Wir haben uns zweitens die Personalsituation vorgenommen: zusätzliche Stellen, Qualifizierung der vorhandenen Stellen und Besetzungsverfahren abgeschlossen. Jetzt werden Schritt für Schritt zusätzliche Mitarbeiter an Bord kommen.
Zum Dritten haben wir vor anderthalb Jahren einen Runden Tisch Baustellenkoordinierung gegründet, an dem ich auch selbst teilnehme, ebenso wie Staatssekretär Gaebler. Dort sind die Bauindustrieverbände, die Fachgemeinschaft Bau, die IHK und die Bezirke – aus allen Parteien
die zuständigen Stadträte – vertreten. Dort reden wir über Verfahrensvereinfachungen: Wie müssen Anträge vonseiten der Unternehmen aufbereitet und gestellt werden, damit in der Verkehrslenkung schnell entschieden werden kann, wie wir mit der einen oder anderen Maßnahme umgehen? – Es ist nicht richtig, dass nichts passiert.
Herr Senator! Ich habe eine konkrete Frage: Haben Sie den Vorschlag des Bauindustrieverbandes der Übertragung der Bearbeitung verkehrsrechtlicher Anordnungen an Dritte, um den Antragsstau bei den Baustellen abzuarbeiten, geprüft, und mit welchem Ergebnis?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Moritz! Es ist so, dass wir natürlich auch mit Dritten, mit externem Sachverstand, mit Ingenieurbüros zusammenarbeiten. Aber es gibt am Ende einer Entscheidungskette mitunter auch hoheitliche Aufgaben und Anordnungen, bei denen jemand aus einer Verwaltung einen Stempel machen und sagen muss: Jetzt wird in dieser oder einer anderen Form genehmigt. – Man kann nicht jede Entscheidung auf Dritte übertragen.
Danke schön! – Meine Damen und Herren! Unsere Fragestunde hat sich für heute durch Zeitablauf erledigt.
Bitte? – Dass Sie der Kollege Brauer sind, ist dem Haus wohlbekannt, Herr Kollege Brauer, und nicht der Kollege Schreihals.
Ich eröffnet die erste Lesung. Für die Besprechung steht den Fraktionen eine Redezeit von grundsätzlich fünf Minuten zur Verfügung. Die Auswirkung einer Redezeitüberschreitung und Anrechnung auf das Kontingent der jeweiligen Fraktion ist Ihnen bekannt. Es beginnt die Fraktion Die Linke. Es hat der Kollege Harald Wolf das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen heute eine Änderung des Berliner Betriebe-Gesetzes, mit dem das vor einem Jahr hier beschlossene Stadtwerk die Möglichkeit bekommt, aus seinem kümmerlichen Nischendasein herauszutreten und zu einem wirklichen Stadtwerk zu werden, zu einem Stadtwerk, das in Berlin auch Kunden hat und das in einen ernstzunehmenden Wettbewerb mit dem marktbeherrschenden Unternehmen Vattenfall treten kann.
Wir beantragen dies knapp ein Jahr nach dem Volksentscheid zur Rekommunalisierung der Energieversorgung, bei dem sich damals über 600 000 Menschen für die Bildung eines Stadtwerkes ausgesprochen haben. Ich gehe davon aus, dass der Großteil dieser 600 000 Menschen, die damals für die Rekommunalisierung der Energieversorgung und für ein Stadtwerk gestimmt, auch das Interesse gehabt haben, perspektivisch Kunde eines solchen Stadtwerks zu werden.
Ich denke, ein Jahr, nachdem wenige Tage vor dem Volksentscheid die Koalition die Bildung eines Stadtwerks beschlossen hat – manche haben vermutet, das habe vor allem den Zweck gehabt, dem Volksentscheid den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das sind böse Zungen, die das behaupten. –,
ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Das Stadtwerk ist hier intensiv diskutiert worden. Es stand von Anfang an unter dem Verdacht, dass es ein Bonsai-Stadtwerk wird. Ich erinnere daran, dass ich damals in der Diskussion gesagt habe: Mit dieser Auflage, mit der Auflage, die damals im Gesetz formuliert worden ist, dass das Stadtwerk nur selbst produzierten Strom aus erneuerbaren Energiequellen und hoch effizienten KWK-Anlagen vermarkten darf,
aber der Handel, d. h. der Verkauf von vorher eingekauftem Strom, zum Beispiel von der Strombörse, untersagt wird, wird das Stadtwerk nicht in der Lage sein, sich zu entwickeln, einen vernünftigen Kundenstamm aufzubauen und dass es keine Perspektive des Wachstums hat und deshalb kein ernst zu nehmendes Stadtwerk wird. Der Kollege Buchholz hat damals gesagt, es werde ein Stadtwerk 3.0. Bislang haben wir nur die Null, aber die Drei fehlt noch. Deshalb beantragen wir die Änderung des Betriebe-Gesetzes.
Die Befürchtung, die wir damals geäußert haben, dass das Stadtwerk mit dem Verbot des Stromhandels keine Wachstumsperspektive hat, ist durch die Untersuchung der Berliner Wasserbetriebe bestätigt worden, die mit dem Aufbau dieses Stadtwerks beauftragt worden sind. Die Berliner Wasserbetriebe haben auf der Grundlage der gesetzlichen Vorgaben des Abgeordnetenhauses das Geschäftsmodell untersucht, das auf dieser Grundlage möglich ist. Das Ergebnis lautet: Dieses Unternehmen, dieses Stadtwerk, wird kurz- bis mittelfristig nicht wirtschaftlich betreibbar sein auf der Grundlage der vom Abgeordnetenhaus beschlossenen Vorgaben. Es wird frühestens 2024 – das heißt von heute an in zehn Jahren, frühestens in zehn Jahren – den Break-even-Point, das heißt den Punkt, an dem Kosten und Erlöse ausgewogen sind, zu dem die Erlöse die Kosten decken, erreichen. Es wird frühestens 2020 einen Kundenstamm von maximal einem Prozent, das heißt von maximal 30 000 Menschen haben – frühestens 2020, unter den Vorgaben des Abgeordnetenhauses. Auf dieser Grundlage haben der Vorstand und der Aufsichtsrat der Berliner Wasserbetriebe völlig nachvollziehbar beschlossen: Ein solches unwirtschaftliches Stadtwerk werden wir nicht in Szene setzen, sondern man hat sich unter dem engen Korsett des Abgeordnetenhauses dazu entschieden: Wir bauen Anlagen erneuerbarer Energien auf den Flächen der Stadtgüter. Dort kommen ein paar zusätzliche Windräder hin.
Dazu sage ich: Dafür braucht man eigentlich kein Stadtwerk, weil das andere in Brandenburg auch machen. Die Stadtgüter hatten durchaus auch andere Interessenten. Das Ganze wird in das allgemeine Netzt eingespeist. Die Berliner Wasserbetriebe mit ihrer Tochter kassieren dort Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-EnergienGesetz. Das heißt, es geht in das allgemeine Netz. Es gibt keinen Stromvertrieb an Kunden. Niemand kann Kunde dieses Stadtwerks werden. Das ist eine Berliner Novität, ein Stadtwerk ohne Kunden, das mit diesem grandiosen Gesetz der großen Koalition beschlossen worden ist.
Die Berliner Wasserbetriebe haben gleichzeitig untersucht, wie das Geschäftsmodell aussähe, wenn das Handelsverbot aus dem Gesetz fallen würde. Das Ergebnis
ist, das Stadtwerk würde Gewinne schon im Jahr 2017 machen. Der Break-even-Point wäre im Jahr 2020 erreicht. Und die Berliner Wasserbetriebe prognostizieren, dass mit den Handelsaktivitäten, die es ermöglichen, einen Kundenstamm aufzubauen, man daraus Gewinne erwirtschaften kann und neue Investitionen in Energiedienstleistungen und neue Erzeugungsanlagen möglich sind. Das heißt, das wäre ein tragfähiges Geschäftsmodell gewesen. Die Berliner Wasserbetriebe wären auch bereit, dieses Geschäftsmodell umzusetzen und ein wirkliches Stadtwerk aufzubauen, wenn diese gesetzliche Restriktion fallen würde.
Deshalb haben wir beantragt, das Berliner BetriebeGesetz dahingehend zu ändern, dass den Berliner Wasserbetrieben die notwendige unternehmerische Freiheit gegeben wird. Das sage ich auch insbesondere der CDU, die ja sonst immer für die unternehmerische Freiheit eintritt, oder es vorgibt jedenfalls: Lösen Sie diese Stadtwerksbremse und schaffen Sie die Möglichkeit, dass das Stadtwerk sich entwickeln kann, dass es ernst zu nehmen ist! Und räumen Sie bei dieser Gelegenheit auch den Verdacht aus, dass Sie damals nur eine Alibikonstruktion beschlossen haben, sondern machen Sie deutlich, dass Sie ein wirkliches Stadtwerk wollen! Und da wir kurz vor Weihnachten sind, erfüllen Sie dem Kollegen Buchholz den sehnlichen Wunsch, den er immer wieder äußert: Er möchte Kunde dieses Stadtwerks werden.
Und da er nicht der Einzige ist, sondern 600 000 Menschen diesen Wunsch beim Volksentscheid geäußert haben, finde ich, sollten wir ihm diesen Gefallen tun. Ich bitte um Ihre Zustimmung, die CDU sollte ihre Blockade an dieser Stelle aufgeben.
Vielen Dank, Herr Kollege Wolf! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Kollege Stroedter. – Bitte sehr, Herr Kollege!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag, Herr Wolf, von Ihnen liegt uns vor. Der ist auch gut begründet, und wir werden uns auch damit beschäftigen. Die SPD-Fraktion hat in dieser Frage eine ganz klare Position: Wir wollen, dass das neue Stadtwerk zusätzlich mit Strom handeln kann. Insofern stehen wir grundsätzlich einer Änderung des Berliner Betriebe-Gesetzes positiv gegenüber.
Wir wollen, dass jede Berlinerin und jeder Berliner, und nicht nur Herr Buchholz, Kunde dieses Stadtwerks werden kann.
Und auch der designierte Regierende Bürgermeister Michael Müller, er hat das ja im Interview gesagt, teilt diese Position ausdrücklich. Wir gehen davon aus, dass fast alle Fraktionen in diesem Haus dies so sehen und auch die große Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner hieran ein großes Interesse hätte. Es ist auch so, dass der Chef der Berliner Wasserbetriebe, bei dem das Stadtwerk angesiedelt ist – der ist ja nicht im Verdacht, ein Mann der SPD zu sein –, diese Position teilt und dies auch deutlich als Fachmann öffentlich gemacht hat.
Es ist auch richtig, dass die BWB zu dem Ergebnis kommen, dass angesichts des gesetzlichen Ausschlusses – wie das in dem Gesetz vereinbart ist – vom Stromhandel Vertriebsaktivitäten unwirtschaftlich sind und man sich auf Erzeugung von Strom und Dienstleistungen beschränkt. Wir haben eine ganz interessante Diskussion gehabt, sowohl eine Anhörung im Wirtschaftsausschuss als auch in der Enquetekommission, und da ist neben dem beschlossenen Modell, das wir hier gemeinsam beschlossen haben, ein sogenanntes Berliner Modell von den Berliner Wasserbetrieben vorgelegt worden.
Ich freue mich übrigens sehr, dass das gemacht worden ist, dass man auch einmal eine Alternative hört. Dort liegt der Fokus auf Investitionen und Vertrieb von Grünstrom und optional auf Bio-Erdgas. Die Kundenzahl folgt der Nachfrage und nicht den Investitionen. Und für einen Übergangszeitraum können die Stadtwerke zusätzlich selbst produzierten Strom aus dezentralen KWK-Anlagen vermarkten. Bei diesem sogenannten Berliner Modell können nach einer Prognose der BWB bis zum Jahr 2020 über 100 000 Kunden gewonnen werden. Auch die Rentabilität wäre deutlich besser, denn bis zum Jahr 2024 liegt die Prognose für das kumulierte Jahresergebnis nach Steuern um ein Vielfaches höher als bei dem beschlossenen Modell. Da appelliere ich auch an alle in dem Haus mit Wirtschaftsverstand, da macht es Sinn, sich schon aus diesem Grund für das Modell möglicherweise zu erwärmen.