Schauen Sie beispielsweise nach Hamburg, dort wird der S-Bahnverkehr ausgeschrieben, u. a. mit der Begründung des Senats, die Stadt habe nichts zu verschenken, auch keine hohen Gewinnabführungen der S-Bahn an ihre Muttergesellschaft Deutsche Bahn AG. Das sollten wir in Berlin doch genauso sehen, oder, Herr Müller?
Sie, Herr Müller, oder Herr Wowereit, der das zur Chefsache erklärt hat, müssen uns erklären, was Ihre Pläne zur Zukunft der S-Bahn sind. Hören Sie auf, das Parlament und die Öffentlichkeit an der Nase herumzuführen, es ist höchste Zeit, sich zu bekennen und die Pläne auf den Tisch zu legen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das MarxEngels-Forum gehört zur Mitte Berlins wie das Rote Rathaus und der Fernsehturm – wer will das im Ernst bestreiten?
Dort steht es seit 1986, seit über 25 Jahren. Im September 2010 ist die Denkmalanlage wegen der Bauvorbereitungen für die Verlängerung der U-Bahnlinie 5 höflich zur Seite gerückt. Nach Abschluss dieser Arbeiten, vermutlich nicht vor 2019, wird sie an ihren angestammten Platz zurückkehren können, die Kosten trägt die BVG, dazu hat sie sich gegenüber dem Senat verpflichtet.
Nun könnte gefragt werden, was neu und aktuell an der von Peter Ramsauer angestoßenen Debatte ist, noch dazu vor dem Hintergrund, dass die Frage ohnehin nicht kurzfristig entschieden werden muss. Die Kontroverse um den Umgang mit gebauter Zeitgeschichte in Berlin begann nach dem Mauerfall 1989 und flammt immer wieder auf, mal polemisch, mal ahnungslos, mal fundiert. Selten geht es um Ästhetik und Stadtgestaltung, immer jedoch geht es um Macht und Politik. Es lohnt sich, an die Expertenkommission zum Umgang mit politischen Denkmälern im Ostteil Berlins zu erinnern. Sie war in der DiepgenÄra durchaus sehr konservativ besetzt und hat 1993 beschlossen, die großen Denkmäler für Lenin und Thälmann abzureißen, das Marx-Engels-Forum jedoch zu erhalten. Was aber kümmert einen politischen Haudegen das Geschwätz von gestern, selbst wenn es von politischen Freunden stammt! Wenn nun Herr Ramsauer, Bundesbauminister und damit für die Frage absolut unzuständig, meint, es wäre Zeit für eine Verlagerung des Denkmals nach Friedrichsfelde, dann ist das mehr als seine persönliche Meinung. Diese sei ihm unbenommen, wenn sie auch von bedauernswerter Unkenntnis zeugt. Es geht ihm offenbar um einen Anstoß, der von seinen Berliner Kolleginnen und Kollegen, ob Frau Lengsfeld oder Herrn Lehmann-Brauns, dankbar aufgegriffen wird. Die kultivierte CDU-Politikerin Frau Grütters hat sich von dieser Art Polemik distanziert, sich jedoch zurückgehalten, was sie in der Sache meint. Erneut wird von der CDU/CSU, dieses Mal von Ramsauer angeführt, Anlauf genommen, gebaute Geschichte zu entsorgen und damit die eigene Macht baulich und räumlich zu dokumentieren. Diese Attitüde ist den Berlinerinnen und Berlinern wohlvertraut und sie geht ihnen, mit Verlaub, auf die Nerven.
Deshalb ist es zu begrüßen, dass der Senat umgehend klare Worte zu dieser plumpen Attacke gefunden hat. Jetzt geht es darum, für die Zukunft des Areals vom Schlossplatz bis zum Fernsehturm eine fundierte und mit breiter Partizipation verbundene stadtöffentliche Debatte zu führen. Was soll dieser zentrale grün geprägte öffentliche Raum für die Stadt bedeuten? Wem gehört die Mitte der Stadt – der Öffentlichkeit als großer Central Park oder den künftigen Eigentümern der wieder parzellierten Baugrundstücke respektive den exklusiven Mietern? Gelingt es – anders als beim Spreebogen –, eine Art Bürgerforum im Freien zu etablieren? – Die Bundesregierung hat schließlich seinerzeit trickreich das Bürgerforum zwischen Parlamentsgebäude und Kanzleramt verhindert. Wie kann das Rote Rathaus einen angemessenen Vorplatz für die Bürgerschaft erhalten?
Wie gelingt es, die sensationellen archäologischen Ausgrabungen in die Neugestaltung des Rathausforums zu integrieren? Ist es nicht paradox, dass auf dem Schlossplatz – im Namen des vermeintlichen Wiederaufbaus –
wertvolle Originalsubstanz des Schlosses endgültig vernichtet werden wird? – Das sind alles Fragen, über die zu reden und zu streiten es hier und heute lohnt.
Dabei soll durchaus nicht vergessen werden, dass das Marx-Engels-Forum zum Zeitpunkt seiner Entstehung nicht unumstritten war. Es werden sich nicht mehr viele an die frühere Parkanlage mit kleinen Skulpturen erinnern, die anlässlich der Weltfestspiele 1973 angelegt wurde. Viel Grün musste für das befestigte Rondell weichen, was auch damals auf Kritik stieß. Es kann aber niemand bestreiten, dass dem Denkmal eine künstlerische Qualität und Ausstrahlung innewohnen, die sich deutlich abheben von monumentalen Anlagen wie dem schon Anfang der 1990er-Jahre geschliffenen Lenindenkmal und dem bis heute bestehenden Denkmal im Thälmannpark.
Gebaute Geschichte – gerade in Berlin – ist nicht nur schön, im Gegenteil. Häufig haben sich unsere Vorstellungen und Wahrnehmungsgewohnheiten stark verändert, und sie stören sich daran. Lebendigkeit und Zukunftsfähigkeit jeder Stadt, gerade aber des durch Krieg und Teilung städtebaulich stark geprägten Berlin, hängen davon ab, wie aus der lokalen Geschichte heraus die Zukunft gewonnen wird. Wenn wir über die Zukunft debattieren und entscheiden, dann geht es natürlich auch um Veränderung. Es geht aber nicht um Verdrängung und Entsorgung, es geht um einen selbstbewussten Umgang mit der Geschichte dieser Stadt und ihren Zeugnissen, und dazu gehören auch Marx und Engels im Zentrum der deutschen Hauptstadt. – Vielen Dank!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Da uns am Montag im Innenausschuss mehrfach unterstellt worden ist, wir wollten Autobrandstiftung bagatellisieren, das sei für uns keine schlimme Straftat, möchte ich hier vorwegnehmen, dass auch für die Piratenfraktion Autobrandstiftung eine schwere Straftat ist. Darüber können wir uns in diesem Haus, glaube ich, alle einig sein.
Applaus von der CDU – wer hätte das gedacht! Vielen lieben Dank! – Das heißt, wenn wir heute hier in der Aktuellen Stunde über die Funkzellenabfrage diskutieren, dann geht es nicht darum, ob Autobrandstiftungen eine schwere Straftat sind oder nicht. Es geht darum, ob die nicht individualisierte Funkzellenabfrage eine geeignete
Was ist passiert? – Nicht individualisierte Funkzellenabfrage ist erst einmal ein schwieriges Wort. Was passiert da? – Sie führen ein Telefonat, das verbindet sich mit Funkzelle, und da werden die Daten beim Mobilfunkbetreiber gespeichert. Es gibt 2009 eine Autobrandstiftung in Friedrichshain-Kreuzberg, und da hat man eine nicht individualisierte Funkzellenabfrage gemacht. Da hat man genau diese Verkehrsdaten, die über diese Funkzelle gegangen sind, abgefragt. Das kam letzten Donnerstag ans Licht, und da hat sich die Piratenfraktion natürlich gefragt: Was hat es damit auf sich? Wurde diese Ermittlungsmethode in Berlin im Zusammenhang mit Autobrandstiftungen häufiger verwendet – vor 2009, nach 2009?
Wir haben das im Innenausschuss besprochen. Wir haben Frau Koppers und Herrn Henkel befragt und haben gesagt: Sagen Sie uns bitte, wo ist das in Berlin noch passiert. Wie oft? Welche Daten wurden erfasst? Welche Daten wurden gespeichert? Ganz wichtig: Gab es überhaupt einen Ermittlungserfolg?
Die Antworten haben uns tatsächlich so ein bisschen die Schuhe ausgezogen. In den letzten vier Jahren wurde die nicht individualisierte Funkzellenüberwachung im Zusammenhang mit Autobrandstiftungen in Berlin im gesamten Stadtgebiet eingesetzt, also nicht nur in Friedrichshain-Kreuzberg. Die nicht individualisierte Funkzellenüberwachung im Zusammenhang mit Autobrandstiftungen wurde – also nur bei diesem Delikt – vom Staatsschutz so häufig eingesetzt, dass wir 4,2 Millionen Verbindungsdaten von Mobiltelefongesprächen in Berlin gesammelt haben. Dann haben wir gefragt: Wie viele sind denn noch da? – 1,7 Millionen Verbindungsdaten in Berlin sind noch da. Die liegen bei der Polizei.
Jetzt kommt der Knackpunkt: Wie viele Autobrandstiftungen wurden dadurch verhindert? Wie viele Autobrandstiftungen wurden durch diese 4,2 Millionen abgefragten Daten aufgeklärt? Hat jemand einen Tipp?
Herr Lux! Ein Kühlschrank! – Zero! Gar keine! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, meine Damen und Herren. 4,2 Millionen Daten gesammelt, kein Ermittlungserfolg!
Ja, kommt in den besten Familien vor. Vielen lieben Dank! – Die Piraten sind nicht gegen Strafverfolgung. Wir sind nicht – dies richtet sich auch an die Zuschauer von der Polizei – gegen Strafverfolgung. Wenn aber in Berlin Strafverfolgung stattfindet, muss sie effektiv und zielgerichtet stattfinden, und wir dürfen uns, weil wir in einem Rechtsstaat leben, nicht Ermittlungsmethoden
bedienen, die massiv in die Grundrechte unschuldiger Berlinerinnen und Berliner eingreifen, ohne dass diese das wissen.
Es ist ein interessanter Punkt. In der Strafprozessordnung, die das regelt, steht: Die Leute müssen informiert werden. – Das ist nicht geschehen. Die wurden nicht informiert. Wir werden also heute in der Aktuellen Stunde nicht darüber diskutieren, wie schlimm Autobrandstiftungen sind. Das wissen wir alle.
Wir werden in dieser Aktuellen Stunde darüber diskutieren, welche politischen Konsequenzen wir als Parlament daraus ziehen und ob wir hier eine nicht verhältnismäßige Ermittlungsmethode verteidigen wollen oder nicht. – Vielen lieben Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich lasse nun abstimmen, und zwar zunächst über den Antrag der Piratenfraktion, für den sich im Ältestenrat eine Mehrheit abgezeichnet hat. Wer dem Thema der Piratenfraktion seine Zustimmung geben möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Piraten, CDU und SPD. Das ist die Mehrheit.
Gegenstimmen? – Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Ersteres war die Mehrheit. Somit rufe ich dieses Thema für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 3 auf. Die anderen Anträge haben damit ihre Erledigung gefunden.
Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.
Entschuldigungen von Senatsmitgliedern für die heutige Sitzung: Herr Senator Henkel ist abwesend bis 15.00 Uhr. Der Grund: Teilnahme an einer privaten Trauerfeier. Die Entschuldigung für den Abendtermin des Innensenators, die dem Ältestenrat vorlag, hat sich inzwischen erledigt.
Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat der Abgeordnete Lars Oberg von der SPD-Fraktion mit der Frage
1. Was unternimmt der Senat, um eine adäquate Beschulung der Kinder aus Roma-Familien in Berlin sicherzustellen?
2. Welche konkreten Unterstützungsmaßnahmen erhalten die Schulen, in denen besonders viele Kinder ohne Deutschkenntnisse beschult werden?