Wie liegt denn nun das Problem? – Die freien Träger müssen von den Jugendämtern auf das vorbereitet werden, was auf sie in der Leistungserfüllung zukommt. Worum ist es nicht möglich, die Träger auf hilfsbedürftige Kinder und Jugendliche vorzubereiten und ihnen die Prognosen mitzugeben, damit jede Fachkraft weiß, was sie erwartet? Die häufige Fluktuation und der Personalmangel sind ebenso kontraproduktiv. Im Unterausschuss Bezirke erfuhren wir kürzlich von den Bezirksvertretern, dass mitunter nur zwei Fünftel des eigentlichen personalen Gesamtbestands in ihren regionalen sozialen Diensten zur Verfügung stehen. Von Dauerkrankheit und massiver Überlastung brauche ich gar nicht mehr zu reden, das hat Frau Möller schon getan. Aufgrund des Personalmangels in den bezirklichen Jugendämtern kommt es zu massiven Wartezeiten für hilfesuchende Familien und junge Menschen. Das Ergebnis: keine oder nur vereinzelte Hausbesuche durch das Jugendamt, Absage der Teilnahme an Familiengerichtsverfahren, keine Bearbeitung der weniger schweren Fälle, wie zum Beispiel obdachloser Kinder, wie wir in der vorhin genannten Anhörung hören konnten.
Man kann in Berlin ja schon froh sein, wenn man eine Hilfe bekommt. Das eigentliche Ziel ist es aber, den betroffenen Kindern, Jugendlichen und Familien passgenaue Hilfen zu geben. Davon sind wir noch weit entfernt. Ein häufiger Wechsel von Hilfen ist der Alltag. Für die Bezirkshaushalte bedeutet das viele Mehrkosten, die vom Senat nicht aufgefangen werden. Weitsichtiges Denken ist hier Fehlanzeige. Wo liegt das Problem? – Die Zeit fehlt, um eine umfassende Fallreflektion und Falldokumentation zu betreiben. Fachkräfte wissen aufgrund fehlender Kommunikation nicht, wenn sie vor sich sitzen haben. Die Realität der hohen Fallzahlen pro Fachkraft macht eine qualifizierte Beratung durch das Jugendamt praktisch unmöglich. Kollegiale Beratungen, Fallreflexionen oder Supervisionen finden aufgrund von Zeitproblemen für die Fachkräfte in den Jugendämtern nicht mehr statt.
Was brauchen wir also? – Wir brauchen eine Jugendhilfe, die langfristig plant. Wir brauchen eine konstruktive Debatte darüber, was wir als Nächstes tun und wie die Personalsituation und -entwicklung in den Jugendämtern und regionalen sozialen Diensten zielführend und nachhaltig verbessert werden kann. Vom Senat wird leider immer nur auf das Musterjugendamt 2011 verwiesen. Was brauchen wir noch? – Wir brauchen Zahlen. Wir brauchen die Abfragen des Senats über die Situation der Jugendämter in den Bezirken. Ohne jede Grundlage, ohne Zahlen kommen wir nicht weiter. Glücklicherweise ist nach längerer Zeit endlich der Stein ins Rollen gekommen und dank vieler Nachfragen – unter anderem jüngst im Unterausschuss Bezirk – haben wir nur die Hoffnung,
dass die Antworten bald folgen. Wir brauchen einen Ausbau des Netzwerks Kinderschutz; wir brauchen die Ergebnisse der Fachprojekt- und Steuerungsgruppen. Kinderschutz bedeutet nicht nur Reagieren. Kinderschutz bedeutet auch, präventive Angebote zu schaffen, insbesondere Beratungsangebote.
Das Modell und Musterjugendamt 2011 muss weiter angepasst und bedarfsgerecht weiterentwickelt werden. – Frau Scheeres! Lieber Herr Eggert! Lieber Herr Simon! Bleiben Sie nicht im Jahr 2011 hängen! Blicken Sie nach vorn, um bedarfsgerechte Kinder- und Jugendhilfe zu gewährleisten! Dafür muss Geld in die Hand genommen werden; dafür braucht man Rückgrat und Haltung.
Vielen Dank, Frau Kollegin! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag auf Drucksache 17/1339 empfiehlt der Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie mehrheitlich – gegen Grüne, Linke und Piraten – auch mit geändertem Berichtsdatum die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Grünen, die Linke und die Piraten. Gegenstimmen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 11. September 2014 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 1. Oktober 2014 Drucksache 17/1862
auch auf der Konsensliste. Dieser Antrag soll nunmehr heute vertagt werden. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Hauptausschuss empfiehlt einstimmig mit allen Fraktionen die Zustimmung. Wer dem Vermögensgeschäft Nr. 6/2014 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind, soweit ich das sehen kann, alle Fraktionen. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist das so beschlossen.
Nachträgliche Genehmigung der im Haushaltsjahr 2013 in Anspruch genommenen über- und außerplanmäßigen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für die Hauptverwaltung und für die Bezirke
Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Hauptausschuss empfiehlt mehrheitlich – gegen Grüne und Linke, bei Enthaltung Piraten – die Annahme. Wer der Vorlage auf Drucksache 17/1814 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Bei den Grünen. Enthaltung? – Bei den Piraten und der Fraktion Die Linke.
Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin Drucksache 17/1871
Es liegen keine Überweisungswünsche vor. Das Haus hat die beiden Rechtsverordnungen hiermit zur Kenntnis genommen.
Ich habe den Antrag vorab an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr und an den Hauptausschuss überwiesen und darf hierzu Ihre nachträgliche Genehmigung feststellen. In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Herr Kollege Moritz, bitte schön! Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für mich ist vollkommen unverständlich, warum die Flughafengesellschaft noch immer verkehrsfördernde Konditionen in der Entgeltordnung für Tegel vorsieht und die oberste Luftfahrtbehörde diese genehmigt.
Als Bündnisgrüner bin ich grundsätzlich gegen Subventionen im Luftverkehr. Aber am Flughafen Tegel ist diese Förderung besonders kontraproduktiv und erzeugt bei den Airlines nur einen Mitnahmeeffekt. Einerseits bedauern alle die andauernden und zusätzlichen Belastungen der Anlieger von Tegel und versprechen, sie auf das unbedingt notwendige Maß zu begrenzen, andererseits wird jeder zusätzliche Passagier und jeder zusätzliche Flug als Erfolg gefeiert. Das Wachstum des Luftverkehrs in Berlin ist überdurchschnittlich, und damit rühmen sich die Flughafengesellschaft und der rot-schwarze Senat.
Das Wachstum erfolgt aber im Wesentlichen in Tegel. Es wird allein auf Quantität gesetzt, und dazu tragen auch die verkehrsfördernden Konditionen in der Entgeltordnung bei. So erhalten die Fluggesellschaften für neu eingerichtete Destinationen im ersten Jahr 80 Prozent ihrer gezahlten Passagier- und Landeentgelte zurück. Fragt man den Senat, wie viele Verbindungen denn gefördert werden oder wie hoch die Rückerstattungssumme ist, dann heißt: Diese Informationen unterliegen dem Geschäftsgeheimnis.
Ich habe einmal überschlägig versucht, das für den neu eingerichteten Flug nach Thessaloniki auszurechnen: Von den dabei jährlich zu zahlenden Passagier- und Landegebühren in Höhe von 250 000 Euro erhält die Airline im ersten Jahr 200 000 Euro zurück, im zweiten 125 000 Euro und im dritten immerhin noch 50 000 Euro. In diesem Jahr gibt es neun zusätzliche Verbindungen mit insgesamt 26 Flügen in der Woche in Tegel. Das lohnt sich natürlich auch wegen der noch zusätzlich vorhandenen Volumenförderung von bis zu 20 Prozent der Passagier- bzw. Landeentgelte.
Da wundert es dann nicht, dass im Vergleich zwischen 2011 und 2013 knapp 5 400 zusätzliche Flugbewegungen in Tegel zu verzeichnen sind. Das sind durchschnittlich 15 Flüge pro Tag an Zuwachs. Es mag sein, dass solche Förderprogramme als normal angesehen werden. Wir haben aber im letzten Plenum und jetzt auch über Entlastungsmöglichkeiten von Tegel gesprochen. Wenn ich das tatsächlich will, frage ich, warum es das Förderprogramm immer noch gibt.
Tegel ist für die Passagiere und Fluggesellschaften ein attraktiver Flughafen und wird auch ohne dieses Programm gut angenommen, im Gegensatz zu Schönefeld, das trotz der Förderprogramme eher rückläufige Tendenzen hat. Wenn ich verlagern will, muss ich Anreize dafür schaffen. Diese könnten darin liegen, das Förderprogramm nur in Schönefeld anzuwenden.
Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist dieses Programm kontraproduktiv. Betrachtet man die Umsatzerlöse der FBB im Aviation-Bereich, so setzt die Flughafengesellschaft 2011 pro Passagier 7,41 Euro als Umsatzerlös und im Jahr 2013 nur noch 7,31 Euro um. Die Erlöse fallen. Im Vergleich dazu nenne ich die Zahlen von Düsseldorf. Dort wird ein Umsatzerlös von 12,78 Euro, in Frankfurt von 14,57 Euro und in München von 15,50 Euro erzielt, also doppelt so viel wie in Berlin. Pures Wachstum führt also nicht zum wirtschaftlichen Erfolg.
Für diese verkehrsfördernden Konditionen in der Entgeltordnung gibt es also keinen Grund. Wie mir berichtet wurde, hat Herr Mehdorn gesagt, dass dieses Förderprogramm angeblich auch nicht mehr angewandt wird. Alles spricht für die Abschaffung dieses Programms,