Digitalisierte Information über Baustellen und straßengebundene Leitungsnetze bekommt man heutzutage bei privaten Firmen leicht, schnell und unkompliziert über das Internet, nicht jedoch bei der Verwaltung. Die elektronische Akte führt ein virtuelles Dasein. Einen Maßnahmeplan für die Smart-City-Strategie gibt es bis heute nicht. Berlin verliert den konzeptionellen Anschluss an die wichtigsten Zukunftstechnologien, um Stadtleben und Wirtschaft im Interesse der Allgemeinheit zu steuern. Nun hat der Regierende die Sache in die Hand genommen. Das ist mutig, Herr Müller. Doch wie war das noch gleich mit dem öffentlichen WLAN-Netz? Das ist doch nicht mehr als ein Häkeldeckchen, und das ist noch nicht einmal fertiggehäkelt in diesem Jahr.
Das Thema Energiewende lasse ich jetzt einmal aus. Zur Elektromobilität sage ich einen Satz: Statt jeder Mode angeblicher Elektromobilität hinterherzulaufen, fehlt es an einer tatsächlichen Strategie zur radikalen Mobilitätswende, nämlich zur Steigerung des ÖPNV um mindestens 50 Prozent. Das wäre mutig. Das wäre modern.
Noch nie in meiner 20-jährigen Parlamentstätigkeit sind der Senat und die IHK sowie die Handwerkskammer so weit voneinander entfernt gewesen. Das sollte Ihnen zu denken geben. Die öffentliche Wirtschaft selbst wird von ihnen eher drangsaliert und soll dafür auch noch danke sagen. Woher soll die BSR die Mittel nehmen, die sie an den Haushalt abführen soll, wenn nicht entweder aus dem Gebührenaufkommen oder durch den Verzicht auf Investitionen? Der Runde Tisch Tourismus ist irgendwie eine Quasselbude geworden. Die City-Tax für akzeptanzerhaltende Maßnahmen im Interesse eines guten Tourismus zu verwenden, wird von Ihnen gar nicht mehr irgendwie wahrgenommen.
Das größte Versagen in der Wirtschaftspolitik ist das faktische Einstellen jeglicher Industriepolitik. Der Masterplan Industrie 2.0 ist das Papier nicht wert, auf dem er steht. Der Steuerungskreis trifft sich de facto nicht. Die Berliner Wirtschaftskonferenz ist nach jahrelangem Ausfall als folgenlose Quasselbude auferstanden. Für das Marketing gibt es übrigens die Berlin Partner GmbH. Für eine Wirtschaftspolitik gibt es in Berlin leider gar keine Ansprechpartner. Die Wirtschaft selbst hofft jeden Tag, dass die CDU dieses Ressort wieder hergeben muss. Helfen wir der Wirtschaft!
Vielen Dank, Frau Matuschek! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Mayer. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kollegen! Werte Gäste! Ich fange einmal mit etwas Positivem an: wir haben noch Strom, Licht und Wärme in dieser Stadt. Der Müll stapelt sich nicht in den Straßen. Nachts kommt man mit dem Auto ganz gut durch. In vielen Gegenden gibt es sogar Internet, in den meisten sogar. Über die Geschwindigkeit kann man streiten. Unsere U-Bahn hat wirklich Flair. Echte U-Bahnfans können sich eine Reise nach Nordkorea sparen, und wir haben einen wunderbaren Flughafen in der Stadt.
Die Situation ist also ganz erträglich. Zum Wirtschaftshaushalt gibt es eigentlich gar nicht so viel Neues zu sagen. Im Großen und Ganzen ist es ein Weiter-so-wiebisher-Haushalt. Da wurde ein bisschen hier und da umgeschichtet, ein bisschen mehr Werbung, etwas weniger Investitionen und Wirtschaftsförderung. Das sind aber alles nicht wirklich entscheidende Größenordnungen. Man muss auch sagen, dass das Haushaltsfüllhorn am Wirtschaftssenat weitgehend vorbeigegangen ist. Das ist auch konsequent und nicht wirklich schlimm, weil es an umfassenden Ideen für eine neue Wirtschaftspolitik
bisher ohnehin mangelt. Frau Matuschek hat bereits einiges dazu gesagt, dass die Warnzeichen am Horizont schon deutlich zu erkennen sind, dass die positive Entwicklung der letzten Jahre in Kürze durchaus umschlagen könnte, denn warum kommen denn die Unternehmen nach Berlin: sicherlich weniger wegen der Wirtschaftsförderung, sondern da kann man ganz klar sagen: günstige Gewerbeflächen, eine halbwegs brauchbare Verkehrsinfrastruktur, Kommunikationsinfrastruktur, bei den Fachkräften, wie gesagt, Wohn- und Freizeitqualität, Arbeitsqualität, Bedingungen für Familiengründungen. Das sind alles Punkte, die nicht im Wirtschaftshaushalt stehen, die letztlich die Gründe dafür sind, dass es in den letzten Jahren hier so aufwärtsging. Aber wenn man sich all das anguckt, wie gesagt, Gewerbeflächen günstig, wird das zunehmend problematischer werden. Wir haben regelmäßig Zusammenbrüche des Straßenverkehrs hier. Die BVG kommt auf den Straßen immer langsamer voran. Ich würde mich nicht wundern, wenn wir ein, zwei, drei Jahren hier ziemlich dumm aus der Wäsche gucken, weil die wirtschaftliche Entwicklung eben jetzt kein Selbstläufer mehr ist.
Vielleicht noch ein paar Anmerkungen: Herr Jahnke! Ich werde heute nichts zum ICC sagen. Sie können also ganz beruhigt sein.
Ich würde das an Ihrer Stelle nicht so häufig tun, da man über Ludwig Erhard sagen kann, dass es sich um einen korrupten Hochstapler gehandelt hat, und dann ist das eher noch etwas Positives.
[Christopher Lauer (PIRATEN): Aber da fühlt sich die CDU angesprochen! – Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]
Dass es beim Masterplan Industrie nicht mehr vorangeht, hat Frau Matuschek auch gesagt. – Das Verhältnis Senat IHK, da weiß ich jetzt nicht, ob man das dem Senat oder der IHK anlasten kann, was da an unangenehmen Dingen in den letzten Wochen und Monaten gelaufen ist, aber harmonisch war das tatsächlich auf keinen Fall.
Letzter Punkt: Smart City, da muss ich sagen, ich lache hart an der Stelle. Wenn diese Stadt schon an ganz elementaren Dingen scheitert, wie Formulare auszufüllen, Leute zu registrieren, dann ist es bis zu einer Smart City wirklich ein weiter Weg. Ich hoffe, ich wünsche mir, dass wir es in den nächsten Jahren hinbekommen, die Wirt
und hinzubekommen, dass wir auch unter ganz neuen Rahmenbedingungen hier weiter wenigstens das erhalten können, was geschafft worden ist, in den letzten Jahren. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Berlin ist endlich zurück auf der Landkarte technologiestarker Industriestandorte.
Berlin hat endlich wieder eine wachsende innovationsstarke Industrie, technologiestarke Handwerksbetriebe, eine vibrierende Start-up-Szene, erfolgreiche Dienstleistungsunternehmen, eine boomende Tourismusbranche, weltweit renommierte Forschungseinrichtungen. Sie alle gemeinsam treiben diesen Standort in seiner Vielfalt voran. Und von dieser positiven Entwicklung der Berliner Wirtschaft profitiert auch unser Landeshaushalt, denn die Einnahmen aus den Unternehmenssteuern entwickelten sich seit 2012 durchweg positiv. Die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer stiegen um 60 Prozent von 295 Millionen Euro auf 470 Millionen Euro im Jahr 2014. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer stiegen um fast 240 Millionen Euro auf über 1,5 Milliarden Euro.
Dass wir in diesen Haushaltsberatungen wieder Gestaltungsmöglichkeiten hatten, dass wir wieder Mittel bereitstellen können für dringend notwendige Infrastrukturen in unserer Stadt, das haben wir auch den Unternehmen unserer Stadt zu verdanken, die die Landeskasse mit gefüllt haben.
Die Berliner Wirtschaft muss auch weiter überproportional wachsen, damit wir die wachsende Stadt gestalten können. Deshalb haben wir klare wirtschaftspolitische Schwerpunktsetzungen im Doppelhaushalt 2016/2017 zur Festigung unserer Unternehmen.
Ich nenne hier erstens die Mittelstandoffensive, zweitens das Maßnahmenpaket zur weiteren Stärkung der technologischen Leistungsfähigkeit, drittens ein Maßnahmenbündel zur Umsetzung der digitalen Agenda der Senatswirtschaftsverwaltung.
98 Prozent der Berliner Unternehmen gehören dem Mittelstand an. Für diese Unternehmen stelle ich im Rahmen meiner Mittelstandsoffensive fast 200 Millionen Euro für bedarfsgerechte Maßnahmen von Darlehen bis zur Haftungsfreistellung bei der Hausbank bereit.
Denn für Mittelständler ist es selbst in der aktuellen Kapitalmarktsituation und Niedrigzinsphase nicht einfach, Kreditfinanzierung zu erhalten, das gerade dann nicht, wenn es sich um innovative Produkte und Geschäftsmodelle handelt.
Anfang dieser Woche habe ich – übrigens gemeinsam mit Handwerkskammerpräsident Stephan Schwarz – zwei Handwerksbetriebe besucht, klassische Gewerke, ein Betrieb für Formbau und eine Tischlerei, die jetzt mit CNC-gesteuerten Maschinen und 3D-Druckern, also mit Technologien wie in Industriebetrieben, arbeiten. Beide Unternehmensinhaber haben erklärt, dass diese Investitionen ohne GRW-Förderung nicht möglich gewesen wären. Deshalb bleibt die GRW-Förderung nicht nur unser zentrales Förderinstrument, sondern wir stocken sie noch einmal auf. In den nächsten zwei Jahren werden wir im Rahmen der GRW weitere 280 Millionen Euro für die gewerbliche Wirtschaft in Berlin bereitstellen.
Die Wettbewerbsfähigkeit Berliner Unternehmer stärken wir auch, indem wir die Kooperation mit unseren leistungsfähigen Forschungseinrichtungen ermöglichen. Das Institut für angewandte Forschung IFAF steht für erfolgreiche Gemeinschaftsprojekte zwischen Fachhochschulen und Mittelstand. Es wird daher im Doppelhaushalt erstmalig mit 2 Millionen Euro ausgestattet.
Insgesamt haben wir die Haushaltsmittel für Forschung und Entwicklung von 276 Millionen Euro im Jahr 2014 auf 300 Millionen Euro im Jahr 2017 erhöht. Auch die ProFIT-Programme stehen für erfolgreiche Innovationsförderung in Unternehmen. Deshalb stocken wir diese bis 2017 um über ein Drittel auf fast 40 Millionen Euro Fördervolumen auf.
In Berlin stimmt nicht nur die Seedfinanzierung, sondern auch die Wachstumsfinanzierung für die Gründerszene. Mit seinen VC-Fonds gespeist durch öffentliche Mittel hat dieses Bundesland ein Alleinstellungsmerkmal in Europa. Das wird mir bei allen Gesprächen mit der EUKommission immer wieder bestätigt. Immer wieder werden wir gefragt, ob wir nicht europaweit über dieses BestPractice-Beispiel sprechen können. Unsere VC-Finanzierung wirkt. Sie ist ein Gütesiegel, das private Wagniskapitalgeber anzieht. Das bestätigen uns Start-ups wie Investoren gleichermaßen. Derzeit stehen über die Fonds 100 Millionen Euro zur Verfügung. Aber im Wagniskapitalmarkt können öffentliche Mittel nur die Initialzündung sein. Die großen Tickets schreiben private Investoren; und das ist im Übrigen auch richtig so. Im ersten Halbjahr sammelten die Unternehmen dieser Stadt 1,4 Milliarden Euro Wagniskapital ein. Damit stehen wir auf Platz 1 in Europa, erfolgreicher als London, aber auch, wenn wir über Europa hinausschauen, erfolgreicher als beispielsweise Tel Aviv – im Übrigen eine Stadt, die für unsere Start-ups ein ausgezeichneter Kooperationspartner ist. Aber trotz allen Wagniskapitals, das in die Stadt geflossen ist: Unsere Start-ups sind weiter hungrig. Deshalb kämpfen wir über unsere WagniskapitalInitiative im Bundesrat weiter für international wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für Venture-Capital. Teile dieser Initiative konnten wir bereits umsetzen.
Durch unsere Intervention beim Kleinanlegerschutzgesetz haben wir erreicht, dass die Crowdfunding-Plattformen in Berlin nicht ausgebremst wurden. Und wenn – wie es sich im Bund jetzt abzeichnet – die steuerlichen Sonderregelungen bei der Veräußerung von Streubesitz nicht angetastet werden, dann ist das ein wichtiges Signal für Start-ups und Business-Angels in Berlin, aber auch ein Erfolg unserer VC-Aktivitäten.
Digitalisierung ist die Basis für künftige Wettbewerbsfähigkeit und die große Chance für Berlin. Dabei geht es nicht nur um eine erfolgreiche Branche der Informations- und Kommunikationstechnologie an sich, die allerdings auch Wachstumstreiber am Standort ist, die Digitalisierung wird die gesamte wirtschaftliche, insbesondere die industrielle Wertschöpfungskette noch einmal verändern. Sie ist deshalb Grundvoraussetzung für internationale Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb sollen Berliner Unternehmen ganz vorn dabei sein, und wir unterstützen sie auf dem Weg.
Die digitale Agenda der Wirtschaftsverwaltung wird jetzt umgesetzt. Die vier starken Fraunhofer-Institute FOKUS, IPK, IZM und Heinrich Hertz werden künftig ein Leistungszentrum digitale Vernetzung bilden, um Unternehmen auf dem Digitalisierungsweg zu begleiten. In dieser Woche hat der Vorstand der Fraunhofer Gemeinschaft in München hierfür die Entscheidung getroffen, und wir werden jetzt mit dem Doppelhaushalt die Kofinanzierung des Landes in Höhe von 12 Millionen Euro bereitstellen.