Protocol of the Session on September 18, 2014

folgreiche Rekommunalisierung bietet. Ich glaube, die Stadt erwartet das auch.

Was das Stromnetzverfahren angeht, ist das Vergabeverfahren entgegen Ihrem Antrag, Herr Kollege Mayer, nicht abgebrochen, sondern wird zu gegebener Zeit fortgesetzt werden. Ich begrüße ausdrücklich, dass sich auch hier das Unternehmen Berlin-Energie an der Vergabeentscheidung beteiligt, damit eine echte Konkurrenz zu Vattenfall vorhanden ist. Auch da weiß keiner, wie lange Vattenfall – vor allem diejenigen, die in Schweden das Sagen haben – Interesse haben. Auch hier hat der Senat richtig gehandelt, und das Abgeordnetenhaus hat die erforderlichen Mittel für Berlin-Energie zur Verfügung gestellt. Wir begrüßen, dass sich auch Bürgerenergie beteiligt hat und damit möglicherweise auch – das ist eine interessante Debatte – ein Kooperationsmodell zwischen Berlin-Energie und Bürgerenergie den Zuschlag erhalten könnte. Völlig unrealistisch ist die Auffassung, dass man warten sollte, bis spätere Klagen eintreffen. Vattenfall wird auf jeden Fall klagen. Die werden klagen, wenn sie bei der Vergabe nicht berücksichtigt werden, ähnlich wie die GASAG, und sie werden sich sicherlich auch über den Preis streiten.

Ich glaube, die Berlinerinnen und Berliner erwarten von uns – das hat der Volksentscheid Wasser gezeigt, das hat der knapp entschiedene Entscheid Energie gezeigt – eine Rekommunalisierung in den Bereichen Gas, Wasser und Strom. Die SPD-Fraktion sieht die Privatisierungen der Neunzigerjahre als Fehler an. Sie sind nur aus Haushaltsgründen gemacht worden, und wir wollen diesen Fehler korrigieren. Wir würden uns sehr freuen, wenn dies alle im Haus positiv begleiten würden. Das ist im Sinne dieser Stadt, und das ist im Sinne der Bevölkerung. – Danke sehr!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Kollege Stroedter! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt, wie angekündigt, Herr Schäfer das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stroedter! Vor einem Jahr hat die SPD hier in diesem Haus den Berlinerinnen und Berlinern ein Stadtwerk versprochen. Der Regierende Bürgermeister hat gesagt:

Das Ziel muss in der Tat sein, dass dieses Unternehmen erfolgreich wird. Natürlich ist das Ziel, dass dieses Unternehmen so viele Kunden wie möglich bekommt.

Jetzt haben wir gestern im Hauptausschuss den Offenbarungseid des Senats bekommen. Dieses Stadtwerk wird nicht erfolgreich sein, sondern erst einmal innerhalb von

drei Jahren nur sechs Windräder bauen. Und dieses Stadtwerk soll überhaupt keine Kunden haben. So haben Sie Ihr Versprechen gebrochen! Mit diesem Versprechen hatten Sie versucht, die Leute davon abzubringen, zum Volksentscheid „Neue Energie für Berlin“ zu gehen. Sie haben kurz vor dem Volksentscheid gesagt: Wir machen hier doch ein Gesetz. Wir gründen hier ein Stadtwerk. Ihr müsst überhaupt nicht mehr hingehen! – Sie haben den Termin für den Volksentscheid von einem Wahltermin weggelegt, um so zu verhindern, dass die Berlinerinnen und Berliner Ihnen dieses Stadtwerk, ein starkes Stadtwerk, verordnen. Sie haben leider Erfolg gehabt. Sie haben zu viele Leute hinters Licht führen können!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Aber wir werden sehr dafür kämpfen, dass Ihnen das bei den Wahlen auf die Füße fällt. Sie müssen sich und uns die Frage beantworten, ob Sie die Energiewende in Berlin hin zu 100 Prozent erneuerbaren Energien wollen oder nicht. Wenn man diese Frage beantwortet, kommt man zu einer Prioritätensetzung, kommt man zu einem Konzept. Dann ist nämlich die erste Priorität, dass man massiv in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert, in den Ausbau der Energieeffizienz investiert. Dafür braucht man ein Stadtwerk. Dieses Stadtwerk, das wirklich handeln kann, müssen Sie uns hier noch liefern.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Wenn man dann eine Prioritätensetzung hat, wenn man sagt, man will 100 Prozent erneuerbaren Energien, dann muss man sich sehr genau überlegen, dass das heißt: kein Erdgas mehr! In einem klimaneutralen Berlin werden wir nur noch sehr wenig Erdgas verbrennen. Dann muss man sich überlegen, ob man sich die Infrastruktur, die für dieses Erdgas geschaffen wurde, ans Bein binden will und 1 Milliarde Euro in ein solches Netz investiert, in der Hoffnung, dass es vielleicht einmal mit Power-to-Gas genutzt werden kann. Ich finde, dass dies ein hochriskantes Unterfangen ist.

Deshalb ist es nach wie vor richtig, dass der Senat vor der Gasnetzentscheidung eine Risikoanalyse vorlegen muss. Wir können doch nicht 1 Milliarde Euro Steuergelder ausgeben, ohne dass wir eine vernünftige Risikoanalyse gemacht haben, ohne eine Prognose des zukünftigen Wertes für dieses Netz, das Sie kaufen wollen, zu haben.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Herr Kollege Melzer! Sie reden nach mir; ich möchte Ihnen ein paar Fragen mitgeben: Mit welchem Ziel will die CDU das Gasnetz betreiben? Ist es wirklich aus Sicht der CDU seriöse Politik, ein Unternehmen zu kaufen und dieses mit 110 Prozent des Unternehmenswertes zu verschulden, so wie dies Berlin-Energie vorhat? Ist das Ihre Politik? Wie passt aus Ihrer Sicht das Gasnetz zu den Klimazielen des Landes? – Sie drücken sich seit Monaten um diese Fragen herum. Sie sitzen verschreckt in der Ecke und hoffen, dass das Kartellamt Ihnen das Problem irgendwie vom Hals schafft, aber Sie müssen doch einmal

(Jörg Stroedter)

in der Lage sein, eine klare politische Position in der Sache zu beziehen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Kollege Stroedter hat erwähnt – und auch Herr Schneider in der Vergangenheit –, dass es in meiner Fraktion eine Diskussion um diese Fragen gibt, und dazu sage ich: Das ist auch richtig, dass man in einer Fraktion darüber diskutiert, denn man muss die Pro- und Contra-Argumente sorgfältig abwägen. Diese Diskussion fehlt in Ihrer Fraktion, und sie fehlt im Senat. Das Abwägen von Pro und Kontra fehlt. Aber wenn es um 1 Milliarde Euro geht, dann ist das verdammt noch mal Ihre Pflicht und Schuldigkeit, dass Sie den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern klar begründen können, warum Sie das machen wollen und was das kostet.

[Beifall bei den GRÜNEN – Benedikt Lux (GRÜNE): Bravo!]

Sie müssen sagen können, welche energiepolitischen Ziele Sie damit erreichen wollen, was das kostet und vor allem welche Risiken Sie damit eingehen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Buchholz?

[Daniel Buchholz (SPD): Nein, nein!]

Ohne diese klaren Antworten, in ein solches Geschäft hineinzuschlittern, das ist unverantwortlich.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Kollege Buchholz! Jetzt haben Sie die Gelegenheit zur Kurzintervention. Ich hatte das eben missverstanden. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Kollege Schäfer! Wir reden ja nicht zum ersten Mal über die Strom- und Gasnetzvergabe durch das Land Berlin. Jetzt sagen Sie, dass Sie eine Abstimmung in der Grünen-Fraktion gemacht haben. Sie haben eben gerade vom Senat eine sogenannte Risikoanalyse verlangt – Ihr Begriff. Ich sage Ihnen ganz klar: Ich bezweifle, dass die Grünen-Fraktion das bei diesem Thema ernsthaft gemacht hat. Das kann gar nicht sein.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Denn Sie müssen sich eines vorhalten lassen: Die Bürgerenergie Berlin bewirbt sich um das Stromnetz der Stadt. Wir hatten gerade heute wieder ein Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen von der Bürgerenergie Berlin,

aber die sagen ganz klar: Natürlich soll auch das Gasnetz denen gehören, die dieses Gasnetz dann letztlich nutzen, nämlich den Berlinerinnen und Berlinern, und das heißt, dem Berliner Senat und nicht irgendwelchen anderen Großinvestoren, die damit herumspekulieren wollen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das war die erste Feststellung. Jetzt die zweite Feststellung: Wie steht es denn mit dem Energietisch? – Herr Schäfer! Sie haben Ihre Rede ganz groß mit den 600 000 Leuten begonnen, die beim Volksentscheid mitgemacht haben.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Jetzt machen Sie es dem Herrn Melzer nicht so schwer!]

Ja! Aber dann fragen wir doch mal, was die Initiatoren des Energietischs zu der Frage sagen, ob das Land Berlin eigentlich nur das Stromnetz oder auch das Gasnetz übernehmen soll. Herr Schäfer! Lesen Sie gar nicht die Mitteilungen und die Verlautbarungen des Energietischs Berlin, einer Institution, auf die Sie sich berufen? – Die sagen ganz klar: Natürlich ist es vernünftig, sowohl das Stromnetz als auch das Gasnetz in die öffentliche Hand zu überführen. – Punkt, aus und fertig! Warum behaupten Sie das Gegenteil und beziehen sich immer nur dann auf den Energietisch, wenn es Ihnen passt, nämlich bei der einen Hälfte, dem Strom, während Sie es beim Gas genau anders herum sehen?

Dann zu dem Vorwurf, wir würden uns mit dem Thema „seit Neuestem“ beschäftigen. Kollegin Ollech hat mich gerade noch mal daran erinnert: Wir haben als SPDFraktion – und das ist jetzt zweieinhalb Jahre her – eine Arbeitsgruppe Daseinsvorsorge eingerichtet. Lieber Kollege! Sie können mir glauben, dass wir uns nicht nur mit der S-Bahn-Geschichte und -Vergabe intensiv beschäftigt haben. Nein, wir haben uns gerade auch mit den Energiethemen, mit den Zukunftsthemen dieser Stadt intensiv beschäftigt, und wir haben uns wirklich mit allen Akteuren – intern wie extern – intern beraten und darüber sehr viel Wissen angehäuft. Wir haben das auch in einem Schlussvotum für uns zusammengefasst und gesagt: Ja, es ist vernünftig, das Stromnetz und das Gasnetz in das kommunale Eigentum zu übernehmen. – Herr Schäfer! Vielleicht fragen Sie auch einfach mal grüne Bürgermeister, Stadträte oder Landräte andernorts. Die würden sich freuen, wenn sie eine solche Chance hätten, das, was Investoren nur zu Spekulationsobjekten machen wollen, in die Hand der Bürgerinnen und Bürger zurückzubekommen. Kommen Sie endlich auf den vernünftigen Pfad! Unterstützen Sie die SPD, die Linke – und es sind ja noch ein paar andere hier im Parlament –, dass wir sagen: Stromnetz und Gasnetz gehören in die Hand der Berlinerinnen und Berliner und von sonst niemandem. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD]

(Michael Schäfer)

Herr Kollege Schäfer! Sie wollen replizieren? – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Buchholz! Wenn Sie mit den Initiatoren des Energietischs sprechen, dann sagen die Ihnen als Allererstes – das ist der erste Satz, den die sagen: Dieses Bonsai-Stadtwerk, das Sie hier gründen, ist der schlechteste Witz aller Zeiten. – Die werden Worte benutzen, die gar nicht parlamentarisch sind. Die kann ich hier gar nicht zitieren.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Heiterkeit]

Dafür, wie Sie hier die Bürgerinnen und Bürger hinters Licht geführt haben, finden die ganz andere Worte. Das sollten Sie sich mal anhören.

Ich möchte noch mal daran erinnern, was der Energietisch zur Abstimmung gestellt hat: die Gründung eines Stadtwerks. – Das haben sie verbockt. Sie haben kein richtiges Stadtwerk geschaffen, sondern ein Als-obStadtwerk, ein Bonsai-Stadtwerk. Der Staatssekretär hat mir im Hauptausschuss gesagt, ich solle bitte nicht Bonsai-Stadtwerk sagen, denn ein Bonsai sei kein beschnittener, sondern ein klein gewachsener Baum. Ich musste mich dann bei den Bonsai-Bäumen dieser Welt entschuldigen, dass ich sie mit diesem Stadtwerk verglichen habe.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Wenn Sie die Risikoanalyse anführen, so muss man doch erst mal mit den Leuten reden. Aber Sie verweigern doch diese Diskussion.

[Daniel Buchholz (SPD): Reden Sie doch nicht so einen Unsinn! Wann denn?]

Okay! Können wir uns darauf verständigen, dass wir auch die Arbeitnehmervertreter, wie diese es gewünscht haben, in den Ausschüssen einladen? Haben wir da Ihr Wort?

[Daniel Buchholz (SPD): Die hatten wir bei uns zu Besuch, in unserer AG!]

Das können wir machen. Okay! Das nehmen wir zur Kenntnis. Vielen Dank! Ich bedanke mich, dass die Koalition endlich bereit ist, auch die Arbeitnehmervertreter der GASAG hier anzuhören.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Daniel Buchholz (SPD): Wir hatten sie schon bei uns! Hallo! Zuhören!]