Protocol of the Session on December 11, 2014

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich freue mich, dass kurz vor Weihnachten doch die heimelige Stimmung so ein bisschen durchs Plenum wabert. Ich habe mir auch vorgenommen, Kollege Magalski, da wir kurz vor Weihnachten stehen, Ihren Antrag positiv zu sehen. Deswegen sage ich als ersten Satz was ganz Positives – Kollege Zimmermann hat mich eben zu Recht daran erinnert, ich soll nett sein –: Sie sind Ihrer Zeit wahnsinnig voraus.

[Philipp Magalski (PIRATEN): Piraten!]

Piraten, gut! Wenn Sie sagen, es ist immer so, ist es nur bei dem Antrag ein bisschen schwierig. – Wie Sie eben erwähnt haben, gibt es ein Pilotprojekt der BSR in zwei Berliner Bezirken, die das von der BVV-Seite auch aktiv unterstützen, Charlottenburg-Wilmersdorf und Spandau, wo es diese Pfandkisten an vorhandenen Müllbehältnissen gibt. Da haben wir noch nicht mal Halbzeit. Trotzdem haben Sie schon ein Endergebnis. Erstaunlich! Sogar – die BSR hat das veranlasst – eine wissenschaftliche Begleitung dieses Pilotprojekts findet statt. Niemand kennt die Ergebnisse außer den Piraten. Deswegen sage ich positiv: Sie sind Ihrer Zeit voraus. Ich würde mir wünschen, dass es nachher, so wie Sie es darstellen, auch das offizielle Ergebnis ist, aber es gibt dieses Ergebnis noch nicht, Herr Magalski!

Deswegen finde ich es auch ein bisschen unlogisch, was Sie schreiben. Ich darf mal Ihre eigene Antragsbegründung, den letzten Absatz, vorlesen:

Der Piratenfraktion erscheint eine Erprobung solcher Systeme für einzelne Bezirke unlogisch. Sie ist vielmehr Ergebnis des mangelhaften Engagements des Senats und des Abgeordnetenhauses auf

Landesebene. Der berlinweiten Einrichtung von Pfandkörben stehen einzig der politische Wille und ein fehlendes Konzept im Weg.

Das passt jetzt aber sehr schlecht zu der Aussage, dass es dieses Pilotprojekt gibt. Wenn Sie mal die Praktikerinnen und Praktiker gefragt hätten, Kollege Magalski, dann hätten Sie vor Ort erfahren: Es ist nicht so einfach. – Erstens unterliegen auch diese Behältnisse, in denen man Pfandflaschen anbringen kann, einer Vermüllung. Es ist nämlich nicht bloß Winterpause. Die meisten davon müssen erneuert werden, weil sie kaputt sind. Das ist leider auch eine Wahrheit. Dann muss man auch sehen, dass viele Menschen das leider nicht bloß für die Zweckbestimmung, eine Pfandflasche hineinzustellen, benutzen, sondern eben auch ihren ganz normalen Müll, der vielleicht mal größer ist, den Coffee-to-go-Becher, was immer man da hat, wo man wieder andere Sachen reinstecken kann, das sind Nebeneffekte, die es alle gibt, die man auch in anderen Städten sieht, die wir vielleicht stärker bei uns in der Stadt erleben, in einer Großstadt, die ein bisschen anonymer ist als Bamberg oder andere, wo man sich vielleicht noch kennt, wenn man über den Marktplatz läuft. Das sind Dinge, die man aber berücksichtigen muss.

Deswegen, glauben wir, sind Sie mit Ihrem Antrag mindestens ein halbes Jahr zu früh. Lassen Sie uns gemeinsam abwarten, wie der Pilotversuch zu Ende geht! Es soll nämlich ein ganzes Jahr lang geprüft werden, wie das Ganze in der Praxis funktioniert. Dann werden wir das auswerten, was die BSR beizutragen hat, was sie an Erfahrungen gesammelt hat, was die Bezirke dazu sagen, wie es aus ihrer Sicht gelaufen ist, welche echten Mehrkosten und Mehrwerte entstanden sind. Sie haben mit dem sozialpolitischen Ansatz ja wirklich recht. Es gibt übrigens auch von Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitikern bei einigen eine gegenteilige Auffassung, die sagen: Das ist sogar das Falsche, was man dort anbietet, weil jeder auf die Pfandflaschen einfach zugreifen kann und nicht nur die Leute, die es wirklich ganz nötig haben. Wenn sie außen hängen, produzieren Sie das Problem, dass jede und jeder zugreifen kann. Da können Sie sagen, das ist gut oder schlecht, da gibt es aber extra Diskussionen.

[Zurufe von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) und Christopher Lauer (PIRATEN)]

Das ist eine Feinschmeckerdiskussion, Herr Kollege Lauer! Sie werden auch in der Stadt sehen, wo heute Müllbehältnisse sind, stellen viele schon einfach eine Flasche direkt daneben, ob nun aus Plastik oder aus Glas. Das gibt es alles.

[Zuruf von Heidi Kosche (GRÜNE) – Christopher Lauer (PIRATEN): Das ist aber zynisch!]

Nein, da haben Sie eben nicht zugehört! Ich habe mir das ausdrücklich nicht zu eigen gemacht.

(Philipp Magalski)

[Christopher Lauer (PIRATEN): Ah!]

Ja, genau, jetzt hat er es verstanden! Danke schön!

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Das ist jetzt schon mehr als ein Zwischenruf, Herr Kollege!

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Es war ein innerer Monolog, den ich zufällig mitverfolgen konnte. Ich danke dafür.

Ich bitte um Nachsicht, dass mir das entgangen ist, Herr Kollege Lauer!

Ich glaube, es ist zu dem Thema inhaltlich alles gesagt. Lassen Sie uns abwarten, wie das Pilotprojekt in zwei Bezirken ausgeht! Dann können wir nach dem Sommer 2015 zusammen schauen: Ist es sinnvoll, das flächendeckend in Berlin zu machen, ja oder nein? – Ich freue mich auf diese Beratung und wünsche Ihnen auch schon mal schöne Weihnachten. – Tschüs!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jetzt der Kollege Dr. Altug, bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Buchholz! Wir sollten nicht abwarten. Schauen Sie bitte, was Ihre Genossinnen und Genossen in Hamburg machen, was dieses Thema betrifft!

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Sie haben dort stadtweit Erfahrungen gesammelt, und dort agieren sie auch. Die SPD hat, nachdem die Grünen dort einen Antrag diesbezüglich eingebracht haben, einen Antrag eingebracht, dass man dieses Projekt dort auch finanziell unterstützen soll. Machen Sie nach! Warten Sie nicht ab!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Pfandflaschen gehören nicht in den Müll. Mehrwegpfandflaschen können bis zu tausendmal wiederverwertet werden. Da der Mehrweganteil von Getränkeverpackungen immer weiter zurückging, führte die rot-grüne Bundesre

gierung 2003 das Einwegpfand ein. Obwohl sich die Getränkeindustrie zunächst mit Händen und Füßen dagegen wehrte, gilt inzwischen ein einheitliches Pfand von 25 Cent auf Einweggetränkeverpackungen. Damit wird ein Anreiz geschaffen, Flaschen und Dosen direkt dem Recyclingkreislauf zuzuführen. Anders als von den Machern des Pfandsystems erhofft, enden jedoch immer noch viele Pfandflaschen auf Gehwegen, auch als Glasscherben – das wurde von meinem Kollegen Magalski vorhin erwähnt –, in Grünanlagen oder im besten Fall in Mülleimern.

Wir begrüßen es daher, dass sich die Piraten dieses Problems angenommen haben. Dass die Idee nicht ganz neu ist, das wissen wir. Und das sagen die Piraten auch. So wurden bereits in mehreren Berliner Bezirken Pilotprojekte durchgeführt.

Ende 2014 haben die Grünen in Hamburg, wie ich vorhin erwähnt habe, den Prototyp eines Pfandrings vorgestellt. Diese Pfandringe können nicht nur an Mülleimern, sondern auch an Straßenlaternen und geeigneten Plätzen angebracht werden, wo viel Leergut anfällt. Auch in Köln, Karlsruhe und Bamberg kommen diese Ringe bereits erfolgreich zum Einsatz, Herr Buchholz! Das heißt, dass genügend Erfahrungen da sind. Sie bieten Passantinnen und Passanten die Möglichkeit, Flaschen dort abzustellen. Pfandsammlerinnen und Pfandsammler können sie dort mitnehmen, ohne dafür im Müll herumwühlen zu müssen.

Noch einige Worte zu den Flaschensammlerinnen und Flaschensammlern: Die Tatsache, dass die Menschen auf die Einnahmen aus dem Sammeln von Pfandflaschen finanziell angewiesen sind, ist in einem so reichen Land wie Deutschland ein sozialpolitischer Skandal.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Das hat vorhin auch mein Kollege Magalski erwähnt. Sie ist aber eine Realität, auf die wir reagieren müssen. Denn ganz nebenbei unterstützen sie die Reduktion des Restmüllaufkommens. So schonen sie Ressourcen, schützen sie die Umwelt und verhindern erhöhte Kosten für die Müllentsorgung.

Pfandringe an Straßenschildern, Laternen oder Mülleimern, mit dieser einfachen Maßnahme könnten wir die Recyclingquote in Berlin fördern und die Vermüllung in der Stadt reduzieren. Die Pfandringe würden nicht nur das Flaschensammeln erleichtern, Glasscherben auf den Straßen und Gehwegen, aber auch Radwegen verringern, sondern auch die Berliner Stadtreinigung bei ihrer Arbeit unterstützen. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

(Daniel Buchholz)

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die CDU-Fraktion jetzt der Kollege Freymark, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein interessantes Thema, ohne Frage, Herr Kollege Magalski, das bereits in anderen Großstädten debattiert wird, seien es Hamburg, Köln, Wiesbaden, Bamberg oder Münster. Viele Städte haben sich schon Gedanken gemacht, wie man die vermeintliche Lücke im Pfandkreislauf schließen kann.

Worum geht es bei Ihrem Antrag, bei dem, was hier diskutiert wird? – Um die Frage Nummer 1, die Vermüllung der Stadt: Wir als Politiker haben immer wieder die Diskussion, wie man die Stadt ein bisschen sauberer gestalten kann, welche Methoden möglich sind, um darauf positiv Einfluss zu nehmen. Natürlich ist dabei der Anteil von Flaschen nicht irrelevant.

Zweites Thema, der Flaschensammler selbst: Wir haben seit der WM 2006 ein Phänomen, nämlich ein gesteigertes Interesse an Pfand- und Leergut. Es gibt 21 500 Papierkörbe – wie das definiert ist –, in die nicht nur Papier, sondern alles hineinkommt, aber sie sind laut BSR immer noch als Papierkörbe deklariert. Es gibt manche Menschen, die hineingreifen und sich an Scherben verletzen. Auch die Frage der Hygiene – ich glaube, die brauche ich hier nicht zu beantworten – ist dann von Relevanz. Eine Idee war, Pfandringe einzuführen. Das wurde modellartig in anderen Städten schon durchgeführt, hier ja auch. Dazu komme ich gleich noch.

Als Umweltpolitiker will ich grundsätzlich sagen: Es ist wichtig, die Wertstoffe bestmöglich zu nutzen. Die Abfallhierarchie gibt uns das auch vor. Deswegen ist es umso wichtiger, sich diese Pilotprojekte, die in Charlottenburg-Wilmersdorf und Spandau gestartet sind, genauer anzuschauen. Ich bin über den Zeitpunkt Ihres Antrags, Herr Magalski, insofern irritiert, als die Evaluierung, die gebührenfinanziert durch die BSR organisiert wurde – woanders wird lange gestritten, so etwas zu finanzieren, das wurde dankenswerterweise schnell von der BSR organisiert –, erst im Februar 2015 abgeschlossen ist. Also kann ich Ihren Antrag als solches nur so verstehen, dass Sie auf das Thema noch zusätzlich aufmerksam machen wollen. Ich glaube, es wird spannend, dann darüber zu diskutieren.

Wenn wir mal den Antrags-Check selbst machen, mal reinschauen, was Sie hier geschrieben haben, dann reden Sie davon, dass wir einen Vorteil hätten, wenn wir nicht mehr trennen müssten. Nachdem die Papierkörbe abgeholt wurden – das wissen Sie vielleicht noch nicht so gut –, landen sie in Ruhleben, das heißt es wird thermisch verwertet, verbrannt. Es findet gar keine Trennung statt,

wenn überhaupt, werden noch Edelmetalle herausgezogen. Sie sprechen davon, dass volkswirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielen. Ich weiß nicht, inwieweit Sie sich tatsächlich mit volkswirtschaftlichen Aspekten beschäftigt haben. Ich glaube, nicht so stark, denn wenn Sie ernsthaft glauben, dass bei 21 500 Papierkörben, bei Investitionskosten pro Stück von 100 Euro, wo im Übrigen noch keine Montage einbezogen ist, keine Pflege, keine Instandhaltung und ggf. Austausch, keine Reinigung, dann ist das ist nicht einfach mit A oder B zu beantworten, sondern etwas komplizierter.

Wir reden über die Erprobung in Bezirken. Sie sagen in Ihrem Antrag – das finde ich, ehrlich gesagt, wirklich sehr merkwürdig und auch schlichtweg falsch –, dass eine Erprobung in Bezirken keinen Sinn macht. Sie wollen es gerne gleich flächendeckend installieren, 2,5 Millionen Euro insgesamt möglicherweise investieren, ohne eine klare Grundlage dafür zu haben, warum und wieso, ob es überhaupt Sinn macht. In Köln, wo die Pfandringe entwickelt wurden, gibt es aktuell eine Debatte, sie wieder abzumontieren. Ich glaube, verantwortungsloser kann man einen Antrag nicht formulieren, Politik nicht machen, wenn man 2,5 Millionen Euro ausschütten will, im Übrigen mit der Begründung, dass die Abgeordneten dieses Hauses oder der Senat der Aufgabe nicht nachgekommen wären, hier verantwortungsvolle Politik zu machen. Das ist ja absoluter Schmarrn, wenn man sich Ihren Antrag am Ende auch mal richtig durchgelesen hat.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Altug?

Nein, danke! – Wir haben ein weiteres Thema. Sie sprechen in Ihrem Antrag davon, den Menschen ein Stück Würde zurückgeben zu wollen. Das beschämt mich regelrecht, dass Sie den Flaschensammler per se in die Ecke treiben, das, was Sie gern mit Ihrer Fraktion tun, mit Ihren Verbündeten, der Linken und den Grünen, nämlich die Leute per se immer kleinzureden, schlechtzureden, den Leuten zu unterstellen, es gehe ihnen schlecht. So ist es eben nicht. Seit 2006 gibt es Menschen, die das als Hobby machen, die machen das als Sport. Es gibt Leute, die sagen: Pfand sammeln ist für mich ein Alltag. Es ist schön, rauszukommen, mit Leuten in Kontakt zu kommen.

[Dr. Turgut Altug (GRÜNE): Das ist zynisch! – Zurufe von den GRÜNEN und den PIRATEN]

Manche wollen einen geregelten Arbeitsalltag haben. Dass Sie die Wahrheit an dieser Stelle nicht mögen, das weiß ich. Natürlich gibt es auch Leute, die dabei ein paar Euro verdienen wollen. Aber immer davon auszugehen,

dass alles schlecht ist und es allen schlecht geht, ist absoluter Schmarrn und unangemessen!