Vielen Dank, Frau Bentele! – Für die Linksfraktion hat nun das Wort Frau Abgeordnete Kittler! – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bonusprogramm ist meines Erachtens eine gute, aber nur eine begleitende Maßnahme für das, was eigentlich notwendig ist, denn es packt die Probleme in den Brennpunktschulen nicht an der Wurzel. Das Bonusprogramm verbessert die Personalsituation nicht entscheidend, nimmt den Abbau der Förderstunden seit 2012, die Verschlechterung der Raumsituation und auch die Erhöhung der Klassenfrequenzen nicht zurück, und es greift unverständlicherweise erst bei den Schulen mit über 50 Prozent von Lernmittelzuzahlung befreiten Schülerinnen und Schüler.
Nach Meinung der Linksfraktion braucht Berlin einen Maßnahmenplan, der die Bedingungen in den Brennpunktschulen nachhaltig verbessert, und zwar in allen.
Die vorliegenden Anträge wollen, dass auch Berufsschulen und Schulen in freier Trägerschaft, die Brennpunktschulen sind, am Bonusprogramm teilnehmen können. Das ist eine berechtigte Forderung, die ich unterstütze,
weil Kinder auch an diesen Schulen bekommen müssen, was sie brauchen. Ich erwarte darüber hinaus vom Senat zeitnah einen Bericht über die bisherige Verwendung der Mittel an den Schulen, die am Bonusprogramm teilnehmen, und die bisherigen Erfolge des Programms. – Danke!
Vielen Dank, Frau Kittler! – Zum Antrag Drucksache 17/1827 beantragt die Fraktion Bündnis 90/die Grünen die sofortige Abstimmung. Die Koalitionsfraktionen beantragen dagegen die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie und an den Hauptausschuss. Hierüber lasse ich zuerst abstimmen. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der SPD, die Fraktion der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion, die Piratenfraktion. Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag überwiesen.
Hinsichtlich des Antrags der Piratenfraktion bestand Einvernehmen, dass in gleicher Weise überwiesen wird.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Die Poelchau-Oberschule hat uns in der letzten Legislaturperiode mehrfach beschäftigt. Es gehört zu den kleineren, aber nichtsdestoweniger nachhaltigen Erfolgen von Rot-Rot – –
Fangen wir noch einmal an: Es gehört zu den kleineren, aber nichtsdestoweniger nachhaltigen Erfolgen von RotRot, dass es mit Senator Zöllner damals gelungen ist, den Umzug der Schule auf das Olympiaparkgelände, der eigentlich erst für 2018 vorgesehen war, auf den Sommer 2015 vorzuziehen. Erst Rot-Rot hatte die heftigsten Proteste der Betroffenen wegen des maroden Bauzustandes des Gebäudes am Halemweg ernst genommen, nachdem die verantwortlichen Bezirkspolitiker das Problem mehr als 20 Jahre lang nur stur ausgesessen hatten. Herr
Statzkowski – heute nicht da –, der sich gerne als Freund der Poelchau-Schule feiern lässt, wird sich sicher noch an den wohligen Schlaf erinnern, mit dem er die seit 1989 bekannte Asbestbelastung der Schule in seiner Zeit als zuständiger Bezirksstadtrat und als Bezirksbürgermeister von Charlottenburg so sanft verpennt hatte.
Nun aber komme ich zu unserem Antrag: Eigentlich wäre die Namengebung einer Schule nicht Gegenstand einer parlamentarischen Befassung. Darin sind wir uns sicher alle einig. Darüber entscheidet nach dem Berliner Schulgesetz die Schulkonferenz im Einvernehmen mit der zuständigen Schulbehörde, in diesem Fall der Senatsverwaltung. Das soll auch so bleiben. Nur während der Senat gerade in seiner neuen Umfrage zur Olympia-Bewerbung die Bürger fragt – Frage 4 –, wie sie zum Beispiel die Idee bewerten, Wettkampfstätten nach Sportlerinnen und Sportlern zu benennen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wurden und/oder Widerstand geleistet haben – ein sehr kluger Ansatz –, soll bei der PoelchauOberschule genau das Gegenteil geschehen. Deshalb bringen wir das hier zur Sprache.
Da befremdet uns eben schon der, wie es der „Tagesspiegel“ gestern in einem Kommentar formuliert hat, geschichtsvergessene Umgang mit einem großen Namen.
Just in dem Moment, wo die Schule auf das ehemalige Reichssportfeld zieht, dorthin, wo Hitler mit seinen Olympischen Spielen die Welt über den wahren Charakter seines Regimes hinwegtäuschen wollte, 1936, als sich Harald Poelchau schon für die Opfer des Naziterrors einsetzte, soll sein Name ohne einen Hauch von Gespür für die historische Problematik geschrotet werden, so ganz nebenbei, mal eben en passant. Dabei ersetzt offenbar Eiferertum eigentlich das notwendige kritische Problembewusstsein.
Nur so erklärt sich zum Beispiel, dass der Sportkoordinator dieser Schule – der Name tut nichts zur Sache – unseren Antrag zum Anlass nimmt, einen Brandbrief herumzuschicken und darin – so die Anrede in seinem Rundschreiben – „hallo zusammen“ quasi zum Kulturkampf gegen den Namen Poelchau aufzufordern: Wir oder die Linken bei der Namensgebung, heißt es darin. Das ist völlig unangemessen. Der Mann hat nichts begriffen auf seinem Weg ins Fettnäpfchen
und macht noch einmal so richtig deutlich, warum diese parlamentarische Befassung hier sinnvoll ist.
Unser Antrag soll ein Appell zur Nachdenklichkeit sein. Harald Poelchau war ein Mann der Evangelischen Kir
che, der in Zeiten der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland schon sehr früh Widerstand geleistet und unter Einsatz des eigenen Lebens vielen Mitbürgern das Leben gerettet hat. Die Gedenkstätte Yad Vashem hat ihn und seine Frau dafür zum Gerechten unter den Völkern ernannt. Da braucht es dann für die aufgeklärte Zivilgesellschaft schon eine schlüssigere Begründung, warum der Name eines solchen Mannes aus der Berliner Schullandschaft getilgt werden soll. Die Begründung, man wolle einen stärkeren Sportbezug über den neuen Namen, ist doch nur vorgeschoben. Den kann man über den Zusatz Poelchau-Sportoberschule oder über die im Antrag vorgeschlagene Variante auch herstellen. Wer von Ihnen stellt denn den sportlichen Bezug bei dem Namen Flatow-Oberschule, der anderen Berliner Sportschule her? Dass Gustav und Alfred Flatow 1896 in Athen Medaillen im Turnen gewonnen haben, dürften wirklich nur noch Eingeweihte oder Zeitgenossen wissen.
Es sei auch der Wunsch der Schüler, wird in Gesprächen kolportiert. Hier allerdings erwarte ich von der Leitung einer sogenannten Eliteschule des Sports mehr pädagogisches Verantwortungsbewusstsein, mit dem sie den Schülern offensiv entgegnet
und erklärt, dass der Name Harald Poelchau der Name eines mutigen Mannes ist, dessen man sich nirgendwo zu schämen braucht und der auch im Ausland für jenes bessere Deutschland steht, das Sie auch als Sportler bei Ihrem internationalen Auftreten repräsentieren wollen.
Harald Poelchau gehört zu den stillen Helden dieses Landes. Deshalb sollten wir alle nicht schweigen, wenn sein Name nun in einem Akt von mit Naivität kaum zu erklärender peinlicher Gedankenlosigkeit entsorgt werden soll. Nichts war umsonst, heißt eine der Schriften über sein Leben. Eben! So sollte es sein. Deshalb bitten wir Sie, unser Anliegen hier ernst zu nehmen und über die Fraktionsgrenzen hinaus zu unterstützen. – Danke!
Vielen Dank, Herr Dr. Albers. – Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Buchner! – Bitte sehr!
Der Mann ist völlig zu Recht in Berlin mit einer Schulbenennung wie auch mit einer Straßenbenennung in Marzahn geehrt worden. Sein Lebenslauf ist unumstritten. Ich habe gerade schon versucht, deutlich zu machen, dass es darum auch nicht in dieser Debatte an dieser Stelle geht.
Es geht darum, dass wir alle, Sie auch, sonst hier immer stehen und sagen, dass Sie zur Eigenständigkeit und Selbstverwaltung der Schule, zu demokratischen Entscheidungen an Schulen stehen. Ich will ganz deutlich machen, ich hätte kein Problem damit, wenn die Schulkonferenz der jetzigen Poelchau-Oberschule am Ende entscheidet, den Namen Harald Poelchau im Namen zu behalten, sei es über einen Namenszusatz oder auch weiter Poelchau-Oberschule zu heißen. Ich möchte aber nicht, dass wir die grundsätzliche Möglichkeit von Schulen antasten, selbst im Rahmen der Schulkonferenz, selbst auf Initiative von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrern zu entscheiden, wie sie sich benennt.