Protocol of the Session on November 13, 2014

[Steffen Zillich (LINKE): Wer jetzt nicht da ist, kommt auch nicht wieder!]

Kühne Pläne werden in der Presse dargelegt, die jeden realistischen Betrachter sofort zweifeln lassen. Die angestrebte Nutzung mit Museum, Künstlerateliers und Wohnraum kann den Kaufpreis und die notwendigen Investitionen allenfalls nur dann refinanzieren, wenn hier im Hochpreissegment verkauft oder vermietet wird. Der Bedarf für hochpreisige Künstlerateliers dürfte insbesondere in Berlin eher gering sein, oder aber der Investor hat sich verspekuliert. Aber keines dieser Szenarien ist für Berlin wünschenswert.

Zudem verdirbt der Kaufpreis, wenn das Geschäft zustande kommt, über die Kaufpreissammlung den Bodenrichtwert und treibt damit in den angrenzenden Gebieten die Preisspirale und damit auch die Bodenspekulation zusätzlich in die Höhe.

Aus diesen Gründen und weil der Standort auch für eine innerstädtische Wohnnutzung geeignet wäre, sofern diese Umnutzung planungsrechtlich abgesichert wird, entspricht die Liegenschaft sehr gut dem Spektrum der Immobilien, die in dem Antrag „Immobilien des Bundes zuerst den Kommunen zum Kauf anbieten“ – Drucksache 17/1837 – benannt wurden.

Zugegeben, das Vermarktungsverfahren ist schon recht weit fortgeschritten, aber solange die Verträge noch nicht rechtsgültig unterschrieben sind und der Kaufpreis erstattet wurde, ist ein Eingriff in den Prozess noch möglich. Aus diesem Grund haben wir hier die Sofortabstimmung beantragt, damit das in der Eile noch formal abgeschlossen werden und der Senat unverzüglich mit dem Bund ins Gespräch kommen und damit seine Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen kann. – Ich bin damit zum Ende meiner Ausführungen gekommen und bitte um die Zustimmung zu unserem Antrag.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Prieß! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Kollegin Haußdörfer. – Bitte schön!

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Angesichts unseres jüngst beschlossenen Antrags, auf die Bundesebene einzuwirken und den Kommunen zuerst das Ankaufsrecht für Bundesimmobilien anzubieten, ist mir die jetzige Dringlichkeit durchaus etwas schleierhaft. Um den Schleier zu lüften, ist der Antrag nicht erforderlich. Der Senat agiert bereits im Sinne des Antrages, nämlich Ihres Antrages, und erst recht im Auftrag unseres Hauses, nämlich im Sinne des beschlossenen Antrags.

Bereits vor dem Beginn des Verkaufsverfahrens durch die BImA hat der Senat in Gesprächen darauf gedrungen, in einem direkten Verkaufsverfahren das Dragoner-Areal durch eine Wohnungsbaugesellschaft erwerben zu lassen. Nun wissen wir alle, ein Direkterwerb wurde seitens der BImA abgelehnt. Entsprechend beteiligten sich aber dennoch zwei Wohnungsbaugesellschaften mit eigenen Angeboten an Bieterverfahren der BImA. Die Angebote orientierten sich dabei an den Maßgaben der von Senat und dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg gemeinsam erklärten Ziele der baulichen Entwicklung.

Die Planungsgrundlagen für die städtebauliche Neuentwicklung des Geländes wurden eben auch mit dem Ziel veröffentlicht, die Preisbildung im Rahmen des Bieterverfahrens preisdämpfend zu beeinflussen. Dabei galt es, wie wir alle wissen, neben der Erhaltung der vorhandenen Denkmalstruktur vor allem die Entwicklung eines gemischten urbanen Quartiers mit überwiegendem Wohnanteil und einer ausgewogenen sozialen Mischung zu erreichen, wobei der Anteil preiswerter Wohnungen bei 33 Prozent liegen sollte. Aber auch hier haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass die BImA Anfang September eine abschlägige Entscheidung traf, gerade weil es deutlich höher Bietende gab.

Ich möchte dennoch etwas zu den Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg sagen.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Immer! – Benedikt Lux (GRÜNE): Kannst du ja in der BVV machen!]

Es ist ziemlich genau fünf Jahre her – ich weiß, es ist ein Antrag der Piratenfraktion, aber ich muss es in Richtung der Grünen sagen –, da war ich im Sonderausschuss Mediaspree der BVV vorgeladen. Das ist eine Besonderheit in Friedrichshain-Kreuzberg, man wird nicht eingeladen, man wird vorgeladen. Mit einigen Flächen der Mediaspree hatten wir eine ganz ähnliche Situation wie jetzt mit dem Dragoner-Areal:

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

weiße Flecken auf der Karte, keine Entwicklungspläne, und die Bebauungspläne der Sechzigerjahre – nicht geändert. Hier wurde es versäumt, rechtzeitig tätig zu werden. Erst mit Hilfe – in dem Fall – der SPD-Anträge und des

Senats wird man nun tätig. Vorherige Anträge hatten das Ziel, daraus Entwicklungs- oder Sanierungsgebiet zu machen. Selbst noch im Januar 2014 schlagen die Grünen vor, auf gar keinen Fall einen B-Plan von 1966 zu ändern. Man hätte aber die Möglichkeit gehabt, mit einem Bebauungsplan die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebietes anzustreben. Ebenso hätte man sehr frühzeitig, nicht erst mit einem BVV-Antrag im Januar 2014, auf die Mitteilung der BImA an das Bezirksamt reagieren müssen – nämlich zu verkaufen.

Es hilft aber auch nicht, nur nach hinten zu schauen, sondern es gilt, nach vorne zu schauen. Es gilt, die Liegenschaftspolitik des Bundes neu zu orientieren

[Beifall von Lars Oberg (SPD)]

und sie nicht ausschließlich an den fiskal- und finanzpolitischen, sondern an den stadtentwicklungs- und mietenpolitischen Belangen auszurichten. Um dem Rechnung zu tragen, hat der Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, Ihnen – bis auf Frau Bangert – auch als Michael Müller bekannt, die Initiative ergriffen und zur 126. Sitzung der Bauministerkonferenz, die übrigens heute und morgen stattfindet, einen Antrag erarbeitet, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, ihre Grundstücke in eine soziale Stadtentwicklungspolitik zu integrieren, um die mietpreistreibende Verkaufspraxis der BImA zu beenden.

Darüber hinaus hat der Senat gemeinsam mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften dem Bundesfinanzminister ein Angebot zum Erwerb aller in Berlin befindlichen Mietwohnungsbestände zum Verkehrswert gemacht, um auch bei den bewohnten Immobilien des Bundes frühzeitig preistreibende Bieterverfahren beim Verkauf dieser Liegenschaften zu vermeiden.

Es geht nicht nur um die 0,3 Prozent der Berliner Mietwohnungen, die hier zur Disposition stehen. Es geht auch mal nicht nur um Kreuzberg. Ja, Herr Lux, auch in Steglitz werden die Wohnungen verkauft, in der Schloßstraße/Ecke Hindenburgdamm. Das passiert auch ganz stillschweigend. Deshalb gehen gerade unsere Bestrebungen, aber auch die Bestrebungen der SPD-Fraktion im Bundestag dahin, die Liegenschaftspolitik mit einer Änderung des BImA-Gesetzes nachhaltig zu verändern – die Abkehr vom Höchstpreis und die Festschreibung der Gemeinwohlorientierung. Es geht auch um eine Verpflichtung, die eigenen Liegenschaften aktiver zu verwalten und einem Wertverlust entgegenzuwirken. Das Vor- und Ankaufsrecht muss angepasst werden. Nicht genutzte oder auch Konversionsflächen müssen neuen Nutzungen zugeführt werden. Es geht darum, konkrete Vorschläge statt hoffnungslose Wiederholungen zu machen. Von meinem Kollegen habe ich neulich einen schönen Spruch gehört, und das gilt es zu vermeiden: In Gefahr und höchster Not ist der Mittelweg der Tod. – Herzlichen Dank!

Darf ich noch kurz fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Prieß, sozusagen am Ende, zulassen? – Jetzt nicht mehr. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgt die Kollegin Schmidberger. – Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Haußdörfer! Bei Ihnen ist anscheinend immer das kleinste Glied in der Kette in der Verantwortung. Ich möchte Sie nur mal daran erinnern: Sie sind im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, hier auf Landesebene und auf Bundesebene in Regierungsverantwortung. Ich finde, Sie machen es sich gerade ein bisschen einfach!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

Das Dragoner-Areal ist für Berlin eigentlich ein Glücksfall. Es ist zentral gelegen und angebunden und steht in öffentlicher Hand. Auf diesem Gelände besteht nun die seltene Chance, innerstädtisch preiswerten Wohnraum zu schaffen. Es ist sogar eine der letzten Gelegenheiten, ein großes Bauvorhaben in der Berliner Innenstadt zu verwirklichen. Eigentlich alles gut, wäre nicht der Bund der Eigentümer. Erschreckend, wie die öffentliche Hand hier einmal mehr als Immobilienspekulant auftritt. Damit wird der Glücksfall schnell zum Fluch. Das müssen wir verhindern!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Warum ist das Grundstück für den Wohnungsneubau so wichtig? – Die Initiative „Stadt von unten“ spricht von rund 72 000 qm möglicher Wohnfläche. Frühere Untersuchungen haben sogar ein Potenzial für 800 Wohnungen ermittelt. Das sind ungefähr genauso viele, wie die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft WBM in den nächsten Jahren neu bauen will. Wir alle hier bemängeln zu Recht, dass es zu wenig Grundstücke in der Innenstadt gibt, die dem Land Berlin gehören und für Neubau geeignet sind. Umso ärgerlicher ist es aber doch, dass Sie es bisher nicht geschafft haben, das Gelände der Spekulation zu entziehen, Frau Haußdörfer!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Stattdessen müssen wir heute wieder einmal über die skandalösen Folgen der BImA-Höchstpreispolitik reden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU! Da haben Sie mal wieder Ihre Hausaufgaben nicht gemacht!

[Andreas Kugler (SPD): Oh!]

Der Senat bemüht sich zwar um einen Ankauf der 5 000 BImA-Wohnungen, aber bei den Grundstücken

(Ellen Haußdörfer)

haben Sie versagt. Wir brauchen nicht nur ein Verkaufsmoratorium für Wohnungen, nein, wir brauchen auch ein Verkaufsmoratorium für alle Bundesgrundstücke.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Das hätte uns auch das Dragoner-Areal gerettet. Stattdessen wird es jetzt für 36 Millionen Euro vom Bund verhökert. Das ist drei Mal mehr als der Verkehrswert. Wir alle wissen doch: Diese Höchstpreispolitik führt dazu, dass Käufer ihre Rendite über Luxusbau erzielen müssen. Das hat Ihnen, Herr Müller – ich weiß gerade nicht, wo er ist,

[Antje Kapek (GRÜNE): Da!]

ah ja, hallo Herr Müller! –, sogar der Kollege Saleh im jüngsten SPD-Machtkampf vorgeworfen. Und das auch zu Recht, denn der Bedarf in dieser Stadt ist doch ein ganz anderer. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten der Berlinerinnen und Berliner.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (LINKE)]

Wir Grüne fordern deshalb sowohl in Berlin als auch im Bund: Weg vom Verkauf zum Höchstpreis, hin zu Direktvergaben für Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Zwar unterstützen mittlerweile alle Fraktionen hier im Haus diese Forderung, und das ist immer wieder schön zu hören, faktisch hat sich an der BImA-Politik aber nichts geändert. Das hat übrigens auch einen Grund. Schimpfen alleine, Herr Müller, hilft der Mieterstadt Berlin nicht!

[Christopher Lauer (PIRATEN): Das sagen die Richtigen!]

Wenn Sie wirklich mal Regierungsverantwortung übernehmen wollen, dann ist es Ihre Aufgabe, diese Forderung gegenüber dem Bund auch durchzusetzen. Schöne Reden halten können wir alle. Gemessen wird die Regierung am Ende aber an den Resultaten.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Wo bleibt eigentlich Ihre angekündigte Bundesratsinitiative zu diesem Thema? Kommt die erst, wenn alles verkauft ist? Für das Dragoner-Areal ist es jetzt eine Minute vor zwölf, das wissen wir alle. Nur der Haushaltsausschuss des Bundestages kann das BImA-Geschäft noch stoppen. Genau hier sind Sie gefordert, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Parteikollegen im Bund den Verkauf ablehnen! Machen Sie Ihren Einfluss im Bund geltend! Oder ich muss mal fragen, weil da nichts passiert: Haben Sie vielleicht gar keinen Einfluss?

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Wenigstens im betroffenen Bezirk hat die lokale SPD jetzt einen konstruktiven Umgang mit dem BImA

Verkauf vorgeschlagen. Sie wollen, dass das DragonerAreal über das Planungsrecht für Berlin gesichert wird. Ein Vorschlag, der auf große Zustimmung in der BVV stößt. Uns allen hier im Raum muss aber klar sein, dass das nur geht, wenn der Bezirk die volle Unterstützung des Senats bekommt. Ich fordere Sie daher auf: Lassen Sie den Bezirk nicht hängen! Ziehen Sie die Konsequenzen aus Ihrer verkorksten BImA-Politik, und sichern Sie dieses zentrale Grundstück für Berlin!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]