Die Kleinen brauchen auch deshalb die besten pädagogischen Angebote, weil gerade die ersten Schritte schwer sind. Es ist schwer zu vermitteln und zu begreifen, dass und warum die Erwachsenen die Welt so eingeteilt haben, wie sie sie eingeteilt haben – eingeteilt in Wort und Schrift und Zeichensysteme, in Bedeutungsebenen, geometrische und Zahlenabstraktionen, in musischästhetische Bild- und Zeichensprachen und in bestimmte thematische Zusammenhänge – Fächer und Disziplinen genannt. Glauben Sie mir: Die Kinder begegnen der Welt nicht in Disziplinen. Sie begegnen auch einem hohen CO2-Gehalt in der Luft da draußen nicht. Diese Form von Disziplin und Fachdefinition müssen und können kleine Kinder noch nicht nachvollziehen.
[Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Martin Delius (PIRATEN): Passt schon!]
Würden Sie sich zutrauen, den Kindern diese Dinge, die ich gerade erwähnt habe, beizubringen? – Ich würde mir das nicht zutrauen, und gerade deshalb sagen meine Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und ich: Die Grundschulpädagoginnen und -pädagogen verdienen unseren höchsten Respekt!
Wenn wir das sagen – und es ist schade, wie wenige von Ihnen da geklatscht haben –, dann kann es uns doch nicht länger gleichgültig sein, wie hoch die Belastungen, wie hoch der Krankenstand, wie hoch die Zahl der unbesetzten Stellen sind. Es kann uns nicht egal sein, dass wir an den Grundschulen nicht die Qual der Wahl, der Auswahl an Grundschullehrkräften haben. Wir müssen froh sein, wenn es überhaupt noch jemanden gibt, der sich bewirbt. Wir haben einen eklatanten Fachkräftemangel an Grundschulen. Wir brauchen 3 500 Lehrkräfte in den nächsten drei bis fünf Jahren, und wir bilden pro Jahr 100 aus. Wer glaubt, dass das reicht, der verfügt noch nicht einmal über die Rechenkompetenz von Grundschulkindern.
Deshalb bitten wir Sie: Machen Sie sich mit uns auf den Weg, diesen nächsten Schritt zur guten Schule der Zukunft zu gehen. Starten Sie eine Kampagne, die diesen Beruf in ein neues Licht setzt, die ihn aufwertet und denen, die vielleicht noch überlegen, welchen Beruf sie ergreifen sollen, klarmacht, wie hoch wir ihn wertschätzen! Erhöhen Sie endlich die Zahl der Studienplätze!
Gehen Sie die Sache einmal ehrlich an! Machen Sie es richtig, und lassen Sie uns nicht von Aufwertung sprechen und dann nur Anforderungen und Erwartungen erhöhen! Wer bei allen inhaltlichen und fachlichen Unterschiedlichkeiten der Lehrämter zur Gleichwertigkeit der Lehrämter steht, der sollte sie auch gleich bezahlen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es steht außer Frage: Grundschulen sind einer der zentralen Orte der Integration, für einen erfolgreichen Start ins Bildungsleben überhaupt, da sind wir einer Meinung. Es ist auch eine Tatsache, dass Grundschulen in Berlin unter einem besonderen Druck stehen. Dieser Druck potenziert sich durch fehlendes Personal. Lehrkräfte gehen an ihre Grenzen, und das überträgt sich direkt auf unsere Kinder. Die, die ganz besonders darunter leiden, sind die, die gute Bildung am nötigsten haben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir erfolgreich sind. Ich freue mich, dass wir uns hier auf einem guten Weg befinden, denn trotz eines hohen Einstellungsbedarfs konnten in den zurückliegenden Jahren genügend Lehrkräfte eingestellt werden.
Es gibt verschiedene Wege zur Werbung, die sehr erfolgreich verlaufen sind. Lehramtsanwärter erhalten frühzeitig eine Einstellungsgarantie. Ebenso erhalten befristet beschäftigte Lehrkräfte kurz nach Beginn des zweiten Schulhalbjahres ein Entfristungsangebot. Der Berlin-Tag wird seit 2014 zwei Mal jährlich und mit großem Erfolg durchgeführt, um Laufbahnbewerber aus anderen Bundesländern nach Berlin zu holen. In regionalen und überregionalen Medien werden entsprechende Anzeigen geschaltet.
Darüber hinaus müssen wir in Berlin natürlich auch selbst ausbilden, das ist klar. 320 Studienplätze für die Jahre 2014 und 2015 sind in Anbetracht der kommenden Jahre wirklich zu wenig. Deshalb ist die Senatsverwaltung für Bildung auf allen Ebenen mit den Universitäten im Gespräch, um die Entwicklungsmöglichkeiten genau da auszuloten. Auch für die ab 2018 geltenden Hochschulverträge ist die Frage der Erweiterung der Kapazitäten absolut vorrangig. Wichtig und richtig ist jedoch: Wir brauchen die Erweiterung so schnell wie möglich; das ist mir auch klar.
Natürlich sind Lohnstrukturen auch ein wichtiger Motivationsfaktor und mehr als nur ein Zeichen der Anerkennung. Die geforderte Angleichung der Vergütung der
Grundschullehrkräfte auf das Niveau der ISS- bzw. der Gymnasiallehrkräfte ist wünschenswert. Für die Angleichung ist jedoch mit erheblichen Mehrkosten zu rechnen. In der Koalition wurde als erster Schritt eine Anhebung der Schulleitervergütung verabredet; das kommt und muss jetzt nach und nach auch umgesetzt werden, das Ziel ist klar. Ein sich daran anschließendes Konzept zur Aufstiegsfortbildung ist dann im Anschluss natürlich auch sinnvoll.
Doch wir dürfen auch andere Baustellen im Grundschulbereich nicht vergessen. Funktionsstellen fallen mir da ein, Verwaltungsleiterstellen, Fortbildungsmaßnahmen, Stellenbesetzungsverfahren und, und, und. Da hängt vieles am Personal, aber gewiss nicht alles.
Viele Punkte aus dem Antrag werden bereits umgesetzt. Die Anhebung der Vergütung für alle und auf einen Schlag wäre wünschenswert, ist im Augenblick jedoch absolut nicht machbar. Daher bitte ich Sie, diesen Antrag abzulehnen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Kollege Özışık! – Für die Linksfraktion hat Frau Kollegin Kittler das Wort. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Özışık! Wir wären übrigens sehr erfreut gewesen, wenn Sie uns aufgeklärt hätten, was davon denn schon umgesetzt worden ist. Das können wir gerade nicht erkennen.
Dass wir in den Berliner Schulen in den nächsten Jahren immer mehr Schülerinnen und Schüler erwarten und dafür auch genügend gut ausgebildetes Personal benötigen, ist schon länger bekannt. Dass die überalterten Kollegien durch den kommenden Ruhestand verjüngt werden müssen, auch. Dass der Bildungssenat darauf mit einer Werbekampagne reagiert hat, auch. Wenn ich mir das Werbeblatt des Senats durchlese, könnte ich mir auch mehr vorstellen, was für eine Lehrkraft ausschlaggebend sein könnte, nach Berlin zu kommen oder hier zu bleiben. Warum wird z. B. nicht mit der tollen Möglichkeit geworben, in einer Gemeinschaftsschule von Klasse eins bis dreizehn arbeiten zu können?
Warum nicht mit der Möglichkeit, in einer Schule mit jahrgangsübergreifendem Unterricht? Warum nicht mit der Zusicherung, einen Kitaplatz für die Kinder der oft
jungen Neuen zu haben? – Und so weiter und so fort. Ein wenig mehr Enthusiasmus bezüglich der tollen Stadt Berlin würde ja vielleicht auch nicht schaden.
Der Senat muss sich darum kümmern, dass über die Hochschulverträge geklärt wird, dass bedeutend mehr Lehrkräfte ausgebildet werden – und nicht bloß: Wir sind in irgendwelchen Überlegungen, Herr Özışık! Dafür muss natürlich auch mehr Geld aus dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellt werden, denn das können die Hochschulen und Universitäten nicht mal einfach so leisten.
All das von mir Gesagte gilt natürlich generell auch für die neuen Lehrkräfte in den höheren Klassen, die wir brauchen, denn auch die größere Schar der Grundschulkinder kommt ja in der Oberstufe an. Entscheidend ist vor allem, was wir Lehrkräften, die für Grundschulen gewonnen werden sollen, als Arbeitsbedingungen anbieten. Da sehe ich, wie die antragstellende Fraktion auch, vor allem die Aufgabe, Gerechtigkeit im Lehrerzimmer herzustellen, nicht nur über anzubietende Fortbildungen, sondern – wie von uns schon mehrfach gefordert – auch über eine Gleichstellung von angestellten und verbeamteten Lehrkräften.
Herr Özışık! Weil Sie sich dazu im Vorbeigehen äußerten: Wer A zum neuen Lehrkräftebildungsgesetz sagt, muss auch B zur einheitlichen Bezahlung der Lehrkräfte sagen.
Ansonsten werde ich mich gern an der Ausschussdebatte zum Antrag beteiligen, weil ich mir vorstellen könnte, dass man daraus auch gut zwei Anträge machen könnte. Einer könnte die Bezahlung betreffen. Das hat eine ziemlich große Folgerung auch für die Veränderung von Besoldungsgesetzen und Ähnlichem. Der andere Teil könnte abgetrennt werden. Darüber können wir aber gern noch diskutieren. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Remlinger! Im Kern ist Ihr Antrag gut. Er konzentriert sich auf eine Problematik, die wir nicht nur in Berlin bezüglich der Grundschulqualität haben. Ich muss aber eine konkrete Einwendung machen, an der wir arbeiten müssen.
Auch ohne Ihre philosophisch-pädagogische Begründung stimmt das, was Sie gesagt haben, dass wir vom Kind her denken, in die frühe Bildung so viel wie möglich investieren sollen und Qualität dort Vorrang hat.
Vielleicht ist es schon ein wenig länger her. Ich möchte an einen Wechsel erinnern, den wir in der Berliner Bildungspolitik als erste in der Bundesrepublik Deutschland vollzogen haben. Ich habe es immer als einen hohen Grad von Ungerechtigkeit und mangelhafter Einschätzung von Bildung empfunden, dass man vor Jahren den Kindergarten noch teuer bezahlt hat und die Studenten frei waren, statt umgekehrt zu investieren, wie wir es dann getan haben, Jahr für Jahr. Heute sind Kitas kostenfrei, um damit auch tatsächlich, in was wir investieren wollen, deutlich zu machen, nämlich Investition in die frühe Kindheit vorzunehmen.
Sie sprachen von demokratischer Bildung und Selbstverantwortung. Das sind hohe Ziele, die wir in der Bildung verfolgen müssen, und zwar schon frühkindlich. Ich sehe allerdings nicht, dass unsere Kinder und Schülerinnen und Schüler – wie Sie es formulieren – eingekeilt sind. Das kleine Einmaleins stimmt dann doch bei Ihnen nicht ganz – nicht böse sein. Wenn Sie sagen – so steht es in der Begründung Ihres Antrags –, es gibt in Berlin 60 Ausbildungsplätze, kann ich beim Zusammenzählen nur feststellen, dass es insgesamt mindestens 170 gibt. Das ist auch noch zu wenig, aber ist fast das Dreifache von dem, was Sie in Ihrer Begründung erwähnen. Ich kann sagen, dass beispielsweise 2013 98, 2014 90 und 2015 150 Grundschullehrer die Berliner Universitäten verlassen, was immer noch zu wenig ist und sicherlich noch in den nächsten Jahren bei weiterer Erhöhung der Plätze zu wenig ist.
Man muss aber immerhin als Erfolg anerkennen, dass 2015/2016 zum Schuljahr 732 Grundschullehrer neu eingestellt worden sind. Insgesamt haben sich bei der sogenannten Casting-Aktion aus der Bundesrepublik 2 000 Grundschulbewerber gemeldet, die keineswegs alle in diesem Jahr eingestellt werden, die aber eine Reserve für die nächsten Jahre darstellen. Da ist also für uns noch nicht die große Not zu sehen.
Nun kommen wir zur Frage der generellen Qualitätsverbesserung. Wir haben einen großen Schritt in der Qualitätsverbesserung gemacht, als wir das Lehrkräftebildungsgesetz verabschiedet haben. Ich möchte noch einmal betonen, dass wir das alle zusammen gemacht haben. Wir haben in Zukunft, ab diesem Semester, für die neuen Studenten die Verpflichtung Deutsch und Mathematik für alle eingeführt, und dann kommt ein drittes Fach neben der sonderpädagogischen begleitenden Unterrichtung hinzu. Das ist ein Qualitätssprung, wie wir ihn noch nie hatten. Bisher unterrichtet ein Lehrer mit einem Wahlfach quasi theoretisch alle Fächer in der Grundschule. Dieses
Nun komme ich zum letzten Punkt, der Frage der Bezahlung. Was Sie sagen, ist wünschenswert und hat der Senat auch dargestellt, indem er gesagt hat, dass die Ausbildungszeiten von Grundschullehrern und auch die Vorbereitungszeiten im Kern in Zukunft mit den ISS-, Gymnasial- und Berufsschullehrern identisch sind. Die Grundschullehrer haben in der Vergangenheit 240 Leistungspunkte erbringen müssen, 300 die anderen. Wenn nun alle 300 erbringen müssen – die Ausbildungszeit ist identisch –, stellt sich mit Sicherheit die Frage gleicher Bezahlung, wenn man nicht– darauf hat der Senat in der Beantwortung Ihrer Mündlichen Anfrage hingewiesen – beim Senat überlegt, was sie auch in ihrer Tätigkeit als Tätigkeitsmerkmale eventuell unterscheidet. Da sind wir noch nicht. Das hat jetzt noch nichts mit Wertschätzung und Beförderungsmöglichkeiten sowie Funktionsstellen zu tun. All das soll sein. Es muss aber erlaubt sein, die Tätigkeitsmerkmale eines Grundschullehrers, eines Gymnasial- und ISS-Lehrers sowie eines Berufschullehrers in eine Relation zu setzen, die sich womöglich auch gehaltsmäßig niederschlägt. Wir hatten immer etwas gegen eine gleichmäßige Bezahlung einfach von der Stufe her.
Nein, im Moment nicht! Das wäre beispielsweise der Fall, wenn man von A13 nach A14 unabhängig von dem, was tatsächlich an Qualitätsverbesserung für die Schule herauskommt, befördert würde. Insofern bin ich dafür, den Antrag nicht abzulehnen, sondern ihn im Ausschuss unter Berücksichtigung aller genannten Facetten zu besprechen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und letztlich auch für Ihren Antrag, der uns an diesem Punkt womöglich weiterbringt. Danke schön!