Protocol of the Session on October 16, 2014

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Es macht politisch überhaupt keinen Sinn, immer weiter Informationen aus Tierversuchen zu sammeln. Sie wissen doch, die Basics – Ibuprofen, Penicillin, Aspirin, Insulin – wären nach den heutigen Tierversuchsstandards nicht zugelassen worden. Wir hätten diese Medikamente nicht. Vergewissern Sie sich dieser Tatsache, und überlegen Sie, welche Konsequenzen das hat für die Erforschung von Methoden, die genauer sind als diese ungenauen und schlechten Tierversuche.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Wie viele Medikamente sind nicht erforscht worden, weil sie am falschen Modell getestet worden sind, nämlich am Tier. Was da passiert, ist ethisch und gesundheitspolitisch völlig abwegig.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Wir fordern Sie auf, endlich einer Forschung zuzustimmen, die genauere Methoden bringt, die auf Menschen übertragbar ist. Sie haben die Methoden selbst genannt: Multiorganchips etwa, es gibt Hautmodelle, es gibt bebrütete Hühnereier. Aber es gibt sehr viele Methoden, die noch in der Forschung sind oder darauf warten, dass sie erforscht sind. An „Human Brain Project“, einem internationalen, globalen Projekt, beteiligt sich Berlin überhaupt nicht. Kümmern Sie sich darum, dass wir in diese Forschung investieren, und dann werden wir zur Hauptstadt für Ersatzmethoden, aber nicht mit Ihrem Antrag! – Schönen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Herrmann das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Hämmerling! Bei der letzten Rede vor vier Wochen habe ich nach Ihrem Beitrag durchaus gedacht, Ihnen gehe es um die Sache, gehe es um den Tierschutz. Dann hat Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Ihren Antrag zurückgezogen. Am Ende ging es Ihnen um Politik, nicht um die Sache – das möchte ich hier erst einmal festhalten –, auch wenn ich Sie sonst in der Sache schätze.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wenn Sie heute all das wiederholen, was Sie vor vier Wochen, was Sie all die anderen Tage gesagt haben, dann wird es davon nicht besser, dann wird es davon nicht richtiger.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Ich spare mir daher meine Wiederholungen, das habe ich alles schon einmal vor vier Wochen erzählt. Ich habe Ihnen gesagt, wir sind nicht Tierversuchshauptstadt. Das ist Quatsch. Die Zahlen stimmen nicht – das hat Herr Beermann gesagt –, sondern ganz im Gegenteil. Der Kollege Buchholz, der heute das erste Mal reden durfte, hat das noch einmal sehr stark und gut zusammengefasst. Wir sind dort auf gutem Weg, wir sind ein Forschungs-, wir sind ein Wissenschaftsstandort in Berlin mit exzellentem Ruf, mit Weltruf. Und an den Universitäten, Sie haben es selbst aufgezählt: Multiorganchip etc. pp. Dort wird Forschung betrieben eben für Alternativen zu Tierversuchen. Das ist der richtige Weg. Dafür setzen wir uns mit unserem Antrag ein. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

Zu Ihrem Änderungsantrag: Auch das ist etwas, was Sie vor vier Wochen schon einmal mit leicht anderen Worten, mit leicht anderen Formulierungen vorgetragen haben. Mir ist selbst, nachdem ich Sie eben angehört habe, nicht klar, woher, aus welchem Topf diese 5 Prozent kommen sollen und welche Basis diese 5 Prozent haben. Das gibt so viele Tierversuche, die dort an Universitäten in der Ausbildung stattfinden, das alles zu erfassen – mir ist weder die Datenbasis klar noch ist mir klar, wer es bezahlen soll. Insofern kann ich nur empfehlen, den Änderungsantrag abzulehnen und dem Antrag der Koalition zuzustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Für eine Kurzintervention hat jetzt Frau Kollegin Hämmerling das Wort. Das ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die dritte. Das wissen Sie, okay.

Ich muss das jetzt hier zurückweisen, Kollege Herrmann,

[Oliver Friederici (CDU): Sie wollen immer das letzte Wort haben! Das ist Ihr Problem!]

dass es mir hier um Politik geht und nicht um Tierschutz. Ich bin Politikerin. Natürlich mache ich hier auch Politik. Aber es geht mir um Tierschutz, und es geht um Tierversuche, und es geht darum, endlich etwas zu tun, damit man aus diesem Tierversuchsteufelskreis herauskommt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt, Ihre Frage, was wir hier in Berlin tun können: Sie können doch ganz viel tun. Sie können z. B. dem MDC 24 Millionen Euro für einen neuen Mäusebunker bewilligen, Sie können 60 Millionen Euro bewilligen für einen neuen Mäusebunker der Charité. Warum können Sie nicht kreativ sein und mit den Leuten, die an Ersatzmethoden forschen wollen, etwas finden, was die Ersatzmethoden stützt? Warum können Sie das nicht? Da fehlt es doch. Sie sind auf diesem Auge völlig blind.

Und dass ich den Antrag das letzte Mal zurückgezogen habe, hat einen ganz simplen Grund. Wir haben ein konkretes Anliegen. Wir wollten einen Forschungsfonds für Ersatzmethoden. Das wollten Sie nicht. Sie wollten 15 000 Euro für einen Forschungspreis. Ich wiederhole: Es geht in der Erforschung von Ersatzmethoden nicht in erster Linie um einen Preis; den Preis bekommt man dann, wenn man eine Forschung gemacht hat.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Marion Platta (LINKE)]

Die Forschung, Herr Herrmann, Herr Buchholz, ist nur möglich, wenn ich Geld in die Hand nehme. Wenn man kein Geld in die Hand nimmt, dann passiert nichts. Ersatzmethoden, wie sie Herr Buchholz geschildert hat, sind nur entwickelt worden, weil die Forscher aus den ganz spärlichen Sondertöpfen Geld bezogen haben. Das muss sich ändern. Das können wir ändern. Das müssen wir jetzt ändern.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Dann hat der Kollege Herrmann noch einmal das Wort.

Vielen Dank, Frau Kollegin Hämmerling, für diese Kurzintervention!

[Heiterkeit bei der CDU]

In der Tat: Sie sind engagiert. Ich habe auch gesagt, Ihr parlamentarischer Geschäftsführer hat aus politischen Gründen den Antrag zurückgezogen, nicht Sie. Ich schätze Sie, das habe ich auch gesagt, für Ihr politisches Engagement für den Tierschutz, aber Ihr Weg ist der falsche. Darauf habe ich hingewiesen. Dabei bleibe ich. Am Ende ist die Forschung – –

[Zuruf von Claudia Hämmerling (GRÜNE)]

Wollen Sie noch einmal? Dann gehe ich wieder an meinen Platz und höre Ihnen zu. Aber ich habe es eben bei Ihnen gemacht, dann sollten Sie auch mir zuhören.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Aber es ist doch alles Quatsch!] – – Wenn alles Quatsch ist, soll ich das sein lassen? [Zuruf von den GRÜNEN: Ja!]

Dann kommen Sie doch. Das ist doch schön, aber ich hatte doch auch zugehört, dann sollten Sie doch den Anstand wenigstens haben, Frau Kollegin, auch mir zuzuhören.

[Beifall bei der CDU – Anja Kofbinger (GRÜNE): Es wird nicht besser!]

Es wird nicht besser, lassen Sie es! Ich will nur noch einmal darauf hinweisen, dass die Forschung, die der Kollege Buchholz auch angesprochen hat, an den Berliner Universitäten stattfindet. Das sind nicht kleine Töpfe, das sind große wichtige Universitäten mit großen Töpfen. Auch da Dank an die Wissenschaftsverwaltung. Danke!

[Beifall bei der CDU – Thomas Birk (GRÜNE): Sie lügen sich in die Tasche! – Claudia Hämmerling (GRÜNE): Leider keine Ahnung!]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke jetzt Frau Platta. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir setzen tatsächlich die Debatte vom 18. September hier im Haus fort. Der heute vorliegende Antrag der Koalition hat die eigenen Ansprüche aus der Debatte damals allerdings bisher nicht erfüllt.

Alternativmethoden zu Tierversuchen sollen gefördert werden und den Forschungsstandort Berlin stärken.

Das war der letzte Satz des Kollegen Karge von der SPD beim letzten Mal. Diese Aussage ist inhaltlich richtig und hat unsere Unterstützung. Was sagt aber nun Ihr Antrag über Förderung? – Er benennt Forschungsmethoden für die Förderung, die sich an dem seit über 50 Jahren bekannten 3-R-Prinzip orientieren. Wenn man die Nummerierung dazu ernst nimmt, stehen die Ersatz- und Ergänzungsmethoden immer noch an letzter Stelle in Ihrem

Antrag. So werden für die Forschungshauptstadt keine Schwerpunkte gesetzt.

Die Linke hat in ihrer Regierungszeit mit der Berufung des Landestierschutzbeauftragten und der ersten Ausrichtung eines Symposions über Alternativen zu Tierversuchen 2008, gefolgt von einem zweiten Symposion 2010, wichtige Akzente gesetzt, um dieses Thema in der Öffentlichkeit und Fachöffentlichkeit besser zu beleuchten und zu diskutieren. Dass das dritte Symposion erst vor wenigen Wochen stattgefunden hat und so ein zeitliches Loch entstanden ist, verantwortet nun der heutige Senat. Gern können wir uns auch noch Zahlen näher betrachten, um Erfolge zu bewerten. Sie kennen die Tierzahlen aus den jährlichen Listen des Landesamts für Gesundheit und Soziales und die dazugehörigen Aufschlüsselungen von der Anzahl der verwendeten Tiere bis zur Anzahl der für wissenschaftliche Zwecke getöteten Tiere. Die jährlichen Zuwächse in den Jahren 2007 bis 2010 lagen zwischen 0,8 Prozent und 5,2 Prozent. 2011 konnte erstmals gegenüber einem Vorjahr eine Reduzierung der Anzahl der verwendeten Tiere von 2,2 Prozent erreicht werden.

Und an dieser Stelle – es wird ja weitergeforscht – nutze ich hier die Gelegenheit und danke den Mitgliedern der Tierversuchskommission, spreche ihnen meine Hochachtung aus, die sicherlich nach wie vor vor schwierigen Entscheidungen stehen, wenn es immer wieder darum geht, die Verwendung von Versuchstieren zu prüfen und verantwortungsvoll zu agieren.

Zu einem Anstieg der Zahlen gegenüber 2011 kam es erst, nachdem die SPD-CDU-Koalition wieder regierte. Es gab nämlich gegenüber 2011 einen Anstieg von 16 Prozent bzw. 12 Prozent in den Jahren 2012 und 2013. Die Zahlen liegen schon vor, Herr Buchholz. Inwieweit diese Entwicklung für die Forschungshauptstadt für Alternativmethoden zu Tierversuchen spricht, können Sie selbst beurteilen.

Ungelöst im Koalitionsantrag ist nach wie vor die Finanzierung der zu erwartenden Forschung an Ersatzmethoden zu den Tierversuchen. Hier zu Fortschritten zu kommen, ist eine wichtige Aufgabe. Der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will diese Lücke schließen. Er fordert die Schaffung von Grundlagen für die Forschung an Ersatzmethoden. Richtlinien und Gesetze zu diesen gibt es ja bereits. Das 3-R-Prinzip ist hier schon mehrfach genannt worden. Aber finanzielle Mittel braucht es eben verstärkt auch. Deshalb unterstützen wir den Ansatz im Änderungsantrag, solange es keine anderen Vorschläge aus der Koalition gibt.

Der Berliner Landespreis zur Förderung der Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden für Tierversuche in Forschung und Lehre ist für 2015 bereits durch die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz ausgelobt. Die Bewerbungsfrist läuft bis 31. März 2015. Es ist

(Alexander J. Herrmann)

gut, dass sich der Verband der forschenden Pharmaunternehmen an diesem Preis beteiligt. Ich wünsche allen Forschern aus Berlin und Brandenburg viel Erfolg bei dieser Beteiligung und besonders eben auch in der Forschung.

Fazit: Im Koalitionsantrag nichts Neues. – Da danke ich also für die Diskussion auch am heutigen Tage.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]