Protocol of the Session on January 12, 2012

geergebnissen liegt die Zustimmung für den neuen Flughafen BER bei der Bevölkerung bei 80 Prozent.

Die Grünen als klassische Dagegenpartei möchten sich hier mit bewusster Ausblendung realpolitischer Fakten positiv darstellen.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Tegel, Herr Kollege!]

Denn die Grünen sind ja leider nur noch in der Lage, einen gemeinsamen Grundkonsens in Fragen des Umweltschutzes zu finden, wo man sich doch fast in allen anderen Politikfeldern innerparteilich streitet.

[Michael Schäfer (GRÜNE): Hätten Sie wohl gerne!]

Diesen grünen Widerspruch werden wir nicht damit unterstützen, dass wir diesem Antrag zustimmen. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen. Der Projekterfolg von BER und die berechtigten Interessen der Bevölkerung sind ein sehr ernstes Thema und eignen sich eben gerade deshalb nicht für den Parteienstreit. Lassen Sie uns daher gemeinsam an dem Projekt BER weiterarbeiten, konstruktiv und lösungsorientiert für die Menschen und den Erfolg des Flughafens, so wie dies SPD und CDU bis zum 3. Juni 2012 und darüber hinaus weiter vorhaben!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat die Abgeordnete Hämmerling.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Friederici! Ich will Sie und diese Rede, die Sie hier abgelassen haben, nicht aufwerten, aber eins muss gesagt werden: Das, was Sie eben behauptet haben, ist Unsinn. Geschichtsklitterung können wir hier nicht zulassen. Das will ich nicht zulassen. Deswegen ergreife ich das Wort in einem Fachbereich, für den ich nicht mehr zuständig bin.

Ich sage Ihnen: Wir haben vor zweieinhalb Jahren hier in diesem Haus den Antrag über ein weitgehendes Nachtflugverbot gehabt. Das war vor der Wahl. Wir mussten gar nicht erst während des Wahlkampfs umschwenken wie Sie und einen solchen Antrag schreiben. Wir mussten einen solchen Antrag auch nicht zwei Monate später wieder zurückziehen. Das mussten wir nicht, weil unsere Politik berechenbar und kontinuierlich und nicht davon geprägt ist, ob gerade Wahlen sind oder wie es gerade in die Gemengelage passt.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Zu dem Thema Flugrouten sind wir nicht, wie von Ihnen eben fälschlich dargestellt, in der Sprachlosigkeit versunken. Wir haben ein weitgehendes Konzept dazu, wie sich Flugrouten darstellen sollen. Wir haben zum Nachtflugverbot übrigens auch Anträge hier im Hause eingebracht, die Sie abgelehnt haben. Und wir haben ein Konzept, nachzulesen auf meiner Website. Da steht die Route über die Gosener Wiesen drin. Das, was das UBA gestern veröffentlicht hat, ist unsere Forderung schon seit einem guten halben Jahr, seitdem wir uns mit dem Thema befasst haben. Also erzählen Sie hier nicht so einen Unsinn. Ich bin noch da, und ich werde gegebenenfalls, wenn Sie sich wieder so äußern, auch das Wort ergreifen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Herr Friederici, möchten Sie antworten? – Sie verzichten darauf. – Dann hat jetzt für die Fraktion der Piraten der Abgeordnete Prieß das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Eröffnung des Flughafens BER in Schönefeld steht vor der Tür, und auf einmal taucht hier ein starker Aktionismus auf. Eigentlich sind sich doch alle Beteiligten in diesem Verfahren, die Flugsicherung, das Bundesministerium für Verkehr, die Länder Berlin und Brandenburg, einig darüber, dass die Beeinträchtigungen für die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten sind. Nur unterschiedliche Kriterien werden angelegt und führen letztendlich zu unterschiedlichen Ergebnissen. Darum ist es an der Zeit, die Diskussion zu versachlichen und die Grundlagen für die Entscheidungen, die in diesem Verfahren gefällt wurden, zu veröffentlichen. Aus diesem Grund ist für uns Piraten auch der zweite Punkt in dem Antrag der Grünen der allerwichtigste: die sofortige Veröffentlichung aller Entscheidungsgrundlagen in diesem Verfahren, sowohl derjenigen, die in die Entscheidung eingegangen sind, als auch derjenigen, die in die Entscheidung eingehen könnten.

Mit der Veröffentlichung des Gutachtens vom Umweltbundesamt ist schon ein Schritt in die richtige Richtung gegangen worden. Es funktioniert allerdings nicht so, wie der Regierende Bürgermeister das heute in seiner Regierungserklärung getan hat und wie es auch Herr Friederici in seinem Vortrag getan hat, dass man sich nur die Rosinen herauspickt und die Argumente heraussucht, die einem genehm sind, sondern man muss das Gutachten auch in seiner Gänze beachten. Da steht z. B. auch dieses Nachtflugverbot drin.

[Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Für ganz Deutschland allerdings!]

In gleicher Weise unterstützen wir auch den Antrag der Grünen dahingehend, dass das Überfliegen des Forschungsreaktors in Wannsee auf jeden Fall verhindert werden muss. An den Ereignissen in Fukushima hat man ja gesehen, dass auch Vorfälle mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit dennoch eintreten können; und das Risiko für die Stadt, für Berlin, ist einfach zu groß, als dass man es aufgrund einer geringen Wahrscheinlichkeit eingehen sollte.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Ich beende hiermit meine Ausführungen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wurde sofortige Abstimmung beantragt. Wer dem Antrag auf Drucksache 17/0076 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, die Linke und die Piraten. Gegenstimmen! – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Gibt es Enthaltungen? – Eine Enthaltung bei der Piratenfraktion und eine weitere bei der SPD. Das ist so festgestellt.

Dann komme ich zur

lfd. Nr. 6:

Mehr Transparenz: Parlament I / Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin (Landesabgeordnetengesetz)

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0075 Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat der Abgeordnete Behrendt. – Bitte sehr!

Danke schön, Frau Präsidentin! – Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu später Stunde geht es um uns selbst. Mit unserem Antrag wollen wir die Transparenzregelungen für uns aktualisieren und modernisieren. Kernelement ist die Veröffentlichung der Einkünfte aus Nebentätigkeiten nach einem Stufenmodell. Pate steht dafür die seit vielen Jahren geübte Praxis des Bundestages, die zwischenzeitlich auch höchstrichterlich abgesegnet ist. Wir nehmen mit diesem Antrag einen Vorgang aus der letzten Legislaturperiode wieder auf, der

dadurch unterbrochen wurde, dass ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes eingeholt werden sollte. Vor allem die Kollegen Gaebler, Gram und Lederer wollten diskutiert und geprüft wissen, ob der Charakter des Berliner Parlaments als Teilzeitparlament einer Übertragung der Bundesregelung entgegensteht. Und das zwischenzeitlich vorliegende Gutachten unseres Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes ist eindeutig. Ich zitiere:

Der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Übernahme der Transparenzregeln des Deutschen Bundestages steht nicht entgegen, dass es sich bei den Mitgliedern des Berliner Abgeordnetenhauses um Teilzeitparlamentarier handelt.

In der Sache geht es darum, für die Wählerinnen und Wähler mögliche Interessenverflechtungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten sichtbar zu machen. Der Souverän soll wissen, wessen Brot sein Abgeordneter isst, um einschätzen zu können, ob und weshalb er dessen Lied singt. Oder, um es mit dem Bundesverfassungsgericht zu sagen:

Das Volk hat Anspruch darauf zu wissen, von wem und in welcher Größenordnung seine Vertreter Geld oder geldwerte Leistungen entgegennehmen.

Und gerade weil wir als Teilzeitparlamentarier wegen häufigerer und intensiverer beruflicher Nebentätigkeiten potenziell einem höheren Risiko der Einflussnahme Dritter ausgesetzt sind, ist eine verbesserte Transparenz hier angezeigt.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Und gerade weil durch die Rückkehr der großen Koalition in dieser Stadt die Gefahr besteht, dass Rot-Schwarz sich die Stadt wieder als Beutegemeinschaft aufteilt, ist auch hier die Transparenz angezeigt.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Zukünftig sollen also die Nebeneinkünfte nicht nur dem Präsidenten mitgeteilt werden, wie das bisher geübte Praxis ist, sondern anhand eines Stufenmodells, von bis zu 1 000 Euro, dann gibt es drei Stufen dazwischen, bis über 7 000 Euro pro Monat, veröffentlicht werden. Zudem soll die Mitteilungspflicht zeitnäher greifen. Es gab in der letzten Legislaturperiode Anlass, da nachzusteuern.

Um diesen Pflichten Nachdruck zu verleihen, sollen Ordnungsgelder wie im Bund eingeführt werden und im Falle der Zuwiderhandlung vom Präsidium verhängt werden können. Aus aktuellem Anlass wollen wir die in nichtehelicher Lebensgemeinschaft Lebenden den Verheirateten gleichstellen, was eine Beschränkung der Beschäftigungsmöglichkeiten im Rahmen der unterstützenden Mitarbeiter angeht. Da soll es ja bei der einen oder anderen Fraktion zu solchen Vorfällen gekommen sein.

Also, werte Kollegen! Was dem Bund Recht ist, sollte uns billig sein. Lassen Sie uns die Vorschläge in den

Ausschüssen beraten und uns in Sachen Transparenz mit gutem Beispiel vorangehen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Kohlmeier das Wort. – Bitte sehr!

[Özcan Mutlu (GRÜNE): Jetzt kommt die Allzweckwaffe Kohlmeier!]

Ich weiß ja nicht, liebe Frau Präsidentin, ob ich noch warten soll, bis das rhetorische Feuerwerk seitens der Grünen beendet ist. – Herr Mutlu, sind Sie so weit?

Legen Sie einfach los, Herr Abgeordneter!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag selbst enthält ja eigentlich wenig Überraschendes. Es geht um die Transparenz und Veröffentlichungspflichten für Abgeordnete. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wir als SPD-Fraktion halten Transparenz für ein sehr wichtiges Thema. Ja, auch wir halten Transparenz gerade im Hinblick auf Abgeordnete für äußerst wichtig. Als wir uns am 9. September 2010 hier das erste Mal mit diesen Vorschlägen der Grünen – die sind da im Übrigen wortgleich eingereicht worden – beschäftigt haben, hat der damalige Abgeordnete und jetzige Verkehrsstaatssekretär Gaebler deutlich gemacht, dass man über die Offenlegung von Nebeneinkünften, auch über die Einführung von Stufenmodellen, durchaus reden kann. Wir hatten aber damals bezüglich der Veröffentlichung von Berufseinkommen eine andere Auffassung und standen einer Übernahme der Regelung des Deutschen Bundestages, welcher ein Vollzeitparlament ist, aus Rechtsgründen durchaus kritisch gegenüber.

Im Rechtsausschuss haben wir uns äußerst kollegial damit auseinandergesetzt und uns verständigt, bezüglich der verfassungsrechtlichen Bedenken eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes einzuholen. Diese liegt nun mit Gutachten vom 10. Oktober 2011 vor. Sie sagt – relativ kurz gesagt –, es wäre alles kein Problem, die Regelung des Bundestages könne man eins zu eins für das Teilzeitparlament Abgeordnetenhaus übernehmen. Das haben wir erst mal zur Kenntnis zu nehmen. Der Wissenschaftliche Parlamentsdienst hat offenkundig eine andere Auffassung, als im letzten Rechtsausschuss bisher bestanden hat. Es gilt wohl der altbekannte Satz: Zwei Juristen, drei Meinungen.

Nach meiner Auffassung ist es nicht so einfach, wie es der Wissenschaftliche Parlamentsdienst herausgearbeitet hat. Ich sage ganz klar, dass wir uns als SPD-Fraktion durchaus eine rechtssichere Regelung der Veröffentlichung von Einkünften vorstellen können, aber über den Weg dahin werden wir wohl im Rechtsausschuss beraten müssen. Da sitzen viele fachkundige Juristen sämtlicher Fraktionen. Und wir werden uns dort auch mit dem Ergebnis des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes auseinandersetzen und schauen müssen, ob es tatsächlich eine rechtssichere Lösung gibt.

Was mich persönlich bei der Diskussion um Transparenz und Offenlegung von Einkünften stört, ist der Dissens zwischen dem Anspruch und der Wirklichkeit in diesem Haus. Da gibt es meines Erachtens noch erheblichen Nachholbedarf. Ich habe mir in Vorbereitung der Rede die Mühe gemacht und die Internetseiten der 29 Kollegen der Grünen durchgeschaut. Und siehe da, vier Kolleginnen und Kollegen der Grünen legen tatsächlich ihre Nebeneinkünfte offen, nämlich Herr Esser, Frau Kosche, Frau Schillhaneck und Herr Mutlu. Alle anderen legen ihre Einkünfte nicht offen.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Deshalb ein großes Lob an die vier Abgeordneten. Die anderen 25 können sich davon ruhig eine Scheibe abschneiden.