Wenn ich mir noch einmal den Anfangssatz von Ihnen zurechtlege: Was lange währt, wird endlich gut. – Ja, Sie haben sich echt viel Zeit gelassen, denn die letzten beiden Jahre wären eigentlich die gewesen, in denen wir ein Gesetz oder Haushaltsberatungen dieser Art gebraucht hätten. Wir haben zwei Jahre lang nicht die Mittel, die wir zur Verfügung hatten, in Investitionen gesteckt. Das fällt uns jetzt nicht nur bei den Flüchtlingen mit Wohnungen und Ähnlichem auf die Füße, denn wir hätten die Möglichkeit gehabt, dort in die Infrastruktur der Stadt zu investieren. Das haben Sie leider unterlassen, und Sie
versuchen jetzt zum Ende der Legislaturperiode im Prinzip für zukünftige Wahlperioden noch ein Gesetz mit hineinzudrücken. Das ist schade. Wir würden Sie auffordern, sich im nächsten Jahr auch in den Haushaltsberatungen konstruktiv damit zu beschäftigen und auch in den Haushaltsplan direkt Investitionen zu schreiben und die Investitionsquote, die wir im Land Berlin haben, endlich mal nach oben zu schrauben. – Danke schön!
Vielen Dank, Kollege Herberg! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Gesetzesantrags an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Die Regelung ist wie immer im Prioritätenblock: Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Der Kollege Gelbhaar hat das Wort.
Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senator Müller! Er sitzt gerade etwas weiter hinten. Trotzdem versuche ich, ihn ab und zu anzusprechen. – Sie sind mit enormer Verspätung gestartet, Herr Müller! Sie haben alle Signale missachtet, und Sie haben bewusst von Anfang an die Weichen falsch gestellt. So sind Sie mit der S-Bahnausschreibung geradewegs auf das Abstellgleis gerast. Ja, das Kind ist in den Brunnen gefallen. Jetzt geht es darum, den Schaden zu begrenzen und Chaos zu vermeiden.
Sie haben sich selbst zum Infrastruktursenat erklärt, aber geliefert haben Sie bislang nicht. Ihr Agieren in Sachen S-Bahn macht das sehr deutlich. Formal haben Sie zwar, wie rechtlich geboten, nach jahrelangem Zögern eine Ausschreibung angesetzt. Ihr Ziel war es aber offensichtlich, andere Anbieter als die S-Bahn Berlin GmbH aus dem Verfahren zu drängen und einen geordneten Wettbewerb zu verhindern. Das ist Rot-Schwarz am Ende des
Tages auch gelungen – zum Schaden von Fahrgästen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und des Landes Berlin.
Ich sage das mal im Einzelnen: Schon zu Beginn wurden viele Anbieter ausgeschlossen, und zwar mit der Entscheidung gegen einen landeseigenen Fuhrpark. Damit konnten nur noch Staatsbahnen und weltweite Konzerne mitbieten, da die Wettbewerber die Züge bereitstellen müssen. Der Senat hat wahrscheinlich gedacht, er sei fein raus und die Arbeit müssten die Betreiber machen. Gerade die Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigen aber, dass es eine große Zufriedenheit mit dem landeseigenen Fuhrpark gibt. Das ist ja auch klar, denn das bedeutet mehr Entscheidungsgewalt, höhere Kostenkontrolle und ein Stück Rekommunalisierung an der richtigen Stelle. Schade, dass das bei der Berliner SPD noch immer nicht angekommen ist.
Der Senat hat durch sein Vorgehen zudem Mehrkosten in Millionenhöhe verursacht. 160 Millionen Euro müssen als Übergangslösung in die museumsreifen Züge gesteckt werden. Diese Kosten waren vermeidbar, und wir wissen nicht, wohin die Renovierung geht. Es ist eine Fahrt ins Ungewisse. Erhalten die alten Baureihen nicht die notwendige Ausnahmegenehmigung des Eisenbahnbundesamtes, gibt es ab 2018 auf dem Ring allenfalls noch einen Halbstundentakt.
Der Senat hat unnötig durch Verschiebungen, rechtliche Fehler und sinnlose Gerichtsverfahren die Ausschreibung in die Länge gezogen. Der Senat hat sozialpolitische und ökologische Vorgaben für die Ausschreibung von Anfang an einfach weggelassen – Stichwort Ökostrom.
Das stimmt. Das haben wir im Ausschuss festgestellt, Herr Friederici. Sie können gerne versuchen, das klarzustellen. Dann lese ich Ihnen aus den Protokollen vor.
Und dann haben Sie stattdessen – das ist der Witz an der Geschichte – durch überzogene, nebensächliche Vorgaben, wie zum Beispiel den Farblacktyp, auch die letzten Mitbewerber der Bahn vom Verfahren abgeschreckt.
Das hätten wir anders haben können und wollen. Die S-Bahnausschreibung war und ist damit ein Fall für die Vergabekammer und den Landesrechnungshof geworden.
Wir wissen nun – seit der erfolgreichen Klage der Deutschen Bahn gegen das Verfahren und seit dem Rückzug
des letzten verbliebenen Mitbewerbers vor ungefähr vier Wochen –, dass der Senat diese Ausschreibung mit gehörigem Anlauf in den Sand gesetzt hat. Wenn Sie, Herr Senator Müller – Sie verstecken sich zu Recht ganz hinten –, diese Ausschreibung jetzt durchzocken, dann wird am Ende des Tages die Bahn die Bedingungen diktieren, denn mit einem einzigen Bewerber kann man schlechterdings nicht gut verhandeln. Nun gibt es von Ihnen noch tolle Durchhalteparolen. Wir werden sie gleich hören, von wegen, da könnte ja noch, und der könnte ja auch noch, aber das Ergebnis des Ganzen ist leider vorhersehbar, und dafür wollen Sie dann hier im Haus unsere Zustimmung haben. Ich glaube, es ist unsere parlamentarische Verantwortung, das so nicht zuzulassen.
Wir alle wissen, die Berliner S-Bahn GmbH hat sich in den letzten Jahren nicht mit Ruhm bekleckert. Im Jahr 2013 fuhr die S-Bahn immerhin wieder mit 96 Prozent Pünktlichkeit, aber wir haben uns mal den Spaß gemacht und uns gefragt, was das eigentlich heißt, wie viel Wartezeit das eigentlich ist. Hochgerechnet auf die Fahrgäste ist eine spannende Zahl herausgekommen, nämlich über 1 678 Jahre Wartezeit.
Warum sage ich das? – Wir können halt heute noch immer keine adäquate Gegenleistung bei der S-Bahn Berlin GmbH erwarten, und das ist ein Problem.
Nun geben Sie, Herr Senator Müller, das Projekt ja bald an einen Nachfolger ab. Glück für Sie, nicht so viel Glück für ihn! Ich möchte Sie deswegen daran erinnern, was Sie selbst gesagt haben. Sie sagten, Sie wollen die Aufgaben der Stadt erledigen. Die Hausaufgabe S-Bahn ist bislang unerledigt, und die Note, die da zu vergeben wäre, Herr Friederici, ist auch nicht besser als die für den BER.
Deswegen erwarte ich eigentlich von einem Nachfolger, dass er sich auch zu dieser wesentlichen Baustelle äußert. Ihr designierter Nachfolger im Amt, Herr Andreas Geisel, hat in seinen ersten Statements aber nichts zu dieser Hausaufgabe gesagt. Er wollte sogleich Ankündigungsweltmeister werden und hat das nächste Großprojekt verkündet, und – ha, ha – es soll der Weiterbau der A 100 sein.
Dann bleibt es also dabei, der SPD-CDU-Senat kann nicht Flugzeuge, der kann nicht Fahrrad, der kann nicht S-Bahn und setzt deshalb doch nur alles auf eines, die autogerechte Stadt. Herr Senator! Hausaufgaben machen geht eben doch anders.
Eines möchte ich ihm doch zugestehen: Er weiß im Grunde, wann und warum ein Vergabeverfahren aufgehoben werden kann, der Herr Senator, denn Sie haben im Ausschuss bereits erkennen lassen, dass Sie auch über dieses Worst-Case-Szenario nachgedacht haben. Sie wissen, wenn kein ordentliches Angebot eingegangen ist oder sich kein wirtschaftlich vertretbares Ergebnis feststellen lässt oder andere schwerwiegende Gründe bestehen, dann können Sie das Verfahren aufheben, und dann sollten Sie es auch aufheben. Bereiten Sie diesen Fall vor! Wenn ich Verantwortung für die S-Bahn hätte, ich würde es tun, denn wir stehen im Wettlauf mit der Zeit, und 2017 wirft seine Schatten voraus. Deswegen schließe ich mit den Worten: Heben Sie das Verfahren dann auf! Setzen Sie auf den landeseigenen Fuhrpark! Und schreiben Sie dann den Betrieb neu aus! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Gelbhaar! – Für die Fraktion der SPD nimmt jetzt sein Rederecht der Kollege Heinemann wahr. – Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Gelbhaar! Was Sie hier gerade gesagt haben, das meinen Sie doch nicht wirklich ernst. Ja, ist denn schon Weihnachten bei den Grünen, oder ist der Antrag ein verspäteter Karnevalsscherz? Immerhin wurde er einen Tag nach dem 11. November eingereicht.
Ihre Forderung, die Ausschreibung für das S-Bahnteilnetz Ring jetzt neu zu starten, bedeutet doch nichts anderes als ein noch längeres Warten auf entscheidende Verbesserungen bei der S-Bahn. Ein neues Verfahren kostet Zeit, die wir nicht haben, und das wollen wir den Berlinerinnen und Berlinern nicht zumuten.
Ich habe diese Woche mit Experten des VBB, in deren Hand die Ausschreibung ja liegt, über Ihre Idee gesprochen, und sie haben nur mit den Augen gerollt.