Protocol of the Session on January 15, 2015

Kommen wir zur Wohnungspolitik: Auch da gibt es nichts Neues. Sie feiern die Umwandlungsverordnung gemäßigt, ja, das ist richtig. Das ist gut, dass sie kommt. Es hat viel zu lange gedauert, dass Sie das geschafft haben, aber Sie können nicht behaupten, dass Sie damit Mietpreissteigerungen im mittleren und unteren Segment drücken oder das Wohnungsproblem der Stadt lösen können. Orientieren Sie Ihre Wohnungs- und Liegenschaftspolitik am Bestand! Versuchen Sie nicht alles auf den teuren Wohnungsneubau zu schieben und vor allen Dingen: Kippen Sie das Kostendeckungsverbot, das Sie

als Senator den Wohnungsbaugesellschaften aufgedrückt haben!

Ihr neuer Stadtentwicklungssenator, die Kollegin Kapek und der Kollege Wolf haben das erwähnt, hat sich dann auch gleich einmal verplappert und wurde als Prophet bezeichnet – ich bezeichne es als selbsterfüllende Prophezeiung, weil mit seiner Aussage Mietpreissteigerungen in dem erwähnten Bereich vorprogrammiert sind. Die Prognosen sind außerdem nicht neu. Statt endlich einmal den Mietpreisspiegel zu reformieren und die Frage zu stellen, ob das überhaupt sinnvoll ist, was da drin steht, setzten Sie, um die Misere zu lösen, weiter auf Bauen. Das haben wir schon diskutiert, welche Preise dann dabei rauskommen können, wenn wir uns die letzten und aktuellen Projekte im Wohnungsbau angucken. Da sind 6 Euro netto kalt längst keine Utopie mehr und garantiert nicht solidarisch.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Und wenn Sie schon bauen müssen, dann erklären Sie doch einmal, was Ihre Lehren aus dem TempelhoferFeld-Debakel sind! Der Stadtentwicklungssenator Müller hat eine eigene Online-Plattform ins Leben gerufen, um das Feld mit neuem Leben zu füllen, die auch beispielhaft sein soll – haben Sie gesagt. Der Regierende Bürgermeister Müller gibt keine Antworten darauf, wie verbindlich das Ganze denn sein soll. Man braucht sich dann auch nicht wundern, dass da keiner mitmacht. Der neue Stadtentwicklungssenator erklärt auf Nachfrage Bürgerbeteiligung in den Bezirken, in seinem Bezirk zumindest, für mehr oder weniger gescheitert und erklärt kurzerhand die Bürgerinitiativen zum Thälmann-Park oder zum Freudenberg-Areal zum Beispiel zu Feinden der wachsenden Stadt. Das ist keine Beteiligungskultur, das ist auch kein Dialog auf Augenhöhe, wozu ich Ihre Sprechstunden sowieso nicht zählen würde. Sie sind da in der Bringschuld. Schaffen Sie endlich verbindliche Beteiligungsstrukturen, und nehmen Sie die Leute ernst, sonst droht das nächste Debakel!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Zu der Frage der Beteiligung an Olympia komme ich gleich noch.

Die solidarische Stadt, die Sie beschwören, muss sich dann auch klar gegen Verdrängungsprozesse aussprechen. Es ist immer noch Wohnungspolitik dieses Senats zu behaupten: Am Rand ist es auch schön – und so zu tun, als sei das die Lösung aller unserer Probleme. Der Regierende Bürgermeister Müller müsste nämlich auch Klartext mit der Koalition reden und die sogenannte neue Liegenschaftspolitik anpacken. Die Wahrheit ist doch, dass der Ausverkauf weitergeht und die ökonomisch sinnvollen, ökologischen und sozialen Projekte, die Sie fördern wollen, nicht stattfinden, weil der Vermö

gensausschuss mit Mehrheit der Koalition in diesem Haus weiter Liegenschaftsflohmarkt betreibt.

Dann kommen wir zu den Großprojekten beim Thema Bauen: Ich habe darauf gewartet, dass Sie Antworten geben. Sie haben auch eine Antwort auf die Frage gegeben, welche Konsequenzen Sie aus dem BER-Desaster ziehen und was der Regierende Bürgermeister Müller tut, das der Regierende Bürgermeister Wowereit nicht getan hat. Die Antwort lautet: konzentriertes Arbeiten. – Wenn es so einfach ist, Herr Müller, das hätten Sie Herrn Wowereit dann auch schon vor ein paar Jahren mitteilen können – ganz im Ernst.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Sie wollten den Aufsichtsrat entpolitisieren, werden sich dann aber mit den Gesellschaftern nicht einmal darüber einig, wie das geschehen solle, und lassen sich dann von Brandenburg überfahren. Jetzt haben Sie das nächste Problem an der Backe, das noch nicht gelöst zu sein scheint – man weiß es nicht –, wer nämlich Herrn Mehdorn nachfolgen soll. Wie es bei der ZLB, beim ICC und bei der Staatsoper weitergehen soll, das sind alles Probleme, die ich hier gar nicht ansprechen will, denn Sie haben es auch nicht getan. Nur zur Erinnerung: Die Koalition hat gerade gestern im Hauptausschuss, wenn ich richtig informiert bin, das ganze Thema ICC wieder einmal in den Juni verschoben, das ist ein halbes Jahr. Das sind 1,5 Millionen Euro, die das die Stadt kostet.

[Torsten Schneider (SPD): Das waren nicht wir!]

Das waren nicht Sie, nein. Herrn Schneider, Sie waren nicht im Raum, das kann sein.

[Torsten Schneider (SPD): Ich bin immer im Raum – intellektuell!]

Sie sind immer? Auch wenn Sie nicht da sind? – Zeigen Sie doch – und das ist die Hoffnung, die man mit einem neuen Regierenden Bürgermeister verbindet –, wo Sie es anders machen! Was sind die Konsequenzen aus der BER-Krise, die Herrn Wowereit zumindest mit zu Fall gebracht hat? Wie wollen Sie verhindern, dass das der SPD und dieser Regierung weiter anhaftet? Wie wollen Sie die Flughafengesellschaft so ausrüsten, dass sie in der Lage ist, das Projekt fertigzustellen, sodass es glaubhaft einen Zeitplan gibt und die beiden Bestandsflughäfen in ihrer Arbeit nicht weiter gefährdet und die Sicherheitsaspekte in Tegel nicht weiter verschärft werden?

Dann komme ich zum Verkehr: Es ist auch schon gesagt worden, ich will es zusammenfassen: Sie wollen eine Autobahn bauen. Bevor Sie die Autobahn verlängern, setzen Sie doch einmal die Radverkehrsstrategie des Senats um! Verstärken Sie die VLB mit Personal, sodass die 10 Millionen Euro aus dem Schlaglochsanierungsprogramm, die im Jahr 2014 übrig geblieben sind, abgerufen werden können, weil dann Leute da sind, die sich darum

kümmern! Machen Sie Ihre Hausaufgaben, auch wenn es Ihnen langweilig erscheint und nichts mit Großprojekten zu tun hat! Die A-100-Verlängerung kann wegen mir

[Torsten Schneider (SPD): „Meinetwegen“ heißt das!]

bis zum Sankt-Nimmerleinstag warten.

[Beifall bei den PIRATEN]

Apropos Hausaufgaben: Dazu haben Sie auch nichts gesagt. Wie wollen Sie denn am Ende den Streit, der in der Koalition immer noch existiert, zur Gasnetzvergabe lösen? Das Verfahren ist gescheitert, jetzt geht es in den Rechtstreit und es macht den Eindruck, als wollten Sie Ihre Hausaufgaben von den Gerichten erledigen lassen. Das ist sicherlich nicht der richtige Weg. Verhandeln Sie mit der GASAG! Geben Sie zu, dass es der Streit in der Koalition bzw. die monatelange Untätigkeit des Senats waren, die zu der Misere geführt haben, und sorgen Sie dafür, dass es in Zukunft rechtssichere Vergaben gibt, ohne dass erst Gerichte eingreifen müssen!

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Die Stromnetzvergabe ist genauso ein Problem. Da beantworten Sie die Fragen nicht. Wie werden sich zum Beispiel die Ziele der Berliner Klima- und Energiepolitik in solch eine Vergabe einfügen lassen? Was ist das Konzept? Die Zeit drängt. Beantworten Sie deshalb die Fragen, damit es nicht zu denselben Fehlern wie bei der Gasnetzvergabe kommt!

[Beifall bei den PIRATEN]

Noch kurz zum Stadtwerk: Dazu ist schon viel gesagt worden, der Bonsaikraftwerkbetreiber mit drei Windrädern oder vielleicht noch ein paar mehr. Sorgen Sie dafür, dass das ordentlich ausgestattet wird! Erlauben Sie den Stromhandel, erlauben oder eröffnen Sie neue Geschäftsfelder, damit vernünftige, integrierte Lösungen erarbeitet und Geschäftsmodelle umgesetzt werden können, die zu einem vernünftigen und gesunden Unternehmen führen, wie die Berlinerinnen und Berliner es wollten!

Sie brauchen Geld für Investitionen. Es ist sicher zu begrüßen, dass die Koalition erkannt hat, dass Austerität kein Zukunftsmodell für diese Stadt ist. Nur wenn Sie behaupten, dass es ausreicht, die Hälfte der Überschüsse – wobei wir nicht genau wissen, wie viel das ist – in Investitionen zu stecken, ohne gleichzeitig auch das notwendige

[Torsten Schneider (SPD): Zusätzlich!]

zusätzlich, ja, zusätzlich zu dem, was da bisher passiert ist, dazu komme ich gleich auch noch – Personal in den bezirklichen Bauämtern zu verstärken, und zwar massiv, dann werden Sie das Geld nicht ausgeben können. Der einzige Effekt ist, dass Sie die Schulden in den Investitions- und Sanierungsstau verschieben und sich in die Tasche lügen, wie toll Sie Haushaltskonsolidierung machen.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Zur Personalpolitik, Herr Wolf hat es schon angesprochen, deshalb kann ich mich kurz fassen: Es ist doch offensichtlich, dass es so nicht weitergehen kann. Sie sprechen von 90 Stellen. Das ist mehr oder weniger ein Tropfen auf den heißen Stein. Dass die Frühpensionierungen, die Sie weitergeführt haben, dazu führen, dass jetzt früher Pensionen fällig werden, das überrascht doch niemanden. Dass dann über den Krankenstand, die Überarbeitung, das fehlende Gesundheitsmanagement diese Kürzungspolitik im Personalwesen einfach mehr kostet, als Sie einspart, das müssen Sie doch auch einmal anerkennen.

Stocken Sie die bezirklichen Strukturen auf! Wenn Sie es nicht tun, dann wäre das verantwortungslos, um mit den Worten von Herrn Saleh, der gerade nicht hier ist, zu sprechen. Das wäre verantwortungslos und nicht anders herum.

[Torsten Schneider (SPD): Die Piraten werden sich frühpensionieren!]

Herr Schneider!

Ich wollte noch etwas zum Länderfinanzausgleich sagen. Dazu haben Sie sehr viel Richtiges gesagt. Ich wollte mich beim thüringischen Ministerpräsidenten bedanken, der als Einziger, aber sehr laut, im Bund für eine starke Hauptstadt und eine starke Hauptstadtfinanzierung geworben hat. Das ist angebracht.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Da war er lauter als Sie, Herr Müller. Ich hoffe, das ändert sich demnächst. Ich glaube, für meine Fraktion, da bin ich mir sicher, aber auch für das ganze Haus kann ich Ihnen Unterstützung zusichern, was das angeht.

Dann haben Sie von Ansiedlungspolitik gesprochen. Alle in dieser Stadt reden immer von Start-ups und IT und wie toll es sei, dass sich hier immer mehr Unternehmen ansiedeln. Ich finde das auch toll. Ich habe aber einen Vorschlag für Sie, wie Sie das vielleicht mit ein paar Ideen füllen können. Wie wäre es zum Beispiel, wenn Sie dafür sorgen, dass in Zukunft durch öffentlich geförderten Breitbandausbau diese Unternehmen auch Internet in nennenswerter Größenordnung bekommen? Es kann doch nicht sein, dass im Jahr 2014 Unternehmen in Berlin, Start-ups, die sich mit IT beschäftigen, mit 50 MBit/s VDSL im Regelfall von der Telekom abgespeist werden müssen.

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Da kann die Stadt mehr tun. Sie haben es schon angesprochen, dass Sie von anderen Städten lernen wollen. Gucken Sie nach Stockholm, gucken Sie nach Kopenhagen, da gibt es Betreibermodelle für öffentliche Gesell

schaften, die Internetleitungen für Veranstaltungen und für Firmen vermieten! Schauen Sie sich das an! Dabei unterstützen wir Sie auch. Das würde vielleicht dazu führen, dass wir auch in Zukunft eine wachsende Startup-Kultur und IT-Unternehmen in dieser Stadt haben.

[Beifall bei den PIRATEN]

Dann kommen wir zur Bildung: Geld versenken Sie hier auch. Ich möchte daran erinnern: Im letzten Jahr ist es offensichtlich geworden, dass das 60-Millionen-EuroProgramm eGovernment@School gescheitert ist. Mindestens 40 Millionen Euro – das wissen wir dank einer Kleinen Anfrage des Kollegen Birk – sind im Gully gelandet. Wenn Sie davon reden, dass Sie kein Geld haben, hier versenken Sie Geld. Ein zukunftsfähiges Konzept, das dem nachfolgt, gibt es auch nicht. Gleichzeitig stehen die Schulen vor riesigen Herausforderungen. Ich finde es sehr bemerkenswert, was diese Woche in der Presse zu lesen war ob des Krankenstandes. Inzwischen ist es so, dass die Lehrerinnen und Lehrer an den Berliner Schulen durch Unterfinanzierung und Mangelwirtschaft bei Befragungen angeben, dass sie besonders oft krank seien, weil sie Angst vor Inklusion haben. Wie passt das denn mit Ihrer Zielsetzung, die Sie gerade benannt haben, zusammen? Der Senat muss im nächsten Doppelhaushalt massiv in bauliche Ertüchtigung und Förderstunden investieren, ansonsten ist die Situation nicht in den Griff zu bekommen, und Sie können sich schlussendlich von der Inklusion im Bildungsbereich verabschieden.

Ich habe noch eine Aufzählung für Sie. Das Schul- und Sportstättensanierungsprogramm gibt es bereits. Herr Schneider wies mich gerade durch einen Zwischenruf darauf hin, dass da bereits ein Sanierungs- und Investitionsprogramm existiert. Poelchau-Schule, Schule an der Jungfernheide, Stötzner-Schule – ich nenne die, wie ich möchte, jedem ist klar, was gemeint ist –, Bettina-vonArnim-Schule, Beethoven Gymnasium, Renée-SintenisGrundschule, Fichtenberg-Gymnasium, LilienthalGymnasium, das ist die Liste von Schulen, die innerhalb eines Jahres aufgrund schlechter Bausubstanz Unfälle zu verzeichnen hatten, die teilweise schwere Verletzungen nach sich gezogen haben. – So gut wirkt Ihre Schul- und Sportstättensanierungsprogramm derzeit.

[Torsten Schneider (SPD): So kann man aber auch 64 Millionen Euro kaputtquatschen!]

Die Bezirke haben es doch gar nicht ausgegeben. Das wurde schon gesagt: Anfang letzten Jahres hat MarzahnHellersdorf Ihnen gesagt, dass sie keine Hochbaumaßnahmen mehr begleiten können, weil sie das Personal nicht haben. Ihr Fraktionsvorsitzender stellt sich hin und sagt, es wäre verantwortungslos, jetzt Personal aufzustocken.

[Torsten Schneider (SPD): Hat er nicht gesagt!]

Da sind Ihre 64 Millionen Schul- und Sportstättensanierungsprogramm, Herr Schneider!

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Die liegen rum.

Das Personalproblem an den Hochschulen und Universitäten ist ähnlich prekär. Da ist die schlechte Vorlage der Innenverwaltung zur W-Besoldung nur ein Teil davon. Die Hochschulen und Universitäten sind weiterhin unterfinanziert, da hilft auch so ein begrüßenswertes Leuchtturmprojekt wie das BIG nicht viel weiter. Die Situation ist, dass immer mehr Leute prekär beschäftigt sind, die Vorlesungen weiter verschult werden müssen, weil mehr Leute aufgenommen werden müssen, aber nicht gleichzeitig betreut werden können, und dass die Mangelwirtschaft dazu führt, dass auch mehr Studienabbrecher existieren bzw. sogar – und das ist das Groteske – grundständige Studiengänge geschlossen werden müssen, weil sie zugunsten von Drittmittelprojekten, die die Universitäten unbedingt brauchen, keine Professorenstellen mehr haben werden bzw. diese verlieren. Da helfen Ihnen auch – das war jetzt eine Ankündigung – die 2 500 neuen Wohnheimplätze für Studierende nicht viel, wenn es dafür keine klaren Konzepte gibt.