Ich kann mich erinnern, Herr Regierender Bürgermeister, dass Sie hier im April gestanden haben – ich glaube, das war Ihre letzte Regierungserklärung – zum Thema Flüchtlinge. Mit Verlaub, Sie haben selber den Eindruck erweckt, dass es eine Vereinbarung gegeben hätte zwischen Senat und Flüchtlingen, die tragfähig ist,
die auch positive Perspektiven in Aussicht stellt. Sie haben dafür geworben, sich darauf einzulassen. Ich frage jetzt, mit Blick auf diese Regierungserklärung: Ist das eine faire Einzelfallentscheidung, die von Ihnen angekündigt worden ist? Es hat bis heute keinen einzigen Fall mit einer positiven Entscheidung gegeben. Ist das eine faire Einzelfallentscheidungsprüfung, wenn es keinen einzigen positiven Entscheid gibt? Das kann ich nicht glauben!
Wo sind eigentlich Ihre Bemühungen im Bundesrat in den Fragen Aufhebung des Arbeitsverbots und Lockerung der Residenzpflicht? Jetzt haben Sie es wieder angekündigt, wie im April. Aber ich kenne von Ihnen keine einzige Initiative – auch da nur wohlfeil, muss ich sagen.
Und wenn ich jetzt höre, dass die Regierung ja so wahnsinnig handlungsfähig ist mit ihrer breiten Mehrheit, dann konnte man in den letzten Wochen vor allem feststellen, dass Sie eine sehr breite Mehrheit in Ihrer Regierung haben, um alles zu vertagen – jeden einzelnen Tagesordnungspunkt von Belang in jedem Ausschuss dieses Hauses.
Das Vertagen scheint inzwischen Ihre einzige Tätigkeit und vor allem der einzige kleine, gemeinsame Nenner, den Sie noch haben, zu sein. Wie Sie damit noch zwei Jahre durchhalten wollen, weiß ich nicht.
Herr Rissmann! Ganz ehrlich, vielleicht kann die CDU auch froh sein, dass wir diesen Antrag auf Auflösung des Parlaments nicht gestellt haben. Da mag der eine oder andere bei Ihnen in der Frage doch vielleicht zucken.
Mit Blick auf den 11. Dezember und die Verhandlung zum Länderfinanzausgleich sagen Sie: Man wird sehen, wer da hingeht. Das ist nicht gerade der Ausweis von Handlungsfähigkeit und Planungssicherheit. Ich will wissen, was in drei Monaten mit dem Geld des Landes Berlin passiert. Die Ansicht des Finanzsenators haben wir gehört: Mir doch egal, was die Ministerpräsidenten verhandeln, es kommt auf sie nicht an.
Und ich frage mich: Müssen wir alle morgens um 6.00 Uhr hier antanzen, damit Sie mit ein, zwei, drei, vier Wahlgängen, wie auch immer, irgendjemanden zum Regierenden Bürgermeister wählen, damit der dann ganz schnell rüberrennt und sagt: Hallo, ich bin der Neue aus Berlin, und im Übrigen habe ich ein bisschen Geld für euch mitgebracht?
Noch ein letzter Satz: Sie werden es mir nachsehen, dass ich es nicht gerade für einen demokratisch geordneten, großartigen Vorgang halte, wenn ein Regierender Bürgermeister sich verabschiedet und die Partei, die behauptet, so handlungsfähig zu sein, gar nicht handlungsfähig ist, sondern sich erstmal in einen parteiinternen Wahlkampf begibt. Wenn schon Wahlkampf, dann doch bitte für die ganze Stadt und nicht nur exquisit für die wenigen Bevorzugten, die ein bestimmtes Parteibuch haben.
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN) – Oh! bei der SPD und der CDU]
Ja, Herr Lauer, dann bewerben sie sich doch auch noch, wo sie doch gerade bei den Piraten ausgetreten sind, und machen bei dem ganzen Spitzentheater mit. Herr Lauer, bitte sehr! Treten Sie doch bei der SPD ein!
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN) – Zurufe von der SPD]
Vielen Dank, Frau Kollegin Pop! – Wer spricht für die Fraktion der SPD? Kollege Schneider? Nein, Sie verzichten. – Für die Fraktion Die Linke hat der Kollege Wolf das Wort. – Bitte schön!
Danke, Herr Präsident! – Lieber Klaus Wowereit! Warum kein Antrag auf Auflösung des Parlaments? Wir sind ja alle lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass wir keine Zweidrittelmehrheit kriegen.
[Torsten Schneider (SPD): Nicht einmal eine einfache Mehrheit – Weitere Zurufe von der SPD und der CDU]
dass wir in der ersten Sitzung nach der Sommerpause, wenn der Regierungschef nach 13 Jahren erklärt, er haue in den Sack, eine Aktuelle Stunde zum Thema haben.
Sie müssen sich doch einmal überlegen, was hier gerade passiert. Darum ging es. Jetzt muss man doch mal konzedieren, lieber Klaus Wowereit, dass es Sie wirklich ehrt, dass Sie, nach der Grütze, die die beiden PGFs der Koalitionsfraktionen verzapft haben,
versuchen, wenigstens die Ehre des Parlaments und des Amtes des Regierenden Bürgermeisters ein bisschen zu retten.
Das hat noch einmal deutlich gezeigt: Sie hinterlassen in der Tat für diese Koalition eine Lücke, die sie nicht imstande ist zu schließen.
Das ist einer der Gründe, weshalb wir sagen, dass Neuwahlen eine anständige Lösung wären, lieber Klaus
Wowereit, dass man nämlich mit vernünftigen politischen Programmen – und wen auch immer Sie bestimmen als Spitzenkandidaten, das ist mir völlig egal – versucht, darüber zu reden, wie künftig diese Stadt zu regieren ist. Denn Sie regieren diese Stadt nicht mehr. Deswegen hören Sie ja auch auf, weil alles in diesem Senat eine Schiebeverfügung geworden ist, weil Sie an keinem Projekt, das die Stadtgesellschaft interessiert, dran sind und weil Sie dann obendrein noch diese alberne Olympiabewerbung drauflegen.
Noch einmal zum Thema Bürgerbeteiligung: Es ist ja wirklich nicht zu fassen. Sie wissen seit Jahr und Tag, spätestens seit München, dass, wenn Sie eine verbindliche Bürgerbeteiligung machen wollen, Sie an die Verfassung ran müssen. Was Sie jetzt versuchen, ist ein billiger Trick, sich aus dieser Ankündigungspolitik wieder herauszumogeln.
Wenn es eine verfassungsmäßig vernünftige Lösung gibt, verbindliche Bürgerbeteiligung durchzusetzen, sind wir am Verhandlungstisch dabei, das haben wir Ihnen angekündigt, das haben wir erklärt.
Und mit Sportfeindlichkeit hat unsere Skepsis gegenüber dieser konkreten Olympiabewerbung nichts zu tun.
Ich habe das mehrfach gesagt. Wir sind nicht prinzipiell gegen Olympische Spiele. Ich habe auch beim letzten Mal, als wir auch im Prioritätenblock – Aktuelle Stunden macht man ja gerne zu Larifari –