Protocol of the Session on November 26, 2015

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 25. November 2015 zur Vorlage – zur Beschlussfassung – gemäß § 38 GO Abghs Drucksache 17/2590

Wird hier der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Eine Beratung ist auch hier nicht vorgesehen. Der Hauptausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Zustimmung. Wer also dem Vermögensgeschäft Nr. 12/2015 zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? – Das sind die Oppositionsfraktionen. Gibt es Enthaltungen? – Das sehe ich nicht. Das erste war die Mehrheit, dann ist das Vermögensgeschäft beschlossen.

Wir kommen zu

lfd. Nr. 22 C:

Rahmenvertrag mit dem Studentenwerk Berlin für die Jahre 2016 bis 2019

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses Drucksache 17/2591

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/2539

Wird hier der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Eine Beratung ist ebenfalls nicht vorgesehen. Die Ausschüsse empfehlen einstimmig bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen die Annahme. Wer also der Vorlage Drucksache 17/2539 zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich? – Das sind die Oppositionsfraktionen, wie ich sehe, geschlossen. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist der Antrag beschlossen.

Ich komme zu

lfd. Nr. 23:

Zusammenstellung der vom Senat vorgelegten Rechtsverordnungen

Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin Drucksache 17/2572

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion Die Linke bitten um Überweisung der lfd. Nr. 2 VO-Nr. 17/212, das ist die Zweite Verordnung zur Änderung der Sozialbeitragsverordnung, an den Ausschuss für Wissenschaft. Von der weiteren Verordnung hat das Haus hiermit Kenntnis genommen.

Der Tagesordnungspunkt 24 steht auf der Konsensliste. Der Tagesordnungspunkt 25 wurde mit dem Tagesordnungspunkt 1 behandelt, 26 und 27 sind auf der Konsensliste.

Folgt demnach

lfd. Nr. 28:

Geflüchtete Frauen schützen

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2569

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Kollegin Kofbinger ist mir als Rednerin benannt. – Ich erteile Ihnen das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Auch zum Schluss dieser heutigen Sitzung wird es sich wieder um den Topos Flucht handeln, handeln müssen, dieses Mal auch in einer – wie in den vorherigen Rederunden – sehr ernsthaften Art und Weise. Es geht dieses Mal darum, auch geflüchtete Frauen ganz besonders in den Blick zu nehmen und ihre Situation besonders zu betrachten. Wir wissen, dass ungefähr ein Drittel der Geflüchteten, die hier in Deutschland und Berlin ankommen, Frauen sind, Frauen, die entweder mit ihrer Familie geflüchtet sind, aber eben auch Frauen, die allein flüchten, Frauen, die mit ihren Kindern flüchten ohne ihre

Männer, weil ihre Männer vielleicht getötet wurden oder auf der Flucht von ihnen getrennt wurden.

Um diese Frauen, die eben ohne den männlichen Beistand – so würde ich das einmal nennen – hier sind, dreht es sich in unserem Antrag „Geflüchtete Frauen schützen“. Wir bringen ihn heute gerne ein. Sie wissen, gestern, am 25. November war der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Der wird hier immer entsprechend begangen, seit sechs Jahren. Auch heute haben wir eine Flagge aufgezogen – die Terre-des-Femmes-Flagge –, die Flagge einer Organisation, die sich für das freie Leben, frei von Gewalt, auch für Frauen einsetzt. Es war eine außerordentlich prominent besetzte Veranstaltung, wenn ich das so sagen darf, nicht weil die Kollegin Czyborra und ich da waren – wir waren auch da, selbstverständlich –, nein, es war auch der Bürgermeister da, und der Präsident hat die Rede gehalten. Das heißt also, heute haben wir schon um 10.30 Uhr ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen gesetzt. Es ist auch schön, dass wir das heute hier mit diesem Thema beschließen wollen.

Was haben wir in unserem Antrag geschrieben? – Das ist im Prinzip eine ganz einfache Sache. Wir haben uns an dem Papier des Paritätischen Wohlfahrtverbandes orientiert, das im Juni/Juli herausgekommen ist. Dort wird eine kleine Handreichung gegeben: Empfehlungen an ein Gewaltschutzkonzept zum Schutz von Frauen und Kindern vor geschlechtsspezifischer Gewalt in Gemeinschaftsunterkünften. – Das ist ein bisschen die Grundlage unseres Antrags, und damit Sie den auch gut verstehen können, haben wir nur die vier wichtigsten Punkte herausgenommen, als da sind: Wir erwarten Kompetenz im Umgang mit von Gewalt betroffenen Frauen. Wir erwarten, dass es in allen Unterkünften, zumal in den sehr großen und großen Unterkünften, Schutzräume für Frauen und Kinder gibt, dass diese ausgewiesen sind, dass das Personal diese Schutzräume kennt und im Falle des Falles dort auch Frauen und Kinder unterbringen kann, dass es Unterbringungskonzepte überhaupt gibt, die sich mit dem Thema Frauen und Schutz von Frauen vor Gewalt in diesen Gemeinschaftsunterkünften beschäftigt, und der Punkt 4 – uns persönlich sehr wichtig –, dass die hier schon vorgehaltenen Unterstützungsangebote für Frauen, die psychologische Unterstützung brauchen, auch an diese Frauen weitergegeben werden.

Das sind unsere vier wichtigen Punkte. Wir möchten sie mit Ihnen natürlich auch in den Ausschüssen diskutieren. Das ist selbstverständlich. Aber das sind so essenzielle Punkte, dass wir hoffen, dass wir heute in dieser Rederunde schon Ihre Unterstützung zu diesen vier Punkten einholen können.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Was wir im Prinzip von Ihnen wollen, ist auch ganz klar: Es werden gerade unglaublich viele Unterkünfte eingerichtet, neu gebaut, in modularer Bauweise – wie auch

(Vizepräsident Andreas Gram)

immer – gebaut. Wir haben den Plan, dass es hier mindestens eine Einrichtung, wenn nicht sogar zwei geben muss, die speziell für Frauen und für Frauen mit ihren Kindern da ist. Sie sind besonders schutzbedürftig. Und an diesen Taten werden wir Sie auch messen, ob Sie unseren Antrag in den nächsten sechs Monaten in den Ausschüssen beraten oder ob Sie ihn liegenlassen, wie es so oft passiert ist.

Ich möchte auf eine Sache noch hinweisen: Wir haben vor ziemlich genau zwei Jahren einen Antrag mit dem Titel „Frauen und Mädchen auf der Flucht in Berlin und bundesweit besser schützen“ gestellt. Den konnten Sie leider anderthalb Jahre nicht beraten, weil Sie da nicht sprechfähig waren. Ich hoffe, dass die jetzige Situation Sie in die Lage versetzt hat, sich darum zu kümmern, wie es den Frauen hier geht. Denn auch das Deutsche Institut für Menschenrechte hat eine Broschüre im August – also kurz nach dem Paritätischen Wohlfahrtsverband – herausgegeben: „Effektiver Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt auch in Flüchtlingsunterkünften“. Auch hier haben Sie auf 26 Seiten eigentlich alles, was Sie brauchen, gute Vorschläge.

Ich werde auch, wenn ich mit diesen Anträgen Veranstaltungen mache, oft angesprochen. Heute hat mich Christa Stolle von Terre des Femmes angesprochen und gesagt: Das ist ein guter Antrag. Bitte beraten Sie den anständig. – Es kommen auch einfach Bürgerinnen und Bürger auf einen zu und sagen: Ich habe mir diese Handreichung des Deutschen Instituts für Menschenrechte durchgelesen. Ich finde das ganz hilfreich. Können Sie nicht etwas in dem Bereich A oder B machen? – Das finde ich sehr erfreulich. Das heißt, die Bevölkerung hat bereits diesen Bedarf erkannt, dass Frauen besonders geschützt werden müssen. Ich hoffe, dass es hier auch Eingang findet, und bin sehr gespannt auf die Rede, die ich gleich von den Koalitionsfraktionen hören werde, und hoffe, dass ich mich da ein bisschen freuen kann.

Ich danke Ihnen aber jetzt erst einmal für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass unser Anliegen hier gut aufgehoben ist. Noch einmal zur Bestärkung: Ich erwarte, dass am Ende dabei herauskommt, dass wir in Berlin eine – mindestens eine – Unterkunft nur für Frauen haben. Das muss möglich sein, und da haben Sie auch unsere Unterstützung, wenn Sie das durchsetzen wollen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Ebenfalls vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die Fraktion der SPD spricht jetzt Frau Dr. Czyborra. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Vielen Dank! – Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spare mir jetzt die allgemeinen Vorreden zur Gewalt an Frauen und die spezifischen Fluchtgründe sowie die Gefahren auf der Flucht und in der Unterbringung. Gestern hatten wir – es wurde erwartungsgemäß schon erwähnt – den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, und heute haben wir mit Terre des Femmes die Fahne vor diesem Haus gehisst. Alle in diesem Saal sind hinlänglich informiert – davon gehe ich aus.

Kommen wir also gleich zu den vier Forderungen dieses vorliegenden Antrags. Es sind vier, von denen drei ganz unumstritten sind: Möglichkeit getrennter Unterbringung, Schutzräume in den Unterkünften, Betreiberkonzepte prüfen und Personal schulen. Die vierte Forderung ist absolut wünschenswert, aber schon wegen des bislang nicht ausreichend vorhandenen sprachlich und fachlich qualifizierten Personals recht schwierig umzusetzen. Traumatisierung ist auch ein Thema, mit dem man nicht leichtfertig umgehen darf. Da kann man mit fachlich schlecht qualifiziertem oder fehlqualifiziertem Personal mehr Schaden als Nutzen anrichten.

Zur Praxis: Was passiert denn schon? – Ich vermute fast, die Senatsverwaltung hat die Papiere, von denen die Kollegin Kofbinger hier sprach, auch schon gelesen. Schutzplätze für akut in den Einrichtungen von Gewalt betroffene Frauen gibt es – ein paar. Das heißt, es ist möglich, im akuten Gewaltfall die Frauen extern in diesen Schutzplätzen unterzubringen. Eine Unterkunft ausschließlich für Frauen und Kinder steht in Aussicht, höre ich. Es gibt ein konkretes Objekt, das ins Auge gefasst wird, und man ist mit der Umsetzung befasst, höre ich. Standards, die in Musterverträgen abgebildet werden, und auch Vorgaben für Schutzräume und Rückzugsräume, in denen auch geschützte Gespräche oder bestimmte Angebote für Frauen stattfinden können, werden erarbeitet. Verträge werden geprüft. Selbstverständlich soll auch das umgesetzt werden. Am 12. Oktober hat die erste Fortbildung für Träger mit BIG und LARA stattgefunden. Die Vernetzung mit der Beratungsinfrastruktur in dieser Stadt wird vorangetrieben, damit die Betreiber der Unterbringungen dann auch im Zweifelsfall wissen, wo sie kompetente Hilfe erreichen. Konzepte für verschiedene Gruppen besonders Schutzbedürftiger sind erarbeitet.

Ich plädiere dafür, dass wir uns diesem Thema im Ausschuss ganz besonders intensiv widmen und neben den beteiligten Verwaltungen, die uns ihren Arbeitsstand darlegen können, auch Experten zum Beispiel vom Institut für Menschenrechte, die dieses Policy-Paper erarbeitet haben, hinzuziehen, um nicht zu debattieren, ob dieser Antrag richtig oder falsch ist – er ist identisch mit Papieren und Forderungen von Menschenrechtserklärungen über DGB-Forderungen, SPD-Bundestagsfraktionspresseerklärungen, die Forderungen vieler NGOs und anderer

(Anja Kofbinger)

Organisationen und hat, wie gesagt, Eingang in praktisches Handeln im Senat auch längst gefunden –, sondern ich will sehen, wie wir in dieser Stadt konkret weiterkommen und wie wir die Verwaltung bei der Umsetzung der Ansprüche in die Realität für die geflüchteten Frauen in dieser Stadt unterstützen können. – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Ebenfalls vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die Fraktion Die Linke: Frau Kollegin Sommer – bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Czyborra! Ich weiß nicht, wo Sie leben. Wir leben hier in Berlin, und tagtäglich besuchen wir Flüchtlingsunterkünfte und sprechen mit Frauen. Die Realität, die Sie beschrieben haben, insbesondere, dass es Schutzräume für traumatisierte Frauen gibt, die in ihren Ländern sexuelle Gewalt erfahren haben, kann ich leider nicht bestätigen; die gibt es in Berlin in der Tat nicht. Es gibt sie in Brandenburg und nicht hier in Berlin. Auch Frau Stolle, die Vorsitzende von Terre des Femmes, hat heute noch einmal klar dargestellt, wie die Situation in den Flüchtlingsunterkünften bezüglich geflüchteter Frauen aussieht, nämlich sehr dramatisch. Frau Czyborra! Sie haben hier also ein Bild aufgezeigt, das so nicht korrekt ist und nicht der Realität entspricht.

Eigentlich müsste von uns ein Signal ausgehen, das mehr ist als das alljährliche Hissen einer Fahne vor dem Abgeordnetenhaus. Das war richtig. Ich finde es auch wichtig, denn diese Initiative geht auch auf unsere Fraktion zurück. Doch diesem symbolischen Akt müssen auch Taten folgen. Die Zahl von Flüchtlingen steigt und damit auch die Zahl der weiblichen Flüchtlinge. Die meisten fliehen vor politischer Verfolgung, Gewalt und Krieg. Oft waren sie in dem Land, aus dem sie flohen, oder auf der Flucht Opfer sexueller – –

[Unruhe]

Frau Kollegin! Darf ich Sie einen Moment unterbrechen? – Meine Herrschaften! Lassen Sie bitte ein wenig mehr Ruhe einkehren! Die Tagesordnung ist bald abgearbeitet, aber die Rednerin hat jetzt Ihre Aufmerksamkeit verdient.

Danke, Herr Präsident! – Sie waren oft Opfer sexueller Gewalt. Angekommen in Berlin, brauchen sie einen besonderen Schutz. Die Situation in den Flüchtlingsunterkünften ist für die geflohenen Frauen unzumutbar. Das habe ich schon erwähnt. Ich habe vor einigen Tagen das

AWO-Refugium in Lichtenberg besucht. Das ist eine Erstaufnahme für Erwachsene und Familien. Dort hatte ich Gelegenheit, mit mehreren syrischen Flüchtlingsfrauen zu sprechen. Deren Männer sind im Kampf gegen den IS gefallen. Sie sind jetzt allein mit ihren Kindern hier. Zu Hause haben sie sexuelle Gewalt erfahren, und jetzt teilen sie sich mit den Männern die sanitären Anlagen, und sie haben nachts allein die Toiletten zu benutzen. Das ist die Realität, die in den Unterkünften herrscht.

Viel schlimmer ist die Lage in den großen Notunterkünften, in den Turnhallen. Frauen können dort sehr leicht Opfer von Gewalt werden. Sie brauchen sichere Orte, abschließbare Zimmer, separate Sanitär- und Duschanlagen und geschützte Gemeinschaftsräume.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Flüchtlingsfrauen benötigen leicht zugängliche Angebote der gesundheitlichen Versorgung sowie psychosoziale oder psychologische Betreuung. Darüber hinaus muss das Personal sensibilisiert und interkulturell geschult werden.

Flüchtlingsfrauen finden heute kaum mehr Zuflucht vor Gewalt in Frauenhäusern, weil die Frauenhäuser schon seit 2012 melden, dass sie voll belegt sind. Also dort können wir diese Frauen, die von Gewalt betroffen sind, nicht unterbringen. Das gehört auch zur Realität. Die Zahl der Plätze in den Frauenhäusern muss erhöht werden.