Protocol of the Session on June 19, 2014

Erwartet man nun eine angemessene Haftung des Managements der Berlinovo GmbH und ihrer Tochtergesellschaften, so wird auch diese Erwartung nicht erfüllt.

Lassen Sie mich am Ende nur wieder konstatieren: Es ist wieder ein Beispiel mehr dafür, dass Sie immer noch keinen Plan haben, dass Sie sich vor Entscheidungen für diese Stadt drücken. Ich fordere Sie auf: Lassen Sie uns diesen Bericht nutzen, lassen Sie uns einen Plan für diese Stadt entwickeln, lassen Sie uns ein Konzept vorlegen! Unsere Vorschläge dafür liegen Ihnen vor.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]

Vielen Dank, Frau Dr. Schmidt! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Herberg. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Frau Claßen-Beblo! Meine Damen und Herren! Ein weiteres Jahr der Legislaturperiode ist vergangen und der obligatori

sche Bericht des Rechnungshofs erreicht das Abgeordnetenhaus von Berlin. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben schon viele einzelne Punkte aus dem Bericht 2014 hervorgehoben, beleuchtet und bewertet. Ich werde die einzelnen Punkte jetzt nicht noch mal zusammenfassen, das machen wir im Unterausschuss Haushaltskontrolle sowieso, sondern möchte über die allgemeine Öffentlichkeitsarbeit des Rechnungshofs reden. Ihre Arbeit ist nicht nur wichtig, sondern sie ist eine Grundkomponente bei der Kontrolle der Exekutive, und sie unterstützt damit nicht nur die Opposition, sondern auch die Koalition bei der Kontrolle der Regierung. Die Rechte, die Sie bei der Kontrolle der Regierung, Betriebe und der einzelnen Personen haben, gehen nämlich weit über das hinaus, was wir als einzelne Abgeordnete haben. Viele dieser Rechte, wenn Sie diese anwenden, unterstützen uns in unserer Arbeit, vor allen Dingen, da Sie diese auch verdachtsunabhängig anwenden können und nicht nur, wenn irgendwo etwas brennt, sondern Sie haben jederzeit die Möglichkeit, die Kontrolle wahrzunehmen.

Leider sieht man von dieser Arbeit dann in der Öffentlichkeit relativ wenig, bis auf den Bericht, den wir jetzt einmal im Jahr hier haben; danach geht das wieder so ein bisschen in den Hintergrund. Das hat auch damit zu tun, dass wir diesen Bericht nehmen und in den Unterausschuss packen.

Sie haben mittlerweile schon angefangen, wenn wir uns z. B. das Thema Zentral- und Landesbibliothek anschauen, ein bisschen offensiv hereinzugehen, das heißt, sich auch Sachen herauszugreifen, die noch in der laufenden Verhandlung sind, die nicht abgeschlossen sind, also nicht die Vergangenheitsbetrachtung zu nehmen, sondern auch zu schauen: Wo geht die Regierung, die Verwaltung gerade hin, und wo bahnt sich möglicherweise der nächste Krisenherd schon an? Da würde ich Sie unterstützen und auffordern, dass Sie das, was Sie da angefangen haben, auch nach dem erfolgreichen Volksentscheid gleich nachgelegt, dass das nicht eine Kleinigkeit war, sondern in Ihre normalen Aufgaben übernommen wird und die Öffentlichkeitsarbeit an der Stelle ausgebaut wird, denn die Untersuchungen und ähnliche Sachen, die Sie dort anstellen können, gehen weit über das hinaus, was wir machen können. Sie bilden da einfach ein zusätzliches Korrektiv, was wichtig für die Opposition, aber auch für die Regierungskoalition ist, um eine ordentliche Kontrolle der Verwaltung ausführen zu können. Vor allen Dingen, wenn wir uns die Haushaltsberatungen und ähnliche Sachen angucken, da reden wir immer über zwei Jahre, und die laufende Haushaltswirtschaft läuft trotzdem weiter; und wenn der Senat immer behauptet, er kann jetzt hier nichts und da nichts machen, dann brauchen wir solche Berichte und solche Informationen, um einfach Druck aufbauen zu können, damit wir möglicherweise doch Veränderungen auch während der laufenden Haushaltswirtschaft hinbekommen.

[Beifall von Heidi Kosche (GRÜNE)]

(Dr. Manuela Schmidt)

Ich würde mir vor allen Dingen auch wünschen, wenn Sie verstärkt in die landeseigenen Betriebe, Gesellschaften mit Landesbeteiligung, hineingehen, und wenn wir es irgendwie hinbekommen, irgendwelche Whistleblower oder Ähnliches, denn viele von diesen Sachen sind vertraulich und dürfen nicht nach draußen kommen, dass solche Sachen vielleicht trotzdem auftauchen. Aber das werden wir dann mal sehen.

Zum Schluss meiner Rede möchte ich noch mal den Ansporn geben, dass wir auch in den Zeiträumen zwischen den Jahresberichten von Ihnen hören und lesen, damit wir die Möglichkeit haben, die Regierung an der Stelle stärker zu kontrollieren, in die Verantwortung zu nehmen, und die Probleme, die gerade aktuell sind, anzugehen und zu kritisieren, und nicht erst dann, wenn sie schon alle abgeschlossen sind und wir dann nachgucken müssen, wo das Geld hingeflossen ist, sondern vielleicht auch schon im Vorhinein Entscheidungen revidieren können, sodass das Geld gar nicht erst in irgendwelche Kanäle versickert. – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Herberg! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Frau Präsidentin Claßen-Beblo! Es wurde von den einzelnen Rednern und Rednerinnen bereits angesprochen, nichtsdestotrotz würde ich gern die Gelegenheit nutzen und Ihnen und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs sehr herzlich für die geleistete Arbeit und die Berichterstattung danken.

[Allgemeiner Beifall]

Der Vorabüberweisung des Jahresberichts hat das Haus bereits eingangs zugestimmt. – Zu der Vorlage Drucksache 17/1263 empfiehlt der Hauptausschuss einstimmig mit allen Fraktionen die Annahme. Wer der Vorlage zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und die Piratenfraktion. Ich sehe keine Gegenstimmen. Enthaltungen? – Ich sehe auch keine Enthaltungen. Dann ist das einstimmig so angenommen.

Zur Vorlage Drucksache 17/0558 empfiehlt der Hauptausschuss einstimmig mit allen Fraktionen die Anerkennung gemäß § 114 Landeshaushaltsordnung unter Annahme der im Bericht des Hauptausschusses enthaltenen Auflagen und Missbilligungen. Wer dieser Empfehlung zustimmen möchte, dem Senat für das Haushaltsjahr 2011 Entlastung zu erteilen, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und die Piratenfraktion. Gegenstimmen! – Ich sehe keine

Gegenstimmen. Enthaltungen? Ich sehe auch keine Enthaltungen. Dann ist auch das einstimmig so beschlossen.

Nun kommen wir zur

lfd. Nr. 4:

Prioritäten

gemäß § 59 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

lfd. Nr. 4.1:

Priorität der Fraktion Die Linke

Tagesordnungspunkt 8

„Was die Stadt braucht“ – Stadtentwicklungsplan soziale und kulturelle Infrastruktur

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt vom 21. Mai 2014 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 4. Juni 2014 Drucksache 17/1692

zum Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/1151

Für die Beratung steht den Fraktionen je eine Redezeit von grundsätzlich fünf Minuten zur Verfügung. Die Auswirkung einer Redezeitüberschreitung, Anrechnung auf das Kontingent einer Fraktion, ist Ihnen bekannt. Es beginnt die Fraktion Die Linke. Das Wort hat die Frau Abgeordnete Lompscher. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Wir haben unseren Antrag zur vorausschauenden Planung der Infrastruktur unter den Titel „Was die Stadt braucht“ gestellt, auch weil wir eine Vorstellung davon haben, was die Stadt nicht braucht: Olympische Spiele zum Beispiel.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Es ist geradezu dreist, nach der Niederlage beim Volksentscheid eine Olympiabewerbung in Aussicht zu stellen, zumal für eine Volksbefragung die verfassungsmäßigen Voraussetzungen fehlen. Das dürfte hier allen bekannt sein. Von einem gescheiterten Großprojekt zum andern, nichts gelernt und nichts verstanden, oder Angriff ist die beste Verteidigung? Ich frage mich, wann SPD und CDU endlich die Stadt als Gemeinwesen und die Daseinsvorsorge als Großprojekt erkennen. und angehen.

[Beifall bei der LINKEN]

Nun könnten Sie entgegnen, dass Sie schließlich einen Stadtentwicklungsplan Wohnen vorgelegt haben und an einem Stadtentwicklungskonzept 2030 arbeiten. Aber darin fehlen Aussagen zum Erhalt oder gar Ausbau der sozialen Infrastruktur komplett. München gab für seine

(Heiko Herberg)

Olympiabewerbung 33 Millionen Euro aus; Klaus Wowereit kalkuliert für eine Berliner Bewerbung großzügig 60 Millionen Euro, er kennt ja die Berliner Verhältnisse. Wir fordern die Koalition also auf, diesen Betrag für den Erhalt und den Ausbau der sozialen und kulturellen Infrastruktur zusätzlich bereitzustellen.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Es ist tatsächlich erstaunlich, wie Senat und Koalition die wachsende Stadt beschwören, als sei Wachstum ein Wert an sich, per se wünschenswert und führe zur Lösung aller Probleme. Das Gegenteil ist richtig, weil die Stadt außer im Wohnungssektor de facto nicht wächst – räumlich kann sie sich ohnehin nicht ausdehnen, da sind wir uns sicherlich einig –, werden die Entwicklungsvoraussetzungen immer schlechter. Jede Entwicklung muss aber planerisch begleitet, im besten Fall vorbereitet und orientiert werden. In diesem Prozess und vor allem im Ergebnis sind finanzielle, technische und administrative Entscheidungen zu treffen. Das alles braucht Zeit und Geld. Die eine läuft uns davon, das andere ist knapp und kann nur einmal ausgegeben werden.

Die Berliner Verwaltung, vor allem die Bezirke, ist noch immer auf Schrumpfung und Sparen bis es quietscht programmiert – sei es bei der Zahl der Beschäftigten, sei es bei der baulichen Unterhaltung, bei den Investitionspauschalen oder eben bei der sozialen und kulturellen Infrastruktur. Im Wochentakt werden nun von Senatsseite neue Zahlen zu Wanderungsgewinnen und gestiegenen Einwohnerzahlen verkündet, um damit die Notwendigkeit eines intensivierten Wohnungsbaus zu begründen. Aber die Stadt ist mehr als Wohnen. Und nicht jeder Wohnungsbau hilft uns weiter. Wir brauchen bezahlbares Wohnen. Wohnungsbau ohne begleitende wohnungsnahe Infrastruktur schafft keine lebenswerte und zukunftsfähige Stadt. Eine soziale und – wie Klaus Wowereit so schön gesagt hat – menschliche Metropole braucht Orte der Begegnung, des nichtkommerziellen Austauschs und der Teilhabe. Deshalb haben wir den Senat aufgefordert, einen Stadtentwicklungsplan zur sozialen und kulturellen Infrastruktur zu erstellen – natürlich im Abgleich mit bezirklichen Schulentwicklungs-, Kitabedarfs- und sonstigen Planungen, mit dem Stadtentwicklungsplan Wohnen und im Zusammenhang mit dem Stadtentwicklungskonzept 2030. Das ist das Mindeste, wenn man von der wachsenden Stadt schwätzt.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Stadtentwicklungspläne sind wichtige Instrumente der Berliner Stadtplanung. Mit ihnen werden Entwicklungsschwerpunkte und Leitlinien für die mittel- bis langfristige Planung, im besten Fall auch Maßnahmen, Programme und Prioritäten formuliert. Berlin steht – das wissen wir alle – vor immensen Herausforderungen. Das Angebot an sozialer Infrastruktur für Kinder und Jugendliche kann

mit der steigenden Nachfrage in vielen Teilen der Stadt bereits heute kaum noch mithalten.

Zum anderen steigt aber auch der Bedarf an sozialer Infrastruktur für Ältere. Wir wissen, dass angenommen wird, dass bis zum Jahr 2030 die Bevölkerung um 250 000 bis 300 000 Personen wachsen wird. Ob das nun so eintritt oder nicht, sei dahingestellt. Auf jeden Fall bedarf es planerischer Vorsorge. Deshalb soll der Stadtentwicklungsplan unter anderem den Flächenbedarf aufzeigen, Flächen gegebenenfalls sichern, ankaufen – diese Möglichkeit eröffnen – und natürlich für die Abschätzung des zusätzlichen Finanzbedarfs sorgen, damit dieser rechtzeitig in die künftigen Haushalte eingestellt werden kann. Das ist es, was die Stadt braucht.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Anja Kofbinger (GRÜNE) und Martin Delius (PIRATEN)]

Vielen Dank, Frau Lompscher! – Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort Frau Abgeordnete Haußdörfer. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Da zu diesem Antrag weder bei der Einbringung noch bei der Ausschussbesprechung ausführlich geredet wurde, möchte ich noch einige grundsätzliche Ausführungen tätigen, zumal Ihre Forderungen, Frau Lompscher, die Sie gerade erwähnten, wohl nur durch die Eier legende Wollmilchsau und den Clara-Herrmannschen Goldesel der Senatskanzlei zu erfüllen sind. Neben den Erkenntnissen der Bevölkerungsprognose soll ebenso der StEP Wohnen, aber auch das Stadtentwicklungskonzept 2030 einbezogen werden. Das sind alles hehre Forderungen, und das wird sicher auch so gemacht. Aber Ihr Ziel, damit sowohl den bedarfsgerechten Ausbau als auch die auskömmliche Finanzierung der entsprechenden Einrichtungen zu sichern, wird ein Stadtentwicklungsplan leider nicht verwirklichen können.

Nun ist es aber auch so, dass Mitte der Neunzigerjahre ein StEP Soziale und kulturelle Infrastruktur durchaus vom Senat beschlossen wurde. Damals hatte das auch seinen Sinn, nämlich als Übergang zwischen dem damals gültigen FNP von Westberlin, der sehr standortscharfe Darstellungen dieser Einrichtungen abbildete, und dem Flächennutzungsplan von 1994, welcher sich auf etwas größere Standorte beschränkte. Zwischenzeitlich ist aber die räumliche Planung fortgeschrieben worden und insbesondere im Bereich der Schulentwicklungs-, der Kitabedarfs-, der Bibliotheksplanung, der Sportflächenentwicklungsplanung bis hin zur Friedhofsflächenentwicklungsplanung den Bezirken übertragen. Unabhängig von der Frage der Zuständigkeit, die sich mit diesem Antrag auch

(Katrin Lompscher)

stellt, ist diese Mehr- und Doppelarbeit nicht zu vertreten. Es hat schließlich auch einen Grund, warum Schul- und Kitabedarfsplanung in manchen Bezirken jährlich fortgeschrieben werden müssen, da sich die Anforderungen und in vielen Fällen eben auch die Herausforderungen von Schuljahr zu Schuljahr neu in den Bezirken und auch für die Bezirksparlamente stellen.

Ich bin für eine Beibehaltung der lokalen Zuständigkeit bei den Bezirksämtern, weil es unter anderem die Stärke der Arbeit vor Ort im Bezirk ist, auf neue Fragestellungen zeitnah und effizient zu reagieren, oftmals besser, als das ein Landesamt könnte. Davon unbenommen ist auch der Austausch mit der Landesebene in diesen fachlichen Runden, wie es zum Beispiel mit dem Stadtentwicklungsplan Wohnen war, wo mindestens zwei Stadträte zu Gange waren, aber auch zum Beispiel im Landeskleingartenbeirat.