Es hat eine Ewigkeit gedauert, endlich, kurz vor Toresschluss liegt nun der lang erwartete gemeinsame Gesetzentwurf von CDU und SPD vor. Das haben Sie wirklich großartig gemacht. Die CDU feiert mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einen ihrer größten Siege in der Schulpolitik in dieser Legislaturperiode. Tatsächlich aber war es kein großer Wurf, sondern ein notwendiger Schritt. Die Eltern dieser Stadt schaffen Jahr für Jahr die Tatsachen, an denen wir alle nicht vorbeikommen. Sie hätten längst handeln können und sollen. Die Anträge meiner Fraktion lagen Ihnen dazu seit langer Zeit vor.
Ansonsten hat die CDU kita- und schulpolitisch nicht viel vorzuweisen. Sie haben gerade davon gesprochen, was Sie alles noch irgendwann tun wollen. Sie haben vier Jahre lang Zeit gehabt, sich entsprechend einzubringen. Schon 2014 hatten Sie angekündigt und sich damit gerühmt, ihren Koalitionspartner SPD weichgeklopft zu haben. Es hat aber bis jetzt, bis 2016, am Ende Ihrer Regierungszeit, gedauert, bis Sie etwas vorzuweisen haben. Den Kassenschluss, den Beschluss des Haushalts 2016, haben Sie dabei bravourös verpasst. Frau Scheeres muss jetzt um mehr als 60 Millionen Euro zusätzlich bitten. Das ist sicher kein gutes Bild für eine Senatorin im
Wahlkampf. Wir haben dazu rechtzeitig Anträge gestellt, auch was die finanziellen Geschichten angeht. Denen hätten Sie sich einfach anschließen können.
Sie haben zwar noch kleine, weitere Änderungen in das Schulgesetz aufgenommen – besonders positiv finde ich dabei, dass Sie nun zur Gesamtkonferenz alle pädagogischen Kräfte zulassen –, aber ansonsten kann mir niemand erzählen, weshalb Sie diesen Entwurf nicht rechtzeitig hätten vorlegen können.
Wir Grüne haben die Veränderung der Einschulungsfrist schon lange gefordert. Wir waren sehr früh an der Seite der Berliner Eltern. Wir haben bei unserem Vorschlag immer mitgedacht, dass die Rücknahme der Früheinschulung selbstverständlich nicht ohne Auswirkungen auf das Kitasystem sein wird. Wir fordern, dass die entsprechenden Ressourcen für die Kitas zur Verfügung gestellt werden für alle Kinder, die, die bleiben, und die, die neu dazukommen. Es braucht Tausende zusätzlicher Plätze und entsprechend zusätzlicher Fachkräfte. Frau Scheeres! Wie viele Sie brauchen und woher Sie die Fachkräfte nehmen wollen, das sagen Sie bisher nicht. Sie wollen sich dafür – zumindest laut Antwort auf meine Schriftliche Anfrage – bis Sommer Zeit nehmen. Das ist zu lange, das geht so nicht. Die Eltern benötigen die Antworten jetzt.
Allerdings wäre dies zumindest bei den Rückstellerkindern nicht allzu schwer gewesen. Ein Blick in das Melderegister hätte dafür ausgereicht. Es ist keine Zeit zu verlieren, sondern sofort zu handeln. Die Berliner Kinder und Eltern haben einen Anspruch darauf, Antworten von der Politik zu erhalten und die schnelle Umsetzung zu erleben.
Inhaltlich ist die Rücknahme der Früheinschulung ein weiteres Eingeständnis eines Scheiterns der Schulpolitik der SPD. Schritt für Schritt mussten die Schwellen, die den Eltern in den Weg gebaut worden sind, zurückgenommen werden, um eine Rückstellung ihrer Kinder zu erreichen. Ich erinnere nur daran, dass am Anfang ein Behindertenstatus geschaffen werden musste, damit die Kinder zurückgestellt werden konnten. In einigen Bezirken stieg die Zahl behinderter Kinder in schwindelerregende Höhe, sodass wir jetzt endlich eine Anpassung an die Realität erfahren. Hätten Sie den Eltern zugehört, hätte es eine bessere Lösung schon zu einem früheren Zeitpunkt geben können. Eltern wissen am besten, wann ihre Kinder fit für die Schule sind. Dies liegt auch in ihrer Verantwortung. Unterstützen wir sie dabei! Deshalb ist auch dieser Gesetzentwurf seit Langem notwendig und richtig.
Die CDU ist zum Thema Kita in dieser Legislaturperiode – ebenso wie beim Thema Schule – nicht weiter öffentlich aufgetreten. Herr Henkel hat das Thema Familie und
Kinder erst vor einigen Wochen entdeckt. Dabei wäre es notwendig, dass endlich auch die Etablierung der Bildungsinstitution Kita gesellschaftlich anerkannt wird. Bei aller Auseinandersetzung mit der SPD hat diese wenigstens Ideen, über die man sich streiten kann. Von der CDU kommt gar nichts. Wir würden dann den Streit an dieser Stelle mit der SPD und nicht mit der CDU führen. – Danke!
Vielen Dank, Frau Kollegin Burkert-Eulitz! – Für die Sozialdemokraten spricht jetzt die Kollegin Dr. Czyborra. – Sie haben das Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir bringen hier eine Änderung des Schulgesetzes ein, die einige Anpassungen und Klarstellungen enthält, auf die ich hier nicht weiter eingehen will. Erwähnen will ich aber doch die Umbenennung der Gesamtkonferenz, die die Zugehörigkeit des pädagogischen Personals durch den Wegfall des Wortes „Lehrer“ deutlich macht.
Ich hoffe, das betont die Gleichberechtigung im Gremium und die Einbeziehung in alle Aufgaben und Entscheidungen.
Es wurde schon erwähnt, das Kernelement dieser Schulgesetzänderung ist die Heraufsetzung des Einschulungsalters. Das macht einen Schritt teils rückgängig, der darauf ausgerichtet war, Kinder möglichst früh in der Schule fördern zu können und ihnen gleichzeitig durch einen möglichen längeren Verbleib in der Schuleingangsphase Zeit für individuelle Entwicklung zu geben. Wir respektieren an dieser Stelle den Elternwillen, denn viele Eltern wollten ihre Kinder erst später einschulen. Begründet wird das damit, dass man ihnen mehr Kindheit lassen will oder dass bezweifelt wird, dass sie schon schulreif sind. Deshalb gab es auch immer die Möglichkeit der Rückstellung, die zuletzt erleichtert und vermehrt in Anspruch genommen worden ist.
Als ich eingeschult wurde, sagten die Großeltern: Nun beginnt der Ernst des Lebens. – Hier also Kindheit, dort der Ernst des Lebens in Gestalt der Schule. Das finde ich weder für fünf- noch für sechsjährige Kinder ein gutes Modell. Kindheit und Schule dürfen kein Gegensatzpaar sein.
Danke! – Schulreife ist relativ. Es geht darum, ob das Kind den Anforderungen der Schule gewachsen ist oder nicht. Die Ausgestaltung der Schule in Bezug auf
Räumlichkeiten, Taktung, Betreuungsschlüssel, Struktur, Lern- und Bewegungsmöglichkeiten bestimmt, wie Kinder unterschiedlichen Alters und unterschiedlichen Wesens damit fertig werden, und ob sie zum Lernen imstande sind. Beim Wunsch nach Rückstellung spielt offensichtlich bei den Eltern Sorge wegen Überforderung und Versagen des Kindes gleich am Anfang eine Rolle, Angst vor Demütigung des Kindes oder davor, dass das eigene Kind nie einen Smiley bekommt. Das finde ich sehr bedauerlich, dass das von einem Teil der Eltern so wahrgenommen wird. Das eine Kind kann mit fünf schon lesen und schreiben, das andere kann mit sieben immer noch nicht so gut einen Stift halten. Um diese Problematik kommt man mit einem anderen oder einem festgelegten Einschulungsalter nicht herum. Unser Ziel muss es sein, die Schule den Kindern anzupassen, und jedem einzelnen Kind die optimale Förderung zu geben in einer Schule ohne Angst, in die die Eltern ihre Kinder gerne geben in dem Bewusstsein, dass es dem Kind dort gutgeht und es optimal auf seinem Weg begleitet wird. Daran arbeiten wir weiter. Wie gesagt, der Elternwille ist ein wichtiges Gut, und darum machen wir diesen Schritt.
Was uns bewusst sein muss, ist die Tatsache, dass eine insgesamt längere Verweildauer im Bildungssystem auch deutlich mehr kostet, da die Änderung von drei Monaten beim Einschulungsalter logisch für einen Teil der Kinder ein Jahr länger Kita bedeutet. Und ich hoffe, da gehen sie ja dann alle hin. Es müssen Kitaplätze geschaffen werden. Das sind bauliche Investitionen von 30 Millionen Euro und jährlich 30 Millionen Euro im Betrieb. Dieses Geld ist auch da, also keine Sorge! Es wird Personal gebraucht. Dafür ist Vorsorge getroffen, schließlich soll die Zeit, die die Kinder in der Kita verbringen, auch ihrer Förderung dienen. Am Ende ist es ja vielleicht nicht ganz so wichtig, welche Bezeichnung draußen dranhängt, wichtig ist die Förderung der Kinder, insbesondere die Sprachförderung.
Da ich noch ein bisschen Zeit habe, kann ich noch darauf eingehen, es sind hier eben alle möglichen Ideen vorgetragen worden, was man an Schulgesetzen auch noch ändern könnte. Wir diskutieren im Ausschuss sicherlich auch den vorliegenden Änderungsantrag und andere Änderungsanträge, das können wir dann ganz offen tun. Allerdings möchte ich doch davor warnen, jetzt hier sämtliche bildungspolitischen Vorstellungen und Ideen, die wir uns noch ausdenken könnten, im Rahmen dieser Schulgesetzänderung einzubringen, dann wird das vielleicht mit dem Einschulungsalter an dieser Stelle nicht so schnell gehen, wie das für die Eltern notwendig wäre, die ihre Kinder dann etwas später in die Schule geben müssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren, die hier noch spärlich aushalten in diesem Saal! Das Thema interessiert ja offensichtlich nicht so wahnsinnig viele.
Zu Beginn stelle ich fest: Opposition wirkt! In dem Sammelsurium von Änderungen des Schulgesetzes, die heute zur Beratung vorliegen, finden sich nämlich in den Nummern 1, 2 sowie 9 bis 11 die von der Linksfraktion im Zusammenhang mit anderen Schulgesetzänderungen in dieser Legislaturperiode geforderten Änderungen, die durch die Koalition natürlich abgelehnt wurden, aber nun kommt es eben doch.
Die im Rahmen der Ganztagsschule schon lange erforderliche Anpassung von Namen der Vertretungsgremien an Schulen und damit die Würdigung der Arbeit aller Pädagoginnen und Pädagogen, insbesondere der Erzieherinnen und Erzieher oder die der Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sowie der Schulsekretärinnen und Schulsekretären ist nun erfolgt. Endlich soll nun auch im Gesetz festgeschrieben werden, dass die koordinierende Fachkraft für den außerunterrichtlichen Bereich, also die leitende Erzieherin oder der leitende Erzieher zur erweiterten Schulleitung gehören muss. Vielleicht spart sich ja die Koalition beim nächsten Mal gleich den Umweg und damit Zeit und stimmt unseren nun offensichtlich auch durch die Kolleginnen und Kollegen der Koalition als wichtig und sinnvoll anerkannten Anträgen gleich zu.
Das geht mit dem Änderungsantrag in den Nummern 4 und 14 gleich weiter. Eine nicht schwer zu findende Prophezeiung von mir aus dem Novemberplenum 2015 erfüllt sich nun. Der von den Grünen gestellte Antrag zur Änderung der Stichtagsregelung des Einschulungsalters, noch vor knapp einem Monat also abgelehnt, wird nun selbst gestellt. Es wird Zeit, denn das längst eingesetzte Handeln von Eltern, Erzieherinnen und Erziehern sowie Schulleitungen bezüglich der Anmeldung für die Einschulung muss auf rechtliche Füße gestellt werden. Ich bin allerdings nach wie vor der Meinung, dass ein nach hinten oder vorne verschobener Stichtag wenig bis gar nichts am Problem löst, dass viele an der jetzigen Gesetzeslage festmachen.
Wir brauchen flexiblere Verfahren statt starrer Regeln, und wir brauchen – Frau Czyborra, da gebe ich Ihnen recht – zur individuellen Förderung von Kindern bessere
Und da weiß ich mich mit den gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Eltern, der Beschäftigten und der Schülerinnen und Schüler einig, nicht zuletzt auch mit dem Kitabündnis.
Zum Abschluss will ich mich nur noch zu der Nummer 3, der Änderung des § 3 Schulgesetz, äußern. Diese Änderung behebt eine durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg festgestellte Gesetzeslücke. Die hier nun zu treffenden gesetzlichen Regelungen können aber eigentlich nur Übergangsregelungen sein, denn letztlich muss es im Rahmen der Schaffung der inklusiven Schule doch darum gehen, die Bedingungen an allen Schulen zu schaffen, dass möglichst allen Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ein wohnortnaher Schulbesuch ermöglicht wird. Dazu müsste es natürlich als Allererstes ein im Schulgesetz verankertes Recht auf den Besuch einer Regelschule für alle Schülerinnen und Schüler geben –
auch für die mit Behinderungen. Das wurde bisher von der Koalition verhindert. Das ist nach wie vor ein Skandal, und die Linksfraktion hat heute einen entsprechenden Änderungsantrag zu dem hier vorliegenden Antrag eingebracht.
Setzen wir damit ein Zeichen für die Legislaturperiode, die nach uns kommt, und vor allem für die Betroffenen.
Frau Bentele! Noch eine Bemerkung zu Ihnen. Worüber haben Sie eigentlich geredet? Wollen Sie den MSA am Gymnasium abschaffen?
Ist das jetzt eine Ankündigung gewesen? Dann kündige ich Ihnen hier gleich mal an, dass sich die Linksfraktion da sofort an die Seite der Senatorin stellen wird und sich für den Erhalt des MSA an den Gymnasien einsetzen wird.
[Hildegard Bentele (CDU): Kann sie das auch begründen? – Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]