Protocol of the Session on June 25, 2015

(Vizepräsident Andreas Gram)

brauchbaren Räumen dann auch weniger zahlungskräftige Nutzungen unterzubringen sind. Schließlich sucht die freie Szene in Berlin verzweifelt nach Räumen für künstlerische Produktionen, für die Lagerung von Requisiten, für Bühnenbilder oder Material. Wenn die freie Szene nach Tempelhof geholt wird, gewinnen wir alle: die Künstlerinnen und Künstler auf der einen Seite die Räume, und die Berlinerinnen und Berliner, die Theater, Tanz und Musik und das spannende Leben in Berlin lieben, profitieren auf der anderen Seite davon, alles an einem Ort zu finden.

In den letzten Jahren reichte aber das vom Senat bereitgestellte Geld gerade einmal, um die Betriebskosten für Tempelhof zu decken. Für eine Sanierung blieb nicht oder nur sehr wenig übrig. Im Ergebnis sind heute große Gebäudeteile nicht vermietbar, und die Energieversorgung stammt in vielen Teilen von anno dazumal. Je länger ich die Instandsetzung, die Sanierung und Modernisierung eines Gebäudes unterlasse, desto teurer wird es. Das beste Beispiel diskutiert der Senat dieser Tage am ICC.

Deshalb ist ganz klar: Natürlich muss in das Gebäude investiert werden. Die Fragen lauten nur: In welchem Tempo, in welcher Höhe, von wem und mit wem? Wir sind der Meinung, man muss in einem ersten Schritt, vor allem bei den Haushaltsberatungen im Herbst, die Mittel für die Sanierung anheben. Es geht aber gerade nicht darum – auch da wurde ich leider missverständlich zitiert –, mit dem nächsten Doppelhaushalt gleich 200 Millionen Euro in das Gebäude zu pumpen. Es geht vielmehr darum, räumliche Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir mehr Vermietung generieren können, dass aus dieser Vermietung mehr Einnahmen gewonnen werden, damit diese Einnahmen genommen werden können, um die Sanierung zu refinanzieren. Das, glaube ich, ist ein nachhaltiges Finanzierungskonzept, und das ist auch der einzige Weg, um aus dem System Zuschussgeschäft endlich herauszukommen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Ich komme zum Ende

[Torsten Schneider (SPD): Ja, bitte!]

und möchte Sie gerade zum Ende und auch die mir nachfolgenden Redner um eines bitten: Ich würde mich wirklich freuen, wenn Sie diese Idee des Kulturhafens zumindest einmal mental jonglieren würden. Geben Sie ihr eine Chance, selbst wenn die Idee von uns kommt! Denn ich glaube, wir haben in Berlin schon viele problematische Gebäude, für die wir gerade keine Entwicklungsansätze haben. Für Tempelhof könnte ein Kulturhafen eine echte Chance sein, aus einem – wie gesagt – einzigartigen Gebäude einen echten Diamanten zu machen. Also geben Sie sich, bitte, einen Ruck, lassen Sie sich von der Idee begeistern – oder machen Sie Alternativvorschläge!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin Kapek! Auch vielen Dank dafür, dass Sie bei mir eine Bildungslücke geschlossen haben. – Für die Fraktion der SPD spricht jetzt der Kollege Jahnke. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Vom Flughafen Tempelhof zum Kreativhafen und Kreativhub Tempelhof“, so ist Ihr Antrag überschrieben. Der Antrag ist ganz neu, die Diskussion ist es nicht, auch nicht die Idee, dort Kultur anzusiedeln. Aber ich begrüße es sehr, dass die Grünen sich nun auch mit der Nutzung des Flughafengebäudes beschäftigen, nachdem Sie sich bei der Nutzung des großen Tempelhofer Feldes wenig konstruktiv verhalten haben und wider besseren Wissens opportunistisch auf ein Volksbegehren aufsprangen, das außer Skateboard fahren, Drachen steigen lassen und gelegentlichen Open-Air-Konzerten wenig Raum für andere Nutzungsmöglichkeiten lässt.

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Sie sind ein schlechter Verlierer, Herr Jahnke! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN]

Das Flughafengebäude als Kreativ- und Kulturstandort zu nutzen, damit rennen Sie bei der SPD-Fraktion offene Türen ein. Dies ist auch wirtschaftlich betrachtet eine sinnvolle Aufgabenteilung für die beiden dann ehemaligen Flughäfen in Berlin: der Flughafen Tegel als Standort für Technologie und Industrie und der Flughafen Tempelhof als ein Kultur- und Kreativstandort. Hier sind verschiedene kulturelle Nutzungen möglich, museale Nutzungen ebenso wie die als Spielstätte. Aber auch die Nutzung in kleinteiliger Form durch Künstlerinnen und Künstler durch die Schaffung von beispielsweise Ateliers, aber auch Arbeitsräumen für andere Kreative. Das Gebäude ist riesig, weshalb viele Nutzungen gleichzeitig möglich sind. Natürlich muss hier gemeinsam gedacht werden, es ist ein Konzept, in dem alles zusammenfließt, zu erstellen.

Bei der musealen Nutzung, Sie haben es eben erwähnt, ist das Alliiertenmuseum auf jeden Fall ein Ankermieter, wo mit Mitteln des Bundes in Hangar 7 diese Seite der Kultur erst einmal angesiedelt wird. Wir haben hier durchaus den klassischen Ort für die Diskussion über die Nachkriegsgeschichte. Hier könnte man auch noch andere museale Nutzungen hinzudenken. Sie nannten das Luftfahrtmuseum, bei uns wäre das in Berlin sicher ein Teil des Technikmuseums, vielleicht auch Archivteile des Technikmuseums, die man dort sinnvollerweise ergänzen könnte.

Das Gebäude selbst ist ein Zeugnis für die Entwicklung des Luftverkehrs. Es ist einzigartig, Sie haben es gesagt, – auch als Baudenkmal. Aber natürlich führt die Geschichte des Geländes und des Gebäudes auch tief in die

(Antje Kapek)

Zeit des Nationalsozialismus mit all ihren Schrecken. Der Runde Tisch unter Vorsitz von Dr. Nachama hat dies gerade dokumentiert. Tempelhof ist ein Ort der Erinnerungskultur.

Ein Ort der Bühnennutzung soll Tempelhof auch werden, als weiterer Spielort für die Volksbühne unter der Intendanz von Chris Dercon ab 2017. Aber es gibt nicht nur den Hangar 7, es gibt weitere Hangars, die erst baulich erschlossen werden müssten. Investitionen sind hier in der Tat erforderlich, aber nicht nur hier, sondern auch in die vielen Büro- und Lagerräume, die sich nun gerade für die Vermietung an Kreative, an Künstlerinnen und Künstler, anbieten.

Der Kulturort Tempelhof, das scheint ein konsensfähiger Gedanke im gesamten Haus zu sein. Ich nehme an, dass Frau Yzer nicht vorhat, dort eine Shopping-Mall unterzubringen, wie Sie das unterstellt haben. Es wird ein Ort gehobener Nutzung sein, sagen wir es einmal so.

Der Begriff „Kulturhafen“, den Sie in die Diskussion eingebracht haben, da weiß ich nicht, ob ich den schön finden soll. Es hat sich für mich zuerst eine Verwechselung mit dem Tempelhofer Hafen ergeben, der im selben Bezirk vorhanden ist,

[Zuruf von Oliver Schruoffeneger (GRÜNE)]

wo in der Tat auch Nutzungen des Kommerzes und der Unterhaltung angesiedelt sind. Wir können uns über den Begriff auch noch unterhalten. Daran wird es sicher nicht hängen. Ich freue mich jedenfalls auf die Diskussionen in den Ausschüssen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Kollege Jahnke! – Der Kollege Brauer spricht jetzt für die Linksfraktion, und ich erteile ihm das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich gar nicht auf die Diskussion in den Ausschüssen, weil ich befürchte, dass wir dort wieder in eine Endlosschleife kommen.

[Oliver Friederici (CDU): Warum freuen Sie sich nicht auf die Ausschussberatungen?]

Ich sagte, wir kommen wieder in die Endlosschleife. Ich werde jetzt versuchen zu argumentieren. – Ich verstehe ja, Frau Kapek, dass Ihnen Tempelhof im Magen liegt. Das ist ja auch ein ziemlich großer Stein, zumal die Tempelhof-Schöneberger Stadträtin für Stadtentwicklung, unsere geschätzte ehemalige Kollegin, Frau Dr. Klotz, von den Grünen kommt. Irgendwie müssen Sie im Vor

feld der Wahlen auch in Tempelhof-Schöneberg mal wieder etwas positiver als Gestalterinnen in die Medien kommen. Da kann ich alles nachvollziehen. Das waren Sie – und damit lassen Sie es doch bitte gut sein!

Konkret zum Antrag: Sie werfen dem Senat Unvermögen im Umgang mit diesem Nazibetonklopper vor. Da stimme ich Ihnen zu, recht haben Sie. Sie wissen aber auch, dass das momentan selbst für Sie nicht so einfach wäre. In seiner Neigung zu miserabel kommunizierten Einzelentscheidungen nach Gutsherrenart hatte der seinerzeitige Regierende Bürgermeister zugunsten seiner Modelabelfreunde vollendete Tatsachen geschaffen, und die sind nicht so leicht zu ignorieren. Da hat sich nun einmal Bread and Butter eingenistet und so leicht sind die nicht rauszukriegen. Mit den Zalando-Managern, die das Format übernommen haben, ein Agreement zu treffen, Frau Wirtschaftssenatorin, das haben Sie leider verpasst. Zalando wurde schließlich mit nicht unbeträchtlichen GRW-Mitteln des Landes unterstützt. Da hätte man miteinander reden müssen.

[Oliver Friederici (CDU): Der übliche Klassenkampf!]

Das ist Blödsinn, was Sie da schwätzen, Herr Kollege! – Sie wollen einen Kulturhafen im weitesten Sinne, nun gut. Wenn die Politik mit einer Schrottimmobilie oder einem heruntergekommenen Stadtviertel nicht mehr weiterweiß, muss immer die Kultur zum Aufhübschen ran. Ich finde das einfallslos, zumal die Künstlerinnen und Künstler in der Regel die Ersten sind, die wieder rausfliegen, wenn die Stadtentwicklungsmaßnahme, deren Mittel zum Zweck sie waren, gegriffen hat. Als Zwischennutzer sind Künstlerinnen und Künstler immer gut genug, kann man dann aber wieder Rendite aus der Immobilie herausschneiden, dann müssen sie gehen. Was soll das eigentlich?

[Michael Dietmann (CDU): Klassenkampf!]

Als Ankermieter zwei oder drei Museen nach Tempelhof zu locken, das ist auch nicht besonders originell. Das Alliiertenmuseum geht völlig in Ordnung, daneben ein Museum des Kalten Krieges, mein Gott, wie witzig soll denn das sein? Weil es jetzt am Checkpoint Charlie nicht mehr klappt? – Übrigens, wenn man das seinerzeitige Senatskonzept aufmerksam liest, war das durchaus als wissenschaftlich solide begründeter Kontrapunkt zur musealen Rumpelkammer des Hauses am Checkpoint Charlie gedacht. In Tempelhof aber macht das neben dem Alliiertenmuseum eigentlich keinen Sinn. Ein Luftfahrtmuseum, wie Sie dieser Tage und soeben wieder verkündeten, nun ja, warum eigentlich nicht? Aber das Land Berlin wäre damit vollkommen überfordert. Berlin hat schon erhebliche Probleme, das Deutsche Technikmuseum einigermaßen auskömmlich zu finanzieren. Sehen Sie sich doch bitte einfach den Zustand des Stadtmuseums oder – nicht vom Stadtmuseum getragen, aber gleich daneben – des historischen Hafens an. Jetzt fehlt nur noch der wiederholte Prüfauftrag, die ZLB wieder in das

(Frank Jahnke)

Gebäude zu wuchten. Das war alles schon einmal da. „Viel Lärm um nichts“ heißt das bei Shakespeare.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Oder: „Was ihr wollt“!]

Mit Verlaub, hier geht es nicht um irgendwie besonders kunsttaugliche Räume, es geht überwiegend um Büro- und Gewerbeflächen – und das in Größenordnungen.

Aber einen sinnvollen Ansatz enthält Ihr Antrag: eine breite öffentliche Diskussion über die Möglichkeiten einer künftigen Nutzung des Bestandsgebäudes zu entfachen. Die braucht aber ihre Zeit, und das kostet. Ein schlüssiges Gesamtkonzept, wie Sie schreiben – ich höre dann immer gleich „Masterplan“, aber Masterpläne in Berlin zeichnen sich ja meistens dadurch aus, dass sie scheitern und fortgeschrieben werden müssen –, gemeinsam mit vielfältigen Nutzerinnen und Nutzern aus Kultur, Kreativwirtschaft und Start-up-Szene – das sind ja wirklich die berühmten Äpfel mit den Birnen und dann auch noch den Zitronen vermischt – bis zum 31. Dezember 2015 zu entwickeln, wie Ihr Antrag verlangt, das würde, glaube ich, noch nicht einmal eine grüne Alleinregierung hinkriegen.

Apropos Regierung: Frau Kapek! Wir halten die jetzige ja auch für hochgradig unfähig, solche Probleme zu lösen, und wir würden auch ganz gern mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, einen Schritt weiterkommen, aber ein bisschen mehr Augenmaß und Rationalität als in diesem Antrag muss dann schon hinein. Wir erkennen die Absicht, aber das Mittel ist relativ untauglich. – Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Kollege Brauer! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Kollege Stefan Evers, und ich erteile es ihm. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Brauer! In der Tat, auch wir hätten es lieber, dass Rot-Rot Probleme gelöst hätte, als dass wir uns heute mit ihnen beschäftigen müssten, aber das tun wir, und das ist auch richtig so.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Antje Kapek (GRÜNE) – Zuruf von Dr. Gabriele Hiller (LINKE)]

Über Ihren Antrag, liebe Frau Kollegin Kapek von den Grünen, freue ich mich ganz ausdrücklich, und das nicht, weil er, sondern obwohl er nichts Neues enthält. Vieles von dem, was Sie dort zusammengeschrieben haben, werden Sie von Ihrem Besuch mitgenommen haben, den es jüngst seitens der Grünen-Fraktion in Tempelhof gab.

Manches erkennt man da wieder, auch manches Richtige. Darauf gehe ich gern gleich ein.

Aber etwas Neues hat er doch. Die wahre Neuigkeit steht nicht drin, und über die wahre Neuigkeit ist auch wenig geschrieben worden. Die einzige Neuigkeit ist nämlich, dass die Grünen die Schnapsidee, die ZLB im Tempelhofer Flughafengebäude unterzubringen, endlich beerdigt hat. Das wurde auch Zeit.

Was die Frage der jetzt diskutierten Nutzung angeht, freue ich mich, dass sich scheinbar andere Kräfte in der Fraktion – ein ausdrückliches Lob an Sie, Frau Kollegin Ludwig – durchgesetzt haben, die gesagt haben: Ja, auch hier muss ein Fokus auf einer wirtschaftlichen Entwicklung des Flughafengebäudes liegen, und die Wirtschaftlichkeit der Entwicklung ist, glaube ich, das entscheidende Kriterium, das uns nunmehr eint und das wir mit einer ZLB nie erreicht hätten – jenseits dessen, dass sie alle funktionalen Grenzen des Gebäudes gesprengt hätte.

[Jutta Matuschek (LINKE) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Matuschek?

Die kann sich gern im Anschluss melden.

Dann ist es keine Zwischenfrage mehr. Also Anschlussfragen kriegen wir nicht. Das gibt es nicht.