Protocol of the Session on January 29, 2015

Vielleicht will der Senat also tatsächlich mit dem Bezirk an einem Strang ziehen und das neue Baurecht mit den besseren Zielen und einer echten Partizipation unterstützen. Sie haben das heute hier bestätigt, und auch das werden wir als Opposition von Landesebene aus beobachten – nicht nur, was der Bezirk tut.

Der Versuch einer landeseigenen Gesellschaft, das Dragoner-Areal im Direkterwerb zu erhalten, sei an der BImA gescheitert, hört man. Im Bieterverfahren haben sich dann zwei städtische Wohnungsbaugesellschaften beteiligt, und im September hat die BImA dieses Angebot abgelehnt. In dieser Woche soll es erneut Gespräche zwischen Bezirk und Höchstbieter gegeben haben. Der Antrag, der heute hier abschließend zur Debatte steht, ist im Ausschuss ohne Debatte von der Koalition abgelehnt worden. Welche Auffassung die Koalition davon hat, hat sie heute hier nur sehr nebulös geäußert. Nur, dass der Senat ja bereits im Sinne dieses Antrags agiere. Allerdings haben Sie sich hier deutlich zu anderen Themen ausgelassen.

Fassen wir den bisherigen Sachstand zusammen: Ohne ein kommunales Vorkaufsrecht höchstens zum Verkehrswert verscherbelt eine Bundesinstitution weiter öffentliches Vermögen. Die BImA kann vom Höchstpreisverfahren zwar abweichen, wenn das Bundesministerium der Finanzen – in Klammern: CDU – Ausnahmen zulässt. Das ist aber nicht geschehen. CDU und SPD blockieren im Bundestag eine klarstellende Gesetzgebung zur BImA. Hier im Abgeordnetenhaus tut die Koalition so, als würde sie alles unternehmen, damit die BImA eine andere Verkaufspolitik praktiziert. Standbein, Spielbein oder was? Was soll man von dieser Position halten?

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Die Linksfraktion fordert wie die Piraten und die Grünen den Senat auf, sich beim Bund dafür starkzumachen, die

Höchstpreisvergabe des Dragoner-Areals noch zu stoppen. Das erwarten wir vom Bund, übrigens für alle anderen Grundstücke, nicht nur in Berlin und auch nicht nur in Großstädten. Es geht letztlich darum, die Privatisierung öffentlichen Vermögens zu verhindern.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Zu befürchten ist nämlich, mit dem Wohnungspaket der BImA ist, wenn überhaupt dieses gelingen sollte, Schluss; Grundstücke werden weiter meistbietend verkauft. Das ist keine nachhaltige und soziale Stadtentwicklung. Es kann nicht sein, dass der Bund am Höchstpreisverfahren festhält, um dann den Schaden, den er anrichtet, durch Mittel aus der sozialen Stadt mehr schlecht als recht zu mindern. Ein Vorkaufsrecht des Landes oder alternativ ein neues Bieterverfahren als Konzeptverfahren für das 4,7 Hektar große Areal, das wäre der einzig richtige Weg. Ziel muss es dabei sein, einen möglichst hohen Anteil an städtischen und preiswerten, das heißt auch WAV-fähigen Wohnungen zu erreichen; und auch die ansässigen wirtschaftlichen und sozialen Akteure, die seit Jahren auf dem Gelände etabliert sind, müssen in die neuen Nutzungen einbezogen werden. Auch Genossenschaften sollten weiterhin beteiligt werden. Das alles wäre möglich, wenn Koalition und Senat wollen und heute nicht nur Fensterreden gehalten haben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Frau Lompscher! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Zu dem Antrag Drucksache 17/1936 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen, die Linke und die Piraten. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Dann ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.4:

Priorität der Fraktion der SPD

Tagesordnungspunkt 12

Berliner Jugendberufsagenturen für Jugendliche mit Behinderung öffnen

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU Drucksache 17/2019

in Verbindung mit

(Katrin Lompscher)

lfd. Nr. 8:

Jugenderwerbslosigkeit bekämpfen – Fachkräfte sichern I: Einrichtung einer Jugendberufsagentur in Berlin

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 4. Dezember 2014 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 14. Januar 2015 Drucksache 17/2043

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0798

in Verbindung mit

Transparente Kriterien für die Teilnahme an der Pilotphase der Berliner Jugendberufsagentur

Dringlicher Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2071

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat Frau Abgeordnete Becker. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Koalition und insbesondere die SPD legt seit Beginn der Legislaturperiode den Blick darauf, dass alle jungen Berlinerinnen und Berliner die gleichen Chancen für ein selbstbestimmtes Leben bekommen, damit Bildungsaufstieg möglich ist. Wir haben die große Herausforderung angenommen, den Übergang von der Schule in den Beruf besser zu koordinieren und effektiver zu gestalten. Aufbauend auf bestehende und gut funktionierende Strukturen und Bündnisse gehen wir mit der Jugendberufsagentur Berlin einen Schritt weiter und stellen junge Berlinerinnen und Berliner konsequent in den Mittelpunkt unseres politischen Handelns. „Niemand soll verlorengehen“ oder „Kein Abschluss ohne Anschluss“ sollen keine Floskeln sein, sondern ehrgeizige Ziele mit klarer Botschaft. Wir wollen Übergänge mit System. Wir wollen sanfte Landungen in Ausbildung, Arbeit oder Studium. Wir wollen keine Warteschleifen, sondern Übergänge mit System.

Unter der Federführung der Senatsbildungsverwaltung wird seit über einem Jahr in unzähligen Verhandlungen und unter Hochdruck an der Herkulesaufgabe gearbeitet, unterschiedlich tickende Teilsysteme mit individuellen Zielen in Einklang zu bringen. Im Ergebnis steht in jedem Bezirk ein Arbeitsbündnis, eine Jugendberufsagentur Berlin, die Leistungen unter einem Dach nach einheitlichem Qualitätsmaßstab erbringen wird. Ich bin froh, sagen zu können, dass die Jugendberufsagentur Berlin primär auf eine sozialdemokratische Initiative zurückgeht.

[Stefanie Remlinger (GRÜNE): Das stimmt nicht! – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

In der Projektvereinbarung vom Juni 2014 wurde die Berücksichtigung der Gruppe Junge Berlinerinnen und Berliner mit Behinderung verankert. Weiter wurde geprüft, wie die Jugendberufsagentur Berlin die wichtigsten Leistungen etwa nach SGB II, III und VIII sowie dem Berliner Schulgesetz integrieren kann, ebenso die Leistungen nach SGB IX und XII, also für Rehabilitation und Eingliederungshilfe, um den gesetzlichen Auftrag der inklusiven beruflichen Bildung zu erfüllen.

Der Zugang zur Jugendberufsagentur Berlin ergibt sich so in allen Formen für junge Berlinerinnen und Berliner. Das sehen ebenso die geplanten Verfahren der Berufs- und Studienorientierung im Landeskonzept vor, die explizit alle Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Bedarf erfassen. Unser Ziel ist es, alle Leistungsbezüge in den aufzubauenden regionalen Anlaufstellen der Jugendberufsagentur abzubilden. Gleichwohl sehen wir, dass die bezirklichen Organisationsformen sehr ausdifferenziert werden müssen, um Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung zu realisieren. Wir achten genau darauf, dass diese Leistungen nach und nach integriert werden – verbindlich und nach Zeitplan.

Im Hinblick auf Ihren Schaufensterantrag, liebe Grüne, werfen Sie die Frage auf, ob der Auswahlprozess durch Kriterien begleitet wird, die – ich zitiere – „transparent nachvollziehbar“ sind. Wodurch denn sonst? Warum fragen Sie das? Natürlich werden auch hier gemeinsam Kriterien mit den Partnern abgestimmt, nach denen die Bezirke einschätzen können, ob sie sie umsetzen können und wollen. Im Zuge dessen werden vier Startbezirke vorgeschlagen, zu denen der Rat der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister Stellung bezieht. Sie sehen, die Offenheit des gesamten Auswahlprozesses ist auch hier nicht zu übersehen.

Selbstverständlich ist auch an das Kriterium „Jugendgerechte Gestaltung der Liegenschaften“ gedacht und wurde im angesprochenen Kriterienkatalog zur Auswahl der Startbezirke aufgenommen. Liebe Grüne! Jetzt und hier nach möglichen Unzulänglichkeiten im Prozess zu suchen, bevor Sie überhaupt die Senatsvorlage zur Kenntnis genommen oder diskutiert haben, finde ich unprofessionell. Genau an solchen Projekten wie der Jugendberufsagentur Berlin können die Berlinerinnen und Berliner erkennen, dass wir uns nicht nur um die rein quantitative Senkung der Jugendarbeitslosigkeit kümmern, sondern um das qualitative Wohlergehen gleichermaßen. Wir wollen mehr Schul- und Ausbildungsabschlüsse und weniger Studienabbrüche, damit Bildungsaufstieg für alle möglich ist. Wir haben erkannt, dass das nur gemeinsam und systemübergreifend im Team funktionieren kann. Gesagt ist getan.

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

Ich beantrage für heute die Annahme des Antrages in der vorliegenden Fassung vom 14. Januar sowie die Überweisung der beiden weiteren Anträge in den Arbeits- und Bildungsausschuss. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Frau Becker! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Remlinger! – Bitte!

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! – Vor ziemlich genau zwei Jahren, im Januar 2013, stand ich hier und habe zu Ihnen gesagt: Ich habe einen Traum. – Ich habe gesagt: Ich habe den Traum, dass wir es schaffen, uns überparteilich zu einem Bündnis zusammenzuschließen, das sich um die Jugendlichen kümmert, die eben keine Lobby haben, für die Politik zu machen ein steiniger Weg ist und von denen wir doch alle wissen, dass wir es uns nicht leisten wollen und können, sie in Größenordnungen zu verlieren. Ich war froh damals, dass mir, als ich diesen Traum äußerte, im Plenum signalisiert wurde, das sei mal jetzt zur Abwechslung nicht die allerdümmste Idee der Grünen, und ich bedanke mich in diesem Sinne, dass sich der Senat für diese Idee geöffnet hat und dass er es zu seiner eigenen Idee gemacht hat.

Ich will noch nicht sagen, dass wir so weit sind, wirklich die Vision zu teilen und ein überparteiliches Bündnis zu haben. Frau Becker! Das haben auch Sie gerade mit Ihrer Rede gezeigt. Ich fand es schade, dass Sie da doch wieder versuchen, Parteipolitik zu machen. Aber sei’s drum! Ich bin wahnsinnig froh, dass wir heute gemeinsam beschließen, was jetzt ja schon auf dem Weg ist, und in dem Sinne noch mal das politische Signal geben, dass die Jugendberufsagentur ein wichtiger Schritt ist. Ich betone: Ein wichtiger Schritt und nicht die Lösung! Sie ist ein wichtiger Schritt im Hinblick darauf ist, das System unserer Hilfesysteme, unsere versäulte Hilfestruktur auf die Jugendlichen auszurichten und nicht umgekehrt. Denn nicht die Jugendlichen müssen wissen, zu welchem SGBBuch und welchem Paragrafen sie passen müssen, sondern wir müssen die Hilfesysteme zusammenschließen, um besser herauszufinden, was die tatsächlichen Bedarfe unserer Jugendlichen sind.

In dem Sinne wirklich ganz herzlichen Dank an den Senat, ganz herzlichen Dank an die Expertinnen und Experten in der Verwaltung und in ganz Berlin! Die haben mich sehr erfreut, weil ich immer gemerkt habe, dass Sie das wirklich wollten und auch fanden, dass es einfach mal ein Projekt ist, für das man auch kämpfen kann. Es war ja unglaublich viel Arbeit in den letzten zwei Jahren, diese Konzepte auszuarbeiten. Deshalb herzlichen Dank auch an die Verwaltung! Und ich bedanke mich auch

allen Ernstes bei den Jobcentern, bei der Arbeitsagentur und bei der Regionaldirektion, denn ich denke, es ist nicht wenig, sich einzugestehen, dass dieser große Tanker die Hilfe von so etwas Kleinem wie einer bezirklichen Jugendhilfe braucht, und sich einzugestehen, dass sie nicht das optimale Instrumentarium haben, um sich dann wenigstens versuchsweise auf Augenhöhe mit den Bezirken zu unterhalten.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Und ich bedanke mich ebenso bei jenen Bezirken und der bezirklichen Jugendhilfe, bei Leuten, die zu Recht Angst haben konnten, dass die mühsam aufrecht erhaltenen, mühsam aufgebauten kleinen, feinen Strukturen in den Kiezen von diesem großen Tanker untergewalzt werden könnten. Ich bin wahnsinnig froh, heute sagen zu können, was ich diesen Bezirk und der Jugendhilfe immer gesagt habe: Am Schluss werdet ihr gestärkt sein, bleibt dabei, glaubt an den Prozess! – Und es ist so, dass die Jugendhilfe gestärkt sein wird, und darüber kann man sich wirklich freuen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN]

Liebe Frau Becker, verzeihen Sie mir, wenn ich halt sage: Ich möchte ein überparteiliches Bündnis, und es freut mich, dass Sie es auch zu Ihrem Projekt machen, aber haben Sie doch wenigstens Verständnis dafür, dass wir das auch weiterhin bei jedem Schritt – da ist ja noch ganz viel Arbeit zu tun – eng begleiten und eben, wenn wir der Meinung sind, da könnte was falsch laufen, das auch so sagen. Und Sie wissen genau, dass unser Antrag nicht überflüssig ist, sondern dass bis jetzt eben doch wieder die Bezirke nicht gefragt werden sollten und dass es keine transparenten Kriterien gab, was gewährleistet sein muss, damit ein Bezirk an den Start gehen kann. An der Stelle werde ich immer auftreten, so wie heute, und sagen: Es ist der Job, die Bezirke und die Jugendhilfe in dem Verhältnis zu diesen größeren, stärkeren Akteuren zu stärken. Und es ist mein Job – und das wird auch meine Fraktion an jedem Punkt tun –, daran zu erinnern, dass es nicht um die Institutionen geht. Es geht nicht darum, ob jetzt die Bezirksbürgermeister oder die Regionaldirektion da mehr zu sagen haben, es geht um die Jugendlichen. Und deshalb ist es eben auch wichtig, wo die Standorte sind und dass sie jugendgerecht sind.

Ich war ja zuversichtlich, dass es, wenn wir den dringlichen Antrag stellen, dazu beiträgt, dass Sie das dann auch aufnehmen. Ich würde mich trotzdem freuen, wenn Sie nicht nur unserem Antrag auf Einrichtung einer Jugendberufsagentur in Berlin – wenn auch etwas verspätet, aber da wollen wir nicht böse sein –, sondern auch unserem ergänzenden, dringlichen Antrag zustimmen. Ich würde mich freuen, wenn wir uns auch weiter bemühen, das Bündnis, das wir mal angedacht hatten, die überparteiliche Arbeit zu dem Thema „Übergang Schule – Beruf – berufliche Bildung“, die wir mal angedacht hatten – Sie erinnern sich, Herr Luchterhand –, bei den nächsten

(Franziska Becker)

Schritten, die wir tun müssen, voranzubringen. Denn eins möchte ich auch noch warnend mit auf den Weg geben: Die Jugendberufsagentur ist ein ganz wichtiger Schritt für die Jugendlichen und kann ganz viel Wirkung entfalten, wenn auch nicht von heute auf morgen. Es ist sicher nicht die Lösung für alle Probleme. Es bleibt viel zu tun. Ich hoffe, dass wir da zusammenarbeiten. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Remlinger! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Krüger! – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Wie schon bei der Einbringungsdebatte dieses Antrags kann man doch auch hier wieder am Eingang feststellen: Wir sind uns alle einig, dass über 11 Prozent arbeitslose Jugendliche in unserer Stadt politisch nicht hinnehmbar sind.