Was wir seit drei Jahren als Oppositionsparteien mantramäßig vortragen und übrigens auch mit ganz vielen Anträgen unterlegt haben – die Sie alle abgelehnt haben, so wie auch heute –, das ist: Wir brauchen menschenwürdige Unterbringungsplätze für geflüchtete Menschen. Wir brauchen dafür – das ist eine Voraussetzung! – formulierte Mindeststandards, die vertraglich vereinbart sind. Die haben wir nicht – wie auch? Es gibt ja nicht einmal Verträge, und wenn doch, dann sind sie nicht gültig. Wir brauchen Maßnahmen, liebe Koalition, lieber Senat, die aufzeigen, wann wir dahinkommen, dass wir in dieser Stadt den Weg hin zu einer humanen Flüchtlingspolitik beschreiten. Das mag Sie jetzt alles nicht interessieren, und Sie können auch weiterhin alle Anträge ablehnen,
weiterhin nichts tun, zugucken und sich selbst feiern. Offensichtlich finden Sie sich ganz toll. Ich glaube, dass diese beiden Anträge – Herr Lehmann hat ja mehr zu dem Antrag der Piraten gesagt; er muss dann das nächste Mal nicht mehr reden – dazu beitragen, dass wir hier mal zu vernünftigen Unterbringungsmöglichkeiten kommen, aber Sie lehnen ja schon wieder ab.
Zum Schluss noch ein Satz: Liebe Frau Bayram! Ich finde nicht, dass wir noch einen Sonderausschuss brauchen. Ich finde auch nicht, dass wir noch einen Arbeitskreis und noch einen Beirat brauchen. Das einzige, was wir brauchen, ist ein Senat, der endlich mal anfängt, das zu tun, was seine Aufgabe ist.
Und außerdem brauchen wir eine Koalition, die endlich mal anfängt, sich für Politik zu interessieren und diese Stadt zu gestalten.
Aber das wird auch nicht besser mit einem weiteren Arbeitskreis oder irgendeinem Ausschuss, sondern die müssen mal ihre Arbeit machen.
Danke schön, Kollegin Breitenbach! – Der nächste Redebeitrag steht der Fraktion der CDU zu. Es spricht der Kollege Krüger. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Ja, ich erfülle voll und ganz die Erwartungen meiner Vorrednerin, indem ich Ihnen sage: Ich bitte Sie, diesen Antrag abzulehnen. – Denn zum einen hat sich klar erwiesen – das klingt als Vorwurf in diesem Antrag, nicht nur in dem zurückgezogenen, an –,
dass es Vorteilsnahme und persönliche Bereicherung ebenso wie Vetternwirtschaft nicht gegeben hat. Unabhängige Prüfer haben festgestellt, dass das nicht der Fall ist.
Zum anderen sind die Vorgehens- und Verwaltungsmängel in LAGeSo, die kein Mensch hier schönreden will, offengelegt worden und können abgearbeitet werden.
Nein, ich möchte keine Zwischenfrage zulassen. – Dazu zählen auch die Verträge mit den Betreibern, und zwar in allen ihren Folgen – auch was die Finanzen des Landes Berlin angeht.
Dass derzeit die Dimension der Flüchtlingsunterbringung eine völlig andere ist – mit Antragstellungen von ca. 1 000 Ankommenden pro Tag –, steht auf einem anderen Blatt, ist uns aber allen, insbesondere nach den Debatten heute, wieder klar geworden. Natürlich kommt es jetzt darauf an, den Asylbewerbern kurzfristig ein Dach über dem Kopf zu sichern, so gut das möglich ist.
Bei aller Kritik am LAGeSo, die aus dem Antrag spricht, will ich feststellen, dass die dortigen tiefgreifenden Strukturveränderungen – der Senator hat sie vorhin noch einmal angesprochen –,
die kräftige und nachhaltige Personalverstärkung und der unermüdliche Einsatz aller verfügbaren Kräfte vor Ort – sekundiert durch die breite Bürgerunterstützung – Wirkung gezeigt haben. Wir nehmen das positiv auf.
Auch erweist sich jetzt die Entscheidung des Senators aus dem Sommer 2014 – ich sage das hier, ob Sie es hören wollen oder nicht – als völlig richtig, nämlich dass der Senat die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften beziehungsweise die Ertüchtigung von Immobilien der Bezirke, des Landes und des Bundes selbst in die Hand genommen hat, um flexibler und kostengünstiger unter den Anbietern der Flüchtlingsbetreuung auswählen zu können und dabei Finanzmittel sparsam einzusetzen.
Weiter ist es nach unserer Auffassung richtig, dass das LAGeSo sich jetzt aus der Bauherrentätigkeit zurückzieht und die Erstellung der Serie modularer Ergänzungsbauten in den kommenden Monaten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der BIM überlässt.
Letzte Bemerkung: Ohne Überheblichkeit und Verkennung der enormen aktuellen Herausforderungen möchte ich an dieser Stelle noch einmal abschließend feststellen, dass die so viel geschmähten Flüchtlingsdörfer in Fertigbauweise – gerade haben wir wieder von Blechbüchsen und erbärmlichen Bedingungen gehört – von den Betroffenen, so glaube ich, recht gut angenommen worden sind.
Ich bin lauter als Sie. – Viele Berlinerinnen und Berliner konnten sich im Rahmen der Tage der offenen Tür dieser Einrichtungen davon überzeugen, dass das, was Sie hier ständig vorwerfen, nämlich menschenunwürdige Unterbringungsobjekte, nicht zutrifft – ebenso wie der Vorwurf, der immer von den Rechten kommt, hier sei
eine First-class-Hotelunterbringung geschaffen worden, die Steuergelder verschleudere. Beides ist nicht richtig, und darauf möchte ich noch einmal hingewiesen haben. – Vielen Dank!
Danke schön, Kollege Krüger! – Jetzt hat die Kollegin Breitenbach um eine Kurzintervention gebeten, und sie hat das Wort. – Bitte schön!
Senator Czaja hat sich gerade beim Präsidium entschuldigt, weil er ein Fünf-Minuten-Interview in Liveschaltung hat. Ich habe ihn entschuldigt. Er kommt sofort wieder herein, wenn das abgeschlossen ist.
Lieber Herr Krüger! Sie haben eben gesagt, dass Immobilien vom Land, vom Bund, von den Bezirken ertüchtigt wurden. Herr Krüger! Darf ich Sie daran erinnern, dass der Senator im letzten Jahr nach der Sommerpause mit seiner komischen Taskforce kam? Die hatte alles geprüft und festgestellt: Die Ertüchtigung landeseigener Immobilien würde sechs bis neun Monate dauern. Das sagte uns der Senator damals. Deshalb könne man diese Ertüchtigung nicht vorantreiben. Das würde sich überhaupt nicht rechnen. Deshalb würde man zu den Containern greifen. Jetzt müssen Sie mir mal sagen, welche Immobilien Sie ertüchtigt haben für die vernünftige Unterbringung von Flüchtlingen. Das werden Sie mir sicherlich sagen können.
Ich habe noch Zeit. Deshalb sage ich noch etwas zu Ihren Blechbüchsen. Ich weiß nicht, wann Sie da drin waren. Ich war im Sommer drin. Da können Sie eine Sauna reinmachen. Das ist fürchterlich. Sie haben da drin im Sommer eine unglaubliche Hitze. Damit werden Sie im Winter eine unglaubliche Kälte haben. Sie nehmen auf diesen Geländen eine Kasernierung von Menschen vor. Alles ist eingezäunt. Die sind kaserniert und damit stigmatisiert. Ist das die Willkommenskultur, die Sie wollen?
Zum Dritten: Sie haben dieses Geld rausgeschmissen für diese Container – ich sage Blechbüchsen –, die erbärmlich sind für die Unterbringung von Menschen. Die Menschen müssen darin ziemlich lange sein. Ist es das, was Sie wollen? Warum nehmen Sie denn nicht Geld in die Hand und bauen vernünftige Häuser und schaffen vor
Obwohl die Piraten der Auffassung sind, ich sollte nichts mehr sagen, darf ich mir vielleicht doch zwei, drei Sätze gestatten: Ich habe natürlich überhaupt nichts hier persönlich vorangebracht – um Ihre Frage zu beantworten –, aber auf Betreiben des Senators ist in der Tat eine Fülle von Gebäuden dahin gehend geprüft worden und auch teilweise für tauglich befunden worden, um Flüchtlinge unterzubringen. Den Tatbestand, dass solche Ertüchtigungen nicht in zwei oder drei Monaten zu machen sind, kennen wir doch alle. Wenn Sie ehrlich sind, wissen Sie das auch. Es ist immer leicht, hier das große Wort zu schwingen. Wo sind Sie denn eigentlich, wenn es nachher in die Tat umgesetzt werden soll?
Ist ja wunderschön! Aber dadurch, dass Sie da jeden Tag sind, wird die Einrichtung nicht schlechter und nicht besser. Regen Sie sich doch nicht so auf! Vielleicht sind auch andere Leute mal vor Ort und sehen sich etwas an. Ich fand nur den Hinweis sehr wichtig, dass viele Berliner da hingegangen sind. Die sind augenscheinlich zu einem anderen Urteil gekommen als Sie. Das sollte Ihnen zu denken geben.
Sehr verehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Krüger! Herr Krüger! Ich weiß nicht was Sie mit dem Satz „Wo sind Sie denn eigentlich?“ meinen. Hier in diesem Raum sind viele ständig unterwegs und versuchen, die Ehrenamtlichen bei ihrer wichtigen Arbeit, die sie machen, zu unterstützen, indem sie gerade staatliche Arbeit leisten, indem sie gerade dafür sorgen, dass Spenden zu den Unterkünften kommen, in dem sie täglich bei den Unterkünften sind und den Leuten helfen und versuchen, für die Menschen auf der Flucht da zu sein. Wir sind da. Ich weiß nicht, wo Sie sind, Herr Krüger.
Wir haben heute hier letztendlich einiges festgestellt. Wir haben beispielsweise festgestellt, dass die jetzige Unterbringung der Menschen, die nach Berlin kommen, Priorität haben. Natürlich muss es Priorität genießen, dass die Registrierung funktioniert, dass die Leistungserbringung funktioniert, dass die Essensversorgung funktioniert und dass die medizinische Versorgung funktioniert. Es muss Priorität sein, dass die Zeltstädte so schnell wie möglich wieder aufgelöst werden, dass die Turnhallennutzung höchstens temporär erfolgt, dass es endlich wieder mehr vernünftige Unterbringung zu Standards und in Wohnungen gibt. Das muss die Priorität sein. Das ist uns allen klar. Diese Priorisierung darf aber nicht dazu führen, dass wir die Fehler der Vergangenheit einfach ignorieren und uns einen schlanken Fuß machen.
Herr Senator Czaja, der anscheinend gerade ein wichtiges Interview gibt! Sie sind nicht aus der Verantwortung entlassen. Wir werden auch weiterhin auf die Ausarbeitung der skandalösen Vergabepraxis drängen, nach den ganzen Defiziten, die wir in den vielen Jahren schon aufgezeigt haben, dass beispielsweise keine Standards eingehalten werden, dass es keine ausreichenden Kontrollen der Unterkünfte gibt, dass es keine Verträge bei den Unterkünften gibt, dass die Rechnungen nicht geprüft werden. Nach den ganzen Sitzungen und Diskussionen sowie Medienberichten, die wir schon zu dem Thema hatten, gab es endlich einmal einen vernünftigen Bericht einer externen Wirtschaftsprüfungskanzlei aus Hamburg, die hier auch einmal ein Ergebnis zu der ganzen Fragestellung gebracht hat. Dieser Bericht, der auch relativ öffentlich nachzulesen ist und den sich jeder anschauen kann – was ich auch nur empfehlen –, hatte ein klares Ergebnis: Alle Vorwürfe wurden bestätigt. All das, über das wir in den letzten Jahren gesprochen haben, wurde im Kern bestätigt. Kein Vertrag war einwandfrei. Kein Vergabeverfahren der über 20 überprüften Unterkünfte war in irgendeiner Form nachvollziehbar geregelt. Wir waren uns hier alle einig, dass diese Vergabepraxis so beendet werden muss, Rechnungen überprüft und Verträge überarbeitet werden müssen.
Senator Czaja hat hier konkrete Ergebnisse bis Ende dieses Jahres versprochen. Was ist jetzt der aktuelle Stand? – Der Stand ist, dass immer noch viele Betreiber wie beispielsweise ASB, DRK, Caritas oder AWO auf die Bezahlung ihrer Rechnungen warten. Sie sind sogar ganz aktuell in dem Betrieb ihrer Notunterkünfte gefährdet, weil sie mit ihren eigenen finanziellen Leistungen nicht hinterherkommen. Kontrollen werden kaum noch durchgeführt. Die Essensausgabe erfolgt zum Teil nur durch Ehrenamtliche und ist von minderer Qualität. Es gibt keine ausreichenden Sanitäranlagen. Die Standards, die bisher schon nicht existent waren, werden jetzt von jedem noch infrage gestellt, von Herrn Müller, von Frau Merkel, von Herrn Czaja.