Protocol of the Session on December 11, 2014

(Harald Moritz)

möchte hier nur noch mal festhalten, dass mein Kenntnisstand ist, dass es sich nicht mehr um Mieter handelt, gleichwohl es sich um Menschen handelt, die dort wohnen, dass die Mietverträge seit einem halben Jahr beendet sind und dass das eine gewisse Duldung ist, die man bis zum Baubeginn dort hat, aber daraus ergibt sich kein Rechtsanspruch. Den Rechtsanspruch haben wir mit dem Planfeststellungsverfahren gehabt, und der Rechtsanspruch hat eindeutig geklärt, dass diese Häuser abgerissen werden.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Selbstjustiz für Baggerfahrer oder was? – Weitere Zurufe von den GRÜNEN]

Meine Damen und Herren! Das gehört zur Wahl, dass man sich an die rechtsstaatlichen Grundsätze hält. Das gilt auch für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Und das erwarte ich auch von den Senatorinnen und Senatoren.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Was man hier gesehen hat, auch gerade in den Zwischenrufen, ist eine dogmatische Haltung – mit allen Mitteln ein Verkehrsinfrastrukturprojekt zu verhindern. Ich möchte Sie gerne darauf hinweisen, dass diese Abwehrhaltungen nicht im gesamtstädtischen Interesse sind. Die Berlinerinnen und Berliner wollen diesen Autobahnbauabschnitt, den 16. und den 17.

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Woher weißt du denn das?]

Die letzte Befragung in der „Berliner Zeitung“ hat das erbracht. Das müssen Sie auch mal zur Kenntnis nehmen. Ich kann Ihnen das nachher auch raussuchen, Herr Kollege Gelbhaar. – Ihre Haltung gefährdet Arbeitsplätze in dieser Stadt, weil wir auch Wirtschaftsverkehre haben, und der Wirtschaftsverkehr wird auch zunehmen, und Wirtschaftsverkehre können sich eben nicht ausschließlich mit der Straßenbahn und dem Radverkehr abwickeln lassen. Und das wissen Sie!

[Sven Kohlmeier (SPD): Genau! – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ihre Haltung ist nicht nur arbeitsplatzfeindlich, sie wird auch von den Berlinerinnen und Berlinern abgelehnt.

Und technisch gesehen, ich gebe das gerne zu, macht die Autobahn 100 nur Sinn, wenn sie ein Ring ist, wenn sie am Ende der Straße nicht zu neuen Staus führt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gelbhaar?

Nein, danke! – Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei Herrn Geisel, unserem neuen Senator, bedanken. Er hat eine Debatte angestoßen, die in dieser Stadt überfällig ist.

Und um die Debatte mit der Stadtverwaltung zu führen, mit den Verbänden, mit den Unternehmen, mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit den Anwohnern, mit den Betroffenen, brauchen wir Fakten – kein wirres Gedusel, keine hohlen Bauchgefühle, sondern Fakten. Und um diese Fakten zu erarbeiten, muss die Senatsverwaltung auch beauftragt werden.

Und es ist richtig, dass, wenn wir die Autobahn nicht weiterbauen, in Friedrichshain-Kreuzberg, am Treptower Park, an der Elsenbrücke, in Lichtenberg, Frankfurter Allee Süd neue Verkehrsproblematiken kommen. Das sagen Sie selbst. Jetzt brauchen Sie nicht den Kopf schütteln.

[Zuruf von Harald Moritz (GRÜNE)]

Sie sagen selbst, dass wir dort zu neuen Verkehrsproblematiken kommen, und deswegen ist die Konsequenz daraus, die A 100 auch zu Ende zu bauen.

[Antje Kapek (GRÜNE): Wenn man Fehler macht, muss man Fehler wiederholen! – Weitere Zurufe von den Grünen]

Meine Damen und Herren! Wir können die Autobahn nicht deswegen abreißen, nur weil Sie sie nicht wollen. Und um diese Debatte in dieser Stadt zu führen, brauchen wir – –

[Zurufe von den GRÜNEN]

Einmal würde ich jetzt bitten, dass der Redner erst mal seine Ausführungen machen darf. Und ich darf bei der Gelegenheit fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Baum von den Piraten zulassen.

Nein, danke! Ich beantworte heute keine Zwischenfragen.

[Oh! von den PIRATEN. – Christopher Lauer (PIRATEN): Morgen wieder!]

Morgen wieder, Herr Kollege, genau! – Herr Moritz! Sie haben gerade eben gesagt, die Komplementärmaßnahmen seien auch nicht so sonderlich ausgeprägt. Ich will Ihnen mal dazu etwas sagen. Den Zuschuss zum ÖPNV von 260 Millionen auf 290 Millionen Euro innerhalb dieser Legislatur erhöht zu haben, Fahrpreiserhöhungen hier auch in diesem Haus von unserer Seite debattiert und verteidigt zu haben, damit der ÖPNV ausfinanziert werden kann, der Ausbau von Radwegen und Radfahrstreifen in der Stadt, nicht nur im Haushaltstitel, sondern auch in der faktischen Realität gemeinsam mit den Bezirken; zu den Komplementärmaßnahmen gehört auch die Fortschreibung des Luftreinhalte- und Lärmminderungsplans, das sind Dinge, die auch Anwohnerinnen und Anwohner entlasten.

Der Senat und die Bezirke treiben die Parkraumbewirtschaftungszonen voran, um auch die Innenstadt nicht attraktiv für den motorisierten Individualverkehr zu gestalten. Wir bauen, wir setzen mit der Rad- und Fußverkehrsstrategie sukzessive auf die umweltfreundlichen Fortbewegungsarten. In der Nähe und im Umkreis des 16. Bauabschnitts sind Straßen rückgebaut, wir haben dort Rückbau zugunsten von Radverkehr und ÖPNV.

[Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE): Wo denn?]

Oberschöneweide, Adlergestell – und es wird noch rückgebaut. – Wir haben aktive Lärmdämmung bei Bundesautobahnabschnitten und etliche weitere Maßnahmen. Das können Sie alles zur Kenntnis nehmen, wenn Sie es wollen, Sie können es aber auch lassen und weiter in Ihrem dogmatischen Trott verfahren.

Wir reden von einer wachsenden Stadt, und zu dieser wachsenden Stadt gehören 40 000 neue Berlinerinnen und Berliner jährlich. Und wir reden deswegen auch von wachsenden Verkehren. Und weil wir sagen, dass die A 100 ein Teil dieses Gesamtkonzeptes ist und wir den ÖPNV nicht vernachlässigen wollen, wir die Fuß- und Radverkehre nicht vernachlässigen wollen, sondern ausbauen wollen, ist die A 100, der 17. Bauabschnitt, notwendig. Sich hier ein Teil eines Gesamtkonzeptes herauszupicken und das zu kritisieren, das ist Ihre Aufgabe. Wir denken gesamtstädtisch.

[Lachen bei den GRÜNEN – Zurufe von den LINKEN]

Und eine Dimension – jetzt gibt es auch wieder Widerspruch von der Linken – muss Ihnen doch klar sein: Der Osten dieser Stadt hat ein anderes Verkehrsnetz als der Westen. Und wir haben aufteilungsbedingt noch Lücken. Eine dieser sinnvollen Baumaßnahmen ist die TVO, eine andere ist die A 100. Das müssen Sie doch mal zur Kenntnis nehmen, dass auch die Gewerbegebiete im Osten der Stadt, die Menschen im Osten der Stadt ein Anrecht auf Mobilität haben.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Udo Wolf (LINKE): Mobile Gewerbegebiete?]

Ich fand die Argumentation sehr fadenscheinig von Ihnen, insbesondere in Bezug auf den 17. Bauabschnitt. Ich bin gerne bereit, die Sachverhalte und die Kosten im Verkehrsausschuss zu diskutieren.

Eine Sache will ich Ihnen vielleicht noch sagen. Die hohen Kosten sind in der Tat bekannt, dass der Bund die auch tragen wird. Der 16. ist zusammen mit dem 17. Bauabschnitt angemeldet, aber wenn sich in einer KostenNutzenrechnung ergibt, dass sich mehr Kosten für das Land Berlin und mehr Kosten für den Bund als volkswirtschaftlicher Nutzen ergibt, dann wird diese Autobahn sicherlich nicht kommen. Auch das gehört zu einer Entscheidungsgrundlage und zu den intensiven demokratischen Abwägungsprozessen.

[Zurufe von den LINKEN]

Ich glaube aber nicht, dass dieses Autobahnprojekt ein negatives Kosten-Nutzenverhältnis hat. Und Sie werden sich vielleicht auch noch überzeugen lassen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Danke schön! – Für eine Zwischenbemerkung hat jetzt der Kollege Moritz das Wort! – Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Kollege Kreins! Mir im Zusammenhang mit dem Einsatz für die Menschen in der Beermannstraße vorzuwerfen, ich würde diese Leute ausnutzen, um die Autobahn mit allen Mitteln zu verhindern – das ist eine Frechheit, und das weise ich zurück!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Ich habe ein soziales Gewissen und eine Verantwortung für diese Menschen und setze mich dafür ein, wenn sie auf der Baustelle da behindert und gefährdet werden – das dazu!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wenn Sie kein soziales Gewissen haben, dann ist das Ihre Sache! – Zu den ganzen Arbeitsplatzphantasien und der These, der Osten der Stadt würde nicht erreicht: Zu DDRZeiten sind ganz andere Großbetriebe in der Stadt gewesen, und die haben auch Ver- und Entsorgung gehabt. Da ging es aber mehr über die Bahn. Die Bahn wird aber immer mehr zurückgefahren. Aber das hat auch funktioniert.

Dann zu den Verkehrsproblemen auf der Elsenbrücke: Herr Geisel hat sie in seinem „Morgenpost“-Interview genannt, und Sie tun das auch. Fragen Sie die Senatsverwaltung! Es gibt keine Verkehrsprobleme auf der Elsenbrücke. Im Anhörungsverfahren gab es eine Simulation aller Fachleute; da sind die Autos schön auf dem Bildschirm hin und her gefahren. Es gebe keine Verkehrsprobleme, ist uns gesagt worden. Es ist auch von dem Bundesverwaltungsgericht gesagt worden, dass es da keine Verkehrsprobleme gibt. Wenn es da fachlich tatsächlich Probleme geben würde – aber das bestreitet ja Ihre Verwaltung –, hätte dieser Abschnitt gar nicht so gebildet werden können.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Denn er muss funktionstüchtig sein, und wenn er von vorneherein Probleme produziert, dann ist er nicht genehmigungsfähig. Das ist die Sache der Verwaltung gewesen.

(Ole Kreins)

Die Kompensationsmaßnahmen – das erspare ich mir jetzt. Aber zur Abschirmung der Innenstadt: Gucken Sie sich die konkreten Zahlen aus der Senatsverwaltung an! Bei der Autobahn A 100 im Westteil der Stadt sind die Radialstraßen vor wie hinter der Autobahn genauso stark belastet. Es gibt keine Abschirmung – das sind alles Märchen!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke jetzt Herr Kollege Wolf. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schade, dass der Kollege Saleh nicht im Raum ist – er hätte sich sicherlich gefreut, bei der Rede von Herrn Kreins zu hören, dass der, der gegen die A 100 ist, sich gegen das städtische Gesamtinteresse wendet und wirtschaftsfeindlich ist. Der Kollege Saleh hat nämlich, nach eigener Aussage, zweimal auf SPD-Parteitagen gegen den Weiterbau der A 100 gestimmt.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]