Protocol of the Session on October 8, 2015

[Andreas Otto (GRÜNE): Wen haben Sie gefragt?]

Den Senat! Siehste! Vielleicht ist Herr Otto heller im Moment. – Wenn man nicht dazu kommt, dass man das Projekt aufgibt, wenn man gute Gründe dafür findet – ich sehe sie nicht –, weitere Millionen und Milliarden aus den Landeshaushalten, aus dem Bundeshaushalt auf dieses Projekt zu schmeißen und nicht da ranzugehen, die Gesellschaft zu verändern, den Standort, die Projektgröße und Ausrichtung in Frage zu stellen oder die Annahme, welche Kunden überhaupt für diesen Flughafen noch zur Verfügung stehen werden, wenn er 2017, 2020 oder wann auch immer eröffnet werden sollte, wenn man das alles nicht hinterfragt, dann macht man sich der Verantwortungslosigkeit schuldig und handelt nicht verantwortungsvoll den Wählerinnen und Wählern dieses Landes und auch eigentlich nicht sich selbst gegenüber. Deshalb rufe ich Sie auf: Entwickeln Sie einen Plan B, liebe Grüne! Wenn es dann heißt: „BER-Neustart jetzt!“, den Antrag mache ich gerne mit Ihnen. Da kann ganz viel Sinnvolles drin stehen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag Drucksache 17/2490 wird die Überweisung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich komme nun zu

(Martin Delius)

lfd. Nr. 19:

Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplans 1-64a VE

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/2456

hierzu:

Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplans 1-64a VE

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 30. September 2015 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 7. Oktober 2015 Drucksache 17/2493

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/2456

Ich habe die Vorlage vorab an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr und an den Hauptausschuss überwiesen und darf Ihre nachträgliche Zustimmung feststellen.

Wird der Dringlichkeit der inzwischen vorliegenden dringlichen Beschlussempfehlung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. In der Beratung beginnt die Piratenfraktion. – Herr Kollege Prieß, bitte schön, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Gäste! Zum Abschluss der heutigen Plenarsitzung muss ich noch über einen Bebauungsplan sprechen. Das passiert ja nicht oft hier im Plenum des Abgeordnetenhauses. In den allermeisten Fällen ist das Angelegenheit der Bezirke. Und falls einmal solch ein Plan von großer Wichtigkeit ist, dass der Senat das Verfahren an sich zieht, dann werden die Details im Bauausschuss verhandelt, und hier wird nur noch ohne Debatte darüber abgestimmt. So ist es vorhin auch schon passiert.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

In diesem Fall ist es allerdings anders. Das liegt einerseits an dem großen öffentlichen Interesse, das der Plan genießt. 40 000 Bürgereinwendungen sind ein deutliches Zeichen. Zum anderen ist auch das Verfahren bemerkenswert, wie dieses Planverfahren hier zum Abschluss gebracht werden soll. Die Redner der Koalition werden sicherlich gleich noch erklären, dass die öffentliche Diskussion über die Planung zur Bebauung schon seit zehn Jahren andauert, aber dass die Beschlussfassung im Abgeordnetenhaus jetzt ganz schnell gehen muss.

[Zuruf von Oliver Friederici (CDU)]

Vor drei Wochen kündigten Senat und Koalition den Plan als Beschlussvorlage an. Eine Woche später lag sie dann tatsächlich vor. Eine weitere Woche später, in der Sitzung mit der zweiten Lesung des Haushaltsplans, wird der Plan

dann unter Zeitdruck debattiert und abgestimmt und kommt nun mit Dringlichkeit zurück ins Plenum.

[Dr. Manuel Heide (CDU): Wieso Zeitdruck?]

Zehn Jahre Vorbereitungszeit – und dann bleiben nur zwei Wochen Zeit, um sich mit dem Ergebnis auseinanderzusetzen! Senat und Koalition haben ganz offensichtlich darauf spekuliert, dass der Plan in dieser arbeitsintensiven Zeit der Haushaltsdebatten durchrutscht und ohne größere Befassung durchgewinkt wird. Das werden wir aber nicht zulassen.

[Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

Um es gleich vorwegzunehmen: Der Plan ist Murks, großer Murks. Natürlich ist der Plan das Ergebnis einer langen Auseinandersetzung, irgendwie auch ein Kompromiss zwischen einer ursprünglich viel dichter geplanten Bebauung und der von Bürgern gewünschten Erweiterung des Mauerparks. So weit, so gut! Man schiebt die Bebauung ganz in den Norden, weg von den intensiver genutzten südlichen Bereichen des Mauerparks, nur müssen die geplanten Nutzungen dort im Norden sehr dicht komprimiert werden, um die Verwertungsinteressen des Investors zu befriedigen.

Damit handelt man sich dann aber neue Nutzungskonflikte mit den dortigen Nachbarn ein, Lärmprobleme mit den Bahntrassen, die Verkehrserschließung wird wegen Platzmangels zum Albtraum, die Grün- und Freiflächenversorgung muss hinter das Planungsziel Wohnungsneubau zurücktreten, koste es, was es wolle. Aus dem Plangebiet werden sie wegverlagert, hin zur künftigen Mauerparkerweiterung in den angrenzenden Gebieten. Ein im Flächennutzungsplan ausgewiesener Grünzug als Puffer zur Bahntrasse verbleibt nur als kaum erkennbarer Streifen auf dem Bahngelände außerhalb des Plangebiets.

Um das Lärmproblem durch die Bahntrassen zu beheben, wird ein Gebäuderiegel für preisgedämpften, sogenannten bezahlbaren Wohnraum und studentisches Wohnen direkt an der Bahntrasse gebaut, damit er die dahinter liegenden Nobelwohnungen abschirmen kann. Ob die Lärmschutzbebauung so preiswert realisiert werden kann, ist angesichts der teuren, aber notwendigen Schallschutzmaßnahmen schon jetzt fraglich.

Natürlich brauchen wir Wohnungsneubau. Dieses Mantra werden uns Frau Spranger und Herr Brauner gleich wieder präsentieren. Ja, gerne, aber dann bitte nicht so!

[Iris Spranger (SPD): Nicht bei uns!]

Man kann die Prinzipien einer guten Stadtplanung doch nicht einfach so über Bord werfen. An die Oppositionsfraktionen wird vonseiten der Regierungskoalition gerne der Vorwurf erhoben, man wäre prinzipiell dagegen. Dem kann ich nur entgegenhalten, dass wir den Kompromissgedanken hinter diesem Plan durchaus anerkennen. Wenn man denn erkennen könnte, dass die Bürgereinwendungen auch ernst genommen würden und die Planung

(Präsident Ralf Wieland)

entsprechend angepasst worden wäre – das ist nicht passiert. In der jetzigen Form kann man den Bebauungsplan nur ablehnen und zur Überarbeitung an die Senatsverwaltung und den Investor zurückschicken.

Ich hoffe, Sie hatten alle die Gelegenheit, das Buch auch zu lesen. Es ist so ein Wälzer. Sie werden nämlich nachher namentlich darüber abstimmen müssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Spranger das Wort.

Verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen, verehrte Kollegen! Ich möchte beginnen mit einem Zitat aus dem „Neuen Deutschland“

[Hey! von der LINKEN – Andreas Gram (CDU): Das vergällt mir aber den Abend!]

vom 2. Oktober 2015 von Frau Lompscher und Herrn Lederer. Da haben beide gesagt:

Senat und Koalition ziehen die Bebauung am Mauerpark im Schweinsgalopp durch.

Was heißt denn nun nach Frau Lompscher und Herrn Lederer Schweinsgalopp?

[Uwe Doering (LINKE): 14 Tage für die Beratung! – Steffen Zillich (LINKE): Effektiv ein Tag!]

Dann schauen wir uns doch mal die Daten an! Bereits 1994, also genau vor 21 Jahren, hat es die erste große konkrete Diskussion im Abgeordnetenhaus darüber gegeben, wie viele Wohnungen denn auf dem Grundstück Mauerpark gebaut werden könnten.

[Steffen Zillich (LINKE): Da gab’s den B-Plan im Abgeordnetenhaus? Ist doch Quatsch!]

Damals waren es um ein Vielfaches mehr Wohnungen, die gebaut werden sollten, als wir heute hier beschließen.

Grundlage für die Einleitung des Bebauungsverfahrens war die nach langjährigen Verhandlungen erzielte Einigung über die Entwicklung des Mauerparks. Der Hauptausschuss dieses Hohen Hauses hat bereits am 7. November 2012 und die BVV Mitte am 22. November 2012 zugestimmt. Bereits am 4. Mai 2010 hat der Bezirk Mitte mit Aufstellungsbeschluss die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit beschlossen. Auch das bereits vor fünf Jahren! Am 4. November 2014 wurde der B-Planteilungsbeschluss erteilt. Erst am 24. März 2015 hat der Senat das

Verfahren wegen der außergewöhnlichen stadtpolitischen Bedeutung an sich gezogen, und das war richtig.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Andreas Otto (GRÜNE): Schweinsgalopp!]

Von 1994 bis heute hat es deutliche Veränderungen, gerade wegen der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, gegeben. Es ist geradezu ein Paradebeispiel für Bürgerbeteiligung. Die Bevölkerung wollte einen Park, und den bekommt sie. Von ursprünglich 8 Hektar sind es jetzt 15 Hektar Park.

Herr Prieß! Sie sprechen von Murks. 700 neue Wohnungen – Murks? Davon 70 Prozent Mietwohnungen, 490 Wohnungen, die auch altersgerechte Wohnungen für Seniorinnen und Senioren sind – alles Murks? Dann sagen Sie: Es ist Murks, dass 220 Wohnungen für Studenten und Azubis zur Verfügung gestellt werden. Sagen Sie mal, schämen Sie sich nicht dafür?

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Es werden dort 22,5 Prozent Sozialwohnungen entstehen. Unsere eigene Wohnungsbaugesellschaft wird dort mit vermieten. Das ist alles Murks, Herr Prieß? – Das kann nicht wahr sein.