Seien Sie sehr vorsichtig, was Sie hier tun! Die Verfassung für einen kurzfristigen politischen Effekt austricksen zu wollen, ist ein gefährliches Spiel.
Um es noch einmal zu betonen: Wir, die gesamte Opposition, unabhängig von unseren unterschiedlichen Positionen zur Olympiabewerbung, wollen eine verbindliche Volksbefragung zum Thema. Wir sind bereit, im Rahmen einer Reform der Volksgesetzgebung, zu der eine Verfassungsänderung zwingend notwendig ist, die Möglichkeit zu schaffen. Dann können die Berlinerinnen und Berliner entscheiden. Alles andere ist inakzeptabel.
Wenn es Ihnen allerdings nur darum geht, mithilfe von Formelkompromissen und Tricks dieses und das nächste Jahr mit einem ungeliebten Koalitionspartner möglichst unfallfrei zu überstehen, mache ich Ihnen wenig Hoffnung, denn zwölf Stunden Sitzung hin oder her: Unter dem Strich ist alles, was Ihre Koalition jetzt noch will, Ihre einzige Ambition, eine Bewerbung um Olympische Spiele in Berlin. Was aber, Herr Regierender Bürgermeister, machen Sie eigentlich, wenn dieses Vorhaben 2015 auch noch scheitert? Soll dann erst das „gute Regieren“ beginnen?
Vielen Dank, Herr Wolf! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Graf. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich danke Präsident Wieland für die klaren Worte, die er zu den schrecklichen Ereignissen in Paris in unser aller Namen gefunden hat.
Vor fünf Wochen hat das Abgeordnetenhaus inmitten der Legislaturperiode einen neuen Regierenden Bürgermeister gewählt. Bereits das Wahlergebnis hat gezeigt: Die Abgeordneten von SPD und CDU stehen geschlossen zu dieser Koalition, und es muss Sie schon sehr geärgert haben, dass die ersten Tage dieses Jahres gezeigt haben, dass das Jahr 2015 das Jahr der Sachlichkeit werden wird. Wir sind uns einig, wir wollen die Themen sachorientiert diskutieren und die Probleme lösen.
Mein Eindruck ist, Herr Kollege Wolf, Frau Kollegin Kapek, Sie malen hier das Bild einer streitenden Koalition an die Wand, als ob die Senatoren mit Schienbeinschonern am Senatstisch sitzen, um Ihre eigene Substanzlosigkeit zu überdecken. Keinen konkreten Vorschlag haben wir von Ihnen gehört.
Ja, Sie haben das Jahr am Neujahrstag mit der Forderung nach einem Untersuchungsausschuss begonnen, um den Tag der Heiligen Drei Könige haben Sie einen Gipfel für Flüchtlinge gefordert, heute nun wieder Chefsache und Gesamtstrategie eingefordert: Das sind Floskeln, lieber Kollege Wolf, aber auch nicht mehr.
Berlin ist eine wachsende Stadt, eine anziehende Metropole. Immer mehr Menschen kommen zu uns, und auch bei Touristen ist Berlin immer beliebter. Diese dynamische Entwicklung bringt neue Bedürfnisse, etwa an Infrastruktur mit sich, aber auch jede Menge Möglichkeiten der neuen Gestaltung.
Erneut können wir uns aufgrund der gestiegenen Mehraufnahmen auf einen Haushaltsüberschuss von 826 Millionen Euro stützen. Jetzt wird deutlich, wie richtig es war, dass die Koalitionsfraktionen in der letzten Sitzung des vergangenen Jahres einen Investitionsfonds eingerichtet haben. Herr Kollege Saleh! Es war wichtig, dass wir diese Entscheidung getroffen, diese Weichen für eine wachstumsorientierte Politik gestellt haben, denn konkret können nun 413 Millionen Euro für zusätzliche Investitionen zur Verfügung gestellt werden – Investitionen für Schulen, Bäder, Sportplätze, Turnhallen, neue Wohnungen, für die Gesundheitsversorgung. Das ist das Volumen eines kleinen Konjunkturpakets. Sie werden damit scheitern, das kleinzureden. Das merken nämlich die Menschen, wenn wir einen solchen Maßnahmenkatalog wie diese Investitionen auf den Weg bringen.
Aber es ist nun mal so: Berlin drückt noch immer eine enorme Schuldenlast. Es ist meine Grundüberzeugung, dass es unsere Aufgabe ist, die Gestaltungskraft der nachfolgenden Generationen zu sichern, und deshalb betone ich: Seit diese Koalition regiert, haben wir keinen Euro, keinen Cent neue Schulden aufgenommen, und das wird auch so bleiben. Ganz im Gegenteil, mit den neuen Überschüssen werden wir insgesamt 1,5 Milliarden Euro Schulden getilgt haben. Das ist ein wichtiges, nachhaltiges Signal für die heutigen, aber vor allem auch für die nachfolgenden Generationen.
In den nächsten Jahren stehen wichtige Entscheidungen an, die die Gestaltungskraft nachhaltig beeinflussen. Die Neugestaltung des Länderfinanzausgleichs wird von existenzieller Bedeutung sein. Die Neuverhandlungen zum Hauptstadtvertrag sind wichtig, um einen fairen Ausgleich zur Wahrnehmung vor allem der hauptstadtbedingten Sicherheitsmaßnahmen zu bekommen. Wir benötigen weiterhin die Solidarität der anderen Länder und des Bundes in dieser Frage. Genau deshalb gibt es mit uns kein Wackeln bei der Haushaltskonsolidierung, und da unterscheiden wir uns von Ihnen, Herr Wolf.
[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Uwe Doering (LINKE): Wir haben schon einen Haushalt konsolidiert!]
Da, wo wir Gestaltungsspielräume haben, setzen wir klare Prioritäten. Wir wollen die Wirtschaft stärken, die Sicherheit festigen, wir wollen die Vielfalt und Qualität in der Schullandschaft ausbauen. Dabei bleibt natürlich die Stärkung der Wirtschaft, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, unbestritten das wichtigste Ziel, und ich freue mich, dass wir hier auf konkrete Erfolge der letzten drei Jahre zurückblicken können. Die Wirtschaftsleistung steigt, Berlin ist ein wachsender Wirtschaftsstandort, der schneller wächst als der Rest der Republik. Die Zahl der Arbeitslosen sinkt. Sie ist so niedrig wie seit 1991 nicht mehr. Die „Berliner Morgenpost“ hat in der vergangenen Woche mit der Schlagzeile aufgemacht: „Nicht mehr Schlusslicht“ – ja, wir haben die rote Laterne bei der Arbeitslosigkeit an andere Länder abgegeben. Das ist eine gute Botschaft, ein Erfolg dieser Koalition.
Gerade bei der Jugendarbeitslosigkeit liegen wir heute 30 Prozent niedriger als zum Ende von Rot-Rot, und wir werden hier auch nicht nachlassen, denn es darf niemand zurückgelassen werden. Die Einrichtung der Jugendberufsagenturen ist der richtige Schritt, die Jugendlichen bei der Suche nach Ausbildungsplätzen zu unterstützen. Ich möchte einen Punkt, weil auch nachher noch darüber diskutiert wird, aufgreifen. Mir ist besonders wichtig, dass wir auch die Angebote für Jugendliche mit Handicap
dabei berücksichtigen, denn das Vorantreiben der beruflichen Inklusion ist ein Thema, bei dem wir alle an einem Strang ziehen sollten.
Insgesamt ist die Situation am Arbeitsmarkt begünstigt durch eine gute Wirtschaftslage, durch eine erfolgreiche Politik der Bundesregierung. Sie ist aber auch das Ergebnis eines Paradigmenwechsels in der Arbeitsmarktpolitik. Herr Wolf! Zum Schluss Ihrer Koalition haben Sie selbst die SPD-Linke mit dem Thema ÖBS genervt. Dieses ineffiziente und kostspielige Projekt haben wir aufgegeben und sehen nun Erfolge bei der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt,
Berlin ist die Hauptstadt der Existenzgründer und der Digitalisierung. Mittlerweile gehen jeden Tag durchschnittlich zwei Start-ups an den Start. Nirgendwo in Deutschland oder in Europa gibt es mehr. Berlin erreicht beim Tourismus von Jahr zu Jahr neue Rekorde, zuletzt 28,5 Millionen Übernachtungen. Es ist gut, dass wir eine Wirtschaftssenatorin haben,
die diesen Gründerboom fördert und ein gründerfreundliches Klima schafft, aber auch die Zukunftsfähigkeit und Innovationsfähigkeit des Handwerks und der Industrie vorantreibt. Ich begrüße ausdrücklich, dass der Senat entschieden hat, die Rahmenbedingungen weiter zu lockern, indem er die Vergabe der öffentlichen Aufträge entbürokratisiert und eine Bundesratsinitiative startet, um Anreize für mehr Wagniskapital zu erreichen. Wer könnte das besser als die Gründerhauptstadt, Frau Yzer? Vollkommen richtig!
und nochmals: In den vergangenen drei Jahren haben wir bereits erhebliche Mittel zur Sanierung von Schulen, Sportanlagen, Kitas, Spielplätzen und für den Wohnungsbau bereitgestellt.
Ja, Frau Kapek – die Entscheidung hat der Senat auch getroffen –, natürlich werden wir, wenn wir den Bezirken mehr Investitionen im Schulbau zur Verfügung stellen, auch das Personal an der Stelle verbessern, das ist gar keine Frage.
aber auch den 16. und 17. Bauabschnitt der A 100 voran. Das sind beides wichtige Verkehrsadern, um die Wirtschaft des Ostens an die Mitte anzubinden, aber ich betone auch: Es muss dann auch bei der Schlaglochsanierung wieder vorangehen. Es kann nicht sein, dass es da stockt, nur weil sich bei der Verkehrslenkung die Anträge stapeln. Aber ich bin mir sicher nach der Diskussion im Senat, dass es hier vorangehen wird.
Berlin lebt auch von seiner Kultur und Geschichte. Ich freue mich, Herr Stadtentwicklungssenator Geisel, dass Sie in diesem Jahr den vereinbarten Dialogprozess zur Gestaltung der historischen Mitte abschließen wollen. Ich finde es richtig, da ergebnisoffen hineinzugehen, aber der Dialogprozess muss angegangen werden, und da haben Sie unsere volle Unterstützung. Ich habe mich auch gefreut – Frau Kapek, das unterscheidet uns vielleicht auch – über die gute Entscheidung des Bundes, den Neubau eines Museums der Moderne auf dem Kulturforum zu errichten. Das ist ein kulturpolitischer Glücksfall und eine große Chance für die Weiterentwicklung des Kulturforums, und ich lade Sie gern dazu ein, mitzudiskutieren.
Neben Kunst, Kultur und Tourismus erfährt Berlin auch als internationale Sportmetropole, als Ausrichter verschiedenster Großveranstaltungen enormen Zuspruch. In den nächsten Jahren werden wir das Champions-LeagueFinale haben. Die Handballweltmeisterschaften, das Deutsche Turnerfest, die Leichtathletik-EM – all das liegt vor uns. Und Berlin hat auch sein Interesse bekundet, Ausrichter der Olympischen Sommerspiele 2024 oder 2028 zu sein. Darin liegt eine große Chance für die Stadt, denn die Infrastruktur, die für die Olympischen Spiele neu errichtet wird – seien es Sportstätten oder das Olympische Dorf –, wird den Bürgern später als Freizeitsportmöglichkeit oder Wohnraum zur Verfügung stehen können. Zunächst einmal muss der DOSB entscheiden, ob er mit Hamburg oder Berlin ins Rennen geht. Aber Sie führen hier eine Diskussion nicht darüber, ob die Bürger befragt werden – das hat der Senat sichergestellt; das hat der Regierende Bürgermeister angekündigt –, sondern Sie führen wie an jeder Stelle eine technokratische Diskussion: Wir haben Ihnen keine Verfassungsänderung zugesagt.
Es ist eine große Chance, und der Senat wird die Abstimmung der Bürgerinnen und Bürger initiieren. Wir werden dann das Ergebnis auch als verbindlich anerkennen – alles andere wäre ja auch Unsinn.
Die Gesundheitswirtschaft ist einer der Wachstumsmotoren unserer Stadt, und die Charité ist ein Symbol für die vielen, vielen Arbeitsplätze in der Gesundheitswirtschaft. Ich möchte aber einmal den Fokus gerade bei diesen Arbeitsplätzen auf die Pflege legen, weil ich es nachgerade als vorbildlich empfinde, dass der Gesundheitssenator gesagt hat: Einer meiner Arbeitsschwerpunkte ist es, eine Pflegekampagne aufzunehmen. – In einer wachsenden und auch älter werdenden Stadt wie Berlin brauchen wir mehr Fachkräfte in der Pflege, damit wir künftig gut gepflegt werden. Dazu muss man diesen Beruf attraktiver machen und aufwerten. Es ist ein wirklich wichtiger Schritt, dass der Senat entschieden hat, das Schulgeld für die Pflegeberufe abzuschaffen.