Protocol of the Session on November 13, 2014

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wollten Sie die 40 000 Betten behalten?]

Wenn Sie in der Verantwortung sind, haben Sie weiter weniger Investitionsmittel des Landes Berlin verfügt. Sie haben Konjunkturmittel aus dem Bund erhalten, das hat Ihnen geholfen. Aber was Sie getätigt haben, war ein Abbau der Infrastruktur für Berliner Krankenhäuser, lieber Herr Dr. Albers.

Sie haben völlig recht. Natürlich wurden in den Neunzigerjahren – wir haben gerade die Wiedervereinigung gefeiert – Betten abgebaut. Und lieber Herr Dr. Albers, es wurden auch Schulden aufgenommen. Weil damals noch zwei Drittel der Krankenhausinvestitionen über den Bund respektive die Kassen finanziert wurden, hat das Land Berlin ein Drittel finanziert. Wir haben dreistellige Millionenbeträge in Berliner Kliniken, insbesondere im Ostteil dieser Stadt, gemacht. Wenn Sie meinen, die Kliniken in Marzahn-Hellersdorf, in Lichtenberg und woanders hätten nicht saniert werden müssen – wir meinen das nicht. Und Sie werden die Frage nicht los: Sie haben in Ihren Jahren der Regierungsverantwortung für die Berliner Krankenhäuser nichts getan, Herr Dr. Albers!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Dr. Ludewig! – Für die Piratenfraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Lauer. – Bitte sehr!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Das hatte ja viel Schönes, wie es so schön heißt. Man könnte ja fast meinen, wenn man Ihnen so zuhört, Herr Ludewig, dass Die Linke und die SPD damals ein komplett saniertes Land Berlin irgendwie übernommen hätten, wo es überhaupt keine Einsparungsnotwendigkeiten gegeben hätte, und jetzt feiern Sie sich hier – wie lange sind Sie jetzt an der Regierung? – nach drei Jahren für einen Gesetzesentwurf ab, der, wie gesagt, nach Herrn Albers schon unter Rot-Rot – –

[Zuruf von der CDU]

Ja, Gesetzesentwurf, Gesetz, das muss mir hier wieder einer von der CDU erklären; ist mir doch egal.

Wir haben das innerhalb der Beratungen im Ausschuss irgendwie gesagt, dass dieses Problem – dieses Gesetz ist ein Problem –, dass dieses Gesetz keines der Probleme löst, die das Land im Gesundheitswesen hat. Darauf sind Sie nicht eingegangen. Wir hatten auch gestern noch mal – das haben mir meine Kollegen aus dem Hauptausschuss berichtet – diese groteske Diskussion im Hauptausschuss.

(Dr. Wolfgang Albers)

Und jetzt feiern Sie sich, wie gesagt, hier für dieses Stückchen ab. Ich frage Sie, bei den ganzen Problemen, die es im Moment im Gesundheitswesen gibt, wo sich auch alle Experten einig sind, auf die Sie ja auch nicht hören, die Sie ja auch ignorieren; wir hatten ja im Gesundheitsausschuss die Anhörung zum Pflegenotstand, wo die Pflegerinnen und Pfleger berichtet haben, wie die Situation ist: Meinen Sie denn ernsthaft, dass hier jetzt so ein bisschen Freiheit bei der Investition in den Krankenhäusern irgendeines dieser Probleme lösen würde? Nein!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Ich sage Ihnen auch, warum. Herr Isenberg war ja vorhin ganz besorgt und fand das ganz problematisch mit der Ökonomisierung im Gesundheitswesen. Ach! Ja, da sind irgendwie vor zehn Jahren diese Fallpauschalen vom Himmel gefallen, ich weiß gar nicht mehr, unter welcher Regierung; ist auch eigentlich egal. Herr Ludewig hat es sich bestimmt gemerkt, es war bestimmt die SED oder so. Auf jeden Fall, die Fallpauschalen sind doch hier an der Stelle genau das Problem. Denn worin wird denn ein Krankenhaus investieren? In etwas, wo sie wissen: Ja, gut, da gibt es dicke Fallpauschalen, dann bauen wir – Berlin hat ja erst mehr CT-, MRT-Röhren als Italien, dann kann es vielleicht auch noch doppelt so viele haben wie Italien oder so. Dann investiert man genau in die Bereiche, wo man weiß: Gut, hier können wir schön die Patienten abrechnen, hier können wir schön Luxusbehandlungen machen. Das hat überhaupt nichts mit Grundversorgung zu tun, das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass sich in irgendeiner Form die Gesundheitsversorgung im Land Berlin verbessert – im Gegenteil. Sie beklagen sich erst über das Anreizsystem der Ökonomisierung, und dann freut sich hier der Herr Dr. Ludewig, dass die Krankenhäuser jetzt noch mehr Freiheitsgrade in der Investition haben in diesem durchökonomisierten System – das würde Ihnen natürlich auch jeder Experte sagen, wenn Sie auch nur mal eine Sekunde zuhören würden –, geben Sie jetzt den Krankenhäusern auch noch die Freiheit, wieder genau in die Bereiche zu investieren, die ihnen zwar Geld bringen, die aber nicht unbedingt im Sinne der Patientinnen und Patienten sind.

[Beifall bei den PIRATEN]

Es müsste doch genau da investiert werden, wo man irgendwie sagen kann: Okay, da kann man den Leuten günstig und einfach helfen. Da scheuen Sie sich auch. Sie scheuen sich, an dieses Fallpauschalensystem heranzugehen. Das ist ja ein Irrsinn. Ich illustriere den auch noch mal ganz kurz an einem Beispiel zum Schluss: Dass die Preise für die Entbindungen in den letzten Jahren so hochgegangen sind, hat nichts damit zu tun, dass es irgendeine technische Innovation gab, die diesen Vorgang, der seit mehreren Hunderttausend Jahren in der Menschheitsgeschichte stattfindet, verbessert hätte. Aber dass die Krankenkassen mit der Kassenärztlichen Vereinigung hingehen und immer so ein Pokerspiel spielen, dass sie in ihr Portfolio reingucken, wer hat die alten Leute, wer hat

die jungen Leute. Und dann gehen die Krankenkassen mit den älteren Frauen eben hin und sagen: Ja, gut, wir haben nicht so viele Entbindungen, wir wollen aber mehr Leute haben; dann gucken wir einfach, dass die Krankenkassen mit den jüngeren Frauen demnächst mehr für eine Entbindung bezahlen müssen. Das ist das System. Rede ich mit einem Patienten zehn Minuten, bekomme ich irgendwie 10 Euro, mache ich einen Ultraschall 100 Euro.

Es ist jetzt natürlich die Frage: Worin wird ein Krankenhaus investieren? In noch ein paar mehr Ultraschallgeräte, damit noch ein paar mehr Ultraschalle gemacht werden können, wenn sie medizinisch nicht angezeigt sind, oder in ein bisschen mehr Personal, das sich dann auch einmal um die Patientinnen und Patienten kümmert, aber wir können damit nicht rechnen? Schwierige Frage. – Sie feiern sich hier für großen Quatsch ab. Herr Isenberg hatte ja schon eine Kurzintervention beantragt. Sparen Sie es sich! Insbesondere nach Ihrem Auftritt gestern im Gesundheitsausschuss in der Sondersitzung, Ihr Rumgebrülle braucht jetzt wirklich keiner. Gehen wir zur Abstimmung, und dann können Sie sich noch ein bisschen abfeiern. – Vielen lieben Dank!

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Vielen Dank, Herr Lauer! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Isenberg. – Bitte sehr!

Herr Kollege Lauer! Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, mit welcher Sachorientierung und inhaltlichen Debattenkultur die Piraten

[Beifall von Christopher Lauer (PIRATEN)]

diese notwendige Debatte qualifizieren,

[Martin Delius (PIRATEN): Er ist parteilos!]

oder Parteilose, die früher bei den Piraten waren. Herzlichen Glückwunsch für die Partei, dass Sie nicht jeden dabeihaben! – Ich möchte es aber noch mal ganz deutlich sagen: Herr Lauer! Alles, worüber Sie gesprochen haben, ist ja überhaupt nicht Regelungskompetenz des Landes. Sie haben das Erlössystem kritisiert, Sie haben die Fallpauschalen kritisiert. Ja, darüber kann man in der Tat eine sehr gründliche Diskussion führen, nur, dieses ist Gegenstand einer Bundesregelung, die dann dort anzustoßen wäre, und überhaupt nicht Befassungsgegenstand von irgendwem hier in unserer Gesetzgebungskompetenz.

Das, was wir tun können und tun müssen, ist, erstens eine ausreichende Investitionsfinanzierung sicherzustellen. Das hat die Koalition deutlich gemacht, auch Teile der Opposition, dass wir hier mehr Geld in die Hand nehmen müssen, eben weil es keine Subventionen sind, sondern

(Christopher Lauer)

öffentliche Mittel, wo wir eine Daseinsvorsorgeverpflichtung haben. Sie kennen die Zahlen genauso gut wie ich, dass durchschnittlich 10 Prozent vom Umsatz eigentlich in diese Investitionsfinanzierung gehen müssten, damit das Geld nicht rechtswidrig – ich betone rechtswidrig – abgezweigt werden muss von den Erlösen, die Sie kritisiert haben, DRGs. Das ist aber leider die Situation, die wir haben, dass viele Häuser dieses in Berlin tun, auch anderswo, weil das Land, wie viele andere Kommunen auch, nicht genug Geld in die Hand nimmt, um die Investitionen zu finanzieren.

Deswegen ist es nicht so, wie Sie sagen, dass wir einfach nur zugucken, wie die Fallpauschalen sich unter Umständen negativ auswirken, sondern wir sagen, wir wollen darüber hinaus Strukturvorgaben machen, die im Krankenhausplan vorgegeben sind. Da betone ich noch mal, der Facharztstandard, das, was wir tun mit den Hygienetransparenzveröffentlichungsnotwendigkeiten, das, was wir tun, um das geriatrische Konzept umzusetzen, sind Vorgaben, die auch eine Leitplanke sind in dieser ökonomisierten Situation. Die Tatsache, dass die Häuser nun Investitionspauschalen bekommen, ist ebenfalls eine Leitplanke, weil sie Planungssicherheit bieten. Damals unter Rot-Rot hätten wir dieses nicht seriös tun können, weil damals gar keine Bewertungsmodelle vorhanden waren, die Methodik noch gar nicht ausgearbeitet war. Da sind wir jetzt wesentlich weiter, sodass wir jetzt mit einer großen Überzeugung diesen gemeinsamen Weg gehen können. Alles andere ist Bundesrecht, und das wissen Sie auch.

[Steffen Zillich (LINKE): Wie ist denn das mit der Mittelübertragung? – Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Isenberg! – Möchten Sie antworten, Herr Lauer? – Bitte sehr! – Ich würde die in den Gängen stehenden Kolleginnen und Kollegen bitten, sich einfach hinzusetzen oder ihre Gespräche nach draußen zu verlagern.

Sehr geehrter Herr Isenberg! Sie haben mich ertappt. Ich habe mich überhaupt nicht mit dem vorliegenden Gesetz beschäftigt. Ich habe mich, als ich mich hier vorne hingestellt habe – das habe ich vorher mit meinem PGF und meinem Fraktionsvorsitzenden so besprochen – – Ich habe gesagt: Wisst ihr was, Kinder? Ich habe mich nicht richtig damit beschäftigt, das kommt spontan. Ich werde einfach mal ein bisschen laut Phrasen dreschen. Und das ist nämlich genau Ihre Politik. Ich habe keine Ahnung von dem Thema, und Sie haben noch weniger Ahnung von dem Thema, dass Sie sich dazu animiert fühlen, auf meine Phrasendrescherei einzugehen.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Und das ist nämlich genau das Problem der Gesundheitspolitik. Es gibt ja tatsächlich sehr fachkundige Leute, aber wir als Gesundheitspolitiker gehören da, zumindest wenn wir in Regierungsverantwortung sind, nicht dazu. Eine Sache noch, da habe ich nämlich aufgepasst, möchte ich zu dem von Ihnen erwähnten Krankenhausplan sagen, Herr Isenberg, denn das war ein schlechter Witz. Sie rühmen sich hier, dass Sie ins Landeskrankenhausgesetz irgendetwas hineingeschrieben hätten, dass der Landeskrankenhausplan, bevor er verabschiedet wird, im Ausschuss behandelt wird. Das haben Sie vor der Sommerpause so schnell huschihuschi gemacht. Dann hatten wir dort ein Papier, das voll war mit hätte, wäre, könnte, müsste, sollte, vielleicht einmal, wenn es noch möglich wäre, wäre ganz toll, vielleicht sollten wir einmal bla.

Was Sie hier behauptet haben mit: Es gab keine Metrik, es hätte ja nicht und Hygiene und Facharztstandards. Herr Albers, der wahrscheinlich derjenige ist, der am meisten Ahnung von dem Thema hier in diesem Parlament hat, hat auch dargelegt, warum das alles kompletter Quatsch ist. Was Ihre Koalition, was Sie, lieber Isenberg und der gute Herr Dr. Ludewig – damals war er noch nicht Doktor, hoffen wir, Herr Oberg, das war ein sehr schöner Zwischenruf, dass es noch lange so bleibt – –

Herr Lauer! Darf ich Sie darauf hinweisen, dass es eher unangemessen ist.

Ich habe nur meine Hoffnung ausgedrückt, dass es noch lange bleibt. Ich bin ein ängstlicher Mensch. Die Angst ist nicht unbegründet, wenn man sich einmal die Legislaturperiode anschaut.

Was Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, getan haben, ist, noch einen Änderungsantrag oder eine Entschließung dazu verabschiedet zu haben, die eins zu eins – so arbeitet die Koalition in diesem Land – aus dem Krankenhausplan des Senats stammt, copy und paste. Sie haben ganze Passagen mit grammatikalischen Fehlern durch Umformulierungen, die Sie gemacht haben, herauskopiert.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Heiterkeit bei der LINKEN]

Sie haben ein Papier der Senats einem Papier der Koalition gegenüberstellt, dass dasselbe Papier war. So machen Sie Gesundheitspolitik.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

(Thomas Isenberg)

Dann reagieren Sie auch noch auf das, was ich hier einfach irgendwie sage. Vielen herzlichen Dank. Ich fühle mich gut regiert.

[Beifall und Heiterkeit bei den PIRATEN und der LINKEN]

Vielen herzlichen Dank, Herr Lauer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zu der Vorlage Drucksache 17/1802 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen Grüne und Linke bei Enthaltung der Piraten und der Hauptausschuss mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Annahme. Wer der Gesetzesvorlage zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der SPD und die Fraktion der CDU sowie der fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und die Piratenfraktion. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Damit ist die Änderung des Landeskrankenhausgesetzes so beschlossen.

Ich komme zu

lfd. Nr. 4:

Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Energiewirtschaftsgesetzes (AGEnWG)

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/1888

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann wird überwiesen.