Protocol of the Session on December 8, 2011

Das ist ein bisschen bedauerlich an dieser Stelle, denn die Debatte hätten wir führen müssen – und dafür haben wir uns als CDU-Fraktion bei Rundfunk- und Medienstaatsverträgen wie auch bei diesem Staatsvertrag immer eingesetzt –, solange noch nichts festgelegt ist, die Referenten noch tagen und man noch Einfluss nehmen kann. Jetzt alles zu dem Thema zu erzählen, was einem noch gerade so einfällt – von den lokalen Spielhallen bis hin zu Internetwetten und dem Jugendschutz –, ist in der Sache richtig, aber nur noch eine Schaufensterrede. Herr Kollege Behrendt! Deshalb ist das heute vertane Zeit, wenn wir hier debattieren.

[Heiko Thomas (GRÜNE): Wir sind das Parlament!]

Wie gesagt, wenn Sie es zur eigenen Profilierung brauchen – Sie hören sich ja gern reden –, dann mag das vielleicht eine Begründung hierfür sein.

Sie haben auch noch Sachen erzählt, die nicht richtig sind. Insbesondere die CDU-Fraktion in diesem Hause hat sich von Anfang an bei dem Thema für Löschen statt Sperren eingesetzt. Das war auch eine Linie, die wir hier bei diesem Glücksspieländerungsstaatsvertrag eingefordert haben, und das ist erfreulicherweise umgesetzt worden. Das ist insofern ein richtiger Punkt.

Dass der Föderalismus dann auch regionale Interessen zur Geltung kommen lässt, ist natürlich auch richtig. Auch wir bedauern, dass es nicht gelungen ist, hier inhaltlich einvernehmlich mit allen 16 Bundesländern eine vernünftige Regelung zu treffen. Unser Wunsch wäre auch, dass das in Zukunft möglich ist.

Selbstverständlich sind wir auch der Auffassung, dass hier möglichst restriktiv vorgegangen werden soll. Über unser Spielhallengesetz, das wir beschlossen haben, haben wir in der letzten Wahlperiode intensiv und aus

führlich diskutiert, und wir sind da auch sehr für eine restriktive Anwendung an dieser Stelle. Unser Ziel muss es jetzt sein, den Spielraum, den wir dann landesgesetzlich in Bezug auf die Umsetzung und Ausgestaltung des einen oder anderen Punktes haben, der in diesem Staatsvertrag geregelt ist, so zu nutzen, dass landespolitisch die richtige Politik – eine restriktive Politik – gefahren wird. Dazu werden wir auch als Koalitionspartner unseren Beitrag leisten.

In Zukunft sollten wir uns in Bezug auf Staatsverträge darauf verständigen, die Dinge zu diskutieren, solange wir noch inhaltlich mitgestalten und Einfluss nehmen können. Wenn hier Vorlagen – zur Kenntnisnahme – über fertige Staatsvertragsentwürfe da sind, dann sind die Messen gesungen. Ich glaube, unserer politischer Gestaltungsspielraum als Parlamentarier – so ernst sollten wir uns nehmen – sollte da genutzt werden, wo wir ihn haben, statt sich damit zu begnügen, am Ende darauf hinzuweisen, wie toll ein grüner Ministerpräsident in BadenWürttemberg etwas gemacht hat. Herr Behrendt! Wenn man sich den Staatsvertrag ansieht und Ihren Redebeitrag anhört, dann ist es in der Summe auch nicht so viel, was er da erreicht hat. Insofern hätten wir uns diesen Tagesordnungspunkt heute sparen können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion der Piraten hat der Abgeordnete Baum das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Glücksspielstaatsvertrag – das werden Sie von mir jetzt nicht erwarten – hat natürlich etwas Gutes: In ihm sind keine Internetsperren beinhaltet. Das begrüßen wir hiermit ausdrücklich.

[Beifall bei den PIRATEN]

Aber damit war es dann auch schon mit den begrüßenswerten Punkten. Es gibt nämlich auch einiges zu kritisieren.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Es ist weder ein Senator noch ein Staatssekretär da!]

Ein Bundesland, Schleswig-Holstein, wird den Staatsvertrag nicht unterzeichnen. Dadurch wird eine Situation geschaffen, die es Anbietern erlaubt, dem Staatsvertrag einfach aus dem Weg zu gehen. Das heißt, die Regelungen entfalten gerade bei denjenigen keine Wirkung, die mit ihnen nicht einverstanden sind.

Zweitens ist die Absenkung der Konzessionsabgabe von 16 2/3 auf 5 Prozent auf jeden Fall falsch.

[Zuruf von Michael Schäfer (GRÜNE)]

Dies bedeutet Einnahmeverluste für das Land Berlin. Wie bei der derzeitigen Haushaltslage auf diese Einnahmen einfach verzichtet werden kann, verstehe ich überhaupt nicht.

[Beifall bei den PIRATEN]

Auf der anderen Seite gab es unterschiedliche Aussagen zu den zu erwartenden Mehreinnahmen. Diese widersprüchlichen Aussagen zeigen, dass man sich auf sie nicht verlassen kann. Klaus Wowereit sagte hier im Plenum auf eine Anfrage am 10. November:

…, da während einer Experimentierphase durch die Zulassung privater Sportwettenanbieter mit zusätzlichen Steuereinnahmen zu rechnen ist.

Wir sind der Meinung, dass die Einnahmeseite des Landeshaushalts auf jeden Fall kein geeignetes Feld für Experimente ist.

[Beifall bei den PIRATEN]

Die bisherige Verfahrensweise, dass den Parlamenten Staatsverträge nur zum Abnicken vorgelegt und möglicherweise in den Ausschüssen noch leicht korrigiert werden können, ist auch nicht hinzunehmen.

[Beifall bei den PIRATEN]

In der Zukunft sollte auf jeden Fall sichergestellt werden, dass echte Einflussnahme möglich wird. Vorlagen – zur Kenntnisnahme – reichen nicht aus.

Das Ziel, die Entstehung von Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern, wird übrigens nicht dadurch erreicht, dass man die Geschehnisse im Internet und die dortige Spielrealität einfach ausblendet und sich darum nicht kümmert, sondern hier muss man auf jeden Fall dafür sorgen, dass es konkrete Hilfsangebote für die Betroffenen gibt.

Die negativen Seiten überwiegen, deshalb lehnen wir den Antrag ab. – Danke!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Vorabüberweisung an den Hauptausschuss hatten Sie bereits vorab zugestimmt.

Ich komme zur

lfd. Nr. 8:

Zusammenstellung der vom Senat vorgelegten Rechtsverordnungen

Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin Drucksache 17/0042

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bittet um Überweisung der Verordnung mit der lfd. Nr. 3 – VO-Nr.17/013 –

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

„Verordnung über die Festsetzung des Bebauungsplans XV-67a im Bezirk Treptow-Köpenick, Ortsteile Johannisthal und Adlershof“ an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bittet weiter um Überweisung der Verordnung lfd. Nr. 5 – VO-Nr. 17/015 – “Verordnung über die nähere Bestimmung der bei der Berechnung des betriebsnotwendigen Kapitals der Berliner Stadtreinigungsbetriebe zu berücksichtigenden Berechnungskriterien“ an den Hauptausschuss.

Von den weiteren Verordnungen wird hiermit Kenntnis genommen.

Tagesordnungspunkt 9 war die Priorität der Piratenfraktion unter der lfd. Nr. 4.3.

Ich komme zur

lfd. Nr. 10:

Kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0043

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat die Abgeordnete Bayram. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir in diesem Haus – wenn auch in einer anderen Runde – das Thema kommunales Wahlrecht für so genannte Drittstaatler und Drittstaatlerinnen behandelt haben. Damals war es so, dass wir viel weitergehend gefordert haben, die Verfassung von Berlin zu ändern. Diese Gelegenheit, dies mit den vorhandenen Mehrheiten zu tun, haben Sie leider nicht genutzt.

Heute stelle ich nunmehr den Antrag, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, damit durch eine Änderung des Grundgesetzes die Möglichkeit geschaffen wird, dass auch Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger an Wahlen in Berlin zur BVV teilnehmen können.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Beifall von Wolfgang Brauer (LINKE)]

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch den beiden Senatsmitgliedern, die Migrationshintergrund haben, gratulieren, insbesondere Frau Kolat und Frau DemirbükenWegner. Es ist wirklich sehr schön zu sehen, dass es nunmehr Menschen mit Migrationshintergrund geschafft haben, im Senat Themen zu vertreten, die Migrantinnen und Migranten betreffen. Ich frage mich aber, inwieweit

das damit einhergehen muss, dass man für Ziele, für die man im Wahlkampf gekämpft hat, jetzt nicht mehr stehen kann und will. Wenn ich es richtig gehört habe, hat sich die Koalition nicht darauf geeinigt, das kommunale Wahlrecht zu fordern. Das heißt – so vermute ich jedenfalls –, mein Antrag wird, wenn auch nach einer Ausschussberatung, abgelehnt werden. Hier muss man wirklich fragen: Musste man für solche Beteiligung seine politischen Ziele verraten? Immerhin sind noch fast eine halbe Million Menschen in Berlin ohne Wahlrecht. Im Wahlkampf hat die SPD noch mit „Jede Stimme zählt“ geworben.