Protocol of the Session on January 29, 2015

[Unruhe]

Das hätte nun am Dienstag passieren sollen, ist es aber nicht. Selbst wenn jetzt das Sicherheitskonzept stehen sollte und finanziell gesichert wäre, die Zeit, den Karneval der Kulturen ordentlich vorzubereiten, läuft ab. Viele Gruppen haben aufgrund der unsicheren Lage ihre Planungen unterbrochen, auch weil diese mit zum Teil erheblichem finanziellen Aufwand durchzuführen sind und dieser Aufwand mit einer Absage des Karnevals in den Sand gesetzt wäre.

Überhaupt ist es ein alarmierendes Zeichen, wenn internationale Künstler, die dem Land Berlin als Aushängeschild dienen und mit ihrer Veranstaltung Millionen in die Kassen spülen – das Fünffache, was der ganze Spaß kostet, geht in die Berliner Wirtschaft zurück –, wenn diese Unterstützer und Unterstützerinnen der Berliner Vielfalt, der Berliner Mischung hätte ich fast gesagt, das ganze Jahr ehrenamtlich nebenbei für dieses große Ziel arbeiten und so wenig vom Senat geschätzt und auch hingehalten werden.

[Unruhe]

Meine Damen und Herren! Ein wenig mehr Ruhe, bitte, damit wir dem Redner folgen können.

Das ist nicht nur in keiner Weise nachvollziehbar, das ist beschämend.

[Beifall bei den PIRATEN]

Denn was nutzen alle Beistandsbekundungen, wenn keine konkreten Entscheidungen getroffen werden und bei einem vergleichsweise geringeren Budget? Da wurden doch ad hoc schon ganz andere Summen aufgetrieben.

So sehr alle offiziell für den Karneval der Kulturen sind, so sehr wollen sich alle auch am liebsten hier als große Retter profilieren, ohne selbst etwas Substanzielles dazu beizutragen. Denn der Karneval ist sehr beliebt, da macht man sich schnell zum Sprecher und zum Retter der Künstlerinnen und Künstler. Der Antrag der Linken geht in diese Richtung. Er ist zwar teilweise schon wichtig wegen der Erwähnung der Werkstatt der Kulturen, aber ein bisschen mit der heißen Nadel gestrickt. Die Grünen werden sich allerdings mit ihrem Antrag jetzt ein bisschen als Retter des Karnevals aufspielen, was mir doch reichlich aufgesetzt wirkt, zumal Frau Dr. Kahlefeld sich leider nicht besonders bemüht hat, mit uns die angemessene Kommunikation fortzuführen, um einen gemeinsamen Antrag der Oppositionsfraktionen zu stellen.

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall bei der SPD – Elke Breitenbach (LINKE): Sie Schlaumeier! – Zuruf von Sabine Bangert (GRÜNE)]

Das muss an dieser Stelle auch erwähnt sein.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Das sagen ja die Richtigen!]

Doch ist, laut die Rettung zu fordern, noch keine Rettung. Wir brauchen jetzt endlich ein Handeln, sonst stoßen wir die ehrenamtlichen Aktiven, die über Jahrzehnte das Rückgrat des Karnevals gestellt haben, und alle Karnevalsbegeisterten, die dort dieses Jahr teilnehmen wollen, vor den Kopf.

Also, Frau Senatorin Kolat! Herr Bürgermeister und Kultursenator! Machen Sie dieses für Berlin einzigartige Festival zu Ihrer Chefsache,

[Bürgermeisterin Dilek Kolat: Wir machen zusammen einen Wagen!]

und sorgen Sie dafür, dass der Karneval der Kulturen durchgeführt wird, denn sonst tanzen Ihnen bald nicht nur die Karnevalsgruppen auf dem Dach, sondern auch die gesamte Piratenfraktion! Und das will nun wirklich keiner sehen!

[Heiterkeit – Beifall bei den PIRATEN – Dr. Simon Weiß (PIRATEN): Das macht den Unterschied!]

Ich hoffe, Letzteres war nicht als Drohung zu verstehen, sonst muss ich es als unparlamentarisch zurückweisen. Aber jetzt hatte die Senatorin Kolat ums Wort gebeten. – Bitte schön!

[Dr. Simon Weiß (PIRATEN): Das schärfste Schwert! – Zuruf von der LINKEN: Jetzt kommt die GmbH!]

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nun zu den hier aufgeworfenen Fragen Stellung beziehen, möchte aber eingangs einige Bemerkungen zu der Debatte machen, die hier gerade gelaufen ist.

Erstens: Der Senat steht zum Karneval der Kulturen. Der Karneval der Kulturen ist in Berlin entstanden, der Karneval der Kulturen gehört zu Berlin, und der Karneval der Kulturen wird auch 2015 stattfinden.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU – Hakan Taş (LINKE): Und wie? – Evrim Sommer (LINKE): Noch eine Ankündigung!]

Wir befinden uns in einer Übergangsphase. Ich glaube, das ist allen Beteiligten hier auch ganz klar. Ich stelle hier auch Einigkeit darin fest, dass wir alle zum Karneval der Kulturen stehen und alles daran gesetzt werden muss, damit dieser fortgeführt wird. Ich werde Ihnen hier zu dem, was meine Verwaltung bisher geleistet hat, und wie wir im Senat fortfahren, einiges sagen. Aber gestatten Sie mir noch einmal eine Bemerkung,

[Steffen Zillich (LINKE): Ja!]

was der Umgang der Oppositionsfraktionen gerade mit diesem Thema betrifft. Ich finde es nicht in Ordnung, und das möchte ich an dieser Stelle auch sehr deutlich sagen, dass versucht wird, diese Übergangszeit, in der einige Fragen zu klären sind, hier zu instrumentalisieren und daraus bei den Oppositionsfraktionen Kapital zu schlagen. Der Karneval der Kulturen bietet sich wirklich nicht dafür an, hier parteipolitische Auseinandersetzungen zu suchen.

[Beifall bei der SPD – Antje Kapek (GRÜNE): Hätten wir doch gar nicht, wenn Sie sich gekümmert hätten, wenn die Senatorin ihre Arbeit gemacht hätte! – Udo Wolf (LINKE): Kann es sein, dass Sie politisches Kapital aus dieser Frage schlagen wollen?]

Frau Senatorin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Zillich?

Nein.

Und danach des Kollegen Taş?

(Philipp Magalski)

Auch nicht! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade in Zeiten von Pegida, wo eine Bewegung in Deutschland versucht, Stimmung gegen eine bestimmte Religionsgruppe zu machen, gerade in Zeiten, wo wir in Berlin auch leider erleben, dass es Gegendemonstrationen gibt, wenn Flüchtlingsunterkünfte eingerichtet werden, und dass Menschen dort mitlaufen gegen Flüchtlingseinrichtungen, und wir wissen, dass gerade in dieser Zeit die Rechtspopulisten versuchen, diese Stimmung zu schüren, gerade in dieser Zeit ist es wichtig, mit dem Karneval der Kulturen ein Zeichen zu setzen, dass Berlin vielfältig ist

[Hakan Taş (LINKE): Dann sagen Sie doch, wie Sie den Karneval der Kulturen retten wollen!]

und dass die ganze Welt diese Vielfältigkeit zur Kenntnis nimmt.

[Unruhe bei der SPD – Steffen Zillich (LINKE): Den Nerv Ihrer Fraktion haben Sie gerade getroffen!]

Ich nutze die Gelegenheit, um ein bisschen um Ruhe zu bitten.

Sie wissen, dass sich in den letzten Jahren, was die Konzeption des Karnevals der Kulturen angeht, einiges verändert hat. Viele von Ihnen erinnern sich noch, wie der Karneval der Kulturen entstanden ist. Das sind Gruppierungen gewesen, die mit ihrem eigenen Händen Zeichen setzen, die die Vielfalt der Stadt zeigen und vor allem politische Botschaften vermitteln wollten. Ja, wir haben beobachtet, dass sich der Karneval der Kulturen in den letzten Jahren fortentwickelt hat. Er ist zu einem Riesenevent geworden, sodass gerade diese Gruppierungen sagen, dass sie sich nicht mehr im neuen Konzept des Karnevals der Kulturen wiederfinden. Es ist mein Anliegen, dass diese Gruppen wieder ein Forum bekommen und dass der Karneval der Kulturen auch wieder klarer politische Botschaften vermittelt und nicht nur ein Event ist, wo man etwas zu trinken und ein bisschen Musik bekommt.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir sind seit Längerem mit den Gruppen direkt im Gespräch. Es gab einige Forderungen, die verschriftlicht wurden. Mein Haus hat all diese Forderungen im Einzelnen geprüft. Es gab dann letzten Mittwoch, das haben Sie gesehen, ein Treffen mit den Gruppen. Dort wurden all diese Punkte besprochen

[Zuruf von Martin Delius (PIRATEN)]

und auch Zusagen gemacht, dass diese geklärt werden. Und übrigens wurden viele Punkte auch schon geklärt.

[Hakan Taş (LINKE): Was ist mit dem Treffen gestern? Können Sie dazu etwas sagen? – Martin Delius (PIRATEN): Ja, was ist denn gestern gewesen?]

Auch ich habe an diesem Treffen teilgenommen und habe dort im Namen des Senats deutlich gemacht, dass sich der Senat zum Karneval der Kulturen bekennt und dass der Wille seitens des Senats da ist, den Karneval der Kulturen mit zu unterstützen, damit der Karneval der Kulturen auch 2015 stattfindet. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die Gruppen diese Botschaft positiv aufgenommen und gesagt haben, sie seien bereit, seien willens, auch 2015 mitzuwirken. Hier noch einmal herzlichen Dank an die Gruppen, die auch mit dem Senat gemeinsam an dem Ziel festhalten, dass 2015 der Karneval der Kulturen stattfindet!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wir arbeiten tatsächlich an einer Lösung, Herr Brauer. Ich werden Ihnen nicht eine Liste bringen, wo ich all die Gespräche, die ich geführt habe, die meine Verwaltung geführt hat, im Detail aufliste. Aber eines kann ich Ihnen versichern, dass der Senat und meine Verwaltung mit Hochdruck daran arbeiten. Sie haben hier ein Beispiel mit den Berliner Wasserbetrieben genannt. Es gibt auch andere Stellen, wo der Senat Verbindungen hat und wir intensiv im Gespräch sind, was die Voraussetzungen angeht, mitzuhelfen, dass die Rahmenbedingungen gegeben sind.

Wir haben das Vertrauen der Gruppen. Deswegen wurde auch bei diesem Treffen am Dienstag von den Gruppen klar gesagt, sie seien bereit mitzumachen. Wäre die vertrauliche Situation mit dem Senat nicht gegeben, hätte es diese positive Botschaft nicht gegeben. Was mir die Gruppen selbst gesagt haben, sollten wir berücksichtigen, auch wenn es hier im Parlamentarismus möglich ist, sich über ein solches Thema zu streiten: Der Karneval der Kulturen soll nicht ein Karneval der Kulturen des Senats sein, sondern soll ein Karneval der Kulturen der Gruppen sein. Das soll auch kein Karneval der Kulturen von Frau Kahlefeld sein, die sich in den letzten Tagen als Sprecherin entwickelt hat. Das hilft dem Karneval der Kulturen wirklich nicht.

[Beifall bei der SPD – Antje Kapek (GRÜNE): Sie macht wenigstens etwas – im Gegensatz zu Ihnen!]

Die zu klärenden Fragen sind auf dem Tisch. Sie sind konkretisiert. Wir sind im Detail dabei, diese Fragen zu klären.

Zum Thema Sicherheitskonzept: Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, es wäre nach Duisburg verant

wortungslos gewesen, wenn ich gesagt hätte: Augen zu und durch.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Sie haben es nötig!]

Aber genau das wollen Sie haben. Das propagieren Sie hier. Es wäre verantwortungslos gewesen zu sagen, wir ziehen den Karneval der Kulturen durch, wohl wissend, dass sich die Zahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen und das Konzept nicht mehr ganz im Einklang befinden. Aber auch da sind wir einen Schritt weiter. Es gibt eine Konkretisierung, was das Sicherheitskonzept angeht.