Auch die Erfahrungen gemäß § 17 WTG – die durch die Heimaufsicht des LAGeSo und der Senatsverwaltung festgelegten Prüfrichtlinien für betreute gemeinschaftliche Wohnformen, die entsprechenden Verfahren, der Umgang mit den Prüfberichten usw. – auszuwerten, ist dabei außerordentlich wichtig.
In der Zielsetzung der Gesetzesüberarbeitung werden wir uns schnell einig sein. Qualität der Pflege und Betreuung sichern und steigern, Teilhabe, Selbstbestimmung und Schutz der Pflegebedürftigen sowie der Menschen mit Behinderung – das sollte unser gemeinsames Ziel sein. In allen anderen Fragen werden wir im Ausschuss mit großem Interesse die Diskussion führen, und ich glaube, dass wir alle gemeinschaftlich zu einem vernünftigen Ergebnis kommen werden. – Schönen Dank!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja ein Ergebnis der Föderalismusreform, dass die Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich zu den Ländern gekommen ist, und es wurden dann ja auch vor fünf, sechs Jahren Gesetze gemacht. 2010 – es wurde schon gesagt – das Wohnteilhabegesetz in Berlin! Da bin ich mit vielen meiner Vorrednerinnen und Vorredner d’accord, dass man diese Erfahrungen, die man jetzt in fünf Jahren mit diesem Gesetz gesammelt hat, kritisch auswerten muss.
Inwieweit es darüber hinaus einen Handlungsbedarf gibt, muss man sehen. Ich glaube aber generell, dass es in dem Bereich Pflege einen großen Handlungsbedarf gibt. Was die Pflegewohngemeinschaften angeht, so brauchen wir mehr davon. Das scheitert in Berlin ja gerade an der Situation auf dem Immobilienmarkt, weil die Anbieter oder Träger nicht mehr genügend Wohnräume finden, wo solche Pflege-WGs gegründet werden können.
Was ist nun die Folge? – Wir erleben ja und sind auch d’accord, dass ambulant vor stationär gehen soll. Aber was nützt es, wenn dann alte, kranke oder pflegebedürftige Menschen zu Hause allein in ihren Wohnungen sitzen und der einzige Kontakt zur Außenwelt, den sie haben, darin besteht, dass drei Mal am Tag ein Pflegedienst vorbeikommt, der möglicherweise auch nicht so qualifiziert ist, wie wir uns das wünschen? – Deswegen sind Qualitätskontrollen gut und wichtig. Aber die Frage ist, wer da was kontrollieren soll, und vor allem: Haben wir überhaupt die Pflegekräfte, die in der Lage sind, die Anforderungen dieser Qualitätskontrollen zu erfüllen? – Es wäre erst einmal die wichtigste Voraussetzung, dafür zu sorgen, dass für diesen Pflegebedarf die qualifizierten Kräfte zur Verfügung stehen. Es gibt also noch viele andere Baustellen, die mit diesem Gesetz zusammenhängen.
Die Grünen sind hierbei auch bundesweit aktiv – in Baden-Württemberg und zuletzt in Nordrhein-Westfalen mit
dem „Gesetz zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen“ – kurz GEPA NRW. Das wurde gerade beschlossen und ist auch in einer etwas kontroversen Diskussion. Von dort stammt auch diese Unterscheidung zwischen anbieterverantworteten und selbstverantworteten WGs, die man sicherlich aufgrund der Entwicklung sinnvoll machen kann, obwohl ich die Grenzen da auch sehr fließend sehe. Und es wäre jetzt auch ganz interessant, mal zu gucken, wie sich dieses Konzept in NRW bewährt – es ist ja noch nicht sehr alt –, und daraus vielleicht auch Schlüsse für Berlin zu ziehen. Aber wie gesagt, das ist eben alles, was wir in den Ausschussberatungen machen können, und eine oder zwei Anhörungen dazu wären sicher nicht schlecht. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrages an den Ausschuss für Gesundheit und Soziales empfohlen. – Einen Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Frau Möller! – Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort!
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! – Im Land Berlin vollzieht sich ein stetiges Ringen um den Erhalt der Angebote der allgemeinen Kinder- und Jugendförderung nach § 11 SGB VIII. Das sind all die Förderangebote für Kinder und Jugendliche, die außerhalb von Schule und Familie passieren. Das sind Kinderbauernhöfe, Probenräume, Kindercafés, Medienräume, Tanz- und Sportgruppen, offene Komm- und Geh-Angebote, Orte, wo durch qualifizierte Personen nicht nur in Notlagen Beistand und Unterstützung gegeben wird, wo soziale Kompetenz jenseits von Institutionen und familiärer Struktur gelernt wird. Das sind Räume, in denen sich junge Menschen selbstorganisiert und informell treffen
können. Diese Räume sind permanent bedroht, obwohl in § 1 SGB VIII gesetzlich festgeschrieben ist, dass jeder junge Mensch einen Anspruch auf genau diese Art von allgemeiner Förderung seiner Entwicklung hat. Weil aber die Berliner Ausführungsvorschrift des Kinder- und Jugendhilfegesetzes diese Angebote als sogenannte freiwillige Leistung beschreibt, wird seit Jahren immer weniger in deren Erhalt und Ausbau investiert. Das ist nicht der Mangel an Einsicht und gutem Willen. Die Bezirke als Umsetzer der Angebote sind chronisch unterfinanziert, das wissen wir. Noch nie wurden in einem Bezirk die gesetzlich angegebenen 10 Prozent aus dem Jugendhilfeetat tatsächlich für allgemeine Jugendförderung eingesetzt.
Sie kennen das. Das Prinzip der Kosten- und Leistungsrechnung und die damit verbundene Konkurrenzsituation der Bezirke führen zu einem kontinuierlichen Abbau der Leistungen, zu dieser Abwärtsspirale. Das trifft die Jugendförderung als vermeintlich freiwillige Leistung immer am heftigsten. Entsprechend ist die Debatte um den Erhalt dieser Angebote um ein neues, tragfähiges Finanzierungsmodell nicht neu und läuft seit vielen Jahren hier im Land Berlin. Sie erinnern sich an die vielen Brandbriefe aus Jugendhilfeausschüssen und von den Jugendamtsdirektoren, an den spektakulär einstimmigen Beschluss des Rates der Bürgermeister. Allein der Landesjugendhilfeausschuss hat in dieser Legislatur bereits fünf Beschlüsse zu dem Thema gefasst. Ein Moratorium, das die Gelder für die Jugendförderung auf einem Ist-Stand einfrieren wollte, um Zeit für die Entwicklung eines neuen Finanzierungsmodells zu haben, Zeit, in der sich die Abwärtsspirale nicht weiter drehen kann, ist vor zwei Jahren gescheitert. Ein Antrag meiner Fraktion hatte in den letzten Haushaltsberatungen die erforderlichen Gelder für dieses Moratorium gefordert – vergebens.
Inzwischen stehen die nächsten Haushaltsberatungen bevor, und wir sind kaum einen Schritt weiter. Die Jugendförderung wird auch mit einem jüngst erfundenen, etwas anderen Finanzierungsmodell nicht aus der Sackgasse herauskommen, denn solange eine Finanzierungsweise zwischen den Bezirken Gewinner und Verlierer produziert, löst sie das Problem nicht, werden niemals alle an einem Strang ziehen.
Wir können aber nicht länger dem Rückbau dieser Angebote zuschauen. Wir müssen – im Gegenteil – angesichts des wachsenden Bedarfs, des Rechtsanspruchs auf Inklusion, unseres Anspruchs auf eine Willkommenskultur für Flüchtlingskinder und natürlich angesichts der wachsenden Stadt dafür sorgen, dass der Kinder- und Jugendfreizeitbereich diesen Aufgaben qualitativ und quantitativ gewachsen ist.
standsaufnahme, die zuletzt mit dem Jugendfreizeitstättenbericht 2005 vorgenommen wurde. Dieser sollte fortgeschrieben werden, damit wir eine aktuelle Grundlage zur Ermittlung des weiteren Handlungsbedarfs haben und auch eine nötige Kostenprognose vornehmen können.
Zweitens: Da die bisherigen gesetzlichen Regelungen nicht greifen, sollten sie konkretisiert und verbindlicher gestaltet werden. Mit dem Antrag „Kinder- und Jugendförderung gesetzlich regeln!“ greifen wir die Forderung aus der Senatsbildungsverwaltung auf, des Landesjugendhilfeausschusses, der Bezirksstadträte und -rätinnen und der Einrichtungen und Träger vor Ort. Wir haben hier aufgeschrieben, was unserer Meinung nach in einem neuen Gesetz berücksichtigt werden muss. Es muss im Land Berlin verbindliche, zukunftssichere und allgemeingültige gesetzliche Regelungen für die Kinder- und Jugendförderung geben. Dabei sollen strukturelle, fachliche, personelle, sächliche und quantitative Standards für die Jugendförderung festgelegt werden, die verbindlich in allen Bezirken gelten.
Wir wollen bei der Entwicklung dieses Gesetzentwurfes einen Prozess mit breiter öffentlicher Beteiligung. Dieser Prozess soll auch einer grundsätzlichen Verständigung über die strategische Ausrichtung der Jugendförderung dienen. Es geht darum, wie diese zukunftssicher gestaltet werden kann und muss. Ich bitte Sie, die vorliegenden Papiere als Diskussionsgrundlage für den fachlichen Austausch zu betrachten. Was wir hier beantragen, ist Minimalkonsens im Land Berlin und soll den laufenden Dialog konstruktiv vorantreiben. Kinder- und Jugendförderung ist nämlich nicht freiwillig, sondern unser aller Pflicht. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Möller! In beiden Anträgen haben Sie die strukturelle Absicherung der Jugendarbeit in den Bezirken zum Ziel. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Es besteht, wie Sie eben gerade auch dargestellt haben, in der Fachöffentlichkeit eigentlich Konsens darüber, dass hier eine gesetzliche Regelung her muss. Wir brauchen ein Jugendförderungsgesetz oder eine Änderung des AG KJHG. Diese Notwendigkeit sehe ich auch. Die für Jugend zuständigen Bezirksstadträte
und -stadträtinnen haben ebenso wie der Landesjugendhilfeausschuss, wie Sie eben gerade ausführt haben, eine solche Regelung bereits gefordert. Ebenfalls, und ich glaube, das haben wir in der Vergangenheit hier auch immer wieder dargestellt, ist den Anforderungen, die aus mehr Beteiligungswünschen, Inklusion, einer wachsenden Stadt, aber auch Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, Demokratieerziehung sowie der außerschulischen Bildung bestehen, und den daraus immer wieder steigenden Anforderungen an die Jugendhilfe nichts entgegenzusetzen.
Die Probleme der Sicherung der bezirklichen Jugendarbeit sind in den letzten Jahren vielfach festgestellt worden. So sank das Budget der bezirklichen allgemeinen Kinder- und Jugendförderung in den letzten Jahren immer weiter ab – zwischen 2011 und 2015 um über 13 Millionen Euro. Ebenso ist die Anzahl der Stellen pädagogischer Fachkräfte in den Einrichtungen und Projekten der bezirklichen Jugendarbeit über 20 Prozent gesunken. Zur gleichen Zeit blieb die Anzahl der Jugendfreizeiteinrichtungen aber annähernd gleich. Dass sich daraus automatisch eine Absenkung und eine qualitative Ausdünnung des angebotenen fachlichen Niveaus ergeben, ist für jeden nachvollziehbar. Dieser Fehlentwicklung sollten wir entgegentreten.
Die Senatsverwaltung hat bereits in der letzten Legislatur versucht, dieses mit einem Musterjugendamt zu tun, Personal und Organisation der bezirklichen Jugendämter sozusagen zu vereinheitlichen, damit das Gegeneinander und ein Runterwirtschaften nicht mehr so stark stattfindet. Wir müssen uns darum bemühen, dass dieses auch stärker wird, vor allem in der aktuellen Situation, in der immer mehr Bezirke von einer Haushaltsnotlage betroffen sind, unter anderem auch mein eigener Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Hier sind einige Projekte infrage gestellt aufgrund der vom Grünen-Bezirksamt verantworteten Haushaltssperre und der daraus resultierenden negativen Fälle.
Mehrere Jugendprojekte stehen hier vor der Schließung und dem Aus, weil eine Finanzierung durch die Bezirke nicht fortgesetzt werden kann. Um solchen Fehlentwicklungen in einzelnen Bezirken entgegenzuwirken, scheint mir eine Festigung gesetzlicher Standards sehr sinnvoll zu sein.
Ja, liebe Grünen, Sie können jetzt wieder dazwischen schreien und sich melden, Sie können sich aber vor der Verantwortung nicht wegducken. Ich freue mich deshalb, dass wir in den nächsten Ausschusssitzungen über dieses Thema diskutieren werden, und hoffe, dass wir da eine allgemein gute Lösung finden. Ich freue mich auf die Beratungen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollege Eggert! Wenn Friedrichshain-Kreuzberg der einzige Bezirk wäre, in dem die Jugendarbeit irgendwie Schwierigkeit hat, könnte ich ein bisschen Sympathie für Ihre letzten Ausführungen haben. Ich kann mich aber an einen SPD-Jugendstadtrat erinnern, der in Mitte zurückgetreten ist, weil er es nicht mehr ertragen konnte und verantworten wollte, dass unter anderem auch die Jugendarbeit vor Ort kaputtgegangen ist, weil es keine vernünftige Finanzierung für sie im Land Berlin gibt.
Was ich auch nicht verstehe, ist Ihr Nicht-Handeln, nämlich kein Jugendförderungsgesetz auf den Weg zu bringen – Sie haben gerade erklärt, dass es die Notwendigkeit dafür gibt –, wenn Ihre eigene Staatssekretärin im Landesjugendhilfeausschuss und bei Veranstaltungen öffentlich fordert: Das Parlament sollte mich oder die Jugendverwaltung auffordern, ein ebensolches Gesetz auf den Weg zu bringen. – Das hätten Sie seit Monaten tun können, anstatt hier zu fordern, dass wir das machen. Sie sind hier die Koalition, die regiert, also wäre es auch Ihr Auftrag, entsprechende Anträge einzubringen bzw. die von Ihnen verantwortete Verwaltung zu unterstützen und diese Aufgabe zu erfüllen.
Darauf warte ich noch. Machen Sie mal! Ich würde mich darüber freuen, wenn Sie demnächst Ihren eigenen Antrag oder Änderungsantrag – ich glaube, darüber wäre Die Linke auch ganz glücklich – einbringen oder wenn wir in Kürze Ihren eigenen Gesetzentwurf vorgelegt bekommen und darüber diskutieren könnten.
Die Menschen in der Stadt, die darüber diskutieren wollen, stehen bereit. Das sind die Leute vom Landesjugendhilfeausschuss – das haben Sie selbst benannt. Gestern hat die BVV Friedrichshain-Kreuzberg dazu den Beschluss gefasst, dass Sie aufgefordert sind, einen Gesetzentwurf einzubringen – dem hat auch Ihre eigene Fraktion zugestimmt.