Herr Präsident! Frau Abgeordnete Schmidberger! Wie das jetzt im Detail in Neukölln-Nord aussieht, kann ich Ihnen nicht sagen. Begründete Einzelfälle – um zu erläutern, was wir damit meinen – wären beispielsweise sehr viele Sozialwohnungen, die in der Umgebung des Bauvorhabens schon vorhanden sind, oder wenn das Bauvorhaben in irgendeiner Art und Weise unwirtschaftlich werden würde. Das wären begründete Einzelfälle. Ich werde Ihre Frage zum Anlass nehmen, mit dem Bezirksamt Neukölln Kontakt aufzunehmen, und mir diesen Fall vornehmen.
Damit kein Zweifel daran entsteht, welcher Bezirk es letztlich auch ist: Wir haben vor, dieses Modell der kooperativen Baulandentwicklung tatsächlich durchzusetzen und werden das gegebenenfalls als Landesregierung auch sehr deutlich machen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat: In welchem Austausch steht der Senat mit dem Jugendamt FriedrichshainKreuzberg im Zusammenhang mit den aufgedeckten pädophilen Missbrauchsvorfällen in den Siebzigerjahren?
Sehr geehrter Herr Simon! Ihnen geht es auch speziell um einen Fall nicht nur in den Siebzigerjahren, sondern auch in den Neunzigerjahren, glaube ich, der im Zusammenhang mit einem Jugendhilfeträger aufgetaucht ist, der
Ferienreisen angeboten hat und über den Bezirk finanziert worden ist. Der Träger war damals auf Erlebnispädagogik spezialisiert und hat sogenannte Fantasiereisen angeboten. Damals kam heraus, aufgrund der Rollenspiele, so war das Konzept der Ferienreisen aufgebaut, dass es Überforderungen von Kindern bis hin zur Traumatisierung gegeben hat. In den Neunzigerjahren sind wir darauf aufmerksam gemacht worden und sind dem nachgegangen. Wir hatten Gespräche mit dem Bezirk, und der Bezirk hat damals auch reagiert und sich von dem Träger getrennt. Die Bürgermeisterin hat das Thema im Zusammenhang der Diskussion um den sexuellen Missbrauch damals jetzt noch mal aufgegriffen, um noch genauer nachzuschauen, ob dieses Thema von damals auch in den Zusammenhang zu stellen ist. Wir sind mit dem Bezirk, mit dem Jugendamt im Gespräch, und ich gehe davon aus, dass es eine entsprechende Prüfung gibt.
Danke schön! – Ist dem Senat bekannt, ob pädophile Netzwerke von der Unterstützung des Jugendamts Kreuzberg durch Nutzung von Räumlichkeiten oder finanzielle Zuweisungen profitiert haben?
Frau Senatorin! Gehen Sie mit mir konform, dass das Problem des sexuellen Missbrauchs, insbesondere in den Siebziger-, Achtzigerjahren, in Verbindung mit öffentlichen Verwaltungen nicht nur ein Problem des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg, damals Kreuzberg, gewesen sein könnte, sondern dass es auch in anderen Bezirken lohnen würde nachzuschauen, was in der Zeit damals passiert ist?
Sehr geehrter Herr Birk! Ich teile es, dass man dieses Thema nicht auf einen Bezirk konzentrieren kann, sondern dass man sich insgesamt diesem Thema stellen muss. Aufgrund dessen haben wir uns auf Bundesebene stark eingebracht, wo es den Runden Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“ gab und es darum ging, dass die Länder einerseits recherchieren, wie sich dieses Thema damals gestaltet hat, und wo es auch um eine Verantwortungsübernahme der Länder, der Jugendämter geht, der entsprechenden Strukturen, wenn solche Dinge vorgekommen sind. Ich finde, dass wir uns sehr detailliert mit diesen Themen auseinandersetzen müssen, genauso wie wir das bei der ehemaligen Heimerziehung Ost und West gemacht haben. Hier muss der Staat Verantwortung übernehmen, wenn es Missbrauch oder andere Dinge gegeben hat, die heutzutage in keiner Weise akzeptiert werden würden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wie groß ist eigentlich Ihre Uneinigkeit, dass Sie die maßgeblichen Entscheidungen zur Sanierung und Nutzung des ICC nun wieder der nächsten Regierung in die Schuhe schieben, wo doch Herr Müller noch vor wenigen Wochen felsenfest versicherte, das ICC schnell und kompromisslos zum Kongresszentrum und zu nichts anderem zu machen?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Ich kann die große Uneinigkeit in dem Ziel nicht erkennen. Klar ist, dass es eine große uns schwierige Aufgabe ist, mit dem ICC umzugehen, und das muss man auch offen und ehrlich sagen. Es ist ein schwieriges Gebäude in der Lage, in der Nutzung; es ist schwierig, nachdem aktuell dort kein Betrieb mehr stattfindet, und es ist eine große finanzielle Anstrengung, damit in welcher Variante auch immer umzugehen. Das hat gar nichts mit der aktuellen Koalition zu tun. Sie wissen, dass das seit zehn, 15 Jahren in den unterschiedlichsten Konstellationen und im Übrigen auch in einem bunten Umfeld aller beteiligten Abgeordnetenhausfraktionen diskutiert wird.
Also, das ist einfach das Problem beim ICC, aber es zeichnet sich ja ab, dass wir in diesem Haushalt, der demnächst im Parlament beraten wird, einen Weg klar vorgeben werden und uns klar zu einer zukünftigen Kongressnutzung positionieren. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass es für das Land Berlin möglich ist, auch im ICC Messe- und Kongressgeschäft stattfinden zu lassen. Wir brauchen dringend Messe- und Kongressflächen. Sie sind wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins. Wir haben ein Kongresszentrum, und dann ist es auch richtig und wichtig, dieses Kongresszentrum so zu ertüchtigen, dass man den Flächenbedarf und das Flächenangebot, das wir haben, zusammenführen kann.
Aber wir wissen auch, dass sich dieses Geschäftsfeld in den letzten 30, 35 Jahren weiterentwickelt hat, dass es unter ganz anderen Vorgaben ausgestattet sein muss, als man es vor 35 Jahren gebaut hat, und insofern können auch angrenzende Nutzungen eine Rolle spielen. Zum Beispiel kann ein Hotelangebot eine Rolle spielen, es kann ein Gastronomieangebot eine Rolle spielen. Alles das werden wir im Dialog mit den Abgeordnetenhausfraktionen, den beteiligten Wirtschaftsverbänden und der Messe selbst, die ja betreiben muss, weiter konkretisieren. Wichtig ist mir, dass wir mit diesem Haushalt unumkehrbar den Weg einschlagen, dass im ICC Messe- und Kongressflächen ertüchtigt werden, so dass diese Flächen der Messe wieder für ihr Kerngeschäft – nämlich Kongresse in unserer Stadt anzubieten – zur Verfügung stehen.
Ich frage mich schon, was das für eine Planung ist, die das ICC 2016 und 2017 nicht anfasst und damit natürlich den Kongressstandort nachhaltig gefährdet. Konkret zu dem springenden Punkt: Schließen Sie die komplementäre Nutzung als Shoppingcenter für das ICC aus?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! In den letzten Jahren wurden mehrere Komplettvarianten untersucht. Da war alles dabei, von Sporthalle über Spielcasino, Shoppingmall bis was weiß ich nicht noch alles. Es ist ganz eindeutig, und das sagen alle Gutachten: Alle diese Varianten werden nicht tragen.
Warten Sie doch mal ab! Sie stellen eine Frage, und da muss es doch erlaubt sein, dass ich so antworte! – All diese Varianten tragen nicht. Es funktioniert nicht, dort ein Spielcasino zu machen – unabhängig davon, dass ich das für einen großen Quatsch halten würde. Es geht nicht, dort eine Shoppingmall mit 40 000 oder 45 000 Quadratmetern zu machen, weil das erhebliche Auswirkungen auf den angrenzenden Einzelhandel hätte, den wir rund um das ICC haben. Deswegen haben wir uns dagegen entschieden, und deswegen wird es am nächsten Dienstag eine gemeinsame Senatsvorlage der Stadtentwicklungs- und der Wirtschaftsverwaltung geben, wo klar ist: Kerngeschäft des ICC ist es, Kongressflächen anzubieten, und nicht, ein besseres KaDeWe zu werden. Das ist eine klare Positionierung des Senats.
Ich kann aber nicht ausschließen – und warum sollte ich es auch? –, dass es, wenn es das Kerngeschäft Messe- und Kongressflächen gibt, dazu drei Geschäfte und zwei Cafés gibt. Was ist daran schlimm, wenn es diese Ergänzung zum Kerngeschäft Kongressangebot gibt? Wir werden gemeinsam mit allen Beteiligten diskutieren, ob es so eine Form von Mischnutzung gibt.
Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister! Da bis zum Jahr 2018 der Mangel an großen Kongressflächen schon da ist, frage ich Sie: Gehört zur Einigung der Koalition auch die Zustimmung zu einem City-Cube II, den die Messegesellschaft gern schon bis zu diesem Jahr errichten will, damit die geplanten Kongresse stattfinden, die Berlin auch braucht?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Matuschek! Nein, das gehört erst einmal nicht dazu! Ich staune auch: Der Kollege Zillich hat schon mehrfach reingerufen, es sei ja ungeheuerlich; das ICC koste ja 400 Millionen!
Ich versuche einmal, das ein bisschen grundsätzlicher darzustellen: Es wird immer wieder gesagt, wir hätten
keine Kongressflächen, und das Land Berlin müsse etwas für mehr Kongressflächen tun. – Das Land Berlin hat der Messe ermöglicht, den City-Cube zu bauen, und der ist ein Kongressangebot. Die Messe nutzt diese Kongressfläche als Messefläche, weil sie sagt, dass sie damit einen besseren Gewinn erzielen könne. – Das ist dann die unternehmerische Entscheidung der Messe. Dann müssen die damit auch entsprechend umgehen. Aber Sie können nicht sagen, das Land Berlin müsse City-Cube I, II, III, IV und V bauen, bloß weil die das anders nutzen.
Das Land Berlin hat Kongressfläche ermöglicht. Dazu gibt es weitere, auch private Angebote. Das ist vielleicht das Estrel, das uns allen sehr präsent ist, weil es da ein hervorragendes Angebot gibt. Ab 2018 werden wir für 3 000 Kongressteilnehmer ein großes Kongresszentrum rund um die O2-World haben. Es kommen andere Angebote dazu. Da erwarte ich von der Messegeschäftsführung ein bisschen Kreativität, um das eigene Angebot mit dem, was Private mir bieten, zusammenzuführen.
Ich will noch etwas zum Kollegen Zillich sagen: Ich weiß, dass das alles teuer ist. Der City-Cube II bis VIII ist teuer; die Sanierung des ICC ist teuer; das Messegelände so umzugestalten, dass man da auch Kongresse machen kann, ist teuer – aber man muss sich irgendwann nach Jahren der Diskussion für einen Weg entscheiden. Denn das Problem wird im Laufe der Jahre nicht besser.
Es gehört zur politischen Arbeit, alle Varianten zu diskutieren. Wir haben jetzt 17 Gutachten, und jetzt wird auch einmal entschieden. Es wird keine kostengünstige oder keine Variante geben, die uns nichts kostet. Auch wenn Sie mit dem ICC nichts machen – was passiert denn dann mit dem Gebäude? Lassen Sie es einfach so liegen und schmeißen den Schlüssel weg? – Diese Vorstellung ist doch absurd! Jede Form der Sanierung für andere Nutzungen, jede Form von Rückbau, jede Form von anderen City-Cube-Angeboten, weil das ICC als Kongressfläche nicht genutzt werden kann, kostet erhebliches Geld. Aber das ist Geld für eine wichtige Investition, die dem Land Berlin wieder zugute kommt. Berlin profitiert von der wirtschaftspolitischen Entwicklung, dass Messen und Kongresse in erheblichem Umfang in unserer Stadt nachgefragt werden. Es gehört zu vorausschauenden Wirtschaftspolitik, darauf zu reagieren und diese Angebote zu schaffen – wir schaffen sie jetzt und steigen in die ICCSanierung ein.