Protocol of the Session on June 25, 2015

Somit kann ich nur zu dem Ergebnis kommen, Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Ablehnung dieses Antrags zu empfehlen oder zu empfehlen, unserem Vorschlag gemeinsam mit der SPD zu folgen, ihn in den zuständigen Ausschuss zur weiteren Bearbeitung zu überweisen. – Schönen Dank!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Alex Lubawinski (SPD) – Elke Breitenbach (LINKE): Immer weiter verschleppen, darin hat die CDU ja Erfahrung!]

Danke schön! – Zu einer Kurzintervention hat jetzt der Kollege Zillich von der Fraktion Die Linke das Wort. Frau Kollegin Breitenbach! Herr Kollege Zillich spricht jetzt für eine Kurzintervention.

Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Krüger! Zunächst einmal: Dieser Antrag beinhaltet den Auftrag, einen Bericht über den Schaden vorzulegen. Was man darüber noch vertieft im Ausschuss diskutieren soll, erschließt sich mir nicht.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Sie waren ehrlich und haben gesagt, man sollte ihn eigentlich ablehnen. Sie wollen diese Untersuchung nicht.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Sie wissen auch, warum!]

Das Verhalten der SPD ist dafür weniger erklärlich.

Zum Zweiten: Sie sind zu Recht auf die wichtige Frage eingegangen, inwieweit es eine Rolle spielt, ob man sich frühzeitig mit den erwartbaren Flüchtlingszahlen beschäftigt und Vorsorge betrieben hat. Wir haben dazu eine Position. Wir haben seit vielen Jahren hier, im Hauptausschuss, im Sozialausschuss dazu Debatten geführt, wo wir genau das dem Senat immer vorgeworfen haben. Aber Sie müssen ja nicht auf die Opposition hören. Es reicht ja auch, das zur Kenntnis zu nehmen, was an dieser Stelle der Wirtschaftsprüfungsbericht feststellt. Und ich darf – mit der Erlaubnis des Präsidenten –

[Heiterkeit bei der LINKEN und den GRÜNEN]

zitieren aus Seite 41:

Obwohl intern im LAGeSo bereits mit höheren Flüchtlingszahlen gerechnet wird, als vom BAMF prognostiziert, wurden daraus keine erweiterten Handlungen hinsichtlich der Suche nach Objekten und Betreibern für den mittel- und langfristigen Bedarf eingeleitet.

Eindeutiger Befund!

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Und natürlich gibt es diesen Zusammenhang.

[Elke Breitenbach (LINKE): Lesen!]

Natürlich ist es so, dass man sich nicht mit diesem Bericht begnügen darf, sondern dieser Bericht muss in zweierlei Hinsicht ausgewertet werden: erstens hinsichtlich des Schadens, der entstanden ist, das beantragen wir, aber auch hinsichtlich der Beurteilung des Sachverhalts. Der Senator hat nach Vorlage dieses Berichts wiederholt in den Ausschüssen dargestellt, dass er nicht beantworten könne, wofür und unter welchen Voraussetzungen welche Zahlungen geleistet worden sind. Diese Auswertung steht aus.

[Zuruf von Heidi Kosche (GRÜNE)]

Diese Auswertung muss vorgelegt werden, und sie muss schnell vorgelegt werden. Alles andere hieße, sich hier vor der Verantwortung zu drücken.

(Joachim Krüger)

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Auf diese Kurzintervention will der Kollege Krüger antworten, und er hat das Wort. – Bitte schön!

[Zuruf von der CDU: Jetzt wird der Herr Zillich begreifen!]

Herr Kollege! Ich möchte nur auf eine Facette antworten. Schadenssummen feststellen setzt voraus, dass Schaden eingetreten ist.

[Canan Bayram (GRÜNE): Das ist doch nicht wahr! Wo leben Sie denn? – Weitere Zurufe von Elke Breitenbach (LINKE) und Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Das ist doch genau der Punkt, über den wir vielleicht unterschiedlicher Meinung sind. Hier muss in jedem einzelnen Fall präzise nachgeprüft werden, welche Nachforderungen zu erheben sind

[Heidi Kosche (GRÜNE): Genau!]

bzw. wie die gestellten Nachforderungen nun kurzfristig zu realisieren sind. Das ist Aufgabe des Senats, nicht aber, künstliche Zahlen zu berechnen, damit Sie eine Basis finden, dem Senator sozusagen eine in die Hörner zu schlagen. Das ist nicht der Sinn von Politik.

[Beifall bei der CDU – Udo Wolf (LINKE): Es ist unvorstellbar! – Dr. Klaus Lederer (LINKE): Zurück in die Neunziger! – Udo Wolf (LINKE): Aber hallo!]

Lassen Sie mal den Kollegen Krüger, bitte schön! – Kollege Reinhardt hat jetzt das Wort für die Piratenfraktion.

Herr Kollege Krüger! Jetzt, wo Sie wieder sitzen, eine Empfehlung für Sie: Wir haben Zettel auf die Tische verteilt bekommen, unter dem Motto: Von Karawanen, Wüsten und Oasen – Märchen aus der arabischen Welt. Vom 5. bis 22. November finden die 26. Berliner Märchentage statt. – Ich kann Ihnen nur empfehlen hinzugehen und Ihre Geschichte noch mal zu erzählen. Die kommt bestimmt gut an.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Aber jetzt zur Ernsthaftigkeit der Debatte zurück. Dieser Wirtschaftsprüfungsbericht ist ein Attest des Organisationsversagens und ein Armutszeugnis für diesen Senat.

Der Bericht listet Mängel bei der Vergabe von Unterkünften auf: nicht vorhandene Verträge, finanzielle Zuschüsse in dubioser Art bei 70 Prozent der untersuchten Privatunterkünfte, keine Vorgaben, keine Kontrollen, Verstöße gegen die Landeshaushaltsordnung und die GGO.

Die Ernsthaftigkeit dieser Debatte hat Senator Czaja hier schon mehrfach gezeigt. Im November haben wir über das Thema gesprochen, und ich würde jetzt mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Plenarprotokoll vom November zitieren. Da sagte Herr Czaja nämlich zu dieser ganzen Fragestellung:

… der Klamauk, den die Piraten in dieser Frage organisieren, wird der wirklichen Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung nicht gerecht.

[Bravo! und Jawohl! von der CDU]

Herr Czaja! Wenn Sie dieses ganze Thema und das Aufklärungsinteresse, das unsere Fraktion und die anderen Oppositionsfraktionen in dieser Fragestellung an den Tag legen, als Klamauk bezeichnen, dann ist das einiges an Aussage über die Ernsthaftigkeit, die Sie bezüglich des Aufklärungswillens und dieser ganzen Fragestellung zeigen.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Aber interessant ist, das Zitat ist noch etwas länger, und mit Erlaubnis des Präsidenten würde ich den Rest auch noch zitieren, dass Sie nämlich zur politischen Verantwortung der ganzen Fragestellung sagen:

Für die politischen Fragen können Sie mich gern verantwortlich machen, Herr Reinhardt …

Genau das habe ich jetzt nämlich vor, Sie für diese politischen Fragen verantwortlich zu machen und Sie zu fragen, welche Konsequenzen Sie eigentlich aus dieser Affäre ziehen. Das bisher Präsentierte, dass Sie Herrn Gerstle jetzt mehr Verantwortung geben wollen, der genauso wie Sie in den letzten Jahren konsequent komplett weggeschaut hat, kann man ja wohl keinem weismachen, dass das irgendeine Form von sinnvoller Konsequenz sein soll.

Herr Czaja! Sie haben heute gesagt, nach Kenntnis der Missstände seien Sie unmittelbar tätig geworden. Damit können Sie auch schön im November auftreten, aber das können Sie uns hier nicht weismachen. Die Wahrheit ist doch: Die Fachaufsicht, damit Sie selbst, hat bis 2015 rein gar nichts gemacht,

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

keine Weisung, keine Berichte, nicht die Innenrevision kontrolliert, die auch nichts gemacht hat, und das Ganze verkaufen Sie uns unter dem Euphemismus „kooperative Fachaufsicht“. Dieses „kooperative Fachaufsicht“ heißt in dem Fall nur weggucken, ignorieren, nichts tun.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Aber die Einstellung, die Sie hier an den Tag legen, zeigt sich schon länger. Mit Erlaubnis des Präsidenten würde ich aus einem Plenarprotokoll vom Oktober 2012 zitieren, und zwar sagten Sie:

Jeder, der hier Zuflucht vor Verfolgung und Unterdrückung sucht, kann aufgenommen und mit einer angemessenen Unterkunft versorgt werden. Dafür brauchen wir keine Anträge der Opposition.

Toll, Herr Czaja! Toll, wie Sie reagieren, wenn Menschen in diesem Parlament Vorschläge machen und sowohl an Ihrer Aufsicht als auch an den Vorgängen, die hier passieren, Kritik üben.

Es geht hier nicht um Klamauk, sondern es geht hier ganz konkret um die Übernahme von Verantwortung für Menschen, Menschen, die von den Problemen, die Sie produziert und zugelassen haben, konkret betroffen sind. Seit über einem Jahr werden Geflüchtete in Berlin nicht mehr ordnungsgemäß aufgenommen und versorgt. Aufgrund des Missmanagements der Behörde mussten Geflüchtete in Turnhallen, Traglufthallen und Hostels unterkommen. Durch die im Bericht thematisierten falschen Abrechnungen beim Personal kommt es zu mangelnder Betreuung der Geflüchteten. Das Amtsversagen, das hier stattfindet, heißt auch, dass Flüchtlinge nicht oder unter miserablen Umständen untergebracht werden. In Reinickendorf teilen sich zum Beispiel in einer Notunterkunft 20 bis 30 Personen einen gemeinsamen Klassenraum, und das, nachdem sie schon wochenlang in Hostels ohne Betreuung oder Beratung alleingelassen wurden. Das sind die Konsequenzen aus Ihrem Versagen in diesem Fall.

Die Fragen, die wir bisher aufgeworfen haben, bleiben im Raum: Wie groß ist das Ausmaß dieses Schaden? Gestern im Hauptausschuss haben Sie selbst gesagt, dass die Probleme nicht nur bei den 22 untersuchten Vergaben und Unterkünften bestehen, sondern wahrscheinlich bei allen Vergabeprozessen und bei allen Unterkünften im Land Berlin. Insofern fragt man sich: Wann werden eigentlich die ganzen anderen Vorgänge, die Sie selbst für problematisch halten, untersucht? Wann werden die anderen Bereiche der Behörde untersucht, und gibt es eigentlich noch andere Behörden, in denen es ähnlich aussieht? Das ist eine Frage, die man sich vielleicht auch mal stellen sollte.