Protocol of the Session on November 26, 2015

[Zurufe von den Grünen]

Herr Kollege Baum, einen Moment bitte! – Meine Herrschaften! Wir haben hier immer noch die Gepflogenheiten, dass derjenige antwortet, an den die Frage gestellt worden ist. Das ist Herr Baum. – Bitte sehr!

Ich bin im Übrigen auch lauter. – Ich habe nicht gesagt, dass es nur eine Wettbewerbsverzerrung ist. Sie ist es aber eben auch. Dessen sollte man sich bewusst sein.

Was die Flugzeugfülle angeht, würde es mich sowieso freuen, wenn Flugzeuge nur starten, wenn sie voll besetzt sind und ansonsten eher am Boden bleiben. Das ist einmal eine grundsätzliche Betrachtung zu diesem Thema. Wenn es hilft, ein Flugzeug besser auszulasten, ist es natürlich ein Aspekt, den man berücksichtigen kann. Ich sprach nicht nur von einer Wettbewerbsverzerrung, aber es ist eben auch eine. – Danke!

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Antragsteller haben die sofortige Abstimmung beantragt. Wer dem Antrag der Regierungsfraktion Drucksache 17/2585 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Linke, Grüne, SPD, CDU und Piraten. Gibt es Gegenstimmen? – Es gibt eine Gegenstimme. Enthaltungen? – Es gibt drei Enthaltungen. Damit ist der Antrag mit überwältigender Mehrheit angenommen.

Ich rufe auf die

(Andreas Baum)

lfd. Nr. 3.3:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 9

Für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung in Berlin (Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz)

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/2574

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Es beginnt in der Beratung die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Auf dem Weg ist schon der Kollege Dr. Behrendt. Er hat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Grünen wollen eine moderne Verwaltung für eine weltoffene und vielfältige Stadt. Der Schutz vor Diskriminierung gehört zu den elementaren menschenrechtlichen Verpflichtungen. Deshalb haben wir Grüne ein Landesantidiskriminierungsgesetz erarbeitet, das die Diskriminierungsverbote unserer Verfassung in der Praxis umsetzbar macht.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Ziel ist es, dass in unserer Stadt auch der Schutz vor Diskriminierung in den Bereichen der Verwaltung, in ihren Strukturen und im Umgang mit eigenen Fehlern greift und die Verwaltung gestärkt wird. Dafür haben wir zusammen mit Linken und den Piraten, die sich dieser Initiative erfreulicherweise schon angeschlossen haben, ein Landesantidiskriminierungsgesetz vorgelegt.

Ich muss es heute besonders betonen: Wir haben es auch im ordentlichen Verfahren vorgelegt. Es scheint hier üblich zu werden, dass man Gesetze dringlich einbringt. Wir haben es regulär zum Druckschluss eingebracht und legen Wert auf eine reguläre parlamentarische Beratung mit allen dafür erforderlichen Fristen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Unser Landesantidiskriminierungsgesetz soll es Betroffenen erlauben, sich durch anerkannte Antidiskriminierungsverbände vertreten zu lassen. Wir wollen ihnen einen Anspruch auf Entschädigung und Schadenersatz zur Seite stellen. Wir wollen ihnen vor allem helfen, die Beweisnot, die heute nicht besteht, vor Gericht zu lindern. Zwar können sich die Betroffenen dank des 2006 im Bund in Kraft getretenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gegen eine Diskriminierung wegen Herkunft, Hautfarbe oder Geschlecht bereits jetzt auf dem Arbeitsmarkt, bei der Wohnungsvermietung oder aber im Club wehren. Das gilt allerdings nicht bei Benachteili

gungen von Seiten des Staates. Deshalb wollen wir das mit diesem Gesetz ändern. Das, was wir zu Recht von Privaten in Deutschland verlangen, muss auch für die Polizei, muss auch für die Schule und muss auch für die Verwaltung allgemein gelten.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Kurz zur praktischen Relevanz dieser Diskriminierungen: Aus der Beratungspraxis des TBB wissen wir – sie haben berichtet –, dass sie in den Jahren 2011 bis 2013 206 Beratungen zu Diskriminierungen im Land Berlin durchgeführt haben. Davon betrafen 32 den Bildungsbereich und 31 Diskriminierungen in Ämtern und Behörden des Landes Berlin. Das ist immerhin ein Drittel im Rahmen der Beratungspraxis und ein Drittel der Fälle, die diese Bereiche, die wir jetzt hier regeln wollen, betreffen. Deswegen sind wir der Meinung, dass Handlungsbedarf besteht. Deswegen haben wir dieses Gesetz vorbereitet, das konkret vor rassistischer Diskriminierung, vor Benachteiligung wegen der Herkunft, Benachteiligung wegen des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, wegen einer Behinderung, wegen einer chronischen Erkrankung – hier noch einmal besonderer Dank an die Piraten, weil diese den Aspekt in das Verfahren eingebracht haben –, wegen des Alters – unsere Landesverfassung hat bislang noch keine Schutzvorschrift wegen Altersdiskriminierung, das würden wir hier einfach gesetzlich einführen – und wegen der sexuellen Identität und des sozialen Status schützen soll. All diese Diskriminierungsmerkmale wollen wir hier in das Gesetz schreiben. Gegen alle diese Diskriminierungsmerkmale sollen sich die Betroffenen in Zukunft wenden können.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Wir setzen hier auf eine gewisse Offenheit auch der Kollegen aus der großen Koalition. Immerhin haben Sie sich in Ihrem Koalitionsvertrag zur Bildung der Landesregierung dazu verpflichtet, ich zitiere:

Es ist ein Ziel der Koalition, den Schutz jeder und jedes Einzelnen vor Benachteiligung zu verbessern und dem Recht auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung zur tatsächlichen Durchsetzung zu verhelfen. Wir werden eine gesetzliche Regelung herbeiführen, die von Diskriminierung betroffene Menschen wirksamer unterstützt und … die die Verwaltung nicht nur in ihrer Rolle als Arbeitgeberin, sondern auch als öffentliche Dienstleisterin in die Pflicht nimmt.

Das weist in die richtige Richtung. Wir hoffen auf eine große Offenheit, dass Sie bereitstehen, mit uns dieses wichtige Gesetz zu verabschieden.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

(Vizepräsident Andreas Gram)

Ich darf auch an einen Beschluss des SPD-Landesparteitags aus dem letzten Jahr erinnern, wo die Abgeordnetenhausfraktion aufgefordert wurde, initiativ zu werden, ein Landesantidiskriminierungsgesetz vorzulegen. Sie sollte sich an die Spitze der Bewegung stellen. Wir haben Ihnen jetzt ein Jahr Zeit gelassen, das zu tun. Das ist bisher nicht passiert. Man kann mutmaßen, warum das bis jetzt nicht passiert ist, aber wir möchten Sie an diesen Beschluss erinnern. Wir stehen bereit, mit Ihnen diesen Beschluss des SPD-Parteitags umzusetzen und mit Leben zu füllen. Jeder sucht sich den Koalitionspartner aus, der einem gefällt. Leider scheint es mit der CDU in dieser Frage keine Einigung zu geben, liebe Sozialdemokraten. Das ist ausgesprochen bedauerlich, aber es bleibt richtig, was im Koalitionsvertrag steht und was der SPDLandesparteitag beschlossen hat.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Gerade in Zeiten, in denen so viele unterschiedliche Menschen zu uns kommen, ist es wichtig, der Gefahr von Diskriminierung zu begegnen. Wir wollen die Berliner Verwaltung zum Vorbild machen und die Gleichstellung der Geschlechter und die Akzeptanz verschiedener Modelle zu lieben vorleben und bewahren. Genauso sind die zu uns kommenden Menschen vor Diskriminierung zu schützen – nicht nur auf dem Wohnungsmarkt, sondern auch durch die Verwaltung und die Polizei. Die Vorkommnisse der letzten Wochen bei der Berliner Polizei und gerade auch – wie haben es heute schon diskutiert – bei den Sicherheitsdiensten zeigen die besondere Notwendigkeit auf, diesen Bereich in den Blick zu nehmen.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Gleichzeitig wollen wir mit dem Gesetz die Verwaltung in die Lage versetzen, Diskriminierungen zu verhindern und die Auswirkung von geplanten Maßnahmen vorab zu überprüfen. Auch eine starke Berliner Antidiskriminierungsstelle gehört zu einer Kultur der Vielfalt, und sie muss anders als bisher mit klaren gesetzlichen Aufgaben und Befugnissen ausgestattet werden und soll auch finanziell in ihrer Unabhängigkeit – auch gegenüber der Verwaltung – gesichert und gestärkt werden.

Ich fasse zusammen: Wir wollen den Schutz vor Diskriminierung durch ein Landesantidiskriminierungsgesetz erweitern. Dies verpflichtet alle Verwaltungsstellen im Land Berlin und ergänzt damit das Gleichstellungsgesetz des Bundes. Damit wird der Zustand beendet, dass Betroffene einen besseren Schutz vor Vermietern als vor Lehrern und Polizisten haben. Wir freuen uns auf die anstehende Beratung in den Ausschüssen und werben intensiv um Ihre Zustimmung. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank Kollege Dr. Behrendt! – Für die SPDFraktion spricht jetzt Kollege Lehmann. – Bitte sehr!

[Udo Wolf (LINKE): Der findet das Gesetz bestimmt auch gut! Ist doch ein super Gesetz, oder?]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Oppositionsfraktionen beschäftigt sich mit der Frage eines selbstständigen Landesantidiskriminierungsgesetzes.

[Richtig! von der LINKEN und den PIRATEN]

Die Oppositionsfraktionen machen hier einen Vorschlag für ein Berliner Antidiskriminierungsgesetz.

[Richtig! von der LINKEN und den PIRATEN]

Dies wird in Fachkreisen durchaus schon lange diskutiert. Unter anderem geht es hierbei um die Berücksichtigung von Merkmalen wie sozialer Status oder chronische Krankheit, um Diversity-Mainstreaming und die Ausgestaltung des Klagerechts. Alles richtige Forderungen!

Lassen Sie mich aber dennoch erläutern, warum ein Landesantidiskriminierungsgesetz an dieser Stelle momentan als nicht notwendig erscheint.

[Zurufe von den GRÜNEN und den PIRATEN – Canan Bayram (GRÜNE): Da bin ich aber gespannt!]

Das Land Berlin hat bereits ein sehr gut funktionierendes System im Hinblick auf Antidiskriminierung, und der Senat hat in diesem Bereich bereits vieles verbessert. Die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen hat gemeinsam mit der LADS innerhalb des Hauses bereits 2011 das Potenzial zur Verbesserung des Diskriminierungsschutzes im Land Berlin mit Expertinnen und Experten gemeinsam erarbeitet. Das Anliegen einer Weiterentwicklung des rechtlichen Diskriminierungsschutzes ist grundsätzlich zu unterstützen.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Ah!]

Allerdings bedarf der vorliegende Entwurf eines Berliner Landesantidiskriminierungsgesetzes in verschiedenen Punkten einer vertieften Prüfung und Diskussion, wie zum Beispiel unabhängige Beschwerdestellen in staatlichen Institutionen. In den Richtlinien der Regierungspolitik des gegenwärtigen Senats wurde an diese erarbeitete rechtspolitische Initiative durchaus angeknüpft und Folgendes festgehalten:

Im Wege einer Gesetzesinitiative wird der Senat dafür Sorge tragen, dass von Diskriminierung betroffenen Menschen wirksamer unterstützt werden.

[Canan Bayram (GRÜNE): Und was folgt daraus?]

Im Weiteren wurden antidiskriminierungspolitische Prioritäten anhand dieser Maßgabe gesetzt. Eine allgemeine