Protocol of the Session on January 29, 2015

[Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Das ist auch schon zur Sprache gekommen. Die Argumente der SPD waren immer folgende – ich zitiere mal Herrn Buchholz –:

Unsere grundsätzliche Haltung ist, endlich auf der Bundesebene ein einheitliches Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine zu beschließen, denn das wäre die richtige Lösung, die wir in Deutschland brauchen.

Diese Position wurde durch Herrn Kohlmeier im Rechtsausschuss sogar noch untermauert. Er hat dort sogar weitergehende Rechte als die Feststellungsklage gefordert. Herr Buchholz! Sie sagten 2009 zu mir in der Plenardebatte, und ich zitiere Sie gerne noch einmal:

Ich bin doch sehr enttäuscht, dass Sie dieses Thema nutzen, um immer wieder populistische Forderungen aufzustellen, von denen Sie selbst wissen, dass sie erstens nicht wirklich realisierbar und zweitens nicht zielführend sind.

Nun sage ich Ihnen einmal ein paar Jahre später, meine Damen und Herren von der CDU und von der SPD und Herr Buchholz: Inzwischen haben sechs Bundesländer das Verbandsklagerecht auf Landesebene, und zwei Länder haben es im Rahmen der Ausschussberatungen.

[Daniel Buchholz (SPD): Und wie viele Klagen gibt es schon, Frau Hämmerling?]

Das sind acht Bundesländer. Wenn Berlin eine Bundesratsinitiative ergreift, dann sind wir das Zünglein an der Waage. Und ich denke, Herr Buchholz, Sie werden uns heute nicht mehr vorwerfen können, unser Antrag sei unrealistisch. Er ist realisierbar und alles andere als populistisch.

[Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Also, stehen Sie zu Ihren Worten! Stimmen Sie für unseren Antrag – gern auch in der geänderten Fassung –, und lassen Sie uns eine Bundesratsinitiative für besseren und mehr Tierschutz ergreifen!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die CDU-Fraktion jetzt der Kollege Herrmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Werte Gäste! – Da oben gibt es sogar noch zwei zu später Stunde. – Liebe Opposition! Ihr Antrag erinnert mich an meine zwölfeinhalbjährige Tochter: Sie versucht auch

durch häufiges bloßes Wiederholen ein und derselben Frage, am Ende ihren Willen durchzusetzen. Aber so einfach kann man sich das hier nicht machen. Wir haben zu diesem Thema mit der nahezu wortgleichen Begründung zuletzt am 21. März 2013 im Plenum gesprochen und den Antrag abgelehnt. Insofern hätten Sie vielleicht nicht so viel im Antragstext, sondern in der Begründung nacharbeiten sollen.

Im zuständigen Fachausschuss wurde zuvor umfangreich über das Für und Wider eines Verbandsklagerechts diskutiert. Ich kann daher nicht verstehen, dass Sie nunmehr ohne jegliches neue Argument in der Begründung mit dem streckenweise sogar unpassenden Text des alten Antrags eine Bundesratsinitiative fordern. Die Erforderlichkeit eines Verbandsklagerechts im Tierschutz wird von Ihnen darin erneut abstrakt mit der verfassungsrechtlichen Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz und in der Berliner Verfassung begründet – der Kollege der Piraten hat ja eben ausführlich daraus zitiert.

Danach schützt der Staat die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Recht und Gesetz durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Die Vorschrift selbst nennt damit die drei Staatsgewalten als Träger des Tierschutzes, und wenn Sie sagen, das reiche nicht aus, wir brauchten eine private Kontrollinstanz, dann lässt sich das für mich als Jurist nicht der Verfassung entnehmen. Aber wenn Sie trotz dieser Ausgangslage und trotz des auch vom Kollegen Buchholz angeführten Beteiligungsrechts hier in Berlin und auch im § 15 des Tierschutzgesetzes in Ihrem Antrag abstrakt und auch in der Begründung, liebe Kollegin Hämmerling, auf Vollzugsdefizite Bezug nehmen, dann, denke ich, ist der richtige Weg – sollten diese tatsächlich vorliegen –, den Vollzug zu optimieren und ggf. dort mehr Personal oder Ähnliches zu schaffen und nicht Behörden und Gerichte durch neue Bürokratie weiter zu belasten.

Lassen Sie uns aber gerne diese Punkte im Rechtsausschuss erörtern. Ich rate dazu, dazu auch die alten Plenarprotokolle noch einmal durchzulesen. Die Argumente sind ja reichlich getauscht. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Für die Fraktion Die Linke hat Frau Platta das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja – die Geschichte des Antrags ist lang, und auch das Thema hat schon viele Jahre auf dem Buckel. Und, Herr Herrmann, wenn alles so wäre, wie Sie sagen, und der Staat würde schützen, dann hätten wir gerade nicht diese Bilder, die

wir vorhin sehr deutlich von Frau Hämmerling erläutert bekommen haben.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Es ist also die Entwicklung im Tierschutz und in der Rechtsprechung, die uns das Recht gibt festzustellen, dass es da noch etwas zu tun gibt. Nach der bisherigen Diskussion bin ich froh, dass Sie, werte Kollegen der Koalition, durch die geplante Ausschussüberweisung noch einmal die Gelegenheit haben werden, sich in anderen Bundesländern umzuschauen, auf die Berliner Straßen zu gehen und den Bürgern einmal zuzuhören. Wenn es darum geht, Massentierhaltung gut zu finden, werden Sie niemanden mit einem Ja dort antreffen.

[Beifall bei der LINKEN]

Keiner will das billige Fleisch, und letztendlich kostet es uns auch gesellschaftlich mehr, als wir es oftmals wahrhaben wollen. Es geht um Zukunftsszenarien, die hier noch einmal durchgespielt werden sollten, um uns aufzuzeigen: Ja, es muss regulativ etwas passieren!

Die Grüne Woche ist gerade erst zu Ende gegangen, und viele Besucherinnen und Besucher haben sich sehr bewusst vor und in den Hallen die Lebensmittelproduktion aus der Sicht des Tierschutzes angesehen. Es ist auch für diese traditionell wichtige Veranstaltung in Berlin eine gute Entwicklung, dass es nicht nur darum geht, dass wir satt werden, sondern vielmehr darum, wie wir satt werden. Es geht um Bio, es geht um fair produziert, es geht um den Schutz von Ressourcen, und das finden wir auch gut so.

[Beifall bei der LINKEN]

Wir sind für ein bundeseinheitliches Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände. – Diesen Satz haben wir von vielen Fraktionen – das ist vorhin schon berichtet worden – hier im Abgeordnetenhaus gehört. Das soll mit Kriterien zur Anerkennung von Vereinen sowie Informations- und Mitwirkungsrechten verbunden werden. Jetzt können wir diese Aufgabe gemeinsam mit anderen Bundesländern durch diese Bundesratsinitiative zu einem Ende führen, das gut ist – nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Tiere. Denn die Zeit ist reif dafür. Ja, eine Mehrheit könnte gesichert werden.

Ich will es nicht länger ausführen, weil wir es noch im Ausschuss beraten werden. Aber trotzdem das noch: Die Linke hat bei der Änderung des Tierschutzgesetzes im Bundestag in der letzten Legislaturperiode das Verbandsklagerecht genauso wie andere Fraktionen, z. B. die SPD, eingefordert. Und Die Linke hat die Forderung, ein Verbandsklagerecht als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage für anerkannte Tierschutzorganisationen gesetzlich auf Bundesebene einzuführen, auch im letzten Jahr erneuert. Wir wollen das notwendige Handeln unterstützen. Deshalb stellen wir diesen Antrag gerade jetzt zum x-ten Mal. Die Bundesratsinitiative für die Einführung eines

(Alexander J. Herrmann)

Verbandsklagerechts für anerkannte Tierschutzverbände ist notwendig und sollte nicht länger auf die lange Bank geschoben werden!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ich wünsche uns also viel Erfolg! Wenn dann Änderungsanträge der Koalition kommen – gerne! Die Debatte sollte aber noch in dieser Legislaturperiode zu Ende geführt werden.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz und Rechtsordnung empfohlen. Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 14 steht auf der Konsensliste. Der Tagesordnungspunkt 15 war die Priorität der Grünen unter 3.1. Der Tagesordnungspunkt 16 steht wiederum auf der Konsensliste.

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 17:

Mehr Qualität in Pflege-WGs

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2050

In der Beratung beginnt die Fraktion der Grünen. – Frau Kollegin Villbrandt! Bitte schön – Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Ja, wir werden älter – nicht wenige von uns, rein statistisch gesehen, sogar sehr alt. Aber diese Glücklichen, die sehr alt werden, haben zugleich ein sehr hohes Risiko, am Ende des Lebens zumindest für eine gewisse Zeit auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Bei den 85- bis 89-Jährigen liegt die Wahrscheinlichkeit, pflegebedürftig zu werden, bei 38 und bei den 90-Jährigen sogar bei 60 Prozent. Jährlich erkranken in Berlin 11 000 Menschen an Demenz. Derzeit sprechen Experten von rund 35 000 Erkrankungen in Berlin.

Deshalb geht das Thema Pflege uns alle an.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Aber natürlich geht es nicht nur um uns. Wir alle kennen Fälle aus unserem Umfeld, wo plötzlich innerhalb kürzester Zeit Pflege sichergestellt werden muss. Das ist traurig und belastend genug. Es ist aber in Ordnung, wenn unsere

Lieben dann eine gute Versorgung bekommen, also: gesicherte Pflegequalität, ausgebildetes Personal, ein liebevoller Umgang in angenehmer Umgebung, Selbstbestimmung und Respekt bis zuletzt. Lange Zeit schien dafür eine Pflegewohngemeinschaft die Lösung zu sein. Kleinere Gruppen, Einfluss auf Alltagsgestaltung und Pflegeleistungen – das war die Idee der Wohngemeinschaften. Aber seit die ersten Wohngemeinschaften in den Neunzigerjahren in Berlin entstanden sind, hat sich vieles verändert. Heutzutage werden die meisten von ihnen nicht von den engagierten Angehörigen gegründet und betreut, sondern von professionellen Pflegediensten.

Finanzielle Förderung von Pflegewohngemeinschaften und kaum Auflagen und kaum Kontrollen führten dazu, dass sich Pflegewohngemeinschaften zu einem sehr lukrativen Geschäftsmodell entwickelt haben. Nicht umsonst gibt es in Berlin über 550 Pflegewohngemeinschaften. Knapp 4 000 Menschen werden darin betreut. Das ist mit Abstand mehr als in jedem anderen Bundesland. Umso schlimmer ist es, dass es hier in Berlin keinerlei Qualitätsvorgaben und -kontrollen für diese Wohn- und Versorgungsformen gibt.

Bis zwölf hochgradig pflegebedürftige Menschen dürfen in einer Wohngemeinschaft wohnen, und es finden gar keine Kontrollen statt. Lediglich bei Beschwerden kann die Heimaufsicht aktiv werden. Wie sollen sich aber Betroffene mit fortgeschrittener Demenz überhaupt beschweren? Wenige von ihnen haben aufmerksame Angehörige. Meistens gibt es nur gesetzliche Betreuer, die sich auch nur sehr selten blicken lassen. Es soll hier aber kein Generalverdacht ausgesprochen werden. Es kann und findet in Pflegewohngemeinschaften auch sehr gute Pflege statt. Aber Fakt ist, dass das nicht sichergestellt ist. Das ist gefährlich und auch ein schlechtes Aushängeschild Berlins.

Senator Czaja! Sie verweisen bei diesem Problem gerne auf die Bundesebene. Dabei liegt der Schlüssel für eine gesetzliche Regelung bei den Ländern. Andere Bundesländer haben das genutzt, um den Wohngemeinschaften passende Vorgaben zu machen und sie auch maßvoll zu kontrollieren. Zuletzt haben die grün regierten Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ihre Gesetze in diese Richtung umfassend novelliert. Das muss auch in Berlin geschehen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Meine Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen werden gleich die neu gebildeten Arbeitsgruppen zum Thema Wohngemeinschaften erwähnen.