Protocol of the Session on October 2, 2014

[Ajibola Olalowo (GRÜNE): Fragen Sie mal den Aufsichtsrat!]

Ja, so einfach ist das nicht, Herr Olalowo! – Bis 2008 war das übrigens anders. Bis 2008 war das so, dass diese Flüge von Schönefeld abgewickelt worden sind. Und dann hat im Rahmen einer Ausschreibung Air Berlin den Zuschlag bekommen, und die Gründe, warum die das gerne so haben wollen, hat Herr Moritz schon genannt.

Seit Juli 2013 haben wir einen voll funktionsfähiges Frachtzentrum am BER – der Kollege Friederici hat es schon gesagt –, das nur zu 25 Prozent ausgelastet ist.

[Daniel Buchholz (SPD): Unglaublich!]

Ziel des neuen Cargo-Centers war auch die Entlastung von Tegel. Die findet aber leider nach wie vor nicht statt. Wir wissen als Koalition, Herr Moritz, dass das rechtlich nicht durchsetzbar ist, dass wir nicht einfach festlegen können, dass sich das entsprechend verschieben kann, weil die Fluggesellschaft innerhalb der geltenden Betriebszeiten und Kapazitätsgrenzen das Recht hat, Flüge auszuführen. Und für Postflüge gibt es darüber hinaus entsprechende Ausnahmegenehmigungen. Nur deshalb ist es ja möglich, dass nachts in Tegel entsprechend gestartet bzw. gelandet wird.

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Wir sind der Meinung, es ist nicht länger hinnehmbar, dass die Deutsche Post als Auftraggeber und auch Air Berlin nicht bereit sind, die Flüge von Schönefeld-Alt abzuwickeln, denn letztendlich müssen auch die Deutsche Post und Air Berlin ein gewisses Interesse an der Allgemeinheit haben und sich damit auseinandersetzen, dass die Situation dort eben einfach erschreckend ist.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Ajibola Olalowo (GRÜNE)]

Es kann nicht sein, dass sie so tun, als ob sie mit dem Thema nichts zu tun haben und rein wirtschaftliche Interessen vorschieben.

[Uwe Doering (LINKE): Das gilt doch für den BER auch!]

Wir fordern deshalb, dass mit einer abgestimmten Verhandlungsposition auf Länderebene gemeinsam mit den zuständigen Stellen auf Bundesebene erreicht wird, dass entsprechende Verhandlungen mit dem Ziel einer Verkehrsverlagerung stattfinden. Wer neulich im Beteiligungsausschuss war, weiß, dass auch – das will ich hier sehr positiv erwähnen – Hartmut Mehdorn ausnahmsweise mal einen Vorschlag, den wir machen, unterstützt. Auch er ist dafür, dass das entsprechend umgelagert wird. Wir werden natürlich von ihm auch erwarten, dass er sich dann tatsächlich konkret dafür einsetzt.

[Carsten Schatz (LINKE): Dann wird es ja nichts!]

Selbstverständlich ist Michael Müller dafür, dass das getan wird. Er ist auch in entsprechenden Gesprächen, weil wir das für eine wichtige Sache halten. Deshalb fordert die SPD-Fraktion dringend dazu auf, diese Verhandlungen entsprechend zu führen, gerne als gemeinsames Anliegen dieses Hauses, also SPD, CDU, Grüne, Linke und Piraten.

[Zuruf von Ajibola Olalowo (GRÜNE)]

Wenn wir uns alle für die Spandauer, Reinickendorfer und Pankower dahinterstellen, dann wäre das eine tolle

(Harald Moritz)

Sache. Wir fordern auf, diese Verhandlungen zu führen. Hierbei sollen auch – das will ich ausdrücklich sagen – niedrige Start- und Landegebühren möglich sein. Ich glaube, die betroffenen Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass die Deutsche Post und Air Berlin sich in dieser Angelegenheit gesprächsbereit zeigen. Wir als Koalition wollen den Leuten helfen. Wir wollen, dass wenigstens Nachtruhe ist und die Leute nicht um 2 oder 4 Uhr geweckt werden. Deshalb fordere ich alle in diesem Parlament auf – auch Sie, Herr Moritz –, den guten Vorschlag der Koalition richtig zu unterstützen und nicht nur in jedem zweiten Halbsatz zu sagen – –

[Zuruf von Harald Moritz (GRÜNE)]

Na ja, das ist bei den Grünen immer so: Ihr sagt immer, ja, kann man machen, aber dann sagt ihr immer, warum ihr es nicht wollen wollt. An der Stelle wäre es schön, wenn ihr mitzieht und das als gemeinsame Angelegenheit des Parlaments seht.

[Zurufe von Harald Moritz (GRÜNE) und Stefan Gelbhaar (GRÜNE)]

Die Betroffenen freuen sich, Herr Olalowo, besonders. Er hat gerade sein neues Wahlkreisbüro in der Einflugschneise eingerichtet.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Dazu herzlichen Glückwunsch! – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Kollege Stroedter! – Für die Linksfraktion hat jetzt der Kollege Harald Wolf das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns alle einig in diesem Haus, dass es eine gravierende Belastung der Menschen im Einzugsbereich des Flughafens Tegel gibt, dass diese Zustand eigentlich untragbar ist und dass natürlich verständlich ist, dass viele Menschen stinksauer sind, denn ihnen war versprochen worden, 2011 werdet ihr mit der Fertigstellung von BER von jedem Fluglärm entlastet.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Deshalb sage ich: Die beste Entlastung wäre, den BER endlich fertigzustellen, damit dieses Versprechen eingelöst werden kann. Darüber werden wir ja anschließend noch diskutieren.

[Uwe Doering (LINKE): Genauso ist es!]

Ich sage aber gleichzeitig, wenn ich mir diesen Antrag angucke: Ich stelle mir vor, die Opposition hätte ihn eingebracht.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Das wäre toll gewesen!]

Das wäre toll gewesen, denn dann hätte uns die Koalition erklärt, dass es sich hierbei um einen Schaufensterantrag handelt.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Sie hätte uns erklärt, dass der Senat ja seit 2013 schon diese Gespräche und diese Verhandlungen führt, und zwar ergebnislos. Sie hätte uns erklärt, vielleicht handelt es sich doch nicht um einen Schaufensterantrag, sondern um einen Misstrauensantrag gegen den Senat und gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden – das kann auch sein.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Sie hätte uns erklärt – was Sie auch in Ihrem Antrag selbst schreiben –, wie die Rechtslage ist.

Und wie Sie auf die Idee kommen, das jetzt zur Gesellschafterangelegenheit zu machen: Was soll das bringen? Die Gesellschafter entscheiden das nicht, sondern es ist eine Entscheidung von Air Berlin und der Deutschen Post, die einen Vertrag miteinander haben.

[Daniel Buchholz (SPD): Das hat Kollege Stroedter doch erzählt!]

Ja, er hat es erzählt. Und was folgt daraus? – Daraus folgt, dass dieser Antrag „weiße Salbe“ für ein Problem ist, welches Sie aus eigener Kraft nicht lösen können. Das ist die Realität!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Kollege Moritz hat auch schon darauf hingewiesen, dass der Senat von Berlin dem Land Brandenburg mit seiner Haltung in Sachen Nachtflug und Reduzierung der Belastung bei Nachtflügen keinen Millimeter entgegengekommen ist und damit natürlich hervorragende Voraussetzung für ein Gespräch darüber geschaffen hat, wie man Belastungen von Tegel nach Schönefeld verlagern kann. Ich sage an dieser Stelle nur: Herzlichen Glückwunsch! Toller Antrag, tolle Idee, mit Brandenburg jetzt, nachdem man gesagt hat: Wir reden mit euch über keine Entlastung im Bereich BER! –, über Entlastungen im Bereich Tegel reden zu wollen. Da muss man sich vorher überlegen, wie man mit den Mitgesellschaftern und den gemeinsamen Belastungen umgeht!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Deshalb sage ich Ja, wenn es gelingt, dass der Senat seine Verhandlungen weiterführt, die Belastungen gleichmäßiger zu verteilen, ist das in Ordnung. Ich sage aber auch gleichzeitig: Ich fände es zielführend, mit der Deutschen Post darüber zu reden, ob Postflüge – und um etwas an

(Jörg Stroedter)

deres geht es nicht, das hat Kollege Moritz klar dargestellt – nicht auf die Schiene verlagert werden können.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Im Zeitalter der elektronischen Kommunikation, sage ich, braucht man keine Luftpost. Ob das Päckchen von Amazon einen Tag später ankommt, darauf kommt es nicht an, wo ohnehin nur der Benachrichtigungszettel im Briefkasten liegt und man anschließend zur Post oder sonst wohin rennen muss. Das wäre mal eine Diskussion! Das wäre eine Entlastung, sowohl für Tegel als auch für Schönefeld.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Danke schön, Herr Kollege Wolf! – Für die Piratenfraktion hat jetzt der Kollege Baum das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist eine interessante Diskussion. Das hat man nicht so oft, dass im Antrag selbst schon die ersten Zweifel und Bedenken stehen, ob das alles so umgesetzt werden kann.

Grundsätzlich muss man sagen, dass der Flughafen Tegel seit Jahren am oberen Rand seiner Leistungsfähigkeit arbeitet. Hierfür sorgt einerseits die ökonomische Entwicklung Berlins, aber auch das BER-Desaster, wozu wir gleich auch kommen werden. Die Bevölkerung im Norden von Berlin – das wurde auch schon gesagt – ist stark belastet, und gerade in den Einflugschneisen des Flughafens, der an seiner Kapazitätsgrenze arbeitet, arbeiten die Nerven der Anwohner eben auch an der Kapazitätsgrenze. Gerade jetzt, wo auch klar ist, dass die Duldens- und Leidensfähigkeit dem kontinuierlichen und bis in die Nachtstunden anhaltenden Fluglärm weiter ausgesetzt sein wird, muss nach Lösungen gesucht werden, wie die Bevölkerung möglichst schnell davon befreit werden kann.