Eine wichtige Voraussetzung für die Umsetzung ist – das hat Frau Kittler schon gesagt – die Zuweisung der Förderstunden für die Schulen. Aber unabhängig davon, um
welchen Förderschwerpunkt es sich handelt, die Zuweisungsstunden gehen seit Jahren rapide zurück. Auch unter Ihrer Ägide verschlechterte sich die Situation erheblich. Die Menschen an den Schulen sind zunehmend verzweifelt. Dazu kommt, dass die Situation der Schulen ohnehin so ist, dass tagtäglich die Förderstunden den Vertretungsstunden zum Opfer fallen. Anders formuliert: Eigentlich kommen an den Schulen nur noch sehr wenig Ressourcen zur Unterstützung an.
Wir haben es einmal ausgerechnet. Allein um die Förderverhältnisse von 2010/2011 – also von vor drei Jahren – halten zu können, brauchte Berlin rund 200 gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Ich weiß, dass wir einen Lehrermangel haben. Ich weiß, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf an den Regelschulen steigt, aber das allein reicht nicht, um das Problem von sich zu weisen. Werden Sie endlich tätig! Denn, Frau Scheeres, die Schülerinnen und Schüler von heute können nicht warten, bis Sie endlich so weit sind.
Problemfall Schulhelfer und Schulhelferinnen: Erst wenn die Hütte brennt und die Zeitungen voll mit Artikeln über die desolate Situation der Schulhelfer und Schulhelferinnen sind, werden Sie tätig. Vorausschauende Politik sieht meiner Meinung nach anders aus. Sie haben jetzt glücklicherweise versprochen, den Deckel endlich zu öffnen. Ich hoffe nur, Sie setzen sich genau mit diesem Wunsch gegenüber dem künftigen Finanzsenator durch.
Was wir brauchen, ist eine Finanzierung, die stärker am Bedarf orientiert ist und vor allem die Situation der Schülerinnen und Schüler und auch der Schulen in den Blick nimmt, denn sonst wird die Situation nur immer schlimmer und kein bisschen besser. Legen Sie also endlich ein Konzept vor, wie Sie diese Mammutaufgabe angehen wollen und machen Sie dieses dann bitte auch öffentlich! Denn, Frau Scheeres: Wir unterstützen Sie gern auf dem Weg zur inklusiven Schule in Berlin. Ich glaube sogar, Transparenz ist das beste Rezept, das Sie nutzen können, um sich gegen Ihren konservativen Koalitionspartner durchzusetzen.
Meine Damen und Herren! Frau Senatorin! Wir brauchen mehr Geld, wir brauchen mehr Förderung, wir brauchen mehr Motivation und wir brauchen mehr Konzept. Wir sind der UN-Konvention beigetreten. Jetzt stehen wir auch in der Verantwortung, diese umzusetzen. Das sind wir unseren Kindern in Berlin schuldig. Deshalb fordere ich Sie auf, stelle die Idee in den Raum: Machen wir 2015 zum Jahr der Inklusion!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf den Wunsch der Fraktion Die Linke, heute über das Thema Inklusion zu diskutieren, gehen wir gern ein, denn zu diesem Thema gibt es in der Stadt und auch in diesem Parlament viel zu besprechen – in der Tat auch ganz aktuell. Hier endet aber schon meine Einigkeit mit der Linken, denn eine Blockade im Senat – zumindest wenn Sie ihn in seiner Gänze von acht Senatoren meinen –, ist mir nicht bekannt, denn der Senat als Ganzer hat schon lange nicht mehr über der Thema Inklusion diskutiert
[Lachen und Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Dr. Klaus Lederer (LINKE): Dann kann es ja auch keine Blockade geben, wenn man nicht redet! – Weitere Zurufe von der LINKEN]
Was ich seit Abgabe der Empfehlungen des von Frau Senatorin Scheeres einberufenen Inklusionsbeirats im Februar 2013, also vor mehr als anderthalb Jahren, feststelle, sind eine Reihe von Aktivitäten in Form von Expertenforen, beispielsweise zum Thema inklusive Schwerpunktschulen und zum Aufbau von regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren sowie das weitere Vorantreiben der Schulversuche in Marzahn und SteglitzZehlendorf. Was aber bis dato fehlt – daher würde ich nicht von einer Blockade, sondern eventuell von einem Vakuum sprechen –,
ist eine eindeutige Aussage seitens der Spitze der Senatsverwaltung für Bildung, welche der Beiratsempfehlungen nun offizielle Senatspolitik werden sollen und wie dieses offizielle Konzept dann umgesetzt werden soll. Daher wäre meine Bitte an Frau Senatorin Scheeres: Legen Sie sich fest! Geben Sie uns Ihr Konzept als Gesprächsgrundlage! Verlassen wir die Experten- und Verwaltungskreis- und die Einzelmaßnahmen! Treten wir in den politischen Gremien der Koalition und des Parlaments in eine umfassende Diskussion ein, denn bei uns liegt letztlich auch ein großer Teil der Verantwortung!
Das Thema Inklusion ist auch zu komplex und anspruchsvoll, um es allein im Rahmen der Haushaltsverhandlungen und vornehmlich unter finanziellen Aspekten
zu behandeln. Die Debatte über Inklusion braucht Zeit, vor allem wenn wir das Ziel erreichen wollen, Inklusion auf eine möglichst breite Basis an Unterstützung zu stellen. Die CDU ist für diese Diskussion bereit und vorbereitet. Wir sprechen in unseren Gremien schon seit langer Zeit über das Thema Inklusion und hören sowohl Experten als auch Beteiligte und Betroffene an.
Nein! – Lassen Sie mich im Folgenden drei Kernpunkte zum Thema Inklusion nennen. Erstens: Inklusion kann nur gelingen, wenn sie auf freiwilliger Basis stattfindet und wenn die Beteiligten und Verantwortlichen motiviert mitziehen und sie auch ausreichend mit Rat und Personal unterstützt werden. Was das anbetrifft, sehe ich zurzeit nicht unerhebliche Probleme. Die Arbeitsgruppe Inklusion des Landeselternausschusses hat uns vor Kurzem ihren Aufruf „So nicht!“ zugestellt, und der neueste, von 16 Grundschuldirektoren unterzeichnete Brandbrief kommt ausgerechnet aus dem Bezirk, der auch meiner ist, der an den Grundschulen eine Integrationsquote von 80 Prozent und die längsten Erfahrungen in Berlin mit Integration hat. Es werden zwei Probleme angesprochen, von denen auch wir überzeugt sind, dass sie ganz vorrangig vor jeglichen weiteren Integrationsschritten gelöst werden müssen. Der Betreuungsschlüssel hat sich vom Jahr 2001/02 bis 2013/14 – und von diesen zwölf Jahren hat die Linke, die sich jetzt so empört aufplustert, zehn Jahre mitregiert – von 4,5 Stunden pro Kind auf 1,5 Stunden verschlechtert. Diesen Trend müssen wir unbedingt umkehren und stoppen. Ich sage ganz klar: Die CDU möchte lieber 1 Prozent gut gemachte als 5 Prozent schlecht gemachte Integration. Schlecht gemachte Integration ist ein Experiment am lebenden Objekt. Das geht einfach nicht!
Nein! – Das führt mich zu der Frage der Deckelung. Entweder man bekennt sich zur Deckelung, dann muss man den Schulbesuch behinderter Kinder auf Regelschulen deutlich begrenzen, um keinen Qualitätsverlust aufkommen zu lassen. Oder man hebt die Deckelung auf und stattet bedarfsgerecht und – das ist immer wieder die Forderung – auch kindgerecht aus.
Dann schießen die Kosten aber bei der jetzigen Politik in den Himmel: dringender, grundsätzlicher Gesprächsbedarf.
Zweitens: Der Ablösung der Feststellungsdiagnostik durch eine von fortgebildeten Grundschullehrern durchgeführte Prozessdiagnostik, beginnend ab Klasse 3, stehen wir sehr skeptisch gegenüber. Es geht hier nicht um eine Stigmatisierung, sondern es geht darum, dass professionelle Sonderpädagogen, sobald eine Störung zutage tritt, eine fundierte Einschätzung abgeben, die dann als Rechtsgrundlage für staatliche Förderung dient. Ich kenne Eltern in Berlin, die kämpfen um dieses Etikett, weil sie endlich angemessene Förderung für ihr Kind wollen.
Eine dieser Mütter musste ihr mittlerweile dreizehnjähriges lernbehindertes Kind nach einer Odyssee durch verschiedene Berliner Schulen schließlich in einer Einrichtung in Brandenburg unterbringen, was mich zum nächsten und aufgrund der Zeitbegrenzung letzten Punkt führt. Das Elternwahlrecht auf Beschulung in einer Förderschule oder einer Regelschule darf nicht bloß auf dem Papier stehen. Deshalb müssen wir schleunigst mit der Schließung von LES-Förderschulen aufhören und vielmehr sicherstellen, dass es weiterhin in jedem Bezirk gut erreichbare Förderschulen für die verschiedenen Behinderungsformen gibt. Der Erhalt des in Deutschland gut ausgebauten Förderschulnetzes wird übrigens in der UNKonvention überhaupt nicht infrage gestellt.
Ich konnte das Thema in der Kürze der Zeit nur anreißen. Abschließend möchte ich aber für eine ehrliche Bestandsaufnahme bei der Ausgangslage in den Schulen und für eine an der Realität orientierte schrittweise Umsetzung der Integration in Berlin plädieren.
Danke schön, Frau Kollegin! – Für die Fraktion der Piraten hat jetzt der Kollege Spies das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden hier heute über Menschenrechte. Und Menschenrechte verwirklichen sich nicht in Sonntagsreden, sondern nur dadurch, dass man in der Politik die Würde des Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Und die Würde des Menschen ist nicht nur die eigene Würde, sondern vor allem auch die Würde der anderen, auch die Würde der Menschen, die hier nach Berlin als Flüchtlinge vor Hunger und Not und Krieg kommen.
Das ist unser Kompass, der Kompass der Piratenfraktion, sich für Menschenrechte und Menschenwürde einzusetzen. Wir haben frühzeitig nicht nur hier, auch die Piratenfraktion in Nordrhein-Westfalen, auf die Missstände bei der Flüchtlingsunterbringung hingewiesen und jedenfalls in Berlin auch dafür gesorgt, dass sich etwas verbessert. Ich hoffe, dass der Senat auch in Zukunft dafür sorgt, dass sich solche Zustände wie in Nordrhein-Westfalen hier in Berlin nicht zutragen.
„It’s no charity, it’s a human right.“ Dieser Satz drückt die fundamentale Botschaft aus: Behinderten Menschen müssen Menschenrechte gleichermaßen zustehen wie jedem anderen Menschen auch. Menschenrechte sind keine Mildtätigkeit.
Der Satz stammt vom neuseeländischen UN-Sonder– botschafter Don McKay. „It’s no charity, it’s a human right“ steht für den Wechsel von einer Politik der Fürsorge hin zu einer Politik der Rechte. Menschen mit Behinderungen müssen gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben können. Die Voraussetzungen dafür müssen geschaffen werden, auch im Land Berlin gibt es noch viele Baustellen. Mit unseren Forderungen zu einer gerechteren Behinderten- und Inklusionspolitik machen wir deutlich, dass Inklusion und Antidiskriminierung Kernaufgaben des Senats sind.
Guter Wille allein genügt nicht. Wollen wir im Land Berlin Inklusion umfassend umsetzen, braucht es verlässliche Rahmenbedingungen. Und, Herr Kollege Özışık, ja, Inklusion ist kein Knopf, auf den man einfach drücken kann. Aber die UN-Behindertenrechtskonvention ist bereits seit fünf Jahren in Kraft. Jetzt verharmlosen Sie den Status quo. Aber wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht mehr zurande. Dieses Goethe-Zitat passt auf die verfehlte Schulinklusionspolitik des Senats.
Es braucht an den inklusiven Schulen eine Personalausstattung, die den Bedürfnissen der Kinder mit Behin