Protocol of the Session on January 26, 2012

[Benedikt Lux (GRÜNE): Das war in der CDU!]

Das war von Ihnen, Herr Lux, das wissen Sie genau! –

[Benedikt Lux (GRÜNE): Lüge!]

Die Funkzellenabfrage ist auch keine Rasterfahndung, denn es werden nicht mindestens zwei externe Daten miteinander kombiniert.

Lieber Kollege Lux! Sie sollten vorsichtig sein mit solchen Worten.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Er sagt bewusst die Unwahrheit!]

Sie haben gleich die Möglichkeit einer Kurzintervention.

Es wird nur ein Datum an verschiedenen Orten abgeglichen. Festzuhalten ist somit ebenfalls, dass die Maßnahme rechtlich nicht zu beanstanden ist – dass sie grundsätzlich geeignet und sinnvoll ist, habe ich vorhin schon deutlich gemacht.

Nun kann man sich fragen, woher eigentlich diese ganze Aufregung kommt, vor allem vor dem Hintergrund, dass niemand, der sich in den vergangenen Jahren mit der Innenpolitik in dieser Stadt beschäftigt hat, überrascht sein kann, dass die Polizei dieses Mittel anwendet. Das

sage ich vor allem auch an die Adresse der Grünen und der Linkspartei. Insbesondere letztere hat in den vergangen Jahren diese Stadt mitregiert und hatte vermutlich noch privilegiertere Informationen als die Opposition. Wenn sich die Linkspartei heute hinstellt und auf Alarmismus! und „Haltet den Dieb!“ macht, dann ist das nichts als pure Heuchelei!

[Beifall bei der CDU]

Natürlich kann man auch über die Vielzahl der erhobenen Daten erstaunt sein. Es ist aber logisch, dass bei einer Straftatenserie viele Daten anfallen. In einer großen Stadt sind auch viele Teilnehmer an einer Funkzelle angemeldet. In diesem Zusammenhang ist nicht die absolute Anzahl das Entscheidende, wichtig für die Frage der Verhältnismäßigkeit ist, wie der Staat mit der Datenerhebung umgegangen ist. Dabei beruhigt mich, dass dies äußerst sorgsam geschehen ist. Die erhobenen Funkzellen sind selbstverständlich streng tatortbezogen ausgewählt worden. Dabei ist die Dauer des Zeitintervalls der Auswertung sehr restriktiv bemessen gewesen – das ist übrigens ein wichtiger Unterschied zur Handhabung in Dresden, weswegen Dresden schon aus diesem Grunde nicht mit der Situation in Berlin vergleichbar ist.

Die Abstimmung innerhalb der Ordnungsbehörden und die Tatsache, dass weitere Auswertungen vom Gericht nicht genehmigt wurden, sind ein weiteres Indiz dafür, dass das System der wechselseitigen Kontrolle funktioniert hat. Ich bleibe daher bei meiner Einschätzung, dass es sich in der Frage der Funkzellenauswertung in Berlin im Zuge der Ermittlungen zu Autobrandstiftungen weder um eine Fehlleistung der Behörden noch um einen übermäßigen Eingriff in Grundrechte gehandelt hat.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Schlechter Stil ist es nun, diese Maßnahme hämisch als ineffizient hinzustellen. Wenn es Methoden geben würde, die mit weniger Aufwand an rechtlicher Klärung, personellen Ressourcen und Arbeitsstunden für die Auswertung zum Ziele führten, dann hätte die Polizei diese angewendet.

[Zuruf von Canan Bayram (GRÜNE)]

Vereinfacht wird die Arbeit der Polizei ebenfalls nicht, wenn man versucht, diesen Vorgang zu skandalisieren. Im Weiteren verunsichern Sie auch die Bevölkerung über das tatsächliche Ausmaß der Dinge, die dort erhoben werden. Sie tun ja geradezu so, als hätte die Polizei mit irgendeiner perfiden Apparatur die Träume der schlafenden Bürger von halb Friedrichshain aufgezeichnet, um sie dann ins Netz zu stellen – wahrscheinlich in HD-Qualität!

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Sie sind ja ein richtiger Spaßvogel! – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Aber sie würden, wenn sie könnten!]

Die Wirklichkeit ist doch viel profaner: Sehr wenige Fahnder bei der Polizei sehen sich mit riesigen Listen von Nummern konfrontiert und müssen nun versuchen, in diesem Heuhaufen die Nadel zu finden – vielleicht, um Ihren Voyeurismus zu befriedigen, Herr Lux, aber ich persönlich habe daran kein Interesse.

Natürlich geht das nicht ohne EDV-Unterstützung, trotzdem ist das mitnichten eine Situation, in der die Beteiligten in die Hände klatschen und vor Begeisterung ausrufen: Hurra, endlich private Daten zum Ausschnüffeln! – Erstens habe ich in dieser Frage ein völlig anderes Bild von der Integrität unserer Polizei, und zweitens wissen Sie ganz genau, dass die übermittelten Daten nicht dazu ausreichen, irgendeine Person namentlich benennen zu können. Dazu ist schließlich drittens – und zwar bei konkretem Verdacht – ein weiterer Abfrageschritt bei den Mobilfunkanbietern notwendig.

Auch wurden und können niemals – das ist auch ganz wichtig festzuhalten für jene, die das technisch gar nicht durchschauen – konkrete Inhalte von Sendungen oder Gesprächen ausgewertet werden. Der Gesetzgeber hat das ganze Verfahren der Auswertung in ein Korsett strenger rechtlicher Schranken gekleidet. Diese Schranken wurden und werden auch in der Zukunft beachtet. Aus diesem Grund ist der Versuch der Opposition misslungen, in dieser Stadt diesen Vorgang als Skandal oder Staatskrise aufzubauschen, und ich denke auch, dass heute keine weiteren Erkenntnisse in dieser Richtung gewonnen werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön, lieber Kollege Dr. Juhnke! Auch den Ausdruck „Voyeurismus“ im Hinblick auf einen Kollegen finde ich nicht gelungen. – Sie wollen eine Kurzintervention Herr Kollege Lux? – Bitte, Sie haben das Wort! Sie wissen auch, dass der Angesprochene die Möglichkeit hat zu antworten.

Das weiß ich, Herr Präsident! Besten Dank! – Der Kollege Dr. Juhnke hat mir vorgeworfen, hier einen Popanz aufzubauen. Aber nun in der Sache, Herr Dr. Juhnke: Sie haben bei den Inbrandsetzungen von Kfz von einem Heuhaufen gesprochen, in dem man die Stecknadel finden muss. Genau so ist es! Was Sie aber mit der Funkzellenabfrage machen, ist, den Heuhaufen von so klein auf ungefähr die Größe des Hauses zu produzieren, und so wird es noch viel schwieriger, die berühmte Stecknadel zu finden. Alle Fälle zeigen doch, was zum Erfolg geführt hat, nämlich Sachkompetenz der eingesetzten Beamten, eine aufmerksame Bevölkerung und auch kriminalistische List und ein bisschen Glück vor Ort.

[Oliver Friederici (CDU): Bestreitet doch keiner!]

Das hat zur Aufklärung der Straftaten geführt und nicht die von Ihnen geheiligte Funkzellenabfrage.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Da fragt man sich eben auch, warum heiligen und rechtfertigen Sie hier die Funkzellenabfrage, während Sie in anderen Bereichen dieser Stadt nichts für die öffentliche Sicherheit tun. Sie ziehen wertvolle Kompetenzen ab, um die Daten abzugleichen, und ich frage mich: Hat das etwas damit zu tun, dass mehrere Personen in diesem Haus, unter anderem auch der Vorsitzende des Ausschusses für Verfassungsschutz, auf einer Internetplattform von Neonazis bedroht werden und dass dieser Senat nicht mal in der Lage ist, eine Hausdurchsuchung zu machen, bei Personen, von denen sie bedroht werden?

Das sind die Verhältnisse, die realistischen Zustände in diesem Land: Wenn es um etwas geht, das Ihnen politisch nützt, das Sie politisch ausmünzen können – nämlich „der Senator Körting ist auf dem linken Auge blind“ –, da machen Sie großes Geschrei, da rechtfertigen Sie jede Ermittlungsmethode gegen Autobrandstifter, aber wenn hier Menschen von Neonazis bedroht werden, haben Sie nicht eine Maßnahme parat. Das ist ein Skandal!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Sie haben auch nach den Vorfällen um die NSU nicht einmal Ihre Haltung geändert, was Links- und Rechtsextremismus angeht – nicht einmal haben Sie Ihre Haltung geändert! Sie haben im Koalitionsvertrag den Rechtsextremismus als genauso gefährlich bezeichnet wie den Linksextremismus, aber da war die NSU schon längst am Start. Jetzt frage ich Sie: Was haben Sie denn aus den Vorfällen gelernt, dass völlig irre Rechtsextremisten herumlaufen, teilweise von den Ermittlungsbehörden beobachtet, aber niemand ihnen den Riegel vorschiebt? Was haben Sie daraus gelernt? – Nichts haben Sie daraus gelernt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Dann verteidigen Sie doch mal Ihren Innensenator dagegen, dass bei polizeibekannten Neonazis keine Hausdurchsuchung gemacht wird, obwohl mit einiger guter Prognose vieles dafür spricht, dass sich dort Server und Daten befinden, mit denen Angehörige dieses Hauses, mit denen die Zivilgesellschaft bedroht wird! Kein Wort von Ihnen dazu! Da halten Sie nicht Maß, Herr Kollege Dr. Juhnke!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den Piraten]

Ich meine meinen Appell an die SPD-Fraktion ernst. Auch die SPD-Fraktion diskutiert darüber, ob man mit der Union den richtigen Partner gewählt hat. Sie haben am Verhandlungstisch der Macht alles, was die Rechtspo

litik angeht, an die CDU geopfert: Justiz ist bei der CDU, Innen ist bei der CDU. Jetzt haben Sie auch die vermaledeite Pflicht, dort genauer hinzuschauen!

Herr Kollege Lux! Die Zeit für die Kurzintervention ist gleich abgelaufen. Letzter Satz!

Ich nenne die Stichworte: Ausdehnung des Gewahrsams, Einschränkung des Versammlungsrechts, Abschiebeknast und Eingrenzung des Asylrechts am Flughafen Schönefeld sind nur einige Punkte, bei denen Sie der Union freien Lauf gegeben haben. Das hätte es mit einer SPD unter Jutta Limbach und unter Lore Peschel-Gutzeit nicht gegeben. Ich kann Sie nur auffordern: Kommen Sie wieder zu einer besonnenen Innen- und Rechtspolitik zurück, und seien Sie da aufmerksam, meine Damen und Herren!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den Piraten]

Vielen Dank, Kollege Lux! – Das Wort zur Erwiderung hat jetzt der Kollege Dr. Juhnke. – Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lux! Sie haben in der Tat dargestellt, dass die Verfolgung von Autobrandstiftern ein schwieriges Geschäft ist. Hierbei haben Sie meine These unterstützt. Sie haben dargestellt, dass die Maßnahme, die hier angewendet wurde, in der Tat von ihrem Effektivitätsgrad bezüglich der Auswertung der tatsächlichen Ergebnisse schwierig zu beurteilen ist. Im Nachhinein ist man schlauer. Nichtsdestotrotz wäre es eine mögliche oder grundsätzlich geeignete Maßnahme. Das habe ich unterstrichen, und dabei bleibe ich auch. Wenn Sie viele andere kluge Anregungen haben, dann bitte ich Sie, sie uns bzw. den tätigen Behörden mitzuteilen. Dann werden wir diesen nachgehen und sie mit Sicherheit auch gern anwenden.

Herr Dr. Juhnke! Darf ich Sie kurz unterbrechen? Ich bekomme gerade den Hinweis, dass von oben auf die Bänke fotografiert wird. Bitte nicht in die Unterlagen fotografieren! Das ist untersagt. – Danke schön! – Bitte, Herr Dr. Juhnke!

Insoweit zu der Frage, die Sie bezüglich der Ermittlung von Autobrandstiftern aufgeworfen haben. Sie sind dann

vom Thema abgewichen und haben offensichtlich versucht, den Frust über Ihre Nichtregierungsbeteiligung in irgendeiner Form zu kanalisieren,

[Zuruf von den GRÜNEN: Reden Sie zur Sache!]

indem Sie ungerechtfertigte und impertinente Vorwürfe gegenüber der CDU-Fraktion und dem Innensenator erhoben haben. Ich weise für die CDU-Fraktion und mich eindringlich zurück, dass wir in irgendeiner Weise die Vorgänge um die NSU verharmlosen oder nicht mit allen nötigen Mitteln des Rechtsstaates gegen rechtsextremistische Umtriebe in dieser Stadt vorgehen würden.

[Beifall bei der CDU]

Ohne dass ich alle Details kenne – wo Sie offensichtlich viel tiefer drinnen stecken –, unterstelle ich, dass die Polizei und die Ermittlungsbehörden auch alle Anstrengungen unternehmen werden, um Rechtsextremisten in dieser Stadt dingfest zu machen und um allen sachdienlichen Hinweisen nachzugehen, in dem Zusammenhang, den Sie erwähnt haben, in der Frage der Serverstandorte oder anderer. Deshalb halte ich die Vorwürfe, die Sie gemacht haben, für unsachlich, für nicht gerechtfertigt und für ehrabschneidend.

[Beifall bei der CDU]

Danke, Kollege Dr. Juhnke! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Kollege Dr. Lederer das Wort. – Bitte schön!