch nicht verstanden haben.

[Elke Breitenbach (LINKE): Ja, aber Sie haben alles verstanden!]

Sie fordern uns hier auf, die vermögensrechtlichen Ansprüche des Landes Berlin gegen die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg zu prüfen. Das möge man sich mal vorstellen, wenn das gesellschaftsrechtlich überhaupt möglich wäre. Wir klopfen an die Tür der Flughafengesellschaft und sagen: Was auch immer schlecht gelaufen ist bei euch – uns ist ein Schaden entstanden, weil ihr schlechter gewirtschaftet habt, als wir uns das erhofft hätten. Darum möchten wir als euer Eigentümer diesen Schaden ersetzt bekommen. Wenn ihr das Geld nicht

habt, schießen wir vielleicht als Eigentümer gleich noch was dazu, damit ihr es aufbringen könnt.

[Ramona Pop (GRÜNE): Dafür sind Versicherungen da!]

Also es hat schon seine Gründe, dass Eigentümer solche Ansprüche gegenüber den ihnen gehörenden Gesellschaften selbstverständlich nicht geltend machen können.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vermutlich meinen Sie mit dem, was Sie uns hier aufschreiben, dass man noch mal nachschaut, wie es denn aussieht bei der Geschäftsführung und beim Aufsichtsrat. Aber all diese Fragen sind schon lange untersucht und schon lange geklärt. Schon was die Geschäftsführung angeht, haben sich Gerichte mit unseren Begehren befasst und waren leider weniger erfolgreich, als wir uns das alle miteinander gewünscht hätten. Aber es ist so, dass zivilrechtlich tatsächlich nichts zu holen ist. Das mögen wir bedauern; das können wir im Ergebnis unseres Untersuchungsausschusses auch gern gemeinsam festhalten, dass wir uns ein anderes Haftungsregime wünschen. Aber innerhalb des bestehenden Haftungsregimes können Sie so lange an der Tür von Aufsichtsrat und Geschäftsführung klopfen, wie Sie wollen – das hilft uns nicht weiter. Schon deswegen halte ich wenig davon, dass wir diesen Antrag und auch den der Piraten heute hier miteinander beschließen.

Ansonsten finde ich es ja spannend, welchen Stellenwert in diesem Parlament ein Bericht bekommt, der vom Landesrechnungshof Brandenburg vorgelegt wurde, der untersucht hat, ob die Organisationsstrukturen des Finanzministeriums Brandenburg abstrakt geeignet waren, die mit der Beteiligung verbundenen Gesellschafterrechte und -pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Darauf aufbauend, prüfte er, ob das Finanzministerium Brandenburg die Gesellschafterrechte und -pflichten des Landes aus der FBB-Beteiligung, konkret bezogen auf das Bauvorhaben BER, ordnungsgemäß wahrgenommen hat. Mit Verlaub – das interessiert mich als Land Berlin ebenso wenig, wie ich es überhaupt zu beurteilen habe, wie die Organisationsstrukturen im Land Brandenburg funktionieren oder nicht funktionieren.

[Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir haben dafür einzustehen, dass das im Land Berlin funktioniert, und für das Land Berlin haben wir uns sehr genau angeschaut, welche Ansprüche – – Im Übrigen keine Haftungsansprüche; den Begriff höre ich zum ersten Mal; da kräuseln sich ja jedem Juristen die Zehennägel. Es gibt keine Haftungsansprüche. Vermutlich meinen Sie auch hier, dass wir Schadenersatzansprüche in Betracht ziehen sollten. Aber das haben wir geprüft.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Otto?

Wir haben es zu unserem Bedauern ergebnislos geprüft. Das ist das, worüber wir uns unterhalten können, wenn es um die Schlussfolgerungen aus dem heute bestehenden Haftungsregime geht. Aber im bestehenden Rechtsrahmen ist das, was Sie hier vorschlagen und von uns erwarten, absolut aussichtslos und eine Verschwendung unserer Zeit. Lassen Sie gemeinsam gern unter Verzicht auf noch ausstehende Zeugenberatungen, für die wir eigentlich keine Zeit mehr haben, wenn wir fertig werden wollen und nicht auch als Untersuchungsausschuss noch Verspätungszuschlag erheben, –

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ergebnisse präsentieren, die etwas über das hinausgehen, womit Sie uns heute hier beglücken. – Vielen Dank! – Jetzt habe ich noch sieben Sekunden – versuchen Sie es mit einer Intervention!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Evers! – Das Wort für die Piratenfraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Delius. – Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr verehrte Damen und Herren! Hier kochen die Emotionen hoch, ich merke das. Sie werden mir verzeihen, Herr Kollege Evers,

[Stefan Evers (CDU): Ich verzeihe Ihnen alles!]

man kann viel über Landesrechnungshöfe sagen, man kann auch viel über den Berliner Landesrechnungshof sagen oder auch nicht, ich lese aber aus den Anträgen sowohl der Piratenfraktion mit der Drucksachennummer 17/2717 als auch dem der Fraktion der Grünen mit der Drucksachennummer 17/2718 nicht heraus,

[Ole Kreins (SPD): Gestern eingereicht, nichts Neues!]

dass es in erster Linie um einen Landesrechnungshofbericht geht, sondern um ein Haftungsgutachten, das das Papier nicht wert ist, auf dem es geschrieben steht. Das wissen wir, das hat Frau Matuschek bereits gesagt, nicht erst, weil der Landesrechnungshof Brandenburg das noch einmal aufgeschrieben hat, sondern weil wir – wie Herr Kreins und Herr Evers zu Recht angemahnt haben – effizient und gründlich im Untersuchungsausschuss ermittelt haben.

Umso wichtiger ist für uns, als eine der Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss, vom Senat Handeln einzufordern. Hier wird immer so getan, als sei es irrelevant, dass man solch ein Gutachten über die internen Verantwortlichkeiten, Ansprüche und die Rechtsituation der Flughafengesellschaft macht. Nein, es sollte allen klar sein, dass es im Sinne des Gesellschafters Berlin, des Anteileigners Berlin, der Berlinerinnen und Berliner und im Sinne des Berliner Senats ist, solch ein Gutachten zu haben, und dass es eben nicht – das wurde hier schon erwähnt von Frau Matuschek: Directors-and-OfficersVersicherung – in erster Linie darum geht, konkrete Haftungs- oder Schadenersatzansprüche – Herr Evers, Sie haben völlig recht – durchzusetzen, sondern der Flughafengesellschaft, die uns immerhin zu 37 Prozent gehört, ein Instrument in die Hand zu geben, um sich selbst vor solchen Ersatzansprüchen zu schützen, um intern Strukturen und Probleme aufzuklären. Dafür genügt das seit 2013 vorliegende Gutachten nicht. – Herr Evers, jetzt sehe ich Sie nicht. Ach, da sind Sie! Entschuldigen Sie, ich möchte Sie nicht herabsetzen, aber Sie sind nicht das Land Berlin.

[Zuruf von Ramona Pop (GRÜNE)]

Ja, um irgendwelche Posten. Die CDU redet dort miteinander. Wir warten einfach kurz, bis die Herren fertig sind. – Herr Evers! Ganz kurz, ein Satz: Aber Sie sind dennoch ein Verfassungsorgan. Herzlichen Glückwunsch dazu! Es sollte auch in Ihrem Interesse liegen, die Ansprüche des Landes Berlin gegenüber der Flughafengesellschaft klar festzustellen. Insofern sollten Sie auch für ein solches Haftungsgutachten, das etwas wert ist, sein.

Was kann die FBB damit anfangen – das war ursprünglich auch die Idee eines solchen Gutachtens –: Erstens vernünftige Ansprüche gegen den inzwischen endlich, aber nicht richtig hinausgeworfenen ehemaligen Geschäftsführer geltend machen zu können. Im Übrigen geht es nicht nur um die rechtsgültige Entlassung, sondern vor allen Dingen auch um eine Klage, gegen die man sich entschieden hat, weil man sich nicht sicher war, ob das etwas bringt. Dafür hat die Grundlage gefehlt, weil das Gutachten schlecht war. Wo ist das Problem?

Herr Kollege, darf ich Sie kurz unterbrechen? – Meine Herren dahinten! Bitte verlegen Sie Ihre Gesprächsrunde nach draußen

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

oder aber unterbrechen Sie sie für ein paar Minuten und setzen sie dann draußen fort. Auf jeden Fall ist das unziemlich.