Protocol of the Session on February 19, 2015

Im Haushalt 2014/15 investieren wir wieder über 100 Millionen Euro in unsere Bäder-Betriebe. Wir bekennen uns damit zu den Bäder-Betrieben und machen deutlich, dass Schwimmen für uns zur Daseinsvorsorge gehört. Die Haushaltsmittel werden aber voraussichtlich nicht reichen, denn Sanierung und Erhalt der Wasserflächen kosten weitaus mehr. Deshalb müssen wir bei den anstehenden Haushaltsberatungen den Zuschussbedarf der Bäder-Betriebe voraussichtlich etwas korrigieren.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ein weiterer Faktor spielt hier mit hinein: Wir haben momentan ein Angebot an Wasserfläche wie noch nie zuvor. Denn die Bäder-Betriebe haben Finkensteinallee, Gropiusstadt und Spandau-Süd wieder ans Netz genommen. Damit steht den Berlinerinnen und Berlinern deutlich mehr Wasserfläche zur Verfügung. Wer einmal vor Ort ist, kann feststellen, dass Schul- und Vereinsschwimmen jetzt wieder ohne Umwege durchgeführt werden können. Mit diesem Angebot und dieser Initiative wollen wir neben dem Schulschwimmsport den Kinder- und Jugendsport stärken, damit noch mehr Kinder frühzeitig schwimmen lernen und Spaß an dieser faszinierenden Sportart haben. Auch das ist ein Grund, weshalb wir uns keine Bäderschließung vorstellen können. Damit einhergehend ist übrigens zwingend erforderlich, dass die Zusammenarbeit der Bäder-Betriebe mit den Sportvereinen weiter ausgebaut wird. Ich denke da an die Schlüsselverträge. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir den Bedarf der wachsenden Stadt erkennen. Wir als Fraktion erwarten den Erhalt sämtlicher angebotener Wasserflächen,

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

auch im Blick auf den Kern des neuen Konzepts 2025: den Neubau zweier Pilotprojekte in Mariendorf und Pankow, wo wir 60 Millionen Euro für 365-TageMultifunktionsbäder einsetzen. Wir begrüßen diese Entscheidung. Vor allem begrüßen wir als Sportpolitiker, dass diese Bäder durch Haushaltsüberschüsse aus dem

Sondervermögen SIWA finanziert werden. Das ist mehr als konsequent. Denn durch die gute Politik dieses Senats, insbesondere die sehr gute Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, sind diese Steuermehreinnahmen möglich geworden, und deshalb ist es nur gerecht, einen Teil dieser Steuermehreinnahmen an die Berlinerinnen und Berliner zurückzugeben.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Insbesondere der Blick auf das bisherige Kombibad Mariendorf zeigt, dass dieser Standort ohnehin einen Investitionsbedarf von 15 Millionen Euro hat. Es ist daher nur folgerichtig, hier einen Neubau zu finanzieren, der unter dem Strich mehr Besucher anlocken wird. Aber auch der Standort Pankow ist meiner Meinung nach gut gewählt, denn wir alle wissen, dass dieser Bezirk momentan so schnell wächst wie kaum ein anderer. Daher gilt auch für dieses Freizeit- und Wellnessbad in Pankow, dass das Geld in einen nachhaltigen und umweltschonenden Neubau sinnvoll angelegt ist.

Wir müssen bedenken, dass die Bäder mit zwei grundsätzlichen Erwartungen aufgesucht werden, nämlich mit der Spaß- und der Entspannungserwartung. 63 Prozent der Benutzer wollen Entspannung. Die Bäder-Betriebe müssen familiengerechte Zusatzprogramme bieten und damit die Kunden in die Bäder locken. Ich denke da an das Meerjungfrauenschwimmen. Wir können es uns nicht leisten, bestimmte Zielgruppen nicht durch ein ausreichendes Angebot zu begeistern. Insofern bietet die nutzerorientierte Bäderstruktur, also die zwingend notwendige Aufgliederung der Bäder nach Nutzergruppen, klare Vorteile: Wir umgehen damit Konfliktpotenziale wie Wassertemperatur, Lautstärke und Sportschwimmen. Wir haben ein großes Netz an Bädern, was im Gegensatz zur Meinung der Opposition keine regionale Unterversorgung ist. Allerdings möchte ich auch betonen: Dieses Bäderkonzept fügt sich hervorragend ein in unsere Ankündigung der Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele. Dieses Bäderkonzept verstehe ich als einen bewussten Bestandteil einer ökonomisch nachhaltigen und umweltschonenden Interessenbekundung des Senats. Ich sage Ihnen: Wir werden als Koalition mit diesem Konzept vor allem den Breitensport, den Behindertensport und den Leistungssport stärken und mit diesem Konzept vielen ehrenamtlich engagierten Personen in unseren tollen Vereinen etwas zurückgeben. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Grünen jetzt Frau Kollegin Schillhaneck, bitte schön!

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bäderkonzept: Was lange währt, wird – na ja, weiß ich nicht so genau. Wer sich diese Unterlage genau anguckt, wird schon auf der ersten Seite über eine Sache stolpern: Bäderkonzept 2025. Im Gegensatz zu den letzten Ausführungen des Kollegen Trapp stelle ich erfreut fest, es gibt auch sportpolitische Fragen, die offensichtlich nicht direkt an Olympia gekoppelt sind. Und das ist doch schon einmal positiv für diese Stadt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Ist das jetzt das große Konzept, oder haben wir es hier nicht eigentlich mit einem Konzeptchen zu tun?

[Martin Delius (PIRATEN): Mehrere!]

Ja! – Wenn man das genau durchliest, stellt man fest, nach langen Auseinandersetzungen mit dem Chef der Bäder-Betriebe, der in den Ausschüssen dieses Hauses mehrfach erklärt hat, man müsse wahrscheinlich Bäder schließen und mit einigen wenigen Schwerpunktbädern agieren, dann sei alles gut, stelle ich außerdem erfreut fest: Die Frage von Bäderschließungen ist offensichtlich erst einmal weg vom Tisch. In der Tat haben wir ein großes Problem mit der angemessenen Versorgung mit Wasserflächen in der Breite. Herr Kollege Trapp! Wenn Sie sagen, wir hatten noch nie so viele Wasserflächen zur Verfügung – stimmt nicht ganz, aber man muss in der Tat, glaube ich, ungefähr zwei Jahrzehnte zurückgehen, um festzustellen, wann wir das letzte Mal so viele Bäder, wie sie sagen, „am Netz hatten“.

[Martin Delius (PIRATEN): Seit der Sinus-Studie nicht mehr!]

Ich weise aber auch darauf hin – wahrscheinlich gehen auch bei Ihnen die E-Mails ein: Charlottenburg ist jetzt gerade geschlossen

[Martin Delius (PIRATEN): Ja! – Peter Trapp (CDU): Legionellen!]

Legionellen, dumme Sache! –, dass wir auch in der Breite trotz angeblich abgeschlossenem Bädersanierungsprogramm einen erheblichen Sanierungsbedarf haben. Genau deswegen bin ich doch ein bisschen enttäuscht von dem, was hier vorgelegt worden ist, was eher ein kleines Konzeptchen ist als wirklich ein großes Konzept, das uns zeigen würde, wohin sich die Bäderlandschaft entwickeln soll, und vor allem, wie wir die Probleme unserer Berliner Bäder-Betriebe angehen sollen. Dazu sagen Sie relativ wenig.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Denn was sind die Probleme, vor denen wir stehen? – Wenn man sich die Unterlage genau durchliest, stellt man fest, in der Tat gehen die Berlinerinnen und Berliner relativ selten ins Bad. Da stellt sich die Frage: Warum?

(Peter Trapp)

[Oliver Friederici (CDU): Alles redet sie schlecht! Unerhört! Da könnte ich mich schon wieder aufregen!]

Ich zitiere Ihnen einfach die Vergleichszahlen, und zwar aus dem Jahr 2013. Das ist nicht das letzte Jahr mit dem etwas unkalkulierbaren Sommer, der ja angeblich für den Einbruch der Nutzerinnen- und Nutzerzahlen im Bereich Sommerbäder verantwortlich war, sondern: 2013 in Berlin durchschnittlich 1,9 Badbesuche pro Einwohnerin oder Einwohner pro Jahr. Im Bundesdurchschnitt sind es im Vergleich dazu 2,84. Da stellt sich die Frage: warum eigentlich?

[Gongzeichen – Oliver Friederici (CDU): Das ist der Schlussgong!]

Entschuldigung! Eigentlich wollte ich nur darauf hinweisen, dass es schön wäre, wenn es ein bisschen leiser ginge. Danke schön!

[Heiterkeit – Beifall bei den GRÜNEN]

Ja, ich weiß, ich darf die Kolleginnen und Kollegen nicht mit zu vielen Zahlen überfordern. Das ist ein bisschen anstrengend. – Aber nichtsdestotrotz stellt sich die Frage, warum. Wenn ich mir die Sinus-Studie angucke, auf die sich Herr Bested Hensing immer beruft und auf die sich der allergrößte Teil dieses Bäderkonzepts beruft, stelle ich fest: So genau ist diese Frage gar nicht ergründet worden. Wir wissen eigentlich gar nicht, warum Berliner und Berlinerinnen relativ selten ins Bad gehen.

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Aber ich wage nach dem, was bei uns allen an E-Mails eingeht, was eine allgemeine Umfrage ergibt, wenn man ein Schwimmbad besucht – ich weiß nicht, wer von Ihnen das regelmäßig tut –, eine Erklärung.

Erster Punkt: Viele Menschen beschweren sich darüber, dass unsere Bäder voll sind. Sie sind einfach wahnsinnig voll. Das ist ein dezenter Hinweis darauf, dass wir offensichtlich doch, auch wenn es vielleicht einmal weniger Wasserflächen waren, immer noch zu wenig haben. Denn wem das Schwimmbad zu voll ist, der geht da nicht hin, ganz simpel. Es ist auch sehr gut, dass die Frage von weiteren Schließungen vom Tisch ist, denn: Noch weniger Wasserflächen würde gar nicht funktionieren.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Wenn ich mir die Frage stelle, wie können wir durch zahlende Kundschaft in den Schwimmbädern dazu kommen, dass die Bäder-Betriebe einen höheren Deckungsbeitrag erwirtschaften, dann muss ich mir die Frage stellen, was denn die Leute da wollen. Auch da kommen wir

wieder zu dieser hübschen Sinus-Studie, die ein bis zwei kleine Pferdefüße hat. Erstens: Der Anteil von Berlinerinnen und Berlinern, die da befragt worden sind, war relativ gering. Das sind 200 und noch etwas, nicht einmal 20 Prozent der Befragten kamen tatsächlich aus Berlin. Inwiefern ich dann aus dieser Studie ableiten möchte, dass der Berliner, die Berlinerin eigentlich ein Multifunktionsspaßbad haben möchte, erschließt sich mir als durchschnittlich statistisch gebildeter Person nicht.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

An der Stelle muss ich sagen: Ich verstehe nicht, warum Sie darauf alles aufbauen.

Zweiter Punkt: Wonach ist gefragt worden? Welches Konzept hätten Sie denn gern? Es sind unterschiedliche Konzepte vorgestellt worden. Dann ist eine Frage gestellt worden, nämlich: Was würden Sie für eine Tageskarte bezahlen? – Meine Güte!

[Martin Delius (PIRATEN): Das kommt auf den Zustand des Bades an!]

Wer geht denn davon aus, dass das einzige Ziel einer Nutzung, eines Schwimmbadbesuchs ist, dass ich den ganzen Tag da verbringen will? Das ist doch lebensfremd.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Seit Januar letzten Jahres haben wir ein neues Preiskonzept. Auch der Kollege Trapp hat auf die Notwendigkeit von sozialverträglichen Tarifen hingewiesen. Ganz ehrlich: Ich persönlich kann nicht verstehen, was an 7,50 Euro für ein sogenanntes freizeitorientiertes Bad, wo ich gezwungen werde, eine Tageskarte zu nehmen, selbst wenn ich mit meiner Tochter nur anderthalb Stunden lang schwimmen gehen will, sozialverträglich sein soll.

[Starker Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Benedikt Lux (GRÜNE): Gar nichts!]

Wenn ich dann hier lese, was in Ihrer Unterlage steht, finde ich das einigermaßen frech. Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich hier aus dem Bäderkonzept:

Bei den aktuellen Tarifen,

Wir hatten eine Tariferhöhung, ja. –

die viele Besucherinnen und Besucher als hoch empfinden,

Aha, diese Information ist also im Senat angekommen. –

wird eine deutliche Leistungssteigerung erwartet.

Kann ich nachvollziehen: Wer mehr zahlt, möchte dafür auch mehr geboten haben, übrigens auch bei den hygienischen Zuständen, beim Platz zum Sporttreiben oder auch Plantschengehen und allem anderen.