Protocol of the Session on January 12, 2012

Dieser Schulfrieden soll auch sicherstellen, dass bereits gestartete Reformen ihre Wirkung entfalten können.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sie haben sowieso keine Alternative!]

Mit der Abschaffung des JÜL-Zwangs und dem weitgehenden Moratorium haben wir die Sorgen vieler Eltern beilegen können. Natürlich freuen wir uns, dass im Koalitionsvertrag auch die Stärkung der Gymnasien steht. Ich sage aber auch, dass wir uns als CDU-Fraktion selbstverständlich mehr grundständige Gymnasien oder die Einführung des Wahlpflichtfachs Religion gewünscht hätten. Dass nun aber gerade die Oppositionsfraktionen, die seit Jahren gegen ein solches Wahlpflichtfach sind, uns das nun vorwerfen, ist an Bigotterie nicht zu überbieten.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir unterstützen die Schulsenatorin bei ihrer Bekanntgabe, 300 neue Lehrer einzustellen und freuen uns auch, dass in der Koalition Einigkeit besteht, beim Übergang in die Oberschule Verbesserungen bezüglich der wohnortnahen Schulplätze und der Geschwisterregelung vorzunehmen, denn das Leitbild der Koalition ist eine familiengerechte Stadt. Wir werden daher auch die frühkindlichen Angebote im Bereich der Kindertagesstätten weiter ausbauen. Wir wollen Trendsetter bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in dieser Stadt sein.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Martin Delius (PIRATEN): Glückwunsch!]

Wir wollen den Menschen, die zu uns kommen, Chancen und Perspektiven aufzeigen. Wir haben ein eigenes Kapitel zur Integrationspolitik im Koalitionsvertrag. Das Zusammenleben, der Zusammenhalt und die Vielfalt sind eine Bereicherung für unsere Stadt. Deshalb wollen wir auch die Menschen mitnehmen, beispielsweise bei der wirtschaftlichen Gründung eines Unternehmens. Ich finde

es sehr positiv, dass sich die Zahl von Unternehmensgründungen von Menschen mit Migrationshintergrund in den letzten zehn Jahren verdreifacht hat.

Wir verschließen die Augen aber nicht vor Problemen. Immer noch haben zu viele Menschen auch mit Migrationshintergrund keinen Schulabschluss oder keine abgeschlossene Berufsausbildung. Auch Sprachdefizite sind in manchen sozialen Gruppen ebenso wie ein höheres Armutsrisiko nach wie vor gegeben. Diese Probleme werden wir nachhaltig angehen und mit einer modernen Integrationspolitik beantworten.

Wir erwarten von allen hier lebenden Menschen die Akzeptanz unserer gemeinsamen Werte als Basis für unser Zusammenleben und der Integration. Verleumdungen oder Diskriminierungen unter dem Deckmantel der Religion treten wir entschieden entgegen. Ehrenmorde, Zwangsheirat oder Homophobie werden wir mit allen Mitteln des Rechtsstaats konsequent bekämpfen.

Das ist richtig so. So steht es auch im Koalitionsvertrag.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Herr Finanzsenator! Wir werden auch immer wieder auf den Bund zugehen müssen, um über die finanzielle Ausstattung der Hauptstadt weiter zu reden. Wir wollen, dass sich der Bund in seiner Hauptstadt wohl und gut repräsentiert fühlt. Ob Ausbau der A 100, Schlossneubau, das kulturelle Leben, sicherheitspolitische Notwendigkeiten oder auch die geplante Zusammenarbeit von Charité und Max-Delbrück-Centrum, der Bund unterstützt seine Hauptstadt, und dafür sollten wir auch dankbar sein.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Das ist das Ergebnis der Arbeit von Zöllner!]

Solidarität ist aber auch keine Einbahnstraße. Deshalb, Herr Finanzsenator, wird diese Koalition auch nicht wackeln, was das Thema Haushaltskonsolidierung betrifft. Wir wollen, dass Berlin die Ausgaben fest im Blick hält. Wir wollen aber auch die Einnahmen weiter ausweiten,

[Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN): Wir haben doch jetzt schon den höchsten Hebesatz in ganz Deutschland!]

indem mehr Menschen hier investieren, arbeiten, leben und mitgestalten.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Ich habe mich gefreut, dass der Jahresabschluss 2011 eine gute Milliarde Mehreinnahmen für Berlin ausgewiesen hat. Wir werden aber weiterhin zur Sicherung unserer Handlungsspielräume zusätzlich 75 neue Finanzbeamte einstellen. Es ist auch richtig, die Grunderwerbsteuer nur maßvoll anzuheben und dabei nicht über das Niveau der Nachbarn zu gehen. Falsch wäre es gewesen, auf die von den Grünen vertretene Forderung nach Erhöhung der Gewerbesteuer zu hören. Darauf verzichtet diese Koaliti

on, denn sie wäre keine Einnahmekorrektur. Sie ist gänzlich ungeeignet dafür. Sie würde die Wirtschaftskraft schmälern und damit weniger Einnahmen bringen. Es wird keine Erhöhung der Gewerbesteuer geben.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Die Koalition steht für die Wahrung der Konsolidierungsziele. Wir werden die Schuldenbremse einhalten. Wir wollen bis 2016 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Diese Konsequenz bei der Konsolidierung beraubt uns aber nicht der Handlungsspielräume. Nein, wir wollen diese für die nachfolgenden Generationen sichern. Dafür sind wir gewählt worden.

Auch die Bezirke sollen wissen, Herr Saleh, dass wir sie trotz aller Sparanstrengungen unterstützen und stärken wollen. Die Koalition wird in den beiden kommenden Jahren, 2012 und 2013, die Bezirke mit jeweils 50 Millionen Euro unterstützen, denn die Bezirke sind Dienstleister für die Bürger. Das ist wichtig für eine bürgernahe Politik. Die aktuelle Diskussion in Neukölln über den Wegfall des Wachschutzes an den Schulen ist ein gutes Beispiel für die finanzielle Not der Bezirke. Schulen sind ein Ort der Fürsorge. Wir haben dafür zu sorgen, dass dort Sicherheit und nicht Unsicherheit und Kriminalität besteht. Ich möchte nicht in einer Stadt leben, in der es vorkommt, dass unsere Kinder auf der Toilette oder auf dem Pausenhof einem Junkie begegnen. Das sage ich auch einmal ganz deutlich.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von Elke Breitenbach (LINKE)]

Die CDU hat das Engagement von privatem Wachschutz in Neukölln stets begrüßt und findet die Beendigung dieses Projekts auch falsch. Vielleicht ist es ja möglich, mit dem schon genannten Geld rasch und unbürokratisch Abhilfe zu schaffen, Herr Finanzsenator. Natürlich müssen langfristige Maßnahmen wie beispielsweise die Bildung von Schutzzonen bei Schulen und Kitas sowie verstärkte Polizeipräsenz oder das Anbringen von Chipkarten oder Schließsystemen zu diesem Thema auch auf der Tagesordnung bleiben. Sicherheit und öffentliche Ordnung sind eines der Kernanliegen dieser Koalition. Es ist eine Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Miteinander.

Es gehört zu unserem Selbstverständnis und unseren Grundfesten als Christdemokraten, dass der Bürger einen unabdingbaren Anspruch auf Schutz seiner körperlichen Unversehrtheit hat. Sicherheit darf keine Frage des Geldbeutels sein. Sicherheit muss für jeden gelten, in jeder SBahn, auf jedem U-Bahnhof, auf jeder Straße und auf jedem öffentlichen Platz.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

In Berlin haben im vergangenen Jahr 760 Autos gebrannt.

[Alexander Morlang (PIRATEN): Versicherungsbetrug! – Zuruf von den PIRATEN: Das war die Junge Union!]

Eine Reihe von gewalttätigen Übergriffen im ÖPNV haben die Berlinerinnen und Berliner erschüttert. Die Kriminalitätsbelastung ist angestiegen. Darunter hat das Sicherheitsgefühl der Menschen, der Berlinerinnen und Berliner, gelitten. Die Koalition setzt daher mit ihrem Innensenator Frank Henkel wieder stärker auf das Thema Prävention. Wir wollen die Sichtbarkeit der Polizei auf der Straße erhöhen. Deshalb gibt es auch in dieser Koalition ein klares Zeichen. Unsere Forderung nach der Aufstockung der Polizei um 250 Stellen ist so gut wie beschlossene Sache. Wir wollen an dieser Stelle auch die Feuerwehr und die Justiz nicht vergessen. Die Übernahme einer höheren Speicherfrist bei der Videoüberwachung bedeutet nicht weniger Freiheit und Persönlichkeitsrechte, sondern potenziell mehr Opferschutz. Hier geht Opferschutz vor Täterschutz.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Die Polizisten sollen auch wissen, dass wir an ihrer Seite stehen. Deshalb bietet die Einführung rollierender Namensschilder für die Vollzugskräfte einen besseren Schutz der Privatsphäre für Polizisten und ihre Familien, die vor Übergriffen und Verfolgung sicher sind.

[Alexander Morlang (PIRATEN): Das war doch Täterschutz!]

Das halte ich für ein ganz wichtiges Signal.

Zum Stichwort Polizeipräsident nur so viel:

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Innensenator Henkel hat hier eine sehr verfahrene Situation vorgefunden. Wir unterstützen nachhaltig, dass er entschlossen und konsequent einen Schlussstrich gezogen hat und nach neuen Wegen sucht, die Führungslosigkeit bei der Berliner Polizei zu überwinden. Im Moment reden wir darüber, ein rechtssicheres Verfahren zu finden. Ich habe aber auch keinen Zweifel, dass dieser Senat, wenn es dann um Kandidaten geht, eine Person präsentieren wird, die den Anforderungen an eine moderne Großstadtpolizei und den Sicherheitsbedürfnissen der Menschen gerecht wird.

[Udo Wolf (LINKE): Das ist doch kein Schlussstrich!]

Es sind wieder einmal die Grünen – das muss ich Ihnen auch sagen, lieber Kollege Lux –, die sich jetzt gegen eine zügige Regelung wehren, aber am Tag nach dem 1. Mai „Skandal“ rufen, dass die Polizeiführung nicht besetzt ist.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von Ramona Pop (GRÜNE)]

Bei Innensenator Henkel sind auch die Zehntausenden Sportlerinnen und Sportler dieser Stadt und die rund 100 000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst und ihre Familien in guten Händen, denn Rot-Schwarz hat sich zu dem Ziel bekannt, den Besoldungsabstand bei den Beamten zu den anderen Bundesländern zu reduzieren. Deshalb werden wir jeweils am 1. August dieses und des nächsten

Jahres die Bezüge um zwei Prozent erhöhen. Ich finde das Signal gut, das gestern aus dem Hauptausschuss gekommen ist, dass auch die Übernahme der Auszubildenden bei Polizei, Justiz und Feuerwehr erfolgen wird. Der Nachwuchs wird in diesen personell notleidenden Bereichen Polizei, Justiz und Feuerwehr dringend benötigt.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Frau Kollegin Pop, aber auch der Kollege Wolf haben das Thema Rechtsextremismus angesprochen. Die Kenntnisnahme der rechtsextremistischen Morde hat uns alle erschüttert. Wir haben in einer unserer ersten Sitzungen hierzu gemeinsam eine Entschließung formuliert. Es ist der richtige Weg, dass sich diese Koalition entschieden hat, ein rechtssicheres Verbot der NPD anzustreben. Unterstützen Sie gemeinsam diesen Senat auf diesem Weg! Ich habe vorhin nicht alle Hände klatschen sehen. Eine Fraktion hat wie immer nein gesagt.

[Udo Wolf (LINKE): Sie waren blind auf Ihrem rechten Auge, Herr Graf!]

Das sollte bei diesem Thema nicht der Fall sein. Wenn wir uns einig sind, sollten wir gerade den Innensenator bei der Bekämpfung – auch was das Personal beim Verfassungsschutz betrifft – unterstützen. Wir haben bald Haushaltsberatungen. Aber da schlagen Sie sich in die Büsche, wenn es um ein gemeinsames Signal dieses Hauses geht.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Udo Wolf (LINKE): Es ist zu wenig, was Sie tun! Frau Pop hat sich heute konstruktiv gezeigt. Sie hat ge- sagt, sie wolle nicht zu allem nein sagen. Natürlich ist es so, dass ihrer Partei, die Grünen, nach Stuttgart 21 oder A 100 das Etikett der Neinsager anhaftet. Es gibt auch weitere Sachen wie die internationale Drehkreuzfunktion des Flughafens, das Projekt Mediaspree oder der Bau der TVO – man kann wirklich sagen: zu Luft, zu Wasser und Wege immer dagegen sind. Ich bin sehr gespannt, wann sie in diesem Jahr dann tatsächlich einmal ja sagen. [Beifall bei der CDU und der SPD]

Und Die Linke ergibt sich ihrer sozialistischen Dialektik. Aber Sie haben ja eingeräumt, Herr Wolf, dass es schmerzhaft ist, in der Opposition zu sitzen.

[Udo Wolf (LINKE): Ja, wenn man den Quatsch hört, den Sie erzählen!]

Das kann ich gut verstehen. Ich sitze noch nicht so lange auf den Regierungsbänken. Deswegen will ich mal ein Beispiel nennen: Sie haben mit Ihrer gesamten Fraktion in der vorletzten Sitzung des Abgeordnetenhauses vor der Wahl, am 23. Juni, also drei Monate vor der Wahl, in namentlicher Abstimmung gegen die Abschaffung des Straßenausbaubeitragsgesetzes gestimmt. Und in der zweiten Sitzung nach der Wahl, am 10. November, haben Sie dann mit einem Antrag selbst das von Ihnen mitverantwortete Gesetz wieder abschaffen wollen.

[Zurufe von der LINKEN – Zuruf von Ramona Pop (GRÜNE) – Uwe Doering (LINKE): Sie wissen doch, warum!]