Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich lasse zuerst über den ersten Geschäftsordnungsantrag der Linken abstimmen, dann, weil es den gleichen Tagesordnungspunkt betrifft, über den der Grünen und dann über den zweiten der Linken.
Der erste Antrag der Fraktion Die Linke war, den Tagesordnungspunkt 15 und den Tagesordnungspunkt 13 F mit der Aktuellen Stunde zu verbinden. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die drei Oppositionsfraktionen. Gegenstimmen? – Das sind die Koalitionsfraktionen und der fraktionslose Kollege. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Dann kommen wir zu dem Antrag der Grünen, den Tagesordnungspunkt 13 F mit der Aktuellen Stunde zu verbinden. Wer das haben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind ebenfalls die drei Oppositionsfraktionen. Gegenstimmen? – Das sind die Koalitionsfraktionen und der fraktionslose Kollege. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Dann kommen wir zum zweiten Antrag der Fraktion Die Linke, nämlich den Tagesordnungspunkt 21 mit dem Tagesordnungspunkt 3.1 zu verbinden. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind ebenfalls die drei Oppositionsfraktionen. Gegenstimmen? – Die beiden Koalitionsfraktionen und der fraktionslose Kollege. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zubilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um Mitteilung.
Entschuldigung von Senatsmitgliedern für die heutige Sitzung: Senator Nußbaum ist bis ca. 13 Uhr entschuldigt. Der Grund ist die Teilnahme an der Finanzministerkonferenz.
Für die Besprechung der Aktuellen Stunde steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Fraktion der SPD. – Herr Kollege Oberg, bitte schön! Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wichtig und aktuell sind nicht nur die Themen, die es auf die Titelseiten der Zeitungen schaffen. Wichtig und aktuell sind nicht nur die Themen, die an Stammtischen und in laut tönenden Pressemitteilungen für Erregung sorgen sollen. Es gibt wichtige und aktuelle Themen, die ein bisschen sperriger sind, die einer genaueren Betrachtung bedürfen, die für die Zukunft der Stadt aber von allergrößter Bedeutung sind. Die exzellente Wissenschaft in Berlin ist ein solches Thema. Wir haben hierzu heute eine Aktuelle Stunde angemeldet und beantragt, da es dringenden Gesprächs- und Entscheidungsbedarf gibt.
Für alle die, die jetzt ein bisschen hilflos gucken oder ein wenig aufgeregt sind, nenne ich ganz kurz die Aspekte des Themas, die wir heute besprechen sollten und die deutlich machen, dass es dringend und aktuell ist: Da ist zum einen das Berliner Institut für Gesundheitsforschung. Da ist die Frage der W-Besoldung. Da ist der Investitionsstau an den Hochschulen. Da ist die Zukunft der Exzellenzförderung nach Auslaufen der Exzellenzinitiative. Und ja, da ist auch das studentische Wohnen; auch das gehört zum Thema.
Nein, das kann er ja später machen. Vielleicht hört er mir erst ein bisschen zu. Ich bin mir sicher, Zuhören hilft manchmal, um Fragen zu beantworten.
Alle diese Punkte beschreiben eine ambitionierte Agenda, der wir uns stellen müssen. Unser Ziel dabei ist klar: Wir wollen eine exzellente Wissenschaft in Berlin. Wir wollen eine gute und leistungsstarke Wissenschaftsstruktur.
Wir sollten in diesem Zusammenhang vielleicht einmal kurz darüber sprechen, was wir eigentlich unter exzellenter Wissenschaft verstehen, worum es hier eigentlich im Zusammenhang geht. Wir als Sozialdemokraten meinen damit nicht nur den kleinen Ausschnitt der Spitzenforschung, der durch die Exzellenzinitiative gefördert wird. Wir verstehen darunter eine hervorragende Wissenschaftsstruktur, die man sich eher wie eine Pyramide vorstellen muss – eine Pyramide, die auf einer breiten Basis steht, also über eine solide Grundfinanzierung verfügt und vielen Menschen den Zugang zu akademischer Ausbildung bietet. Integraler Bestandteil dieser Pyramide – um im Bild zu bleiben – sind neben den Hochschulen selbstverständlich auch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Zu einer Pyramide – das ist spätestens seit den Ägyptern so – gehört aber natürlich immer auch eine Spitze. In unserem Fall ist das die Spitzenforschung. Diese Spitze kann es aber nur geben, wenn das restliche Gebäude stark und stabil ist und in den Universitäten und den Einrichtungen Qualität in Forschung und Lehre vorherrschend ist.
Wenn man sich nun die Situation der Wissenschaft in Berlin anschaut, ist festzustellen, dass wir ziemlich gut dastehen. Wir haben zwei Universitäten, die sich bei der Exzellenzinitiative auch in der dritten Förderlinie durchsetzen konnten. Wir haben sehr viele neue Studienplätze und viele Menschen, die in die Stadt kommen wollen, um hier zu studieren. Bei vielen Kennziffern und bei Rankings, denen man nicht immer zu sehr glauben sollte,
Damit das aber so bleibt, müssen wir etwas tun. Wir müssen weiter vorankommen. Wir müssen bestehende Probleme lösen und Entscheidungen treffen. Darüber würden wir heute gerne reden.
Eine der dringendsten Entscheidungen ist sicherlich die Konstruktion des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung. Das BIG, wie wir es nennen, soll die Kompetenz der Charité und des MDC fördern und gemeinsam nutzen. Es geht um das einzigartige Ziel, das bislang in dieser Form nirgendwo in Deutschland verwirklicht ist, einen gemeinsamen Forschungsraum einer Universitätsklinik und einer außeruniversitären Spitzeneinrichtung zu schaffen. Es ist vor allem der Bund, der hier finanzielle Verantwortung übernimmt und dafür sorgt, dass sehr viel zusätzliches Geld für die Wissenschaft nach Berlin fließt. Wir als Land sind aber in der Verantwortung, die strukturellen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Es handelt sich um Landeseinrichtungen. Es wird deshalb Zeit, dass wir ein Errichtungsgesetz beschließen. Ohne ein solches Gesetz lässt sich keine verlässliche Struktur schaffen. Ich hoffe, dass der Senat sich endlich in Gänze zu dieser Position durchringt und einen beratungsfähigen Gesetzentwurf vorlegt. Eigentlich wollten wir ja bis zum Ende des Jahres einen Beschluss dazu fassen.
Ohne gute Wissenschaftler kann es aber auch keine gute Wissenschaftslandschaft geben. Und die guten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Berlin zu holen und hier zu halten, wird nur gehen, wenn wir eine gute Bezahlung anbieten. In denke, es ist hinlänglich bekannt, dass das Bundesverfassungsgericht uns gezwungen hat, die W-Besoldung zu überarbeiten. Wir stehen vor der schwierigen Aufgabe, sowohl den Anforderungen des Verfassungsgerichts als auch das Ziel einer leistungsanreizenden Bezahlung hinzubekommen. Wir haben in Berlin aber die besondere zusätzliche Herausforderung, trotz klammer Kassen eine Bezahlung anzubieten, die sich im deutschlandweiten Wettbewerb auch sehen lassen kann. Das sieht man auch am Gesetzentwurf des Senats, der vorgelegt wurde. Es ist keine leichte Aufgabe und auch etwas, womit wir die Hochschulen nicht alleinlassen können. Der Senat hat einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Der ist nicht nur auf Gegenliebe gestoßen. Klar ist, man kann sich immer mehr wünschen und mehr fordern. Ich glaube aber, dass diesem Haus in diesem Punkt außerordentlich komplizierte Debatten bevorstehen, weil wir darüber beraten müssen, wie wir es schaffen, allen drei Zielen gerecht zu werden, nämlich Leistungsanreize zu schaffen, dem Urteil gerecht zu werden und gleichzeitig – bei nicht besonders üppigen Haushaltsmitteln – eine wettbewerbsfähige Bezahlung anzubieten.
Lassen Sie mich auf ein weiteres Thema kommen: Eine exzellente Wissenschaft kann es nicht in Ruinen und Notgebäuden geben.
Genau auf diesen Zustand steuern wir aber zu. Wir haben einen riesigen Investitionsstau und einen gefährlichen Verfall der Infrastruktur. Das gilt sicherlich für viele Bereiche in Berlin, aber es gilt insbesondere auch für unsere Hochschulen. Aus diesem Grund habe ich genau vor einem Jahr an genau diesem Pult ein Hochschulsanierungsprogramm gefordert, ein Programm, das sich durchaus an das anlehnt, was wir für die Berliner Schulen mit dem Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm machen. Diese Forderung ist nach wie vor aktuell und die vollständige Übernahme des BAföG durch den Bund verschafft uns jetzt die Spielräume, das zu tun. Ich bin mir sicher, dass uns die Senatorin sehr rasch erklären wird, wie sie diese Spielräume für diese und andere Zwecke nutzen möchte.
Sie gestatten eine Randbemerkung: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken! Sie wollten hier mit diesem Tagesordnungspunkt einen Antrag beraten, in dem Sie genau das Gegenteil des eben geforderten fordern. Sie sagen darin nämlich: nicht für die Infrastruktur, sondern für die Schule, die Kita und weitere wichtige Dinge, aber eben nicht für den Hochschulbau. – Dieser Antrag ist nicht nur unvernünftig, sondern passt hier nicht rein.
Lassen Sie mich auf ein letztes Thema zu sprechen kommen! Ich habe vorhin gesagt, die exzellente Wissenschaft muss man sich als Pyramide vorstellen. Damit eine solche Pyramide tatsächlich auf einer breiten Basis steht, muss sie möglichst vielen Menschen den Zugang zu Wissenschaft und zur akademischen Ausbildung erlauben. Damit das mit dem Zugang klappt, gibt es zwei wichtige Voraussetzungen. Die erste Voraussetzung ist: Es muss viele Studienplätze geben. Da sind wir in Berlin in den letzten Jahren sehr weit nach vorne gekommen.
Gleichzeitig müssen wir aber auch – damit es nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängt, ob jemand in Berlin studieren kann – eine ausreichende Anzahl an Studentenwohnheimplätzen schaffen, die es auch Menschen mit wenig Einkommen, die vom BAföG abhängig sind, erlaubt, in Berlin zu studieren und zu leben. Der Senat und die Koalition haben vor einiger Zeit – das ist schon ein bisschen her – versprochen, 5 000 neue Wohnheimplätze zu schaffen. Erste Schritte wurden gegangen. Wir sollten aber alles dafür tun, dass es schneller geht und endlich gebaut wird. Der Senat hat in dieser Woche in dieser Sache einen Bericht an das Parlament zurückgezogen und uns einen neuen zur Verfügung gestellt. Das zeigt, dass es im Senat noch ein bisschen Abstimmungsbedarf gibt. Vielleicht sollten wir diese Gelegenheit nutzen, um unter die Sache – nach nun doch langen Debatten – einen
Strich zu machen und zu überlegen, ob die gewählte Konstruktion, nämlich das Studentenwerk und die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften zusammen die Aufgabe erledigen zu lassen, tatsächlich funktioniert. Ich finde die Idee charmant, aber sie muss sich in der Wirklichkeit beweisen, und das ist bislang nicht gelungen.
Für den Ausbau und Erhalt der exzellenten Wissenschaft in Berlin stehen also eine ganze Reihe von wichtigen Weichenstellungen an – Weichenstellungen, die darüber entscheiden, wo wir in 10, 15 oder 20 Jahren mit der Wissenschaft stehen. Wir sind fest entschlossen, diese Weichen so zu stellen, dass wir die Wissenschaft in Berlin ausbauen und vor allem weiter für die Entwicklung dieser Stadt nutzen. Die Wissenschaft schafft die Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum und vor allem aber auch für die Teilhabe von vielen Menschen an akademischer Ausbildung. Zudem schafft sie die Voraussetzung dafür, dass sie einen eigenständigen Weg gehen und ihre Talente nutzen können.
Die Agenda ist so lang, dass wir in vielen folgenden Sitzung über viele dieser Themen sprechen wollen. Ich würde mich freuen, wenn es uns heute gelänge, die gemeinsame Grundlage, nämlich das Verständnis, wie die Wissenschaft in Berlin aussehen soll, zu diskutieren. Für die Sozialdemokratie habe ich das jetzt skizziert. Ich bin gespannt, wie Sie das sehen. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgt jetzt Frau Schillhaneck. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als die Koalitionsfraktionen ihren sehr kurzen Titel für die Aktuelle Stunde eingereicht haben, habe ich mich gefragt: Worüber wollen Sie reden? – Ich bin Ihnen deshalb in gewisser Weise dankbar, Herr Oberg, dass Sie jetzt das große Panorama aufgezogen haben, denn ich glaube in der Tat: Wir reden in diesem Parlament viel zu selten über die Wissenschaft in dieser Stadt.
Auch die Punkte, die Sie benannt, die Sie angerissen haben, bei denen Entscheidungsbedarf besteht, unterschreibe ich sofort. Ganz ehrlich, Herr Kollege, an uns liegt es nicht, dass das bis jetzt nicht beschlossen ist.
Ein wenig frage ich mich: Was hält die Koalition und insbesondere den Senat eigentlich davon ab, endlich einmal diese ganzen Entscheidungen zu treffen?
Ich nehme bei Ihnen – ich formuliere es vorsichtig – einen gewissen Leidensdruck wahr, dass einiges offensichtlich im Senat zwischen vor allem dem Finanzsenator – dem Gerade-noch-so-Finanzsenator, seien wir ehrlich – und der Senatorin für Wissenschaft offensichtlich hängenbleibt. Ich interpretiere jetzt im besten Sinne den Antrag der Koalitionsfraktionen, über dieses Panorama von Themen zu reden, als Unterstützungsversuch für die Senatorin für Wissenschaft. Dabei machen wir gern mit – allerdings nicht ganz unkritisch, was ihre Politik betrifft.
Da wäre der BIH-Streit. In der Tat, wo bleibt der Entwurf? Wo bleibt er? – Wenn man in die Zeitungen schaut, stellt man fest, offensichtlich hat die Senatsverwaltung für Finanzen den Anspruch, von allem Ahnung zu haben. – Das behauptet man eigentlich von einem anderen Stand. – Aber solange die Senatsverwaltung für Finanzen meint, mit irgendwelchen konstruierten Argumenten ein so wichtiges Projekt in dieser Stadt verhindern zu dürfen, nur weil sie nicht die direkte Kontrolle darüber haben kann, solange geht es der Wissenschaft in dieser Stadt leider viel schlechter als es sein müsste.
Da ist die W-Besoldung. Ich glaube, Sie haben das schon richtig aufgezeigt. Wir sind allerdings der Ansicht, dass der Vorschlag, der Gesetzesentwurf, den die Koalition hier heute einbringt, an einer Stelle krankt: Ich weiß nicht, wie wir den Professorinnen und Professoren in dieser Stadt, die sich bereits in der Vergangenheit darum bemüht haben, überdurchschnittliche Leistungen zu erbringen, damit sie eine Leistungszulage bekommen, erklären sollen, dass alle anderen plötzlich genauso viel bekommen, weil das Ganze von vornherein unter dem Diktum der Aufkommensneutralität gestaltet werden sollte. Das ist der Webfehler, und deshalb gibt es nicht nur einigen Gegenwind, sondern eigentlich von allen, vom Deutschen Beamtenbund bis hin zu eher basisorientierten Professoren/Professorinnen-Gruppen. Diesem Gegenwind müssen Sie sich dann auch stellen!